Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
— —— — . — ————————— ——— — — — Mιια u ———— — — — — — z——— — — 
u St. Ingberter Anzeiger? erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donuerstag, Samstag und Sountag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
ut und Sonntags mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt tostet vierteljahrlich 14 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 78 H, einschließli v 
s Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondizeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfalzischen und olchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 —, Reclamen 30 8. Bei 4maliger Einrückung wird mur dreimalige berechnet. 
168. Samstag, 29. August 1885. 
20. Jahrg. 
— 
I 
Deutsches Reich. 
Berlin, 25. August. Ein Kaufmann aus 
warschau, welcher in fkaufmännischen Geschäften 
ürztich in Posen ein traf, weiter nach Hamburg 
Bremen reiste und auf der Rückreise wieder 
n Posen eintraf, exhielt sofort die Aufforderung, 
jz spätestens zum 1. Oktober die preußischen Lande 
u verlassen. Dabei hat derselbe einen auf ein 
albes Jahr ausgestellten legalen Paß, welcher von 
In deutschen Konjul in Warschau visirt ist. So— 
„richtet die „Pos. Ztig.“ 
Zerlin, 26. August. Die Untersuchung be⸗ 
teffs der Beschäftigung der gew erblichen 
Uubeiter an Sonn- und Festlagen wird. wie 
jan der Nai.⸗Ztg.“ schreibt, mit der Ausfüllung 
ir Fragebogen seitens der Arbeitgeber und Arbeiter 
te Trledigung noch nicht finden, sondern es sollen 
uch noch anderweite mündliche Erklärungen der be· 
essenden Gewerbetreibenden provozirt werden. Die 
jegierungen sind veranlaßt worden, im amtlichen 
hege Versammlungen von Arbeitgebern und Ar⸗ 
ritern anzuberaumen, in welchen unter Leitung 
— 
upflegen sind: 1) in welchen Industrie und Er⸗ 
verbozweigen bezw. in welchem Umfange in den 
inzelnen eine Beschaäftigung der Arbeiter an Sonn⸗ 
ind Festtagen staitfindet, 2) welche Gründe die 
ʒonntagsarbeit veranlassen, 8) welche Folgen ein 
derbot derselben für die Arbeitgeber und Arbeiter 
saben würde und 4) ob ein solches durchführbar 
s. — Die Regierungen find beauftragt worden, 
gdit Hilfe ihrer amtlichen Organe die Arbeitgeber 
und Arbeiter zur möglichst regen Theilnahme an 
diesen Versammlungen herbeizuziehen. Die Ver—⸗ 
mmlungen werden eiwa Mitte September statt ⸗ 
inden. 
Berlin, 27. August. Der angebliche Wort⸗ 
aut des Telegramms des spanischen Gesandten in 
berlin an seine Regierung vom 24. August enthalt 
die Schlußworte: Fuür den Fall, daß die Prüfung 
nicht zu einem befriedigenden Ergebniß durch gegen⸗ 
eiüge Verständigung führen sollle, ist die deutsche 
gegierung geneigt, an die guten Dienste einer beiden 
dandern befreundeten Macht zu appelliren. 
Leipzig, 26. August. Vor dem Forum des 
Ferien · Straf⸗ Senais des Reichsgerichts gelangte 
deute die am 13. Januar d. Is. zu Frantfurt 
1. M. erfolgte Ermordung des Polizeiraths Dr. 
dumbff zur Verhandlung. Bekannilich wurde am 
. Juli d. J. der Schuhmachergeselle Lieske von 
xm Schwurgericht zu Frankfurt a. M. nach einer 
wreitägigen Verhandung dieses Verbrechens für 
huldig erachtet und zum Tode und Verlust der 
uͤrgerlichen Ehrenrechte und außerdem wegen ver⸗ 
uchten Todtschlags, letzteres Verbrechen begangen 
gen den Gendarmen Gotz zu Hockenheim. zu 4 
dahren Zuchthaus etc. verurtheuut. Gegen dag 
exstere Urtheil hat der Vertheidiger des Liesle, 
Kechtganwalt Dr. Fester (Frankfurta. M.) im Auf · 
ktagt des Angeklaglen das Rechtsmittel der Revi ⸗ 
ion eingelegt. Der Vertheidiger beantragt deßhalb 
as Urtheil des kgl. Schwurgerichts zu Frankfurt 
1. M. aufzuheben und eine neue Verhandlung an⸗ 
uordnen. Das Reichsgericht verwarf nach längerer 
Kerhandlung die vom Vertheidiger Liesle's einge⸗ 
vendete Redision und zwar aus solgenden Gründen: 
die erste Beschwerde, wonach mehtere Zeugen aus 
vt Schweiz nicht persönlich abgehört und bereidigt 
vorden find, erscheint unbegründet, weil der Auf⸗ 
enthalt des einen Zeugen nicht zu ermitteln und 
ie Lodung der anderen Zeugen erfolglos war, in⸗ 
dem zwei derselben ihr Erscheinen von unzulassigen 
Bedingungen abhängig machten und einer sein Er—⸗ 
cheinen überhaupt ablehnte. Ein Zwang konnte 
Jegen diese Zeugen nicht geübt werden, weil sie im 
Iüslande wohnten. Die Verlesung der in der 
Schweiz erstatieten Zeugenaussagen war unter 
joschen Umständen zulässig. Der zweite geltend 
jemachte Revisionsgrund, daß die Schuldfrage den 
heschworenen nicht präzis genug gestellt worden sei, 
st ebenfalls nichtig; denn die Spezialisierung der 
Frage, ob der Angeklagte der Thäter oder ein Mit⸗ 
häter war, ist nach 8 298 der Strafprozeßordnung 
uͤcht erforderlich. Die gestellte Schuldfrage habe 
alle erforderlichen Merkmale und die in Betracht 
ommenden Umstände in sich aufgenommen. Das 
Reichsgericht habe auch in früheren Fällen solcht 
Altecnativfragen für zulässig erklärt. 
Ausland. 
Madrid, 25. August. Der Verhandlungen 
wischen Deutschland und Spanien über den Besit 
zer Karolinen⸗Inseln werden sich, wie der 
„Koöln. Zig.“ von hier gemeldet wird, noch einige 
Zeit hinziehen; von dem Verlauf derselben wird 
ez abhängen, wann der König nach La Granja 
zurücklehrr und ob die Kammern wieder einberufen 
verden. — Gestern sind in ganz Spanien 5088 
Personen an der Cholera erkrankt und 1561 ge⸗ 
orben. Aus einigen Provinzen fehlen die Daten. 
In Barcelona und Almeria ist die Cholera neuer⸗ 
dings heftiger aufgetreten. 
Madrid, 26. August. Die ministerielle 
Presse spricht sich gegen die patriotischen, aber 
durchaus inopportunen Uebertreibungen aus, die in 
den letzten Tagen hervorgetreten find. Die Regie⸗ 
rung gebe sich der Hoffnung hin, mit Deutssch⸗ 
hand zu einer BVereinbarung zu gelangen. 
Dieselbe sei sehr beftriedigt von den freundschaft⸗ 
ichen und versöhnlichen Ddispositionen Deutschlands. 
Sie verurtheile daher durchaus die Uebertreibungen 
ines großen Theiles der übermätßzig erregten Presse. 
die Schnapsflasche und in der andern den Stöpsel 
haltend, aufgefunden und scheint in dieser Lage 
offenbar erstickt zu sein. 
e. Auch in En Sheim wurde das Geburis⸗ 
und Namensfest Sr. M. d. Königs in würdiger 
Weise begangen. Gegen 8 Uhr Abends trug der 
Musikverein, Arion“ auf dem freien Platze vor 
dem Hause des Herrn Adiunkten Fries einige pas⸗ 
sende Musikpiecen vor, deren Schluß die Königs⸗ 
hymne bildete. Alsdann ordnete sich die 96 Mann 
ühlende Feuerwehr in Parade - Uniform zu einem 
Fackelzug, welcher sich unter Vorantritt der Musik 
und begleitet von Jung und Alt, durch die Straßen 
des Ories bewegte. Nach der Rückkehr in den 
Fries'schen Saal fand eine gesellige Unterhaltung 
att, welche mit einem Hoch auf S. M. den Konig, 
roffnet wurde. Unmittelbar nach diesem Hoch 
wurde die b. Königshymne von sden Anwesenden 
tehend gesungen unter Begleitung der Musik. Bald 
darauf ertönte abermals ein brausendes Hoch. Es 
zalt dem deutschen Kaiser, dem unser erhabener 
Monarch vor 15 Jahren die deutsche Kaiserkrone 
aberreichte. Alsdann folgten noch verschiedene Toafte. 
Die zahlreiche Gesellschaft war bis zur späten 
Ubendstunde in der heitersten Stimmung. 
— Aus der Pfalz, 24. Aug. Vor 15 
Jahren brachte uns in diesen Tagen die Zeitung 
aglich neue Kunde von den Siegen unserer tapferen 
Truppen in Frankreich und als am 2. September 
die Rachricht von der Gefangennahme des Kaisers 
Rapoleon zu Sedan kam, da war in ganz Deuisch⸗ 
and lauter Jubel, weil Jeder sah, daß dieser Tag 
die wichtigste Wendung der Geschicke Deutschlands 
brachte. Seit dieser Zeit wird in allen deutschen 
hauen der Sedan⸗Tag als ein Ehrentag der 
deutschen Truppen und des neuerrichteten und er⸗ 
tarlten Reiches mit Recht gefeiert und in den ersten 
Jahren wetteiferten Stadt und Land um die schönste 
Art der Feier dieses Tages. Seit einigen Jahren 
ist es jedoch mit der Feier dieses Tages mitunter 
hdie und da etwas sliller geworden. Wir reden 
seiner rauschenden Festlichkeit, verbunden mit einem 
zroßen Aufwande von Zeit und Geld, das Wort, 
ondern wir verlangen nur, daß irgend eine kleine 
Feier, ewwa Festgoltesdienst, Beflaggung. Glocken⸗ 
geläute, eine kleine Anrede an die Schuljugend ꝛc. 
attfinde, damit dieser Tag auch unserer Jugend in 
ftetem Angedenken bleibe und unsere Alten in der 
Frinnerung an die Tage, in welchen unsere Nation 
durch ihre Einigkeit nicht blos große Siege ertang, 
sondern auch als neu erstarkte, selbstbewußte und 
allgemein geachtete Nation hervorging, sich ftets 
neu erfreuen. Da nur noch wenige Tage uns 
bom Sedan⸗Tage trennen, so hoffen wir, daß diese 
—XXLLL Boden falle. 
C. A.) 
—A Breitfurt, 27. August. Gestern Nach⸗ 
mittag 3 Uhr geriet ein vor dem gepachteten 
Delonomiegebaude des Jakob Gentes S. v. Daniel. 
agernder Haufen Stroh, vom vorhergegangenen 
Maschinen Dreschen herrührend, in Brand und 
vurde das besagte Gebäude äußerst schnell von den 
Flammen erfaßt und brannte total nieder. Das 
unter gleichem Dache stehende Wohnhaus wurde mit 
zroßer Mühe gerettet. Gentes hat nur Weniges 
Jerfichert, da er unterließ die Früchte und das 
Fuiter von circa 42 Morgen Land, die er von 
zinem Schwager Schetting vor 133 Jahren ge⸗ 
jepachtet hat, zu verfichern. Hiedurch hat er einen 
khr bedeutenden Schaden zu tragen. 
Lotale und pfälzische Nachrichten. 
S Si. Ingbert, 38. August. Durch 
estrigen Beschluß des hiesfigen Stadtrates wurde 
ie Errichtung eines Realkurses an hiesiger Latein⸗ 
chule und somit die Anstellung eines Mathematik· 
professors einstimmig beschlossen. — In derselben 
Sitzung wurde der Schuhmacher J. Braun von 
hier zum Nachtwächter dahier gewählt. 
ASt. Ingöert, 28. August. Morgen 
Samsiag, den 29. Aug., findet im Saale des Herrn 
Zaum ann dahier das Kranzchen“ der Tanzschüler 
des Herrn Bäcker aus Zweibrücen statt. 
St. Ingberi, 28. August. Das im 
zestrigen Blatle avisierte FJapf sche Künstlher⸗ 
SBu ßrtert wird, da der Baumann'sche für diese 
Woche bereits anderweitig bergeben ist, erst nächste 
Woche an einem noch zu bestimmenden Tag hier 
onzertieren. 
e. Ensheim, 27. August. Gestern früh 
wischen 4 und 5 Uhr wurde an der Straße von 
Jier nach der Gassenmühle in einem Wiesengraben 
Hie Leiche des seit einiger Zeit hier wohnhaften 
Schuhmachers Johann Straßner aus Merzig auf⸗ 
zefunden. Derselbe war am 25. Abends spat noch 
a der Wirthschaft von Nik. Eich und zwar in be⸗ 
runkenem Zustande und scheint, während er sich 
noch mit einem Tröpfchen gütlich thun wollte, kopf⸗ 
iber in den Wiesengraben, in dem jedoch kein 
Wasser war, gestürzt zu sein; denn er wurde, das 
Zefichl dem Boden sugekehrt und in der einen Hand