Der geistigen Unfähigkeit und Unfertigkeit der
Hausfrauen wird durch die in manchen Städten
gegründeten Institute der weiblichen Fortbildungs⸗
schulen am besten abgeholfen. Hier wird neben der
—X größter Werth auf
die Hebung der Simichkeit gelegt. Es werden
Voriräge und Unterhaltungen geboten, die Geist
und Gemüth stärken und stählen für Zeiten der
Sorgen und der Verführung.Gine Hauptaufgabe
soscher Schulen wird es stets sein, die sungen Mäd.
Hen mit den Arbeiten und Spielen der Kinder⸗
gärten bekannt zu machen, und endlich ist es drin⸗
gend nöthig, daß den aus den Volksschuͤlen ent⸗
lassenen Madchen zur Befestigung und Erweiterung
des Erlernten, sowie zur Aneianung und Uebung
der für das praktische Leben und die Erwerbsthã⸗
tigkeit nützlichen Kenntnisse und Fertigkeiten genü⸗
gend Gelegenheiten geboten werde.
Der Unterricht in solchen weiblichen Fortbild
ungsschulen gliedert fich in drei Hauptstufen:
L. Deutich, insbere Pflege der Orthographie
und ihrer Regeln. Diktate zur Foͤrderung einer
richtigen und gefälligen Schrift. Geschäftsbriefe
und Geschäftsaufsätze. ——
2. Rechnen. Mit benannten Zahlen. Dezi⸗
malsystem. Prozent⸗, Zins⸗, Rabatt⸗, Gesellschafts
rechnung. Buchführung.
3. Handarbeit. Hand⸗ und Maschinennähen,
Sticken, Zuschneiden von Wäsche und anderen Klei⸗
dungsstüden, Stricken und Stopfen (Kunststopferei.)
Ist Zeit vorhanden. kann es nichts schaden,
wenn neben den borgenannten Lehrfächern noch
einiger Unterricht im Zeichnen ertheilt wird.
Das wären die geeignetsten Maßregeln, der
geistigen Unfähigkeit und Unfertigkeit derjenigen
Hausfrauen, die den ärmsten Klassen entstiegen sind
möglichst abzuhelfen. Mit der Hebung der Sitt⸗
lichkeit, mit dem Stärken im Selbstbewußtsein eigner
Kraft und mit dem Mehrwissen und Können werden
auch die köͤrperlichen Leiden der Hausfrau mehr
und mehr schwinden, und das Familienleben der
ärmeren Klassen wird zu einem solchen werden, wie
es sein soll — glücklich und zufrieden. —
Anders liegen nun die Verhältnisse der Mäd—
chenerziehung bei den hoͤheren Ständen.
Hier, wo man wissen sollte und könnte, was
zu einer guten und vernünftigen Erziehung der
Mädchen gehört, wo man sich wohl bewußt ist,
welche Fehler iagtäglich gemacht werden, hier
kümmert man fich noch weriger als beiden ärmeren
Klassen darum, daß aus den heranwachsenden Mäd⸗
chen einst tüchtige Frauen werden sollen. Da
giebt es Verkehitheilen ohne Ende, und es ist wohl
nicht zu diel behauptet, wenn gesagt wird, daf
Schule und Haus förmlich mit einander wetteifern.
die Gesundhen der Maädchen zu untergraben. Dort
werden sie in sauerstoffarmer Luft, ohne körperliche
Bewegung auf Schulbanken oder am Pianoforte
sitzend zu Grunde gerichtet, das Nervensystem wird
bernichtet, und vielleicht ein paar Stunden später,
mit engen Schnürleibern und Hackenschuhen ange⸗
than, bertanzen sie in heißen stäubgefüllten Räumen
den Rest ihrer Gesundheit. Das letztere wird dann
Erholung genannt.
So werden in den besseren Kreisen die zu⸗
künfngen Hausfrauen herangezogen. Ob das Mad⸗
chen imstande ist, eine Hauswirihschaft zu führen,
ob fie spater den Pflichten einer Mutter in jeder
Beziehung genügen kann, datnach fragt niemand.
Den jungen Dänchen wird selten gelehrt, wie eine
ordeniliche Finanzwirthschaft des Haushaltes aus⸗
sehen muß, deren Kenntniß zu einer glücklichen Ehe
ungeheuer viel beträgt.
Am schwerwiegendsten aber sind die Folgen
dieser verlehrten Erziehung für die Erziehung det
eigenen Kinder, welche ja in der Hauptsache der
Frau allein obliegt. Wenn auch der Mann die
ẽrziehung direktid leitet, so fällt doch deren Aus⸗
führung, also die eigentliche Erziehung, der Frau zu ⸗
Wie aber soll nun eine Frau. die selbst nach
allen nur moͤglichen und unmöglichen Verkehrtheiten
erzogen worden ist, eine richtige Erziehung leiten
können? Wie kann fie ihren Töchtern praktische
Anleitung zur Führung von Küche und Haus
geben, wenn sie selbst nichts versteht ? Ihre Bestre⸗
dungen haben nach ihrer Meinung ein anderes Ziel
und' einen anderen Zweck. Ihr Hauptaugenmerk
richtet sie darauf, daß sie die armen bleichsüchtig
und nervös gewordenen Geschöpfe nach dem, Hafen
der Ehe“ bugsiert, damit dann ein Mann sein
Lebtag mit einem ungesunden und unvpvraktischen
Wesen verbringen muß.
Das sind die werthlosen krankhaften Resultate
solch unnatürlicher Erziehungsweise.
Wenn die höheren Töchterschulen dem theore⸗
ischen Theile ihrer Lehrfächer einen Haushaltungs⸗
unterricht aufreihten und den Mädchen Gelegenheit
höten, in einem guten Haushalt die erworbenen
Zenntnisse praktisch zu verwerthen, so würde viel
zazu beigetragen werden, daß wieder gute und prak⸗
tische Hausfrauen erzogen: würden und nicht Mode—⸗
huppen, die von der Klavierseuche befallen sind. —
bs in demnach hohe Zeihier Umtehr zu
jalten. Sowohl bei den ärmeren, als bei den
wohlsituirten Klassen müssen geeignete Maßregeln
zur besseren Mädchenerziehung in wirthschaftlicher
und gesundheitlicher Hinsicht ergriffen werden. Ge—⸗
chieht·dies nicht, Jo siecht die Nation dahin. Mens
zana in corpore san. B. M.
ale und vfälzische Nachrichten.
P St. Ingbert, 25. August. Gestern
Abend brachten die Sänger des Casinos und die
)er Geuüthlichkeit, beide gesondert, ihrem Dirigen⸗
ten, dem Herrn Lehrer Schlaudecker zu
einem heutigen Namenstage ein Ständchen. Herr
dehrer Schlaudecker dankte für die ihm zu theil
zewordene Ehre mit rührenden Worten. Herr
Weirich, iI. Präsident der „Gemüthlichkeit“
zratulierte im Namen des Vereins und brachte
ein Hoch aus auf den Herrn Dirigenten. Nach
ieser Feier bersammelten sich die Gemüthlichen im
Vereinslokale; um mit Gesang und Deklamationen
das Geburts⸗ und Namensfest unseres allergnädig⸗
slen Königs Ludwig II. von Bayern einzuleiten.
* St. Ingbert, 25. August. Das Halberger
düttenwerk des Herrn Rud. Böcking & Co.
in Brebach wurde für seine Kollektiv⸗Ausstellung
in Antwerpen von der Jury mit der golde⸗
nen Medaiuille ausgezeichnet. Das Gehr.
Stummsche Eisenwerk in Neuntkirchen erhielt
die höchste Auszeichuung, das Ehrendiplhom,
ebenso das Dil linger Hüttenwerk.
— Landau, 22. August. Ein geborener
dandauer, Herr Konrad Krez, der als Student sich
m der achtundvierziger Bewegung betheiligte und
dann nach Amerika flüchtete, ist vom Präsidenten
der Vereinigten Staaten zum Zolldireltor in Mil⸗
vaukee ernannt worden. —
— Aus der Vorderpfalz. Bezüäglich
hes vor einiger Zeit vom Bezirksamt Bergzabern
hetannt gegebenen Zirkularerlasses über die Bestraf⸗
ung der Kinder in den Volksschulen schreibt das
„Fr. Tgbl.“: „Durch die Bekanntmachung dieses
Erlasses kann mancher Lehrer einen schweren Stand⸗
punkt unvernünftigen Eltern gegenüber erlangen
ind es erscheint uns dieses Vorgehen einer Behörde
nach dieser Seite hin für die Schule nicht als
orderlich, besonders in unserer Zeit. Wir sind
gewiß auch keine von denen, welche den Prügel⸗
helden in den Schulen das Wort reden wollen,
allein mit einem sentimentalen Auftreten kommt
rin Lehrer gewiß bei unartigen Buben auch nicht
weit. Wir möchten außerdem bezweifeln, ob es
in die Kompetenz eines Bezirksamtes gehört, einen
solchen Erlaß zu geben. Hat ein Lehrer das Maß
des Züchtigungsrechtes überschritten, so muß er
dafür dem Strafrichter nach den bestehenden Gesetzen
überwiesen und nach der Größe der Ueberschreitung
von demselben behandelt werden. Gesetzten Falles
aber, es besteht eine ältere Verordnung derart,
so ist dieselbe nicht mehr passend für unsere
etzigen Zeitverhältnisse und kann durch dieseibe und
hre Publikation nur die Autorität der Lehrer den
-„chülern und deren Eltern gegenüber untergraben
verden. Die alttestamentliche Pädagogkk „Wer
einen Sohn lieb hal, der stäupet ihn“, wird
jeder Zeit ihre Geltung behaupten.
— In Edesheim wurden einem armen
Manne eine Anzahl Rebstöcke böswillig abgeschnitten.
Der Gemeinderath hat demselben eine entsprechende
Held⸗Unterstützung gewährt und auf die Namhaft⸗
machung des Uebelthäters eine Belohnung von 50
Mark ausgesetzt.
— Neustadt, 28. August. Der am Mitt⸗
voch in Maikammer verhaftete Gemeindeschreiber
R. Schäfer wurde auf Verwendung seines
Schwiegervaters, des Herrn Bürgermeisters Mack
dahier, gegen Stellung einer Kaution von fünfzig
tausend Mark vorläufig aus der Untersuchungshaft
entlassen. Die verbrecherischen Reate, welche dem
Ungeklagten zur Last gelegt werden, sollen in der
Form von Urkundenfälschung auf dem Bürger—
neisterbureau zu Hambach, wo Schäfer bis Mitte
März l. J. Gemeindeschreiber war, verübt worden
sein. Zuletzt war derselbe noch Gemeindeschreihe
zu. Maikammer, Winzingen und Haardt.
— Neustadt, 24. August. Gestern Abend
hrannte bej einem Einwohner in der Gemeind⸗
Mutterst adt ein Haus und eine Scheuer mieder
Das Feuer scheint angelegt worden zu sein da
em Betreffenden vor Ausführung der That ein
Drohbrief zugegangen sein soll. Auch soll demselben
in ganzer Ader mit Tabal ausgerupft und vernichtet
worden sein. — In der nahe gelegenen Gemeinde
Ddannstadi soll am selbigen Tage auch ein
Schadenfeuer ausgebrochen sen.
Speyex, 21. August. Auf Veranlas.
jung des Kanal ·Komitoͤs Straßburg wurden durch
erschiedene Herren · des hiesigen k. Straßen⸗ und
Flußbauamtes seit Montag Vermessungen betr. des
Straßburg⸗ Speyer · Ludwigshafener Kanals vorge.
nommen und zwar« von hier nach Ludwigshafen.
Während die Hälfte der Kommission den Rhein
abgemessen hat, arbeitete die andere Hälfte auf dem
Lande und soll Otterstadt und Waldsee auf die
inke Seile des Kanals lommen. Die betreffende
ommission hat ihre Arbeit nunmehr beendet.
— Zur Aufbringung der erforderlichen Mitkel
für die Erbauung einer Kirche in Speher zunm
Bedächtnisse an die Protestation von 1592 wurde
einer in sämmtlichen protestantischen Pfarreien
Bayerns vorzunehmenden Sammlung die köonigliche
Genehmigung ertheilt.
Vermischtes.
F Eine wichtige, aber verhältnißmäßig noqh
zu wenig bekannte Versicherungs-⸗Anstalt ist die sei
1883 auch in Bayern bonzessionirte Deutsche
Militärdienst-Versicherungs-Anstalt
in Hannober. Der Zweck derselben ist, den Eltern
bdon Söhnen die Sorge um deren Zukunft zu er—
seichtern. Gegen die Entrichtung mäßiger Beiträge
zahlt sie dem zur Erfüllung seiner Dienstpflicht
in's Heer Eintretenden eine verhältnißmäßig große
Summe. Die Ableistung der Militärdienstpflicht
erfordert bekanntlich Geldopfer, deren sich die Eltern
der dienenden jungen Männer nicht entziehen können.
Junge Offiziere und Unteroffiziere bedürfen der
eiterlichen Hülfe für Equipirungskosten und Zulagen.
Einjaͤhrig Freiwillige können ihr Dienstjahr nicht
ohne bedeutenden Kostenaufwand durchführen, auch
die dreijährig Dienenden werden der Zuschüsse aus
dem Elliernhause bedürfen. Durch den Beitritt zur
Deutschen Militärdienst ⸗Versicherungs-Anstalt werden
die Kosten der Dienstzeit auf eine Reihe von Jahren
xertheilt. Der Besitz einer Police überhebt die
Fltern der Unannehmlichkeit, den vorgeschriebenen
Nachweis zu führen, daß sie in der Lage sind, die
Zoften des einjährigen Dienstes des Sohnes zu be—
Areiten. Denjenigen nach Tabelle B Versicherten,
delche nicht zur Ginstellung gelangen, wird selbs
ur diesen Fall durch Rüdgewähr der Prämien und
Auskehtung der angesammelten Dividenden ein
dapital sichergestellt. Der Invalidenfonds“ det
Anstalt bezweckt die Unterstützung solcher Invaliden,
velche bei der Anstalt versichert waren und infolge
hres Militärdienstes ganz oder theilweise erwerbs·
anfähig wurden bezw. die Unterstützung det Hinter⸗
hliebenen gefallener oder verstorbenet Soldaten.
Jeder Versicherte, welcher als Ersazreservist erstet
lasse zu 18wöchentlichen Uebungen eingezogen wird
rThait 2. abzesehen von der Verpflichtung der An⸗
zalt zur Rüczahlung von Prämien bezw. Ausleht:·
ing der Dioweinden — eine Entschädigung von
I0 pCt. des Versicherungs⸗Kapitals. Nur Knaben
bis zum 12. Lehensjahre konnen vhne Nachzahlung
in dieser Anstalt, Ausnahme finden. Das Versicher⸗
uings Kapital darf fur den einzelnen Versicheunn
nicht umer 100 Mk. und nicht über 6000
betragen. Die forwährend steigende —V
hei dieser Anstalt spricht am Ueberzeugendsten «
deren Zwecdmaßagkeit und Nothwendigkeit.
borigen Mionate, detrug der Zugang 1402 Auln
aber 1,661,770 M. Versicherungssumme. d
Oberaufsicht über den Geschäftsbetrieb führt —
Reichsregierung. Möchten alle Eltern bon —
die im gufnahm'sfähigen Alter sind, die Anstanu
nützen und derselben zur Erreichung ihter pan
uüschen und hunanen Zwede im Interesse des
gemeinwohles beehülflich sein! „rg befn-
Mainz, 21. August. Gegenwärtig n
den sich im Kaufhause die Mobiliargegenftndene
36 exmittirter Familien, welche nicht in dem *
er ebeia Fad Rechnet man nun ae