Full text: St. Ingberter Anzeiger

otden. Das ist der Thatbestand, wie er durch 
Behörde festgestellt wurde. Weitere Anhalts- 
* fehlen noch, doch vermuthet man einen Zu⸗ 
enhang mit dem heute Fruh entdedten Ver⸗ 
chen ankfurt, 30. August. Die durch fast 
glaͤtter gegangene Nachricht, daß die von der 
nigl. Staatsregierung für die Ergreifung des 
cders des Polizeirathes Dr. Rumpff im Betrage 
10,000 Mt. ausgesetzte Prämie bereits ver⸗ 
in worden sei, ist, wie das „Ir. J.“ mittheilt, 
hegründet. Bis jetzt hat weder eine Vertheilung 
vramie stattgefunden, noch ist auch nur Be— 
nmung über 3 Personen der Empfänger und 
Antheile erfolgt. 
un a ch ein Feiertag.) Der allgemeine 
utsche Handwerkertag, welcher in den letzten Tagen 
Koöͤln beisammen war, hat auch die Frage der 
ntagsruhe berathen. Bei dieser Gelegenheit 
scie der wackere Schneidermeister Möller von 
Frimund aus, wie der Türke als Feiertag den 
reitag, der Israelit den Samstag, der Christ den 
onniag habe und nur der „Lump“ den Montag. 
as „Kasseler Journal“ meint, das sei drastisch 
er wahr“. Wahr auf jeden Fall! Eben darum 
at auch das Sprüchwort vom „blauen Montag“: 
Blauer Montag — dvolle Kröpfe, 
deere Beutel — tolle Köpfe! 
oblenz, Eine höchst originelle Erfindung 
acht gegenwärtig schon ziemlich häufig in unserem 
ag⸗ und tanzlustigen Rheinlande auf, nämlich 
ewirkliche Dampfmusik, die man früher wohl 
erzhaft prophezeite. Aus Wirthshäusern und 
nmerfrischen ertönen die freundlichen Weisen 
her Spielwerke besonderer Art, die des theuern 
erbetriebes nicht mehr bedürfen und dafür billig 
id mit einer Anzahl Walzen zum Wechsel der 
elsdien versehen sind. Besonders Abends macht 
3 ejinen wirklich freundlichen Eindruck auf 
emde und Einheimische. Originell ist dabei, daß 
eselbe Petroleumlampe, die zum Erleuchten des 
mmers mitwirkt, die treibende dampf⸗ und dadurch 
usikerzeugende Kraft ist, welche fich unter einem 
fenen, niedlich kleinen „Heinrici“⸗Motor befindet, 
x nur die Kraft von Nio Pferd besitzt und darum 
rade genügt, um mittelst eines Riemens die 
urbel des Musikwerkes zu drehen. Die gleichzeitig 
uchtende Lampe, deren Cylinder, die nöthige Hitze 
zeugt, bedarf pro Stunde, wie uns Wirthe ver⸗ 
jern, nur etwa 160 Gr. Petroleum, in zehn 
nnden, also für 40 Pfg. Manche Wirthsfrauen 
iben Tags über mit dem gleichen Maschinchen 
t Nähmaschine oder einen Gartenspringbrunnen 
d sehen Abends die Musik in Gang, die jetzt 
weniger kostet als die Feder⸗Insirumente, so 
die Differenz allein schon mehr ausmacht, als 
rx Motor kostei. Das ganze Dampfmusikwerk 
it 13 flotten Tänzen, also der volle Ersatz flͤr 
— soll nur höchstens 400 —500 
osten 
FKoblenz, 29. August. Wegen vorge⸗ 
tittener Traubenreife werden die Weinberge 
ir Swrint vom 1. September an für ge⸗ 
ohen erklärt. 
Stuttgart, 28. August. Von der 
atzanwaltschaft in Heilbronn wird auf die Er⸗ 
uns des Mörders der Rosine Keller von 
ĩͤüngen ein Preis von 300 Mk. ausgeschrieben, 
da sn 30 d Unschuld des zweiten Verbaf⸗ 
ausgestellt hat. 
Die ärzliche Welt Deutschlands darf sich jetzt 
be zwei hochgeborene Fürstenkinder zu ihren 
en zu zählen. Bekanntlich hat sich det 
3 medicinas und praktische Arzt Herzog Karl 
* in Bahern sowohl durch seine wissen⸗ 
6 en Arbeiten wie durch seine erfolgreiche 
Aische Thatigteit, namentuich auf dem Gedbiele 
Alngenheiltunde, einen wohl renommirten ärzt⸗ 
n NRamen erworben. Jeht ist auch Prinz Lud⸗ 
Ferdinand von Bayern, der älteste Sohn des 
benen Prinzen Adalberr und Kousin des 
igs Ludwig II, diesem edlen Beispiele gefolgt. 
pu rits absolvirten medizinischen Studien zum 
or medieinas promovirt worden und hat sich 
mphenburg „niedergelassen“ — wie der offi— 
ß sPundni lautet. Dr. Prinz Ludwig Ferdi⸗ 
* eht gegenwärtig im 26. Lebensjahre und ist 
n 2. April 1883 mit der Prinzessin Maria 
Pai, Infantin von Spanien, vermählt. 
—x bayerischen Wald, im August. 
aee Schatz. In Zell soll ein Maurer 
ruch eines Kamins eine Kassette gefunden 
aben, welche er mit nach seiner Behausung nahm. 
zeim Oeffnen hätten sich glänzende runde Kügel— 
hen, sowie blitzende Steine darin befunden. Die 
kügelchen habe man den Kindern als „Murmeln“ 
um Spielen gegeben; aber dem Finder kam doch 
»er Gedanke, es könnte schade sein, wenn die 
dugeln von den Kindern verworfen würden, und 
abe das Ganze nach Deggendorf gebracht. Dort 
rhielt er, wie der „Waldbote“ berichtet, für seinen 
Fund sogleich 2000 Mark. Der Schatz soll sich 
auf eine Million Werth beziffetn, denn die Kugeln 
ind Sieine seien Perlen und Diamanten. Ers 
zurch den verhältnißmäßig auffallenden Aufwand. 
zer bei dem betreffenden Maurer gemacht wurde, 
ei die Schatzgeschichte entdeckt worden. 
F Glogau, 29. August. Beim Kugel— 
uchen auf dem Schießplatze bei Lerchenberg sind 
ʒ Mann vom S5. posenschen Fußartillerie⸗Regimente 
chhwer verletzt worden. Der darüber eingegangene 
Bericht lautet: „Nachdem gestern Nachmittag auf 
»em Schießplatze bei Lerchenberg das Schießen des 
Posen'schen FußartillerieRegiments Nr. 5 beendet 
var, wurden wie üblich Mannschaften zum Kugel⸗ 
uchen kommandici. Ein Theil dieser Leute stieß 
habei auf eine nicht krepirte Granate, deren Fort⸗ 
haffung, wenn man dabei instruktionsmäßig vor⸗ 
jegangen wäre, Niemanden Schaden gebracht hätte, 
eider aber ließ einer der Artilleristen alle Vorsicht 
ius den Augen, er schütte die Pulverladung aus 
»em Geschoß heraus und setzte erstere durch einen 
S„chwamm oder eine Cigarre in Brand. Bei 
ieser gefährlichen Spielerei explodirte die Granate 
ind brachte 6 Soldaten zum Theil schwere Ver⸗ 
etzungen bei. Einem derselben ist bereits der rechte 
horderarm amputirt worden, ein zweiter wurde 
benfalls an einem Arm schwer verwundet, ein 
ritter erhielt eine lebensgefährliche Kontusion am 
interleib und die übrigen Mannschaften werden 
benfalls langere Zeit an den Folgen der ihnen 
ugefügten Verwundungen zu leiden haben. 
F Eine Braut gesucht nach dem Gewicht. Die 
Angeniertheit in den sog. Heirathsannoncen steigert 
ich von Tag zu Tag. Unter den ‚„reellen Hei⸗ 
rathsgesuchen“, die ein Berliner Blatt am 20. 
). M. brachte, sigurirte ein recht fettgedrucktes, 
vorin ein „Direktor eines alten Institutes u. s. w. 
von angenehmem Aeußern eine hübsche respektable 
Ddame (auch Wittwe) recht kraftig (Gewicht 75 bis 
35 Kilo), aber schöner Figur u. s. w. als Lebens⸗ 
jefährtin sucht“. Der Betreffende heiratbet also 
nach dem Gewicht. 
fFHerrmannsstadt EGiebenbürgen), 27. 
August. In der Reitschulcantine der großen Ar— 
illerie-Kaserne kam es gestern Abend zwischen einer 
Zatrouille der Reservisten des 51. Infant.⸗Regm. 
ind Zeugshausartilleristen zu einem großen Erxzeß, 
vobei die Schußwaffen gebraucht wurden. Man 
pricht von siebzehn Verwundeten und einem Todten. 
die Stadtbevölkerung ist sehr aufgeregt. 
FParis, 27. August. Sehr „empfehlens⸗ 
verth“ ist ein neues Produkt, welches ein Handler 
von Vaugirard für das Pariser Publikum erfunden 
jat. Es ist ein „Wein für die Haushaltung“, 
velcher nicht blos zum Trinken, sondern auch zum 
seinigen von Kupfergeschirt und Kleidern, zur 
Tintenbereitung, als Fliegen- und Wanzentod und 
ur Vergiftung der Ratten dient. Der Prospektus 
yersichert, dieser Wein sei ganz unschädlich für den⸗ 
enigen, der ihn trinke, und erfreue, wie kein an⸗ 
erer Wein, des Menschen Herz. Wohl bekommsl 
F Die Franzosen, wie sie sich selber 
chil dern, das ist die sicherste Quelle, aus der 
nan das nöthige Material zur Erkenntniß des 
cranzösischen Charalter schöpfen kann. Dieses Mal 
andelt es sich um die Pariser Bevolkerung, wie 
ie in der Umgegend von Paris auf dem Lande 
ebt. Maxime Boucheron erzählt uns in dem 
Echo de Paris“, dem Blatte Aurelien Scholls, 
olgende lehrreiche Geschichte: Die Sicherheit der 
Jariser auf dem Lande fängt an illusorisch zu 
verden. Bekanntlich haben neulich Einbrecher ver⸗ 
ucht, das Landhaus des Abgeordneten Guillet in 
Naison Laffite, wo er mit seiner Familie wohnt, 
n seiner Abwesenheit nächtlicher Weile zu plündern. 
die Abwesenheit des Hausherrn muß der Räuber⸗ 
ande — denn mit solcher haben wir es, wie wir 
leich sehen werden, wenige Kilometer von Paris 
uu thun — ebenso wie die Lokalität bekannt ge⸗ 
vesen sein. Nachdem die Banditen in den Garken 
ingestiegen waren, haben sie eine Hartnäckigkeit, 
ine wilde Erbitterung in ihrem Angriffe auf das 
daus entwickelt. die aller Beschreihung spottet 
Vier Stunden lang, von 1193 Uhr des Abends 
bis 3 Uhr des Morgens, haben Madame Guillot 
und ihr altester Sohn, ein tapferer Junge von 
13 Jahren, eine vollständige Belagerung ausge⸗ 
jalten. fortwährend auf die unermüdlichen Feinde 
feuernd, während ein junges Kindermädchen halb— 
odt vor Angst sich mit den vier kleinen, bor Furcht 
veinenden und schreienden Kindern in einem fest⸗ 
zerschlossenen Zimmer hielt. Auf ⸗ die herzzerreißen⸗ 
den Rufe der armen Mutter griff eine Rachbarin 
nit ihrem Revolver von ihrem Hause aus in das 
Hefecht ein. Trotzdem 60, sage sechzig in der 
Ztille der Nacht weithintönende Schüsse abgegeben 
vurden, trotz des Geschreies der zum Tode ge⸗ 
ungstigten Frauen zeigte sich nicht ein männliches 
Wesen der umliegenden Villen. Erst beim an⸗ 
drechenden Morgen gaben die Räuber ihr Altentat 
auf die Guillotsche Besitzung auf. Daß keine 
holizei zur Stelle war, dersieht sich von selbst. — 
Man kann sicherlich nichts, so schließt Boucheron 
einen Bericht, gegen den Egoismus und die Feig⸗ 
jeit der Leute thun, die sich keiner Gefahr aussetzen 
vollen, um ihres Gleichen zu helfen. Doch muß 
nan die Straflosigkeit beklagen, die den bei solchen 
Verbrechen betheiligten Missethätern dank der Sorg⸗ 
osigleit der vorstädtischen Behörden gesichert scheint. 
Dieser Akt des „Egoismus und der Feigheit“ ist 
eine überraschend neue Enthüllung im Charakter 
des Parisers. Bayhard, hänge Dich! 
feUeber den Orkan im Golfe von Aden 
am 2. Juni bringt die „Weser⸗Ztg.“ einen Aus— 
zug aus den meteorologischen Aufzeichnungen des 
peutschen Dampfers „Donar“. Nach den Notizen 
»es Kapitäns war der Sturm einer der furcht⸗ 
arsten, welchen dieses Schiff jemals überstanden 
jatte. Nachmittags 6 Uht wehte es entsetzlich; das 
om Orkan emporgepeitschte Wasser verdunkelte die 
duft dermaßen, daß ein Ausgud völlig zwecklos 
var und Luft und See eine ineinanderlaufende 
zraue Masse bildeten, dichter als der dichteste 
debel. Von 8-10 Uhr Nachm. wehte der Orkan 
im stärksten. Der Wind holte für kurze Zeit von 
O. auf N., ging bis 10 Uhr Nachm. auf ONO., 
urück und dann langsam weiter bis OSO.. ohne 
in Starke zu verlieren. Bis gegen 12 Uhr Nachm. 
eränderte sich die Richtung des Windes nach 
SO., wobei die Stärke deffelben allmählig ge⸗ 
inger wurde. Während der ganzen Zeit lief eine 
ürchterliche wilde See die von allen Seiten über 
das Schiff hereinbrach und es überfluthete. Grelle 
Blitze erleuchteten die Luft, doch war kein Donner 
zu hören, weil das Gebrüll des Orkans alles 
Andere übertönte. Es war ein Wetter, als wenn 
dimmel und Erde vergehen wollte. Nachdem etwa 
zegen 10 Uhr Nachmiltag das Centrum des Ortans 
assirt war — der niedrigste beobachtete Luftdruck 
»on 740,2 mm ereignete sich um 9 Uhr Nachm. 
*nahmen Wind und See allmählig ab, so daß 
vir um 12 Uhr Nachm. im Stande waren, die 
Zerstoörungen, welche die fürchterliche See ange⸗ 
ichtet hatte, zu übersehen und die erüttenen Schäden 
vieder auszubessern. Hierzu hemerkt die „Weser 
3tg.“: „Aus diesem erften verläßlichen Bericht über 
ziesen Orkan, welcher sicher auch das deutsche 
driegsschiff „Augusta“ erreicht hat, ergibt sich die 
janze Gewalt und Zerstörtungsiraft desselben. Die 
„Augusta“, welche Zeitungsbetichten zufolge Perim 
nn der Nacht vom J. auf den 2. Juni, also etwa 
24 Stunden nach dem „Donar“ passirt haben soll, 
vird, da sie dem tiefbeladenen Frachtdampfer an 
S-chnelligkeit doch gewiß bedeutend überlegen war, 
yen Orkan wahrscheinkich in der Nacht vom 2. 
nuf den 8. Juni, in einer vielleicht hundert und 
unfzig Seelmeilen östlich von Perim gelegenen 
hosition angetroffen haben. Wäre das Kriegs⸗ 
chiff in demselben entmastet und zugleich des 
gebrauches seiner Maschine beraubt worden, so würde 
nan nach dem Orkan zweifellos versucht haben, 
ach Aden als nächstgelegenen Hafen zurückzukehren. 
da dieses nicht geschehen ist, läßt allein die Au— 
ahme noch Hofsnung auf Erhallung des Schiffes 
u, daß ‚Augustas“ Maschine in dem Ockane 
war unbrauchbar geworden. ihre Segelfähigkeit 
iber unbeschädigt geblieben sei, und daß der Kem— 
nandant im Bertrauen auf letztere den Versuch 
internommen hat. die Reise under Segel zu voh 
inden. Ist dieses geschehen, so würde die Reise⸗ 
»auer zwar auch schon eine ungewöhnlich lange 
ein. Erwägt man aber, daß nach dem Journale 
ꝛes „Donar“ auf den Orkan langere Zeit anhal⸗ 
end schwache Ostwinde folgten, bei denen es einem 
Zegelschiffe schmer geworden Fain 535