Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingber.. 
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is8. 
*Zur Lage auf der Balkan⸗ 
halbinsel. 
Der Staatstreich des Fürsten von Bulgarien, 
usgeübt durch Ausdehnung der bulgarischen Re⸗ 
rung auch auf Ostrumelien hat zwar einen Riß 
den Berliner Vertrag gebracht, allenthalben auf 
ꝛ Balkanhalbinsel gährt es auch wieder, aber man 
immt doch an, daß auch dort nichts so heiß ge⸗ 
sen werden dürfte, als es gekocht ist. Zur rich⸗ 
en Beurtheilung der Sachlage fehlen allerdings 
uptsächlich noch die Urtheile der Großmächte in 
r ploͤtzlich acut gewordenen bulgarischen Frage, 
er die Großmächte werden wohl ihre ganze Halt⸗ 
ag danach einrichten, daß ein neuer Kriegsbrand 
der Balkanhalbinsel möglichst verhindert oder 
och eingeschränkt wird. Die Türkei hat nun zwar 
aß vertragsmäßige Recht, in Rumelien Truppen 
grücken zu lassen und die Bulgaren dort zu ver⸗ 
gen, richtig ist auch, daß die Türkei unter Mukh⸗ 
x Pascha ein Armeekorps nach Rumelien marschiren 
zt, aber diese Truppen werden wohl vorläufig 
n der Grenze Aufstellung nehmen und auf weitere 
efehle harren. Auch hält man die Nachrichten 
us Serbien, Griechenland und Albanien über 
xtige Unruhen und Rüstungen für übertrieben, 
chtig mag aber sein, daß man sich in den Bal⸗ 
mstaaten auf einen neuen Türkenkrieg gefaßt 
jacht, bis die Großmächte einen Dämpfer aufsetzen. 
die Großmächte wollen die Orientfrage nur all⸗ 
ahlig gelöst wissen und unter Fernhaltung eines 
ugemeinen europäischen Krieges und dieses Streben 
irfte die bulgarische Affaire nicht zur europäischen 
alamität anwachsen lassen. In wenigen Tagen 
erden die Vertragsmächte des Berliner Traktats 
hehrscheinlich sich geeinigt haben, was in der bul⸗ 
xischen Frage geschehen soll und der Sultan 
sbdul Hamid wie der Fürst Alexander von Bul⸗ 
tien werden sich den Wünschen der Großmächte 
ien müsffee. — 
bemerkenswerth bleibt der Umstand, daß die 
temigung Ostrumeliens mit Bulgarien bis jetzt 
me jedes Blutvergießen vor sich ging und auch 
Ditrumelien und Bulgarien vollsiändige Ruhe 
id Ordnung herrscht. Dadurch würde allerdings 
wiesen, daß die Bevölkerung Bulgariens und 
ftrumeliens vollständig mit der Vereinigung beider 
indet einverstanden ist. Der Bericht eines Ameri⸗ 
gers aus Konstantinopel stellt den Bulgaren auch 
n gutes Zeugniß aus. Das Streben der Nord⸗ 
d Südbulgaren nach einer Einigung sei sowohl 
politischer. als wirthschaftlicher Beziehung ein 
arliches und könne nicht unterdrückt werden. Die 
onistische Strömung entspringe keineswegs blos 
n Rationalgefühl, auch nicht dem Hasse gegen 
cürken, sondern in erster Reihe den materiellen 
eressen beider Länder. Eine doppelte Regierung 
ur jene Länder zu theuer, und außerdem werde 
Industrie dadurch ruinirt, daß die Türkei dar— 
bestehe, Ostrumelien durch die türkische Zoll⸗ 
non Bulagrien abzuschließen. 
Politische Uebersicht. 
In der Karolinen-Affaire mehren 
ne Aussichten auf eine gütliche Verständigung 
uschen Deutschland und Spanien, vornehmlich 
olge der versoͤhnlichen Haltung der deutschen Re— 
ung. Letztere soll durch ihren Ver ireter in 
idrid ihre Bereitwilligkeit erllatt haben, auf die 
el Yap verzichten zu wollen, wenn Spanien 
dem deutschen Handel und der Deultschen 
— — 
Sonntag, 27. September 1888. 
20. Jahrg. 
Schifffahrt vollständige Freiheit auf den Inseln 
des Karolinenarchipels gewähre. Ferner wird über 
Paris gemeldet, daß Spanien bereit sei, eine Insel 
der Karolinengruppe, sowie eine der Mariannen⸗ 
Inseln als Schiffs- und Kohlenstation an Deutsch⸗ 
and abzutreten, während die Marschall- und 
Bilbert Inseln den Gegenstand mehrerer Verein⸗ 
zarungen bilden sollen. Die vorstehende Beant⸗ 
vortung der jüngsten spanischen Note durch das 
Zerliner Kabinet wird jedenfalls wesentlich mit 
zur Klärung der Karolinenfrage beitragen. 
Konstantinopel, 25. Sept. Die Türken 
besetzten zur Wahrung ihrer Rechte ein rumelisches 
Dorf unweit der Grenze, beabsichtigen aber, nicht 
vor Verständigung mit den Mächten in Rumelien 
weiter vorzugeben. 
PRokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 26. Sept. General—⸗ 
versammlungen.) Morgen, Sonntag, Nach⸗ 
mittag 8 Uhr findet im großen Saale des Cafoö 
Oberhauser eine Generalversammlung des Krieger⸗ 
vereins statt. Auf der Tagesordnung der⸗ 
elben stehen: 1. Aufnahme, 2. Rechnungsablage. 
3. Neuwahl. — Auf nächsten Montag, Abends 8 
Uhr, hat der Vorschußverein im Lolale der 
Frau Wiw. Julius Grewenig eine Generalver⸗ 
ammlung anberaumt behufs Vorlage des Geschäfts⸗ 
zerichtes pro 1. Semester 1885 und Berichterstattung 
über den letzten pfaälzischen Genossenschaftstag. 
*St. Ingbert; 26. Sept. (Ertrazug.) 
Bir machen darauf aufmerksam, daß morgen, 
Sonntag Vormitttag anläßlich des Pferde⸗ 
dennens in Zweibrüden von hier nach 
Zweibrücken ein Ertrazug faͤhrt. Derselbe 
geht hier 10 Uhr Vorm. ab, kommi in Zweibrücken 
10 Uhr 46 Min. an und hält auf allen Zwischen⸗ 
ttationen. Die Rückfahrt hat mit den sahrplan⸗ 
mäßigen Zügen zu erfolgen. (Siehe Nr. 184 
dieses Blattes. 
— Zweibrücken, 24. Sept. Heute fand 
die Muslerung der Stuten für den Remonte⸗Zucht⸗ 
bezirk Zweibrücken Homburg ;Pirmasens statt. Es 
waren etwa 60 Thiere beigebracht. Das Ergebniß 
der Prämiirvng ist dem „Zw. T.“ zufolge nach- 
stehendes: 292jährige Zuchtfüllen wuürden vorge⸗ 
führt 12; davon prämiirt die Eigenthümer mit je 
530 Mk.: 1) Geitner Truppach, 2) Woll⸗Schauer⸗ 
berg, 83) Müller Nik.Gerhardsbrunn, 4) Hoh 
arl · Gerhardsbrunn, 5) Burckhardt Anton · Contwig; 
Lua jährige Zuchtfüllen wurden vorgeführt 32; da— 
von wurden prämiirt, mit je 60 Mk: 1) Geitmner⸗ 
Truppach, 2) Stalter Ol. Ernstweilerhof, 3) 
Schneider Val.⸗Langwieden, 4) Blinn Adam- 
Martinshöhe, 5) Geitner⸗Truppach, 6) Frentzel 
P.⸗Seyweiler, 7) Wilh. Ad.Martinshöhe, 8) 
Schneider Aug. Obernheim, 9) Schneider Ludwig- 
vangwieden, 10) Agne Chr.Webenheim; mit je 
40 Mti.: 11) Vollmar Hrch. U.Kashofen, 18) 
Jakob Urban, Bürgermeister in Rohrbach, 18) 
Lang Hrch.Zweibrücken. 14) Schneider Val.Lang 
wieden. 
— Obermoschel; 23. Sept. Geftern er⸗ 
hängte sich die Tochter des Oelonomen Jakob Reber 
yom Weidelbacher⸗Hof bei Mannweiler. Dieselbe 
war verlobt und jollte sich in einigen Tagen ver⸗ 
heirathen. 
— Ungstein, 24. Sept. Das Herbsten 
des Portugieser⸗Trauben beginnt dahier am nachsten 
Mittwoch, den 30. d. M. 
— St. Martin, 24. Sept. Vom Ge— 
meinderathe wurde zum Herbsten der schwarzen 
Trauben der 28. und 29. September und der 8 
Oltober festgesetzt. 
Vermischtes. 
fSaarbrücden, 286. Sept. In der 
auf Morgen Nachmittag anberaumten Versammlung 
der nationalliberalen Partei wird Herr Dr. Jeru⸗ 
jalem aus Berlin sprechen. 
FTrarbach, 25. Sept. Hier wüthet ein 
urchtbarer Brand. Um 12 Uhr begann das Feue⸗ 
n einem Haufe in der Mitte der Staht und 
* Auf der Apenninen-Halbinsel 
vird die Theilnahme an den politischen Vorgängen 
inner⸗ und außerhalb Italiens durch die Cholera⸗ 
»pidemie fast gänzlich in den Hintergrund 
Jedrängt. Besonders auf Sicilien hat die Seuche 
debolutionair zu nennende Zustände geschaffen, 
velche die Entsendung von Truppen nach der Jnsel 
nothwendig gemacht haben. Jede Stadt sperrt sich 
zegen die andere ab, die Aerzte werden von dem 
iinfältigen Pöbel bedroht und verfolgt. Man er⸗ 
vartet in diesen Tagen den König auf Sicilien 
ind die Anwesenheit desselben wird vielleicht mehr 
ils diejenige der Truppen dazu beitragen, die auf⸗ 
geregten Gemüther wieder zu beruhigen. 
* Eine der zentralamerikanischen 
stepusltik scheint wieder zu ihrem normalen 
Zustande, das heißt zum Bürgerkriege zurückkehren 
u wollen. Eine Depesche aus Guatemala 
meldet, daß eine Revolution in diesem Lande aus⸗ 
jebrochen ist. Es wurde der Belagerungszustand 
rklärt, während die Regierung zugleich mehrere 
jervorragende Offiziere verhaften ließ und zwei 
hemalige Minister verbannte. Die Regierung 
chmeichelt sich mit der Hoffnung daß sie der Be⸗ 
vegung baldigst Herr werden könne. Ueber die 
Ursachen derselben ist nach nichts Näheres bekannt. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 25. Sept. Der hiesigen serbischen 
Besandtschaft ist der Befehl zugegangen, alle in 
Deutschland befindlichen. der ständigen Armee und 
dem zweiten Aufgebot angehörenden Serben zur 
ofortigen Stellung bei ihren Kommandanten auf ⸗ 
'ordern, widrigenfalls sie als Deserteure behandelt 
verden. 
Karlsruhe, 25. Sept. Die Prinzessin 
Wilhelm von Preußen traf Nachmittags hier 
ꝛin. Der Kronprinz kommt heute Abend von Hom⸗ 
»urg, der Erbprinz von Nassau Morgen fruh hier 
im. Die Vorbereilungen in der Stadt sind groß⸗ 
artig; das Wetter ist leider sehr schlecht. 
Wien, 285. Sept. Der Fürst von Bulgarien 
elegraphirte an den Zaren, daß, wenn die Abbe⸗ 
ufung der russischen Offiziere gegen ihn gerichtet 
ei, er für das Wohl der bulgarischen Nation 
bereit sei, die Krone zu opfern, wenn Rußland die 
Union schiltze. 
Madrid, 25. Sept. Wie die „Agence 
davas“ meldet, hat Spanien die von Deufsschland 
orgeschlagene Mediafion des Papstes in der Karo⸗ 
inenfrage angenommen. 
London, 25. Sept. Der „Standard“ 
neldet aus Athen, vom 24. d. M.: Die Regierung 
beschloß, die Kammern einzuberufen und die Re— 
erve zu mobilisiten. — Die „Times“ meldet aus 
donstantinopel: Kiamil Pascha wurde an Stell⸗ 
2aid Paschas zum Großvezier ernannt