Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Jugherter Auzeiger 
A. — 40 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
da St. Jugberter Anzeiger“? erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs- 
—R Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet viertelijahrlich 1 AM 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen I) 75 O, einschließlich 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 16 ⸗., Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
X IAMSB. 
Donnerstag, 23. Juli 1888. 
20. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Fürst Chlodwig Hohenlohe-Schil— 
ingsfürst, der inzwischen von Berlin nach 
harin weitergereist, ist zwar noch nicht förmlich 
zum kaiserlichen Siatthalter von Elsaß⸗Lothringen 
rnannt, jedoch bestätigt auch die „Straßb. Post“, 
daß die kaiserliche Ernennung demnächst erfolgen 
wird, da er diese ihm angebotene Stellung, wie 
zereits kurz gemeldet, jetzt endgiltig angenommen 
jat. Die Wahl, welche die Reichsregierung in ihm 
jetroffen hat, ist unter den gegenwärtigen Verhalt⸗ 
aissen die glücklichste, die getroffen werden konnte 
der Süddeutsche wird den Elsässern doppelt will⸗ 
ommen sein, zumal er jetzt während eines 
njährigen Aufenthaltes in Frankreich die beste 
heiegenheit gehabt hat, die guten wie die schlechten 
Zeiten franzoͤsischer Verwaltung kennen zu lernen; 
ie alideutschen Beamten aber können um so mehr 
nit seiner Wahl zufrieden sein, als der Fürst die 
drundlagen seiner Verwaltungsthätigkeit sich im 
reußischen Staatsdienst, als Auskultator in Ehren⸗ 
zreitstein und als Referendar in Potsdam, gelegt 
hat. Was aber das Wichtigste ist, Fürst Hohenlohe 
hat in seinem reichbewegten Leben, vor Allem als 
daherischer Minister nach 1866 und als deutscher 
Botschafter in Paris seit 1874, auf den schwierig⸗ 
ten, verantwortungsreichsten Posten stets bewiesen, 
haß et der richtige Mann an richtiger Stelle und 
jganz und tadelsfrei seiner Aufgabe gewachsen war. 
zo wird denn auch jetzt allseitig die Erwartung 
ind das Bertrauen gehegt, daß seine Berufung als 
Ztatihalter für die Reichslande eine neue glückliche 
lera bedeuten werde. Der Fürst ist erst 66 Jahre 
ilt, vollauf rüftig; zu seinem guten Willen bringt 
t die beste Arbeitskraft mit. In den maßgeben⸗ 
een Kreisen Frankreichz aber wird der Fortgang 
vieses alle Zeit als maßvoll, patriotisch, entgegen⸗ 
ommend und taktvoll bewaͤhrten ausgezeichneten 
diplomaten als ein schwerer Verlust empfunden 
werden. Sein Nachfolger, als welcher, der K. 3.“ 
zufolge, in unterrichteien Kreisen der Boischafter 
in Petersburg, General Schweinez, angesehen 
wird, wird große Mühe haben, diese Lücke voll 
auszufüllen. 
dürfte. Der Besitz von Meruschak ist ein altes 
Verlangen Rußlands, welches auch in dem jetzigen 
Stadium der afghanischen Grenzfrage wieder seine 
Rolle gespielt hat; wenn Rußland aber, wie der 
Meldung des „Standard'“ zu enmehmen ist, ge⸗ 
sonnen ist, für Meruschak auf Zulficar zu verzichten, 
so wäre dies ein Kompromiß, dem England, ohne 
besondere Schwierigkeiten zu machen, seine Zustim⸗ 
mung ertheilen könnte. 
Orisschulkommissionen und dem gesammten kathol. 
dehrerpersonal bekannt, daß zufolge höchster Ent⸗ 
chliezung des k. Staatsministeriums des Innern 
üur Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten vom 16. 
Mai 1885 der Gebrauch nachgenannter Bücher 
zeim Unterricht in der kath. Religionslehre in den 
Bolksschulen der Pfalz gestatiet in: 1. Kleiner 
atechismus der kath. Religion für das Bisthum 
Zpeyer, 1885. 2. Katholischer Katechismus nebst 
ꝛinem Abriß der Religionsgeschichte für das Bisthum 
Speyer, 12. Auflage 1885. Hierbei wird bemerkt, 
daß die Neubearbeitung der biblischen Geschichte 
für kath. Volksschulen von Chr. v. Schmid durch 
Dr. Albert Werfer bereits mit höchster Entschließung 
des kgl. Staatsministeriums des Innern für Kirchen⸗ 
und Schulangelegenheiten vom 29. Februar 1884 
in das Verzeichniß der für die Volksschule ge— 
billigten Lehrmittel aufgenommen worden. 
— Der Pferdezuchtverein der Pfalz versendet 
einen von dem Vereinsvorstande, Herrn Gestüts⸗ 
direktor Adam in Zweibrücken, erstatteten Rechen⸗ 
chaftsbericht über die Vereinsthätigkeit im Jahre 
1884. Aus dem Verein sind im Laufe des Jahres 
ausgetreten 44, einhetreten 81 Mitglieder. Die 
Besammtzahl derselben beträgt 641, wovon im 
danton St. Ingbert 4, im Kanton Blieskastel 
l, im Kanton Zweibrücken 48. im Kanton Hom⸗ 
hurg 26. Das Vermögen betrug am 31. Dezbr. 
vor. Irs. 8902 Mk.; es hatte sich im Laufe des 
Jahres um 770 Mk. vermehrt. Der Bericht kon⸗ 
tatirt das erfreuliche Wachstzum des Vereins und 
mahnt zu unausgesetzter Fortarbeit zur Erzielung 
von Verbesserungen. 
— In Insheim wurde am Montag Nacht 
um halb 11 Uhr der Bürger Jakob Lutz, Schreiner, 
als derselbe von der Wohnung seines Schwagers 
nach Hause gehen wollte, auf dem Orispfade durch 
einen Schuß auf die Brust schwer verwundet. 21 
Stück starke Schrote sind nach dem Berichte des 
„L. A.“ dem Angefallenen in die Brust, den Hals 
und in den Mund nief eingedrungen. AMerztliche 
hilfe wurde sogleich herbeigeholt; aber nur wenige 
der tiefeingedrurgenen· Schrote konnten gefunden 
wverden. Lutz ist einer der geachtetsten Manner in 
der Gemeinde. Der Thäter ist noch uubekannt. 
Nach einer andern Meldung soll es sich um eine 
Fahrlässigkeit handeln.) 
— In Alsenborn hat der neue Gemeinde⸗ 
ath sein Interesse für die dortige Schule dadurch 
bethätigl, daß er, um dem fortwwährenden Lehrer⸗ 
wechsel in genannter Gemeinde ein Ziel zu setzen, 
einem jeden der 4 Lehrer eine jährliche Personal⸗ 
zulage von 100 Mark gewährt hattt. 
— In Moͤrsbach hat fich der 16jährige 
Schmiedelehrling H. Scheidt aus Kaulbach in der 
Schmiedwerkstätte erhängt. Da sein Lehrmeister 
ttets sehr gut gegen ihn war, so läßt sich gar nicht 
denken, was den jungen Selbstmoörder bewogen hat, 
auf diesem Wege seinem Leben ein Ende zu machen. 
— In Neustadti stiegen zwei Bürschchen im 
Alter von 9—12 Jahren durch das offenstehende 
Fenster in den Laden des Metzgers August Mayer 
und öffneten vermittelst eines Messers die ver⸗ 
schlossene Ladenkasse. Im Augenblid, als sie ihres 
rRaubes sich ficher meinten, ereilte sie die Gerech⸗ 
tigkeit. Wie die „Neust. Zig.“ berichtet, haben die 
Bürschchen gestanden, gegen 100 Mark in Raten 
auf diese Weise aus der Ladenkasse gestohlen zu 
su giese wene uudur 
— Dürkheim, 20. Juli. Bei der heutigen 
IEXEEEX NRar αν νν 
Deutjches Reich. 
Berlin, 21. Juli. Während allseitig Fürst 
dohenlohe als künftiger Statthalter der Reichslande 
Jenannt wird, bdringt das „Deutsche Tageblan“, 
elches des Oefteren von Regierungsseite zu offi— 
siösen Kundgebungen benutzt wird, heute einen 
Ariikel, welcher eine jüngere, besonders energische 
Persönlich keit für diesen Posten fordert und der 
heseitigung des Dualismus das Wort redet. um 
eine Secundogenitur für Preußen oder eine Apanage 
für den jeweiligen Kronprinzen Deutschlands vor⸗ 
zubereiten. 
Ausland. 
Gaftein, 21. Juli. Kaiser Wilhelm 
st heute Abend im besten Wohlsein eingetroffen. 
Wegen heftigen Regens betrat der Kaiser das 
Badeschloß nicht über die Freitreppe. sondern ver⸗ 
ließ den Wagen vor dem rückwärts belegenen 
Portale des Schlosses und begab sich in das Vesti⸗ 
hule, wo der Stadthalter Graf Thun, Finanz- 
minister Szapary, Landeshauptmann Graf Chorinski 
und Buürgermeister Straubinger zur Begrükung 
mwesend waren. Der Kaiser richtete an jeden 
Anwesenden huldvolle Worte. Die Kurkapelle 
nionirte die preußische Volkshymne. Das zahlreich 
mwesende Publikum begrüßte den Kaiser mit en⸗ 
hufiastischen Kundgebungen. Der Kaiser erschien 
viederholt am Fenster des Schlosses. Vor der 
vangelischen Kirche ist eine Ehrenpforte errichtet. 
Der Kurort ist reich beflaggt. 
Wien, 21. Juli. Wie mehrere hiesige Morgen⸗ 
melden, verlaute es in Gastein als vestimmt, daß 
der Kaiser von Oesterreich auf seiner Reise nach 
Innsbruck am 7. August dem Kaiser Wilhelm in 
Gastein einen Besuch abstatten werde. 2 
ELondon, 22. Juli. Die „Morning Post“ 
rfährt, daß die russische Regierung neue Vorschläge 
dezüglich des Streitpunltes in der afghanischen 
Brenzfrage gemacht habe. 
FKairo, 21. Juli. Eine Depesche des Kapi⸗ 
ans Chermside meldet, daß die Aufständischen am 
16. und 17. Juli mit großer Macht Kassala angriffen. 
Dieselben wurden von der Garnison nach heftigem 
Zampfe zurückgeschlagen. Die Aufständischen ver— 
loren dabei 3000 Todte. Die Garuison erbeutete 
gegen 1000 Ochsen, ebensoviel Schafe und 700 
Bewehre. 
Madrider Blatter besprechen ganz ernsthaft die 
Frage der Erhebung Spaniens zum 
Kaiserreich. Man sollte wirklich annehmen, 
daß in einem Lande, in welchem die Monarchie 
auf so schwachen Fußen steht wie in Spanien, das 
dazu noch innerhalb eines Jahres durch Erdbeben, 
Ueberschwemmungen und die Cholera schwer heim⸗ 
esucht wurde, den Blattern selbst in den Hunds⸗ 
agen die Lust zu so schlechten Witzen vergehen sollte. 
— Die Londoner Nachrichten über den 
Stand, der afghanischen Grenzfrage lauten heute 
wieder ein wenig ungünstiger, wenn auch nur ein 
zanz klein wenig. Der „Daily Telegraph“ folgert 
denigstens aus einer vom „Standard“ gebrachten 
hehauptung wonach die numerische Stärke der 
ussischen Truppen am Herirud das sirille Friedens⸗ 
nedürfniß übersseige, daß das Londoner Kabinet 
fubland noch um weitere Erllaäͤrungen über die 
tubpenverflartungen angehen werde. Weiter weiß 
)er „Standard“ zu perichten. daß Rußland, obwohl 
3auf der Position bei Zuificar bestehe, in Wiri— 
iichkeii Meruschak begehre und daß Meruschak, gegen 
die Anerlennung der Kechte des Emrs bon Afgha⸗ 
—X —— 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 23. Juli. (Ernennung.) 
Der kgl. Amtsanwalt Herr W. Cantzler dahier 
vurde auf Ansuchen vom 1. August ab in gleicher 
Figenschaft an das kgl. Amisgericht Grlunstadt ver⸗ 
jetzi und an dessen Stelle zum Amtsanwalt bei den 
igi. Amtsgerichten dahier und in Blieskastel, wie 
chon früher erwähnt, der Rechtspraktikant Herr 
Arthur Weber aus Landau ernannt. 
— Amtliches. Die kgl. Regierung der 
Pfalz gibt den kgl. Bezirksamtern, katholischen 
—XXVXX tadonnu dve 
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