Full text: St. Ingberter Anzeiger

tage im Saale anwesend war und die lautlose 
Stille, während der Deklamationen, der Gesänge 
und den Bildern wahrgenommen. Man muß wahr— 
haftig mit den Schilderungen über die Aufführung 
in Boppard einverstanden sein, die unser Lokalblati 
in Ihrer Sonntagsnummer gebracht, worin gesagt 
wird: „So etwas läßt fich nicht mit Worten 
schildern, das muß man mit eigenen Augen sehen 
— AusdemBliesgau. In der Bürger 
meistere Om mersheim betragen die Gemeinde— 
Umlagen pro 1885 für Ommersheim 5090 (wie 
im vorigen Jahr), in Oberwürzbach 175 90 (v2v. J 
3500), in Heckendalheim 70910 (v. J. 9000). 
— Als Beweis, wie schlecht es bei dem anhaltenden 
Schneewetter dem Wilnd geht, mag dienen, daß 
letzte Woche von einem jungen Manne von Ommers- 
heim ein altes großes Reh (Geise) beim Ort, wo 
es vor Erschöpfung und Hunger niedergesunken war, 
aufgefunden, auf die Schulter genommen und nach 
Hause getragen wurde, ohne daß dasselbe den ge— 
ringsten Widerstand leistete. Andern Tags wurde 
es den Jagdpächtern, HH. Gebr. Krämer, abgelicfert 
In der Gefangenschaft (der warmen Stube) war 
dasselbe so geduldig wie ein Schaf. (3w. ZBtg.) 
— Blieskastel, 19. Januar. In dem 
bhenachbarten Lothringen ist vor einigen Tagen ein 
scheußliches Bubenstück verübt worden. Zwei jüdische 
Mädchen aus Frauenburg im Alter von 16 und 
17 Jahren hatten sich nach Saargemünd begeben 
um dort die von ihnen gefertigten Näharbeiten 
abzuliefern. Als sie wieder den Rückweg antraten, 
wurden sie nicht weit von Neunkirchen von einem 
zweispännigen Wagen eingeholt, auf welchem zwei 
Bauernsöhne von 19 und 20 Jahren saßen. Die— 
selben spiegelten den arglosen Mädchen vor, daß 
fie nach Frauenburg fahren würden, und luden fie 
ein, wmitzufahren. Kaum waren die Mädchen auf 
den Wagen gestiegen, als die Burschen in einen 
andern Weg einbogen. Als die Mädchen das 
bemerkten, versuchten sie schnell vom Wagen zu 
springen, wurden aber von den Burschen überwältigt 
und trotz allem Widerstande gemißhandelt, geschändet 
und dan vom Wagen geworfen. Die Unglücklichen 
schleppten sich mühsam nach Hause, wo sie kranl 
darniederliegen. Auf die sofort erstattete Anzeige 
ist es der Gendarmerie gelungen, die zwei Unmenschen 
zu ermitteln und zu verhaften. (Zw Ztg.) 
— Die DüngerfabrikKaiserstautern 
vertheilt pro 1884 eine Dividende von 990 — Mk 
13.50 pro Uktie. 
— (Pfalzisches Gewerbemuseum.) 
Sr. Exzellenz der k. Staatsrath i. a. o. D. und 
k. Regierungepräsident v. Braun nahm Veranlassung 
aus feiner Pridatbibliothek den Bericht über die 
württembergische Landesgewerbeausstellung zu Stutt⸗ 
gart im Jahre 1881, verfaßt von J. Diefeubach, 
Oberregierungsrath bei der kgl. Centralitelle für 
Gewerbe und Handel in Stuttgart, sowie desgleichen 
über die Bayer. Landes- Industrie;, Gewerber und 
—XVVV—— 
herausgegeben vom bayer. Gewerbemuseum daselbst, 
vem pfälzischen G werbemuseum zu überlassen, in 
dessen Lesezimmer diese Schriftstücke einige Zeit über 
zur Einsichtnahme für die Mitglieder des Gewerbe— 
museumsbereins zur Auflage gelangen. 
— Otterberg, 17. Januar. Gestern Abend 
wurden die hiesigen Einwohner durch Feueralarm 
überrascht. Ein einstöckiges Paus branute nieder 
und nur dem raschen Eingreifen der Feuerwehr ist 
es zu verdanken, daß die danebenstehenden Häuser 
heinahe gänzlich verschont blieben. Wie schon mehr. 
mals, hat auch dieses Jahr wieder Herr Carl 
Kirchner aus New-York — ein Kind unserer Stad 
— dem hiesigen Kindergarten ein namtzaftes Geld 
geschenk vermacht. Ebenso hat derselbe für das 
projektirte Reiffele Denkmal 150 Mk. gespendet. 
— Bei Deidesheim im Gemeindewald 
wurde die Leiche eines unbekannten Mannes aufge 
funden. Dem Anscheine nach war der Lebensmüd⸗ 
ein Handwerksbursche. 
D Insheim, 18. Jan. Als gestern vie 
Butterhändlerin Wittwe Deck von hier sich auf 
dem Landauer Wochenmarkte befand, wurden der⸗ 
selben au ihrer Wohnung mittelst Einbruchs 180 
Mark gestohlen. Untersuchung ist bereits eingeleitet, 
doch isi es bis jetzt noch nicht gelungen, des Diebes 
habhaft zu werden. (L. Tabl.) 
der verlebte Rentner Herr Gustav Wolff 
in Landau, vormaliger k Steuer- und Gemeinde— 
Einnehmer in Schaidt, hat der Wittwenkasse seinen 
früheren Standesgenossen ein Legat von 1000 Mk. 
testamentarisch zugewendet. Es ist dies seit dem 
iast 27jährigen Bestehen des Einnehmer-⸗Pensions 
Vereines der Pfalz der erste Fall, daß dieser so 
wohlthätigen Kasse eine solche freiwillige Gabe zu 
Theil geworden. Möge das schöue Beispiel des 
edlen Verblichenen Nachahmung finden! 
— Wollmesheim, 18. Jan. Wegen der 
hier allgemein auftretenden Masernepidemie 
ist bis auf Weiteres die Schule geschlossen. — Auch 
in Niederlustadt mußte wegen einer bösartig 
auftretenden Kinderkrankheit die Schule geschlossen 
werden. 
— Aus der Ebene wird dem „Land. Anz.“ 
foljgende Geschichte mitgetheilt: Ein Vorgang, der 
sich in der Gemeinde B. zutrug, verdient als 
warnendes Beispiel veröffentlicht zu werden. Der 
Ackerer B. hatte ein krankes Rind und schnitt dem 
elben Nachts, weil er ein Verenden desselben be— 
ürchtete, den Hals durch. Später rief er den 
Metzger L zur Eathäutung des Thieres. Beim 
Deffaen fand der Metzger eine unverhältnißmäßig 
jroße Milz dor und bedeutete dem Eigenthümer, 
daß das Thier milzkrank sei. Nachmittags, nach— 
»em der Eigenthümer Milz und Gedärme beseitigt 
jatte, zerlegte L. das Thier, salzte es ein und 
ꝛerarbeitete das Geschlinge unter Zuhilfenahme von 
Schweinefleisch und Gedärmen zu Würsten. Von 
dem ganzen Vorgange wurde weder der Fleischbe— 
chauer noch das Burgermeisteramt in Kenntniß 
gesetzt. Dies geschah am 22. Dez. v. J. Nach 
Neujahr kam der Sachverhalt zur Kenntniß der 
vorgesetzten Behörde. Es wurde nachgeforscht, das 
noch vorgefundene Fleisch als milzbrandverdächtig 
durch Uebergießen mit Petroleum — anf Anordnung 
des Herrn Bezirlsthierarztes — zum Essen unbrauch 
»ar gemacht und durch den Abdecker vergraben 
Figenthümer und Metzger sehen nun wegen nich“ 
gemochter Anzeige gerichtlicher Bestrafung entgegen 
Darum, Viehbsitzer, aufgepaßt und nicht versäumt 
ich mit den hier einschläaigen gesetzlichen Bestim 
muugen vertraut zu machen. 
— Der im Marz 1883 in Speyer mit 
15 Mitgliedern ins Leben getretene Verein „Credit— 
reform“ zählt jetzt 152 Mitglieder. 
— Rockenhausen, 16. Januar. Ein 
seltener Fall in den Annalen der pfälzischen Rechts- 
oflege. Der im Dezember v. J. von der Straf 
kammer des kgl. Landgerichts Kaiserslautern weger 
grober Sachbeschädigung (Abschneiden von Obst— 
bäumen im Weinberg des Herrn Oberamäsrichten 
Graf) zu 4monatlicher Gefängnißstrafe verurtheilte 
Maurermeister Wilhelm Keßler von hier wurde 
gesterr, nachdem er bereits einen Monat seinen 
Strafe verbüßt, aus der Haft entlassen. Ein an— 
derer bereits zur Haft gebrachter hiesiger Einwohner 
hat sich als der Thäter bekannt. Keßler traf gestern 
Abend mit dem 9210 Uhr-Zuge hier ein und 
wurde von einer nach Hunderten zählenden Men— 
schenmenge mit Hochrufen am Bahnhofe empfangen 
und nach seiner Wohnung geleitet. Jedenfalls 
wird der Genannte nun durch Wiederaufnahme des 
Rerfahrens von jedem Verdachte gereinigt. Wer 
aber entschädigt den unschaldig Verurtheilten, ab— 
gesehen von dem materiellen Schaden, für die wäh⸗ 
rend des verflossenen Monats ausgestandenen Quolen? 
Wieder ein Beweis, wie nothwendig die Zulässig— 
keit der Appelalion in Strafsachen wäre, gleichwie 
die Entschädigung unschuldig Verurtheilter durch 
den Staat. (Vf. Pr.) 
Vermischtes. 
FMannheim, 186. Januar. Einer der 
»ekanntesten Aerzte unserer Stadt, Herr Doktor 
Hrohe, der seit einigen Tagen vermißt worden 
var, wurde heute als Leiche am Rheinufer ge— 
audet. Det noch in den besten Jahren stehende 
Mann hat in einem Anfalle von Geistesstörung 
den Tod gesucht und gefunden. Ein Kind des 
Hertn Grohe war seit einiger Zeit schwer erktankt; 
Reser Umstand hat den geistigen Zustand des Un— 
zlücklichen so sehr alterirt, daß er prötzlich aus dem 
Hause verschwand und einen Selbstmord verübte 
Das Kind ist inzwischen auch gestorben. 
Mannheim, 18. Jan. In dem benach 
»arten Orte Neckarau wurde durch Zufall ein un— 
eimlicher Fund gemacht. Für den Bier— 
prauer Helmling dort war ein Waggon Kohlen 
eingetroffen, in denen man beim Entliden eine 
Blechbüchse mit etwa 5 Kilo Dynamit und einem 
Stück Zündschnur vorfand. Man darf wohl an— 
iehmen, daß dieses gefahrdrohende Objekt durch 
Zufall oder Nachlässigkeit auf der betr. Zeche unter 
die Kohlen gerathen ist; ein nicht absehbares Un— 
zlück hätte indeß entstehen können, wenn die voll⸗ 
ttändig durch die Kohlen schwarz gefärbte Büchse 
nicht entdeckt worden und unter dem Feuerungs— 
material verblieben wäre. Seitens der Staatsan— 
valtschaft ist Untersuchung eingeleitet worden. 
Mit dem kürzlich erfolgten Tode des Prinzen 
August von Württemberg ist einer der 
chönsten Romane der Gegenwart zu seinem Ab— 
chlusse gelangt, weicher den hochgeborenen Prinzen 
aAs einen Edelmann in dem waähren Sinne des 
Wortes charakterisitt. Im Hause Hollmannstraße, Ie 
in Berlin ließ er sich der ehemaligen Tänzerin 
Bethga antrauen, als diese auf dem Sterbebett⸗ 
lag und legitimirte dadurch seine und ihre Tochter 
Für dieses Kind lebte und wirkte der fürstliche 
General fortan. Hier brachte er tagtäglich seine 
freien Stunden zu, hier war er nur der liebende 
Vater. Und hinter ihm schlossen sich, sobald er 
seinem Wagen entstiegen, die Pforte des Hause— 
äugstlich, damit kein Lauscher das reine Familien- 
leben störe. Hier hatte die ganze Familie der Ent— 
schlafenen ein trautes Heim. Für Alle war durch 
Renten gesorgt, für die Mutter der Todten, für 
wei Schwestern, ebenfalls Tänzerinnen, welche am 
Tage der Trauung ihren Abschied von der Bühne 
nahmen und seldst für einen Ogeim derselben, einen 
Eisenbahnschaffier Die Tochter des Prinzen holte 
hor einem Jahre ein Ofsizier als Gattin heim 
Sie ist jetzt die reiche Echin. Aber für die Famili⸗ 
ist weiter gesorgt und das Bethge'sche Famitlien— 
heim bleibt intakt, so lange noch ein Mitglied der— 
selben lebt. Ueber dieses Haus, das schönste Denk— 
mal eines Ehrenmannes, könnte man mit Rechl 
schteiben: Honny soit qui mal y pense! 
Aus Bayern, 14. Januar. JMuch an 
dieser Stelle wurde vor einiger Zeit b richtet, daß 
ein Sohdat vom Chevauleger-Regiment in 
Dillingen, der sich von seiner Truppe entfern— 
hatte, zu Aufang Dezember v. J. in einem Sumpft 
steckend gefunden wurde, in welchem er volle acht 
Tage in entsetzlicher Lage zugebracht hatte. Dem 
Uaglücklichen waren beide Unterschenkel erfroren und 
nußten amputiert werden. Nunmehr wird gemeldet, 
daß der Mann, nachdem die Amputation glückuch 
durchgeführt war und die Heilung der Wundflächen 
dereits hegonnen hatte, einem Lungenleiden, das 
sedenfalls von seinem schrecklichen Abenteuer her— 
ruͤhrte, erlegen ist. 
Augsburg, 14. Januar. (Ein Scheusal.) 
Der Bauer Joseph Buchberger von Neuhof bei 
—AVD 
liche Mißhandlungen den Tod seines Hütvuben 
Amphons Freundl verursachte, wurde vom Schwur— 
gerichtshofe nach zwölfstündiger Verhandiungsdauet 
zu 4 Jahren Gefängniß verurtheilt. Die 21 ver— 
nommenen Zeugen entrollten ein grauenhaftes Bild 
nenschlicher Rohheit und Herzlosi keit; der Knabe 
bekam Sch.äge mit Prügeln und eisernen Ketten, 
nußte auf einem mit Hobelspänen gefüllten Sad 
sein Nachtlager suchen und wurde beingahe ausge⸗ 
hungert. Diese Mithandlungen dauerten ein halbes 
Jahr, bis am 21. August 1884 eine Gehirner⸗ 
scchütterung in Folge einer Mißhandlung und am 
27. desselben Monats der Tod des Knaben eintrat. 
Die Sachverständigen konstatirten, daß der ganze 
Körper von der Fußsohle bis zum Scheitel in Folge 
fortgesetzter Mißhandlungen mit rothen, blauen, gelben 
ind grünen Flecken bedeckt und beinahe keine weiße 
Stelle mehr gefunden werden konnte. Der Knabe 
sei durch mangelhafte Ernähtung fast zum Skelett 
abgemagert gewesen. Der Angeklagte benahm sich 
auch in heutiger Verhandlung höchst roh. 
4 In der Nähe der Militärschwimmschule zu 
München ließ sich ein etwa 13jähriger Knabe. 
Sohn des Haltestellwärters dortselbst, von einen 
Bahnzuge überfahren. Als Motiv wird gekränkte 
Ehrgeiz, da er in der Schule schlechten Fortgan 
hatte, angegeben. 
Aus Deggendorf, 186. Januar, wird 
dem „Münchener Fremdenblatt“ geschrieben: Heut! 
Vormittags gegen 9 Uhr soll in den Vorberget 
des nahen bayerisshhen Waldes eine von Nord⸗Os 
rach Süd-West sich bewegende ziemlich heftigt 
Erderschütterung stattgefunden haben. Bestätigung 
bleibt abzuwarten. Als meteorologisch interessant 
verdient jedenfalls die Thatsache bemerkt zu werden, 
daß um die kritische Zeit das Thermometer inner⸗ 
halb 15 Minuten bei plötziich sich erhebendern 
Sturm von 10 Grad Kälte auf 7 Grad Warme 
gestiegen ist. 
FNürnberg, 17. Januar. Die hiefia 
Polizei hat gestern einen Mann, angeb lich Namen