8t. Jucherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 142.
Volitische Nebersicht.
Wie mit Bestimmtheit berichtet wird, hat Fürst
gizmarck seine Zustimmung dazu ertheilt, daß dem
teichstage wieder eine Posisparkassenvorlage zugeht,
die dem letzten, bei welcher allerdings diejenigen
punkte, die besonderen Anstoß erregt haben und
vffen bekämpft sind, einer Aenderung unterzogen
werden sollen. Die Umarbeitung des früheren
Fintwurfes in diesem Sinne soll bereits ernstlich in
—0
werden, daß der Entwurf seitens der Postverwal ⸗
iung dem Reichskanzler früh genug vorgelegt
werden kann, um auch die übrigen Instanzen vor
dem Wiederzusammentritt des Reichstages zu durch⸗
aufen.
In Elsaß-Lothringen steht bekanntlich
betschiedenen Kommunen das Recht zu, auf Alkohol
ein Oktroi zu erheben — eine Bestimmung, welche
ich noch aus der französischen Zeit herleitet. Von
betschiedenen Kommunen ist nun beantragt worden,
chnen eine Erhöhung der betreffenden Abgabe zu
gestatten. Diese Erhöhung ist nunmehr, wie eine
in der „Landeszeitung für Elsaß ⸗Lothringen“ pu⸗
blijirte kaiserliche Verordnung anzeigt, genehmigt
worden. Für Mühlhausen ist die Abgabe auf 580
Mark, füt Markirch anf 100 Mark, fuͤr Straßburg
uuf 60 Mark, für Thann auf 30 Marl, für Rap⸗
boltsweiler auf 10 Mark, für Weißenburg auf 40
Mart und für Neubreisach auf 10 Mark per Hek⸗
oliter reinen Alkohol genehmigt. Durch diese Er⸗
jöhung, die für einige der oben angeführten Ort⸗
chaften nicht unbedeutend ist, dürfte fich der Preis
derjenigen Getränke, die des Alkohols zu ihrer
hersteliung benöthigen, nicht unwesentlich steigern.
es wäre zu wünschen, daß diese Erhöhung weniger
die Einnahmen der Kommunen vergrößerte, als den
konsum der betreffenden Spirituosen einschränkte,
Die augenblicklich zwischen der öͤsterreich⸗nngari—
chen und der deutschen Reichsregierung schwebenden
berhandlungen über einen etwaigen Zollan—
h luß rufen, so schreibt das Berl. Tgbl.“, uns
Anerbietungen ins Gedächtniß. welche Fürst Bis—
marck vor zwölf Jahren dem Grafen Andrassy in
WBien machte. Damals schon suchte der deutsche
neichskanzier die österreichisch- ungarische Regierung
u einem Zollbunde mit Deutschland zu bestimmen;
Fürst Bismard verhehlle beidieser Gelegenheit sein
ffnung nicht, daß, nach verhältnißmäßig kurzer
Jeit auch die uͤbrigen Regiernngen des europäischen
Festlandes, je nach ihrer geographischen Lage, zu
inem naheren Anschluß an das öͤsierreichisch⸗deutschi
Zollbündniß durch die Macht der materiellen In
teressen veranlaßt werden würden. Allein die An⸗
erbietungen des leitenden deutschen Staatsmannes
janden in Wien nun sehr wenig oder gar kein
Behor. Goeaf Andrassy erllärte dem ersten Ministet
s deutschen Kaisers, daß er unter den obwalten
ben inneren politischen Verhältnissen der österreichisch
ingarischen Monarchie und bei dem Mißtrauen,
das zur Zeit gewisse leitende Wiener Kreise jeder
atimeren Annäherung Oesterreich⸗ Ungarns an
Deutichland entgegensetzten, mit einem solchen Vor⸗
chlage durchaus scheulern mußte. Man fuürchtete
damals in Wien, Bismarck könnte einen solchen
dollbund noch zu anderen, weiter reichenden Er⸗
werbungen Oestetreich · Ungarn gegenüber ausnutzen,
8 es doch in den Zeitenden Kreisen der österreichi⸗
os ö 5. Mor WA.
Dienstag, 21. Juli 1885.
Zollverein und das deutsche Zollparlament die bei⸗
den nächsten Etappen zur deutschen Einheit gewesen
varen. Wie wenig ein solches Mißtrauen in dem
vohlverstandenen Interesse des deutschen Reiches
und deshalb auch in den Absichten des deutschen
Reichskanzlers eine Stütze finden konnte, wollte,
io offenbat es auch war, zur Zeit nur dem Grafen
Andrassy vollkommen einleuchten. Dieser begabteste
inter den lebenden österreichischen Staatsmännern
var denn auch der Einzige, der geneigt schien, das
gleichzeitige Anerbieten der deutschen Reichsregierung,
velches dahin ging, das durch die deutsche Gold⸗
vahrung freigewordene Silber an Oesterreich Ungarn
zur Aufnahme seiner Baarzahlungen zu überlassen,
in sorgfältige Erwägung zu ziehen. Selbstverständ⸗
lich scheiterie auch dieser Vorschlag der deutschen
Regierung an dem Mißtrauen Oesterreichs. Dieses
Verhalten war eine der Hauptursachen zu dem
gegenwärtigen Zollsysteme, das Oesterreich⸗Ungarn
jegenüber einem Zollkriege nicht ganz unähnlich
jeht. Fürst Vismard hoffte durch die Grenzzölle
u erzwingen, was er auf dem Wege freundnach⸗
harlicher handelspolitischer Unterhandlungen ver
gebens erstrebt hatte. Daß ihm das einigermaßen
jelungen, dafür sprechen die gegenwärtig schweben⸗
den. von Oesterreich selbst gewünschten Verhand⸗
lungen.
Deutsches Reich.
Mainau, 20. Juli. Der Kaiser ist über
dindau und München nach Gastein abgereist. Der⸗
elbe übernachtet in Rosenheim. ie
Berlin, 20. Juli.“ Dem deutschen Botschafter
n Paris, Fürsten Ho hen lohe, wurde die Statt⸗
jalterschaft Elsaß Lothringens angeboten und hal
e angenommen. Seine Ernennung ist zwei⸗
fellos.
Berlin,20. Juli. Die auf Grund der
donferenzen von Sachverständigen der Großindustrie
und des Kleingewerbes umgearbeiteten Bestimmungen
der Submissionsordnung werden demnächst publiairt
werden.
Berlin, 20. Juli. Die Aufforderung, welcht
der Verein deutschet Spiritusfabrikanten an die
Brennereibesitzer ergehen ließ, ihre Produktion um
ein Funftel einzuschränken, um der Ueberproduktion
vorzubeugen, ist bisher von gutem Erfolg gewesen.
Dresden, 19. Juli. Der Konig und dit
Zönigin“ hatten sich in Begleitung des Prinzen
Friedrich Äugust von Sachsen und des Prinzen
Albert von Sachsen ⸗Altenburg nach dem Turnert
estplatze begeben, und waren dort von den Mini⸗
tern Graf Fabrice, von Nostitz ⸗Wallwitz und v.
herber empfangen worden. Der Koönig und dir
donigin ließen sich die Vorstände des Turneraus⸗
chusses vorstellen, wohnten den von 5000 Turnern
ausgeführten Freiübungen bei und verweilten über
Lij Stunden auf dem Festplatze. Von einer De⸗
putation der Erfurter Turner wurde der Konigin
ein prachtvolles Bouauet überreicht. be
.Ausland. *
Paris, 19. Juli. Heute fand eine vorläufigt
Besprechung der franzosischen und italienischen De—
legirten zu der Münztonferenz statt, wober es sich
um die Erörierung einiger besonderer speziell Italien
angehender Punkte gehandelt haben soll. Die Kon⸗
feren kritt morgen zjur ersten Sitzung zusämmen.
Man glaubt, daß nur wenige Sitzungen erforderlich
sein werden, um zu einer Verständigung zu gelangen.
C RA Ros Ftr -ιια
20. Jahrg.
der neuen eghptischen Anleihe nunmehr alle Mächte
ugestimmt haben. — Ein Telegramm der „Agence
havas“ aus Zanzibar dementirt, daß mit den
)obas auf Madagaskar Verhandlungen eingeleitet
jeien, und daß Admiral Miot 4000 Mann Ver—⸗
stärkungen erwarte; derselbe habe nur 1200 Mann
verlangt.
London, 20. Juli. Der Standard behauptet,
Rußland habe es bei dem Zulfikarstreite in
Wirklichkeit auf Merutschak abgesehen. Der Daily
Telegraph behauptet, die Stärke der russischen
Truppen am Herirud übersteige den Friedensbedäarf.
England solle darüber weitere Erklärungen ver—⸗
angen.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
*St. Inbert, 21. Juli., Beim Eintritt
der Reise-Zeit rügt die „Post“ mit Recht die Eisen-
hahnplage, welche immer mehr um sich greift: die
Unsitte einzelner Passagiere, sich mit ganzem Leibe
vor eines der Coupeefenster zu stellen und so den
Mitreisenden Luft, Licht, Aussicht zu rauben. Der
Ausblick nach beiden Seiten ist denn doch ein
vesentliches Hülfsmittel, um auf einer Eisenbahn⸗
jahrt die Zeit zu verkürzen. Auch das Zuströmen
rischer Luft zum Fenster herein ist jetzt für jeden
Reisenden von großem Werth. Die Post“ richtet
daher an das stehlustige reisende Publikum die Bitte,
Aeiches Recht für alle Koupee-Insassen walten zu
assen und auch ihrer sitzenden, vom Fenster abge⸗
perrten Reisegenossen zu gedenken. Jeder Eisen⸗
ahnreisende, der noch einen Begriff don Anstand
and Billigkeit besitzt, wird diese Bilte gerechtferugt
inden und danach sich benehmen. *. )
Am 10. August wird wieder ein Exira⸗
zug StraßburgeBerlin gefahren, zu welchem
auch an den pfälzischen Stationen Retoucbillete zu
desonders ermäßigten Preisen mit 42tägiger Gültig⸗
leit ausgegeben werdhen. —WV
. Wittersheim, 19. Juli gIn unserer
Bemeinde herrschte dieser Tage großer Jubel. Der
Daupttreffer. der Kaiserslauterer Kirchenbaulotlerie
mit 80,000 Ml. fiel Herrn Kalkbrenner Andreas
Weissang hier zu. Wie versichert wird überlasse
der glückliche Gewinner dem Agenten Diel 1000
Mark als Geschenk.. 3
7 B3weibrüden, 20. Juli. Das gestern
in unseren. Mauern statigefundene Vt. Sandegfest
des BezirlsSangerbundes Zweibrůcken ·Pirmasens
zestaltete sich im wahren Sinne“ des Wories zu
einem echten Volksfeste. Die Pirmasenser Saͤnger
rafen um 11 Uhr ein, um, welche Zeit auch schon
die übrigen Vereine qus der Umgegend, 127an der
Zahl, mit ihren Fahnen eingezogen waren. Um
12 Uhr fand die Hauptprobe im Fruchthallsaale
datt, welcher sich eine Begrüßung der fremden
Sanget durch Herrn Redatteur Reiselt anschloß.
Zwei Uhr Nachmittags ging der Festzug uͤnter den
Klängen der Kapelle des 18. Inf.⸗Regiments durch
die Straßen der Stadt nach dem Schmitt'schen
Parke, woselbst im Schatten Prächtiger Bäume der
erste Theil dezs Programmes im Laufe, des Nach⸗
mittags abgewideelt wurde. Von imposanter Wiri⸗
ung waren die Gesammichöre mit Orchesterbegleitung
ainter Leitung des um den Gesangin unserem
Bezirle so sehr verdienten Herrn Baisch; die Ein⸗
elvorträge leglen von dem Streben und Können
der betreffenden Vereine ein schoͤnes Zeugniß ab.
Begen Abend wurde sodann aus dem Park in die
Zaiserhalle übergefiedeit, woselbst der zweite Thoru
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