Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Kronbprinz und die Frau 
dronprinze sin sind von Andermatt wenig 
hzůdt abgereist; Rechnungen hat man ihnen im 
‚viel geschrieben, so hoch, daß Graf Seckendorf sie 
le geändert hat, „denn solche Preise“, sollen feine 
horie gewesen sein, „ahle man nirgends.“ Für 
e Fahrt von Göschenen, die ca. 1 Stunde betragt, 
otten sie für 5 Wagen, dabei 2 Gepäckwagen, 
00 Fr. zahlen müssen, während jedem andern 
Zierblichen der zweispännige Wagen mit 15 Fr. 
setechnet wird. 
Gie Machtder Zeitungsannoncen.) 
audolf Herzog, der bekannte Modewaarenhandler 
m Berlin, gibt für seine Geschäftsanzeigen in den 
Jeitungen jetzt alljährlich 400,000 Mark aus. 
Als ich nicht inserirte?, sagte er jüngst im Kreise 
ziner Freunde, „hatte ich so geringen Umsatz, daß 
q besser gethan hätte, das Geschäft zu schließen. 
dann begann ich zu inseriren. Ich wendete im 
tsen Jahre 1000 Mark daran, und mein Umsatz 
— 
10,000 Mk. auf Inserate, mein Umsatz be⸗ 
fferte sich auf Hunderttausende, und jetzt beträgt 
Millionen und mein Gewinn steht im Verhäli— 
iß dazu. Alles, was ich habe, mein Weltname, 
rein Millionengeschäft verdanke ich nicht allein der 
deellitäät der Geschäftsführung, sondern zu 8troo 
yt Macht der Zeitungsanzeigen. Ich bin zu der 
zewißheit gekommen, daß heutzutage kein Geschäft 
ne die Macht der Zeitungsannocen in die Höohe 
mmen und gewinnbringend sein kann.“ 
»Prag, 26. August. Sechshundert Weber 
c Smichower Kattun · Manufaktur in Prag stellten 
Arbeit ein; sie fordern bei elfstündiger Arbeits⸗ 
denselben Lohn wie bei einer zwölfstündigen. 
Ein heiteres Hochzeitsmahl. Das 
Wiener Abdbl.“ erzauͤhlt: Am Samstag erschien 
dem Wirth Thomas Steiningen in Hernals 
eopoldsgasse, ein Pärchen, das sich als Braut und 
wutigam vorstellte und bei dem Wirth sein Hoch⸗ 
tzmahl bestellen wollte. Die Leutchen zeigten 
seht wählereisch, der Wirth ging aber auf alle 
te gedingungen, als da waren: frisches Aufwichsen 
z Vodens, Fensterputzen, Errichtung einer eigenen 
jarderabe, Bestellung von zwei eigenen Kelnern 
ind einet Garderobiere und vor allem eine vor⸗ 
refliche Musikkapelle auf das bereitwilligste ein, 
onauf das Brautpaar das Erscheinen von fünfzig 
oen in Ausficht stellte und den Wirth verließ. 
Uentag trafen die Gäste pünktlich ein und nicht 
n fünfzig, es waren ihrer hundert, und man 
dmauste und zechte und jubelte, schüeßlich tanzte 
nan auch noch dis spät nach Mitternacht — da 
inten plötzlich die Brautleute verschvunden. Das 
w andern Brautleuten nicht sehr erstaunliche Er⸗ 
wiß machte den Wirth doch sehr flutzig, denn 
nerst fiel dem Unglücklichen ein, das er weder 
umen noch Adresse des jungen Ehepaares kenne. 
i lopfte er leise bei den Hochzeitsgasten an, von 
un aber ihm keiner Auskunft zu geben wußte, 
dt Auslunft geben wollte. Wer zahlt die 
mhe rief der Wirth. Wir mi⸗, schal es im 
wius zurück und einige der muntern Gäste stürzen 
Nauch bereits auf die Garderobiere, um ihre 
heleider zu erhalien. Wahrend die Arme, welche 
Itegen die Ausfolgung der Garderobe ohne Be⸗ 
tlung der Aufbewahrungsgebühr heftig sträubte, 
hendelt wurde, sperrte der Wirthe die beiden 
unnge ab, worauf im Saal ein fürchterlicher 
nda anhob. Die Gafie ertruͤmmerlen Glaser 
w Flaschen, rissen die Luster vom Plafond, zer⸗ 
uen das Tischzeug und erzwangen fich den Aus— 
nur zwei dermochte der Wirth und sein 
hnecht zurückzuhalten, die fie an daß Kom 
wiat abliefetien. Das waren die beiden 
shhauergehilfen Leopold Frommer und Max 
shtaum Wenn man bnen glauben wollte, 
* sie da hinein, wie Pontius ins Credo, sie 
7 im Vorübergehen Mufik gehoͤrt, lustige Leute 
b gesehen und waren in Steininger's Wirths⸗ 
g lineingegangen, dort Bier zu trinken. Von 
uden Gesellschaft, betheuerten fie, annten fi⸗ 
9* e Einer der Beiden ist auf dem Kom— 
* aue zurückgehalten worden, doch hat men 
—T von ihm noch viel Aufschlüsse zu 
vr Die Untersuchung uber den höchst meck⸗ 
n Vorfall ist im Fuge. 
—2 Erzherzog Johann um die 
ß imeitereiogter eigentlich freite. Ueber 
min en etzien Tagen anlaßlich des Todes der 
n Veran wieder diel besprochene Frage 
ir in der .D. H. F. e zoit⸗fgj⸗ 
gende sehr interessante Notiz: „Gar viele Märchen 
und Erzählungen geben uns die Kunde, wie Erz⸗ 
herzog Johann dereinst um die schöne Postmeisters 
Tochter gefreit. Wahr ist, daß sie eines Tages 
einen Spaziergang nach Gössel, unweit ihrer Hei— 
math machte. Sie rasiete im Schatten einer staub⸗ 
dedeckten Linde, einen Strauß von Feldblumen in 
der Hand. Durch das Gezweig stahlen sich einige 
Sonnenstrahlen, die ihr goldiges Haar gieichsam 
mit einem Glorienschein umgaben und ihr schönes 
Antlitz verklärten. Da kam ein Gefaährt die iang⸗ 
gestreckte, weiße Landstraße entlang, die das Thaäl 
einsäumenden Berge antworteten mit heiterem Echo 
auf das laute Peitschengeknall und lustige Geschmetter 
des Posthornes. Das Mädchen blickte, sich schüch— 
tern in den Schatten der Linde zurückziehend, dem 
nahenden Wagen entgegen. Da erblickte der in 
demselben sitzende Herr das junge Mädchen, er ließ 
jalten — und erkundigte sich, wer sie sei. Dieser 
Moment war fuür ihr Leben entscheidend. Erzher⸗ 
jog Johann war vom Zauber der Liebe zu des 
Postmeisters schönem Töchterchen befangen; ihre 
doldseeligkeit und Anmuth, ihre Natürlichkeit und 
Würde vollendete, was der Reiz ihrer äußeren Er⸗ 
sccheinung bewirkt hatte. Ihrer eiufachen Jugend 
olgte ein ereignißreiches Leben, am bedeutendsten 
n jener großen Zeit unserer vaterländischen Ge— 
chichte, wo sie auf die reiche Kulturarbeit ihres 
ürstlichen Gatten einen viel größeren Einfluß geübt 
jat, als Fernstehende sich dies vorstellen können. 
gern erzählte sie selbst in schlichter Weise aus dem 
zahre 1848, wo sie erst als „deutsche Frau“ ge⸗ 
eiert, als die Gemahlin des Reichsverwesers De— 
jutationen empfing, und dann fliehen mußte. 
Zpäter war ihre Kraft und Liebe ganz der engeren 
deimath, d. h. der Steiermark gewidmet, wo sie 
des Guten that, so viel sie vermochte, unterstützt 
don ihrem Sohne, dem Grafen von Meran. Jedem 
Gebiete der Kultur brachte fie das höchste Interesse 
entgegen und prüfte unbefangen und klar die Er— 
scheinungen der neuen Zeit. Mehr als ein halbes 
Jahrhundert gehörte sie jedem Frauenverein der 
Steiermark an, stand noch im hohen Alter thätig 
an der Spitze vieler Anstalten, schenkie jedem Un— 
züück die größte Theilnahme und wies nie einen 
Bittenden zurück. In den Bergen, wo sie geboren, 
wollte fie sterben, so kehrte sie nach langen, langen 
Jahren in die Heimath zurück, — um ihre edle 
Seele auszuhauchen. Noch steht die Linde auf der 
leinen Hochebene von Gössel, wo sie den späteren 
Enkeln gezeigt werden wird — als die Stätte der 
diebe und des Glücks, — wo Posimeisters Annerle, 
das schlichte Kind des Volkes, den edlen Fürsten 
Erzherzog Johann durch Schönheit und Anmuth 
bezaubert hatte.“ 
fF Unter den Tausenden, die gelegentlich des 
Bundesschießens in Innabruck am Scheiben 
tande ihr Glück versuchten, war auch eine Schützt 
tus Gnadenwald, der Heimath des berühmten 
Speckbacher. Er schoß und traf — in's Centrum 
„Der Schuß ist jedenfalls zwei Zehner werth,“ 
neinte ein nebenbeistehender Landsmann des Cen—⸗ 
rumsschützen, worauf dieser, ohne erst abzuwarten 
bis im Abziehbureau der Treffer, den er gemacht, 
zenau angesagt werden konnte, entgegnete, um 15 
Gulden gebe er ihm die Schußkarte. Der Handel 
war gleich fertig. Am letzten Diensiag nun, bei 
der Preisbertheilung, wurde unser Centrumschütze 
als einer der ersten Preisgewinner aufgerufen. 
Derselbe hatte aber seinen Schuß um 15 Gulden 
jerkauft! Der nunmehrige Besitzer der Schußkarte 
jolte den Preitz ab, für welchen ihm von einem 
Innsbruder Schützen 800 Gulden baar ausbezahlt 
vurden. Hiervon schenkte er 100 Gulden seinem 
dandsmanne, welcher ihm in übereilter Weise um 
15 Gulden das Anrecht verkauft hatte 
fAniwerpen, 24. August. Wenn auch 
das Ergebniß der Pramien⸗Vertheilung 
zoch nicht amtlich bekannt geworden ist, stehen die 
Ziffern der auf die deutsche Abtheilung entfallenen 
Auszeichnungen fest, und diese find von über— 
raschend günstiger Hihe. Im Ganzen sind der 
deutschen Abtheilung also zugefallen: 50 Ehren⸗ 
diplome — außer 16 weileren Ehrendiplomen für 
FZollektiv ⸗Ausstellungen — 144 goldene Medaillen, 
228 silberne Medaillen, 191 bronzene Medaillen 
und 121 ehrenvolle Anerkennungen. im Ganzen 
734 Auszeichnungen für im Ganzen 742 Aus. 
teller. Glücklicherweise hat die Guͤte der ausge⸗ 
dellten Gegenstände den arößten Antheil an diesew 
16Gn—G e 
F Kaum ist Pel, der unheimliche Frauen⸗ 
nörder, abgeurtheilt, so beschäftigt ein anderer 
Schauderroman die Pariser. In Villemomble, 
zinem Vororte in Paris, verschwand bereits im 
Mai 188 eine reiche Villenbesitzerin, die 52jahrige 
Frau Elodia Menetret. Sie hatte sich angeblich 
in ein luxemburgisches Kloster zurückgezogen. Ihre 
Wirthschafterin Euphrossia Mecier buͤeb zurück und 
dräsentierte eine Vollmacht, die Renten ihrer Herrin 
zu erheben und deren Besitzthum zu verwalten. 
Niemand argwohnte Uebles bis in den letzten 
Tagen, als die Mercier, bei der ein Bruder und 
wei Schwestern wohnten, Miene machte, die Villa 
selbst zu verkaufen. Anonyme Anzeigen liefen ein. 
Der Chef der Pariser Polizei selbst nahm die Ver⸗ 
haftung der Familie Mercier vor. Euphrosia wurde 
aufgefordert, den Aufenthaltsort ihrer Herrin zu 
nennen, erklärte aber, denselben nicht zu wissen. 
Anterdessen hatte man im Garien einen grausigeu 
Fund gemacht. Man grub ein Kalkbeet aus,in 
velchem sich ein menschliches, aber noch nicht ganz 
erstörtes weibliches Gerippe fand. Die ärztliche 
Unterfuchung ergab, daß Theile desselben zuvor in 
einem Ofen geglüht worden waren 
fLondon, 24. August. In der großen 
Geschütz· und Maschinenfabrik von Sir W. G. 
Armstrong, Mitchell u. Co in Elswick bei Newceastle 
werden heute 4000 Arbeiter kündigen, um nach 
Ablauf einer Woche zu striken, da ihre bisherigen 
Beschwerden über die harte und willkürliche Behand⸗ 
lung Seitens zweier Betriebs⸗ Direktoren erfolglos 
zeblieben sind. 
F (Ein Heixaths⸗Hinderniß. Der 
Bischof und seibst die geringeren Geistlichen haben 
in Irland das Recht, jedem Mädchen, das nicht 
esen kann, die eheliche Einsegnung zu verweigern. 
Die Liebe wird also dort wohl oft das ABC lehren. 
fHenry VBillard. Man spricht in New⸗ 
hork davon, daß man bei der nachsten Direktorwahl 
bei der Northern Pacific R. R. Henry Villard als 
Präfident wieder aufstellen will. 
F(Tod eines 48ers.) Dr. Fridolin 
Ihl, einer der bekanntesten und geachtetsten Bürger 
Rewarks (Staat New⸗Jerseyy und ein Arzt von 
Ruf, ist am 11. d. daselbst nach langem Leiden 
verstorben. Er war in Ueberlingen, Baden, 1821 
geboren und promodirte in 1846 an der Univer⸗ 
sität zu Freiburg als Arzt. Seine ärztliche Karriere 
begann er in einem Irrenasyl und praktizirte spater 
in seinem Geburtsort. An der 18148er Revolution 
nahm er hervorragenden Antheil und gehörte zu 
der von den Revolutionären eingestetzten Zivilkom— 
mission. Er mußte schließlich flüchten, um der 
Gefangennahme und wahrscheinlicher langer Ein⸗ 
lerkerung zu entgehen, und wandte sich zuerst nach 
der Schweiz und von dort in 1831 nach Newark, 
wo er bald eine große Praxis gewann. Dr. Ill 
dand mit fast allen dortigen deutschen Vereinen in 
Verbindung und war einer der Gründer des deut⸗ 
schen Hospitals, des St. Peter⸗Waisenhauses, sowie 
der republikanischen Partei in Newart. Außer der 
Wittwe betrauern drei Söhne und vier Töchter 
jein Hinscheiden. 
fJames W. Marshall, der erste Entdecker des 
Boldes in California, starb am 11 August in 
Kelsey (Col.), 74 Jahre alt, gänzlich verarmt. 
f Als billigstes Räuchermittel find die 
Airsch⸗ und Pflaumenkerne anzusehen. Die fran— 
zͤsischen Hausfrauen sammeln diese Kerne schon seit 
Jahren und im Winter, wenn di⸗ offenen Kamin⸗ 
feuer brennen, werfen sie eine Hand voll davon 
auf die Kohlen. Diese Kerne krachen einen Augen⸗ 
blick, brennen hell auf und dann füllt sich das 
Zimmer mit einem köostlichen Geruch. 
JEAuch eine Werbung) Einem äußerst 
schüchternen Liebhaber machte der Heirathsanirag 
— fehlte ihm der Muth, den⸗ 
selben persönlich vorzubringen. Schließlich verfiel 
er auf folgendes Mittel. Er laufte einen Verlob— 
ungsring für die „Dame“, deren Fingerstärke er 
zenau kannte, und schioß in's Kaͤstchen, in welchem 
er ihn derselben überfandte, einen Streifen Papiet 
nit der kurzen Frage: Paßt er?“ Postwen⸗ 
end erhielt er die noch lakonerische, obgleich im 
Zilbenmaß längere Antwort Ausgezeichnet zuruck. 
GImmer modern) Lieutenant: Gnädiges 
Fräulein, dürfte ich vielleicht auf der Insel Ihres 
herzens meine Flagge aufhissen dJch danke, dieselbe 
teht bereits unter dem Vrotektorat meines 26