Full text: St. Ingberter Anzeiger

Dieselbe enthält im Vorwort die Entstehung und 
zie Weiterbildung des pfälz. Sängerbundes bis auf 
die heutige Zeit, ferner einen Fesigruß von Chr. 
Böhmer. Weiter enthält das Werkchen eine Be⸗ 
schreibung des 41. pfalz. Sängerfestes im Jahre 
1860, der daselbst mitgewirkt habenden Vereine, 
das Festprogramm ꝛc., sowie den Verlauf des Festes. 
Auch wird die Festichrift den Text der „Velleda“ 
bon Professor Brambach, somie das Naähere über 
die am Montag, den 17. August im zweiten 
Foncerle miswirlenden Künstler enthalten. Es kann 
dieser Festschrifi nicht allein im Kreise der Mitglieder 
des pfalz. Sängerbundes, sonderu auch von jedem 
außerhalb diesem stehenden Musikfreund, mit Inter⸗ 
esse entgegengesehen werden. 
— Landau, 6. August. Die Absolutorial⸗ 
prüfung des hiesigen Gymnafiums ist vorgestern zu 
Ende gegangen. Es betheiligten sich daran 21 
Stchuler der Dbectlasse und 2 Privatftudiren de. von 
den Ersteren wurde einer zur mündlichen Prüfung 
nicht zugelassen, während sämmiliche Uebrigen be⸗ 
standen haben. 
— Landau, 6. August. Zur Betreibung 
der Waller'schen Millionen .Erbschaft hatten fich im 
Auftrage der Erdlustigen zwei Herren von hier und 
don Speyer nach Holland begeben, von wo sie jetzt 
enttäuscht zurückgekehrt sind. Nach einer Notiz in 
der „Ggt.“ findet sich der Name Walter in den 
Archiven vor und der Stammbaum soll auch auf 
die Pfalz verweisen, jedoch ist laͤngst Verjährung 
eingetreten und es bliebe zur Erreichung des dazu 
noch nichts weniger als ficheren Zieles nur der kost⸗ 
pielige Prozeßweg übrig. Die höchste Wahrschein⸗ 
iichkeit spricht aber dafür, daß auch auf diesem Wege 
nichts zu erreichen sein wird und die Erblustigen 
werden es sich wohl überlegen müssen, ob sie unter 
diesen Umstanden ihr gutes Geld an schlechtes 
venden wollen. 
Bor fünfzehn Jahren. 
(Gur Erinnerung an den 6. August 1870.) 
Seit den ewig denkwürdigen Ereignissen des 
Jahres 1870 find nun schon 15 Jahre dahin ge⸗ 
gangen: eine neue Generation ist inzwischen fast 
herangewachsen und viele der Helden, die damals 
mit machtiger Hand das Schwert führten, sie haben 
hom Leben Abschied genommen, wir erinnern nur 
in die allerjüngsten schweren Verluste, die Deutsch⸗ 
and erlitten, an das Hinscheiden der Heerführer 
Brinz Friedrich Karl und Manteuffel. Wohl ziemt 
z sich, jener verhängniß ⸗ und entscheidungsreichen 
Tage von Neuem zu gedenken, da zwei Nationen 
zum Kampf auf Leben und Tod einander wohl 
Jerüftet gegenüber sianden und Schlachten geschlagen, 
Siege errungen wurden, wie deren wenige im Buch 
der Weltgeschichte verzeichnet stehen. — Für uns 
Deutsche muß es gerade jetzt von besonderem In⸗ 
leresse sein, jene Ereignisse aus dem Munde eines 
Nichtdeutschen erzahlt zu hören, und ertheilen wir 
in solgendem einem Englander das Wort, um uns 
über die Erstürmung der Spiche rer Obhen 
Bericht zu erstaten. 
us dem eine zusammenhängende Erzühlung 
des Krieges zwischen Deutschland und Frankreich 
bildenden WerkThe War Correspondende of 
the ,Daily News“ 1870 (die Kriegskorrespon⸗ 
denz der Daily News“) eninehmen wir, uns ge⸗ 
wissenhaft an den englischen Text haltend, folgende 
ungemein anschauliche Schilderung der glanzenden 
Waffenthat vom 6. August: 
Die Kunde don der Niederlage bei Weißenburg 
zrreichte Metz am 6. August und bestimmte den 
Kaiser, an den Kommandirenden des 2. Armee⸗ 
korps, General Frossard, den Befehl zu erlassen, 
die Truppen, welche am 2. August die Höhen 
vberholb Saarhbrücken besetzt hatten, zurtickzuziehen. 
dier dehnen sich hinter Saarbrücken Walder aus 
—XV Weißenburg, und in der 
Nacht vom 8. August stand Frossard's Korps in 
dem Thal, welches fich von Saarbrücken nach For⸗ 
hach erftreckt. Aber die Vorsicht, welche das 2. 
orps nur eine oder zwei Meilen vom Feind 
suruckzog, veranlaßte den Kaiser nicht, das 8. oder 
Armeekorps zur Unterstuͤtzung entgegen zu schicken. 
Am Morgen des 6. August langte die leitende 
sme leading) Division von der Armee des General 
Sleinmeß in Saarbrücken an und begann nach 
dem Feind zu spaͤhen. Die Schwaͤche dieset Ab⸗ 
heilung verieitele den General Frossard, die Besetz⸗ 
uing der Hoͤhen von Spichern anzuordnen, von wo 
tn auf die beranrückenden Deutschen 
ein heftiges Feuer eröffneten. Diese Hohen, in fasi 
senkrechter Sleile sich mehrere hundert Fuß hoch 
iber dem Thale aufthürmend, bilden eine natürliche 
Festung; die Hügel ragen in das Thal hinein wie 
benso viele Basteien und bilden für die Verthei⸗ 
digung die denkbar günstigsten Vortheile. — Mit 
der Ankunft der 14. preußischen Division vom 
dorps des General v. Göben wurde die Sache 
ernsi. Die Franzosen hielten die Hoͤhen von 
Zpichern. mit ihrer gesammten Macht besetzt; und 
vährend des Kampfes eilte eine Division vom 
orps Bazaine zur Unterstühung herbei. Die 
Preußen waren an Zahl weit geringer, aber General 
o. Kamecke wußte, daß andere Korps nachrückten 
ind zögerte keinen Augenblick mit dem Feind an⸗ 
binden. Er griff in der Front an und versuchte 
auch die linke Flanke der Franzosen bei Styring 
zu umgehen, wurde aber auf beiden Seiten abge⸗ 
wiesen. Um 3 Uhr standen alle Truppen seiner 
Division im Feuer und sein Unternehmen bekam 
ein ernstes Aussehen. Aber andere deutsche Truppen 
durch das Feuer angezogen, rückten nun heran 
Zuerst kamen zwei Batterien von der Division v. 
Zarnekow im Galopp heran, eiligst gefolgt von 
Infanterie und Cavallerie. Die fünfte Divifion 
unter General v. Stülpnagel hatte auch das Feuern 
zei Sulzbach gehört und marschirte vorwärts, einzig 
zeleitet vom Donner der Kanonen. Mit diesen 
kräften leitete General v. Göben, welcher nun das 
tommando übernommen hatte, einen kräftigen 
Vorstoß gegen die franzöfische Front, besonders 
gegen den bewaldeten Theil des Abhanges. Der 
Angriff war von Erfolg; der Wald wurde besetzt. 
Am südlichen Waldrande hielten die Franzosen 
stand und versuchten mit Infanterie, Artillerie und 
sKavallerie den Angriff abzuweisen. Aber die preu⸗ 
zische Infanterie war unerschütterlich. Bei diesem 
Zusammenstoß leiftete die Artillerie der 5. preußischen 
division gute Dienste und verrichtete eine seltene 
deldenthal. Zwei Batterien erkletterten buchstäblich 
zie Hügel von Spichern auf einem schmalen und 
Ahen Bergpfad und betheiligten sich am Zurücd⸗ 
verfen des Feindes. Frossard versuchte einen 
Seilenangriff auf den preußischen linken Flügel— 
aber vergebens. Ein letzter Ansturm, der dritte, 
seit die Preußen in den Wald eingedrungen waren, 
vurde nun von den Franzosen mit großter Hef⸗ 
igkeit versucht; aber die Preußen standen fest, und 
Zeneral Frossard, tinsehend, daß nichts mehr zu 
jewinnen war. ordnete den Rückzug an. Es war 
ine blutige Arbeit, siegreich für die Deuischen. 
532 franzoͤsische Bataillone mit der Artillerie eines 
janzen Korps, aufgepflanzt in einer nahezu unan⸗ 
zreifbaren Stellung wurden geschlagen von 27 
zreußischen Bataillonen mit der Artillerie von nur 
iner Division. Vor dieser Waffenthat hatte man 
noch sagen können, daß die Preußen nur den 
dampf aufnehmen, wenn sie den numerischen Vor 
heil hatten; die Schlacht bei Forbach bewies, daf 
ie Vertrauen besaßen auf ihre Fähigkeit, auch den 
iumerisch stärkeren Feind mit Erfolg anzugreifen, 
ind daß dieses Vertrauen gerechtfertigt war. Die 
Schlacht bei Worth wurde gekämpft nach einem 
voraus überlegten Plan; die von Forbach scheint 
nicht vorbedacht gewesen zu sein, sondern war das 
Resultat von Göben's Entschluß, eine dargeboten⸗ 
Belegenheit auszuuütßen. Der Erfolg hob nich 
nur das Ansehen der deutschen Infanterie und 
Artillerie — Kasballerie konnte bei dem schwierigen 
Terrain nicht zur Verwendung kommen — er 
zeigte auch die hohe taktische Ueberlegenheit der 
eutschen Heerführer, welche in tascher umfassender 
kinsicht und Benüßung aller Umftände zur Erreich⸗ 
ung des Sieges sich als weit überlegen erwiesen 
jegenüber den Mannern, welche der Kaiser Napo— 
eon au die Spitze seiner Armeekorps geitellt hatte. 
Vermißcates. 
Wahrend im Jahre 1830 auf der ganzen 
Erde nur 381 ;m Eisenbahnen im Betriebe 
danden, verfligte die Menschheit in den derschiedenen 
Erdtheilen, besonders in Europa und Amerika 
Ende 1883 über nahezu 450 000 4m Schienen⸗ 
wege, in welchen nach den Berechnungen Neumann⸗ 
Zpallarts ein Kapital von 9134 Milliarden Mark 
angelegt war. Europa hat für seine Eisenbahnen 
iber 52, Amerila über 8383 Milliarden Mark auf⸗ 
ewendet, und zwar in weniger als fünf Jahrzehnten. 
das sind nun allerdings ungeheure Kapitalien, 
illein sie verzinsen fich nicht nur rein finanzieli 
vfrachtet sondern si⸗e hahen mi⸗ zedermänn son—- 
äglich erfahren kann, so bedeutende wirthschaftui 
und soziale Ersparnisse, Vortheile und Annehmi 
eiten im Gefolge, daß gegen die Anlage so große 
Zapitalien in den Eisenbahnen von keiner Set 
her Widerspruch zu erwarten ist. Was die Eisen 
bahnen leisten, das hat jüngst Neumann · Spallau 
zu schätzen versucht. Mit Hülfe von 83 800 volo. 
motiven, 144 000 Personenwagen und 2 100 000 
Güterwagen sollen im Jahre 1882 auf der Erde 
nach approximativem Anschlage Uberhaupt 2300 big 
2400 Millionen Personen und 1150 bis 1200 
metrische Tonnen Frachten defordert worden sein 
Im Durchschnitt sollen jeht kaglich nahezu 7 Min. 
onen Personen auf allen Schienenstraßen der Erde 
und täglich 3,3 Millionen Tonnen Güter an ihren 
Bestimmungsort gebracht werden. Diese imposanten 
Zahlen markieren in Fraktur die gewaltige Be 
deutung des modernen Eisenbahnwesens fuͤr daz 
wirthschaftliche und soziale Leben der Menschhen 
f Von der Heydt, 4. August. Von der 
ungefähr 2900 Mann starken Belegschaft sowie 
deren Familienangehörigen wurden bei dem jüngs 
gefeierten Bergfest folgende riesige Massen Lebens. 
mittel und Getränke verzehrt. 35 Ctr. Rindfleisch 
1412 Ctr. Schinken und zur Reissuppe 7 Ct. 
Reis. Getrunken wurden 87 Hektoliter Bier und 
an Brod 87 Etr. verabreicht. Auch kamen 116 
isten Cigarren und 2900 Pakete Tabak zur Ver— 
theilung. Der Braten und die Suppe wurden in 
39 riesigen Kesseln zubereitet. 
F Mainz, 3. August. Nach einer Mit⸗ 
heilung des Mainzer Journal“ ist der Krieg 
wischen den preußischen Bahnen und der hessischen 
dudwigsbahn auf's Neue ganz heftig entbrannt. 
Von dem 1. August ab werden nämlich von 
ämmilichen in Norddeutschland gelegenen Stationen 
der preußischen Staatsbahnen keine direkten Billete 
mehr nach Mainz, sondern nur noch bis Frankfurt 
verabfolgt; aus diesem Grunde müssen sämmliliche 
Reisende nach Mainz in Frankfurt umsteigen, wodurch 
die Reisenden stets mit bedeutenden Verspätungen 
hier eintreffen. Das Verfahren raft eine leicht be⸗ 
greifliche Erbitterung unter den Reisenden herbor, 
eine große Anzahl derselben versäumte heute 
Morgen in Folge dieser Anordnung die nach Koln 
fahrenden Schiffe! 
F Mainz, 4. August.(Ein unangenehmes 
Abenteuer.) Geßern meldeten hiesige Blätter, daß 
am Rheinufer ein Herrenanzug gefunden worden 
sei. Wie es fsich nunmehr herausgestellt hat 
ist dem Eigenthümer durchaus kein Unfal 
hdegegnet, auch hat derselbe sich niemals mit 
Zelbstmordgedanken getragen. Die Kleider gehoͤrten 
einem jungen Manne, welcher fich in jener Nacht am 
Rheinuͤfer badete. Als er indeß aus dem Wasser 
kam, fand er seine Kleider nicht mehr vor. Waß 
thun? Er konnte doch nicht so, wie er war, also 
hoͤllig nackt, nach Hause gehen. Er verkroch fich 
kurzer Hand in ein vor Anker liegendes Schiff und 
wartete darin die Ankunft der Schiffer ab, denen 
er seine verzweifelte Lage vorstellte. Nun wurde 
nach den Eltern des jungen Mannes um Kleider 
geschickt und damit haite das Abenteuer ein Ende. 
Der angeblich Ettrunkene holte heute Vormittag 
jeine anderen Kleider, die am Ufer gefunden worden 
waren, auf der Polizei ab. 
Frankfurt, 4. August. Ein Amerilaner 
hatte auf dem Abort des Panoramas seine Brief 
jasche mit 2000 Dollars liegen lassen. Den Ver⸗ 
lust gewahrte er erst, als er am Eingang des 
Palmengartens Entree begahlen wollte. Ganz be⸗ 
fürzt kehrte er nach dem Panorama zurüd, wo 
ihn schon am Eingang von dem Porlier die Briel⸗ 
tasche eingehändigt wurde 
Der Bau der FJahnradbahn Abßmannk 
hausen⸗Niederwald nimmt einen guter 
Forigang. Die Erdffnung des Betriebs diefe 
Strecke wird wohl längstens bis 15. Seplember 
d. J. moͤglich werden. 
F Darmstadt, 3. August. (Der Ehemann 
und die Broͤdchen) Eine junge Frau die zu w 
Erholung ins Bad reifte, dergaß beim Backer 3 
Broͤdchen abzubestellen. Diese wurden iht uamuig 
seden Morgen um 6 Uhr, in einem Sädchen w 
bact, durch das Kellerloch in's Haus geliefert 
bas Hausthor zu so früher Stunde noch vescogu 
war. Ihr Gatte, der wahrend der Abwesenheit —* 
theuren Gattin bei seinen Eltern war, fand es 
zut, nach drei Wochen einmal seine Wohnung 
nspizieren. In seinen Keller gehend, um sich * 
Flaͤsche Wein zu holen, entdedte er bei de 
,)5 ein⸗y ganz⸗en Haufen kleiner Sau