Full text: St. Ingberter Anzeiger

Karlsruhe, 14. Sept. Das Korpsmandver 
bei Palmbach derlief aufs glänzendfte bei präch 
tigem Wetter. Der Kaiser verfolgte die Vorgange 
mt regstem Interesse von seinem Wagen aus. Die 
Stadt Durlach bereitete dem Kaifer bei der Durch⸗ 
jahrt einen festlichen Embfang. 
Ausland. 
Wie es in MParis jetztaussaieht, 
wie besonders die Frem den, welchen Paris doch 
Jauptsachlich seinen Wohlstand zu danken hab. gegen⸗ 
wartig in der durch unermüdliche nationale Hetzereien 
uͤberreizten franzoösischen Metropole behandelt werden, 
erfieht man aus jolgendem, von einem fich gegen⸗ 
waͤrtig in Paris aushaltenden Engländer nach der 
deimath gesandten Privathrief, welchen die „Koln. 
zeitung“ veröffentlicht: Sie sollten alle Ihre 
Freunde warnen. jetzt nach Paris zu gehen; ich 
war gestern Zeuge, einer Szene, deren sich sogar 
eine irische Stadt- während der Wahlzeit schämen 
ude Cine anglische. Dame, ging mit, ihren zwei 
Töchtern nahe bei dem Arc de Triomphe spazieren. 
Plötzlich begannen drei oder vier Pariser Bummler 
aut zu rusen: „Nieder mit den englischen Mördern, 
nieder mit der Gesandtschaft der Mörder, es lebe 
Rochefort, Tod den Möordern des Olivier Pain!“ 
die drei Damen wurden nach allen Regeln der 
unst angejohlt und verfolgt. Zwar waren einige 
anständig aussehende Franzosen zur Stelle, wenig ⸗ 
stens solche, die man ihrem Aeußern nach als 
Bentlemen bezeichnen könnte. aber keiner von ihnen 
rührte auch nur die Hand. um den armen Frauen 
zu Hilfe zu kommen, welche augenscheinlich zu Tode 
irschredt. waren. Zwei bewaffnete Polizeisergeanten 
jahen ebenfalls dem Schauspiele zu, aber thaten 
aichts. um die Frauen gegen die Unbill zu schützen. 
Ich that mein möglichstes, ebenso zwei andere 
Zandsleute, die sich zufällig zur Stelle fanden; aber 
was vermochten wir drei gegen eine große Menge! 
stur mit der größten Schwierigkeit und lediglich 
durch das Versprechen eines reichen Geldgeschenkes 
gelang es uns, einen Fiaker zu gewinnen, der uns 
zufnahm und fortfühtte. Drei oder vier Kutscher 
herweigerten ausdrücklich, uns aufzunehmen. Paris 
ist jezt kein Platz füt Englander, und am aller⸗ 
wenigsten sollien englische Frauen jetzt dahin kom⸗ 
nen. Roch efort.geht offenbar darauf aus, es 
zu emer neuen Revolu'tion zu bringen und 
er hofft noch immer Praäsident der Kommune zu 
werben.' Die bestehenden Behörden und vorzugs· 
weise die Polizei haben Angst vor dem Mob.“ 
Man wird ficherlich der Bemerkung des genannten 
Blatles, daß Paris anfüngt. für Fremde ein recht 
ungemüthlicher Aufenthaltsort zu werden, unter 
diesen Umstünden nur beistimmen lönnen. 
Petersburg, 13. Sept. Die „Nowoje 
Wremja“ lenkt die Aufmerksamkeit des russischen 
Publikums auf die angebliche Ueberfluthung der 
baltischen Provinzen durch deutsche, namentlich 
preußische Einwanderung. welche die Ortsbevollker 
ung in ihrem Verdienst beeintrachtige. — Heute 
erfolgt die feierliche Eroffnung der von der Regier⸗ 
ung gegründeten Adelsagrarbank. 
Petersburg, 183. Sept. Gegenüber ander⸗ 
veitigen Meldungen mehrerer Blaͤtier über politische 
Trandattionen, welche zwischen Rußland und Korea 
abgeschlossen sein jollen, lann das Journal de St. 
Peiersbourg versichern, daß dieselben abĩolut unrichtig 
nd. Kußland habe mit Korea nichts anderes als eine 
Handelskonvention abgeschlossen, welche in suͤmmt ⸗ 
uüchen Punkten analog denjenigen sei, wie fie 
andete Mächte z. B. England und Deutschland er⸗ 
langt hätten. 
— 
— 
LZofele nud pruzte ve DNachrichten. 
*Sit. Ingbert, 15. Sepi. Als Ge⸗ 
hworene zu der am 21. ds. Mis. beginnen ⸗ 
den 8. pfälzischen Schwurgerichtssession wurden 
ausgelost: aus dem Kanton St. Ingbert: 
hert Johann Fiak, Direltor der hiefigen Aktien⸗ 
Flashütte; aus dem Kanton Bliesskastel: 
hert Jakob Höoh, Oekonom auf Breitenhof, Ge⸗ 
meinde Laugtirchen und Hert Friedrich Jalob 
Wendel, Buürgermeister in Niederwilrzbach. 
nNr. 50 von Die Heimath', Pfalzi⸗ 
sches Sonntagsblatt, enthält: Gedachtnißtage. Fester 
Sinn zu allen Zeiten. Eine Verlobung mit Hin⸗ 
dernissen. Schreckenstage. Die Patriotin von 
dautern. Die Schtacht am Hasenbühl. Das Haus 
am Walde. Rundschau im Pfalzer Land. Ins 
Merkbuch. Vom Büͤchertisch. Briefkasten. Inserate. 
Am 19. und 20. da. Mis. halt der pfaͤlzische 
Forstverein in Kirchheimbolanden seine 11 
Jahtesversammlung ab. Anmeldungen ꝛc. sind an 
Herrn Oberfoörster Luther dortselbst einzureichen. 
unser Landsmann, Herr Marinezahlmeister⸗ 
Applifant L. Weißer aus Bolanden, be⸗ 
indet sich doch nicht, wie neulich mitgetheilt/ an 
Bord der „Hyane“, sondern an Bord des Kreu⸗ 
sers „Habicht.“ Er schreibt der „Pf. Pr.“ nam⸗ 
iich aus Kamerun vom 11. August, daß der „Ha— 
bicht“ schon seit 1. April dortselbst vor Anker liegt 
ind 'wird es besonders did Bolander Mitbürger des 
derrn Weißer interessiren zu vernehmen, daß die⸗ 
eAbe fast taͤglich mit den Königen Bell Acqua und 
Piso berkehrt und häufig Vergnügungsfahrten in'⸗ 
Innere des. Landes macht. 
— Speyer 12. Sept. Wie der „Evd. 
Zirchb.“ meldet, wird am Mittwoch den 7. Oltober 
ʒas Jahresfest der evang. Diatouissenanstalt hier 
elbst gefeiert werden. Die Feslpredigt hat Herꝛ 
Pfarrer Jung in Waldmohr übernommen 
S perne rSαρR. - Gemaß 8. 43 der 
Allerhöchsten Verordnung vom 26. April 1880 
Gesehz und Verordnungsblatt Seite 261) wird die 
weite (praklische) Prufung fur den höheren Justiz 
ind Verwaltungsdienst pro 1888 dahier am Diens 
ag den 1 Dezember 1885, Vormittags 8 Uhr 
roͤffnet werden. — 
— Den sich legitimirenden Mitgliedern de⸗ 
fälzischen Bienenzuchter⸗Vereins wird 
us dnlaß der am 16. und 17. d. M. in Speyer 
jattfiundendrn 28. Hauptversammlung für den dies⸗ 
eitigen Lokalverkehr eine Fahrtax ⸗· Ermäßigung in 
ꝛer Weise bewilligt, daß die am 16. und 17. d. 
R. gelösten einfachen Fahrbillette nach Speyer durch 
lufdtuck des Stempels der Ausgabeßation zur 
reien Rückfahrt bis einschließlich 18. d. M. Gül⸗ 
igkeit erhalten. 
Aus der Pfalz. Noch hat der k. Distrikts. 
chulinspeltor und Pfarrer Haas von Bellheim. 
zer kürzlich zum Pfarrer von Munzingen in Baden 
rnannt worden ist, die Pfalz nicht verlassen und 
chon wieder meldet die Zeitung von der Selz einen 
nderen, nahe beborstehenden Äustritt seines Geift⸗ 
ichen aus dem Dienste der pfälzischen Kirche. Die 
zahnenflucht der pfälzischen Geistlichen scheint nach⸗ 
jerade einen epidemischen Charakter annehmen zu 
Voslen. Es ift überflüssig, dem Grunde dieser be— 
rübenden Erscheinung nachzuforschen. Jedermann 
veiß. daß die geringe Besoldung der pfalz. Geist. 
ichen das Molid ist, das sie zwingt, außer Landes 
nderweitig Stellung zu suchen. Wird hier keine 
Abhilfe geschaffen, so gehen der Kirche die besten 
räfte verloren. Männer, die durch Talent und 
Rednergabe sich hervorthun, werden im Ausland 
nit offenen Armen aufgenommen. 
nHermischtes. 
Metzz. Auf Grund des hier noch geltenden 
ranzosischen Preßgesetzes ist durch Verfügung des 
Staatsselreiärs det in Nanch und bhier erscheinende 
Fourier de la Moselle“ verboten worden. Der 
Courier“ war das Haupiblan der Protestparte 
ind wurde don derselben unterstüßlt. 
Karlsrahe, 11. Sept. Gestern Mittag 
reignete fich im hiefigen Hauptbahnhof ein gräͤß⸗ 
icher Unglüasfall, welcher diejenigen, dit 
zeugen davon waren, aufs Schmerzlichste berührte. 
die Familie des Kaufmanns Therth aus Mann 
yeim kam mit dem Zug hier an, wahrscheinlich der 
zevorstehende Festlichleisen wegen. Auf dem Perron 
jant der Mann plößlich um und war eine Leiche. 
— Bei dem heute von Karlsiuhe nach Mannheim 
ibgehende Frühzug ent gleisste bei Eggenstein 
in Versonen⸗Wagen, ohne daß irgend ein Schaden 
ntstand. (M. A.) 
7 Mainz, 10. Sept. Raubanfall auf 
der Langgasse. Es ist geradezu beängstigend, 
vie die Unsicherheit in unserer Stadt zunimmt und 
vie, gleichsam unter den Augen der Polizei, auf 
ffener Straße Raubanfälle und thätliche Angriffe 
rusgeführt werden. Am Sonntag Abend gegen 
1 Uhr wurde der Rentier Sp. auf der Langgasse 
on zwei Mannern, den später ermittelten Arbeitern 
B. uno S. angehalten. Der Herr suchte sich mit 
dem Regenschirm die Strolche vom Leibe zu halten, 
ezterer aber wurde ihm entrissen und S. wollte 
ben mit einem schweren Hammer den alten Herrn 
u Boden schagen, als ein Passant der Straße zu 
dilfe eilte. Ein Wachtmann kam auch noch dazu, 
ind so wurden die beiden Sudjelkte verhaftet. G 
st bereitz acht Mal, S. zehn Mal wegen ähnlicher 
gZergehen bestraft. 
fF Mainz, 13. Sept. In der Untersuchun— 
gegen den des Doppelmordes beschuldigten Sqhuh 
acher Herbst ist wieder ein weiteres sehr wichige 
Beweissiuck der Untersuchungsbehörde; unterbreuc 
vorden““ Wie ich Ihnen mittheilte. wurde in der 
Zelle in Laubenheim auch ein Siegelring vorge. 
cunden; dieser Ring ist nunmehr durch eine Reih 
bon Zeugen als das Eigenthum des verschwundenen 
Schuhmachers Wothe erkannt worden; weiter hat 
sich bet der Burgermeisterei Laubenheim ein dortiger 
Buͤrger gemeldet, welcher an dem Tage. an welchem 
Herbstin Laubenheim verhaftet wurde, vor der 
ürrestzelle des Herbst einen Trauring gefunden hat 
hen e dem Burgermeister einhändigie Die hiefge 
Untersuchungsbehörde hat nun festgestellt, daß dieser 
Trauring ebenfalls Eigenthum des Wothe gewesen 
st, und wurde dies sogar von dem Goldarbeiter 
zer diesen Ring an Wothe verkauft hatte, konsialiri 
Durch dieses Veweismaterial ist nun so weit sicher 
achgewiesen, daß Herbst auch der Mörder des 
Wothe war. und daß der aufgefundene menschlicht 
kumpf mit dem Korper des Wothe idennisch ist. 
derbst hat die Leiche der Ringe beraubt, da aber 
eine Verhaftung so rasch erfolgte, so warf er einen 
der Ringe hinweg, den andern versteckte er in seiner 
Zelle; er hatte wahrscheinlich nicht gehofft, daß 
Alles so bald an das Tageslicht komme. 
4 Am Sonntag unternahm der rühmlichst be— 
annie Luftschiffer Herr Sekrurius vom Zoolo⸗ 
zischen Garten in Frankfurt aus seine 291 
AJuffahrt in Begleitung seiner Frau Gemahlin. 
Der Ballon, den Herr Securius benutzte, ist 18 
Meter hoch, hat einen Durchmesser von 11 Meier 
ind 668 Kubikmeter Inhalt. Trotzdem die Witter⸗ 
ing nicht fonderlich günstig war, hatte sich doqh 
ine recht siattliche Menschenmenge im Zoologischen 
Harten versammeit, um dem interessanten Schauspiel 
uzuschauen. Nachdem von der Direktion dees 
Hhartens der Frau Securius ein hübsches Bouquet 
werreicht war, fand um 5 Uhr 10 Minuten die 
Auffahrt stant. Die höchste erreichte Höhe hetrug 
19350 Meter.“ Der Balion passirte verschiedene 
Male Wollenschichten und kam Abends dicht vor 
Zdem Dorfe Langendiebach bei Bruchhovel ohne 
Schaden nieder. Von hier mußten dann die kühnen 
duftschiffer mit einem Leiterwagen nach Frankfurt 
zurückkehren, wo fie Nachts um 12 Uhr wieder 
inkamen. 
Frankfurt a. M., 12. Sept. Unserer 
Primadonna, Frau Schröder⸗Hanfstängl, 
ist gestern ein Unfall passiert, der bezeichnend ih 
für die Unver — jrorenheit, mit der sich eine ge⸗ 
wisse reisende Menschenklasse mitunter benimmt. 
Frau Hanfftangt hatte gestern Abend die Rofine 
im „Barbier“ zu fingen und fuhr von Oberursel 
aus mit dem Homburger Mittagszuge nach Frank· 
furt. Als fie in Oberursel, begleitet von einet 
ihret Schuͤlerinnen, in's Koups stieg, fand: sie samt · 
tiche Sitze mit Reisegepäck belegt und ersuchte die 
Dame, die sich in dem Koups befand, Platz zu 
machen. Als diese dem Ersuchen nicht nachtam, 
schor die Künstlerin selbst einige Sachen zurfeite. 
Kaum batte fie damit begonnen, so sprang die Be⸗ 
fiterin des Gepäckes auf, hob dit Hand und gab 
Frau Hanfstängl einen Schlag ins Gesicht, der so 
wuchtig war, daß selbst das Ohrgehange berbogen 
wurde. Frau Hanfftangl ließ in Rödelheim wo 
det Zug diell, den Stalionschef rufen und dieser 
elegrabhirte an die hiesige Polizei. Auf dem 
Frantfurter Bahnhofe erwartete denn aud Herr 
poligeirath v. Hake in Begleitung eines Schutzmann⸗ 
zen Zug und die tabiale Dame wurde in Haft 
enommen. Sie iegitimierte sich als Frl. Smith— 
Vonne des Generals Greville, aus Lon 
don, der mit seiner Familie in einem Koupyẽ 
erstet Nlasse desselben Fuges nach Frankfur fuhr 
gin Lause des gestrigen Nachmittags wurden die 
detheiligten Personen bereits polizeilich vernonm⸗ 
ind die tapfere Tochter Großbritanniens wird 
ver gerechten Strafe wohl nicht entgehen dun 
Schroͤder· Hanfftangl sang troß der —— 
des Nachmitiags am Abend in gewohnter 2 
fStuttgart, 10. Seht. Ueber d 
jahri eines Eisenbahnzuges auf der Strecke 
nadt· Geißlingen zum Zwed der —— 
etirishen Veleuchiung erfahrt man heute 3 u 
Danach handelt es fich um ein neues —2 
welches die eleltrotechnische Fabrik in an 
usammen mit der Eßlinger Waschinenfabtu 9 
salen hauen hat. Dos eletische Ldtn 
h padwagen, wo eine 4uadratmeter große Dy sown 
ee Regulctor und Accumnlatoren