Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Indberter Amzeiger. 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
er ‚St. Ingberter Anzeiger“ ericheint wochentlich fünfmal: Um Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
att und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Seilage. Das Blat kostet vierteljahrlich 1 M 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 M 75 4, einschließlid 
o A Zuflellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gefpaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 ⸗, bei außerpfälzischen und solche 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 —., Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
A 20. 
Dienstag, 20. Oktober 1888. 
20. Jahrg. 
Berlin, 19. Oktober. Die Frage der Be⸗ 
Deutsches Reich. nufung einer Konferenz in der bulgarischen Ange⸗ 
egenheit wird binnen Kurzem gelöst sein, da die 
Berlin, 18. Oktober. Die energische Zurüd- Jerhandlungen der Mächte über die Grundlage für 
ꝛeisung der Vergrößerungsausprüche der Balkan⸗ as Konferenzprogramm einen guünstigen Verlauf 
santen durch eine gemeinsame Aktion der ehmen und gehofft werden darf, daß die noch 
erliner Signatarmächte, wird von der „Nordd. estehenden Meinungsverschiedenheiten baldigst aus⸗ 
ullg. Ztg.“ in nachstehender Weise erläutert: eeglichen werden. 
Die Vorgänge, welche uns über die von den Berlin, 19. Oktober. Die Regentenwahl in 
zotschaftern der Berliner Signatarmächte in Kon- Zraunschweig wird voraussichtlich morgen Mitwoch, 
anlinopel unternommenen Schritte berichtet werden, rfolgen. Prinz Heinrich von Preußen, welcher 
eben in erfreulicher Weife dem Entschluß dieser azu in Aussicht genommen gewesen, bat, von seiner 
Nächte, den unter ihnen beslehenden Friedenszustand Wahl abzusehen, da er bei der Marine bleiben will. 
ufrecht zu erhalten, einen unzweifelhaften Ausdruck. Berlin. 19. Oktober. Gegenüber den un⸗ 
die Beschlüsse der Botschafter find von der gemein⸗ vahren Mittheilungen über ein bereits erzieltes 
imen Gesinnung der Mächte getragen, daͤß die Ablommen zwischen Deutschland und Spanien ist 
hwerwiegende Frage über Krieg und Frieden nicht arauf hinzuweisen, daß in Spanien keine besondere 
an einem Stimmungswechsel auf der Balkanhalb⸗ GBefriedigung über den Inhalt der letzten deutschen 
nfel abhängig sein kann. In dem Memorandum dole herrscht; man hatte dort faktisch geglaubt, 
rilaͤrt der für die Aufrechterhaltung des Friedens Deutschland habe sich ohne Weiteres — vermuthlich 
d der Wohlfahrt der Völker allein verantwort⸗ veil ihm die Straßenszenen so sehr imponirt — 
che europaische Areopag in ebenso bestimmter wie u jeder Konzession bereit gefunden. Das spanische 
serlicher Weise. daß dem berechtigten und unbe— Ninisterium will noch in dieser Woche die deutsche 
echtigien Ehrgeiz einzelner Stämme auf der Bal⸗- Note beantworten. 
anhaibinsel nicht die Befugniß zugestanden werden Berlin, 19. Oktober. Die landesherrliche 
znne, den Frieden der großen Mächte nach ihrem UAnerkennung Krementz's als Erzbischof von Koln 
Zelieben in Gefahr zu bringen, indem sie unter⸗ st minelst allerhöchster Urkrunde vom 16. Oktober 
nander oder mit der Türkei Händel anfangen und exrfolgt. 
abei, entweder absichtlich oder unabsichtlich, außer Stuttgart, 19. Oktober. Erzherzog Albrecht 
zucksicht lassen, daß die Folgen ihrer theiis selbst⸗ son Oesterreich ist zum Besuch der köoͤniglichen 
uchtigen, theils kurzsichtigen Politik die Großmächte Familie hier eingetroffen. 
othigen koͤnnten, in den Streit einzugreifen und 
hren sonst so sorgsam behüteten Frieden zu stören. 
tin solches Unterfangen der kleinen Balkanstaaten 
auß mii Recht die ernsteste Zurückweisung durch 
anz Europa erfahren. An dem Frieden der 
Froßmächte sind deren sämmtliche Angehörigen in 
iner Zahl von mehr als 800 Millionen betheiligt, 
dährend Griechenland. Serbien und Bulgarien 
jebst Ostrumelien zusammen höchstens 6 Millionen 
zinwohner besitzen, von denen in jedem einzelnen 
ieser Staatsgebilde sicherlich der zehnte Theil nicht 
nmal der herrschenden Nationalität angehört. Es 
t jedenfalls eine unbillige Zumuthnng, daß 300 
islionen Europäer sich der Gefahr aussetzen sollen, 
uf die Wohlthat eines nach dem Stande ihrer 
zivilisation berechtigten Friedens verzichten zu müssen, 
Zeail drei kleine Balkanstaaten von kaum 6 Milli⸗ 
nen Bewohnern plößtzlich auf den Gedanken kommen, 
aß ihr lokales ,Gleichgewicht“, das heißt ihr par⸗ 
ckularistischer Ehrgeiz in Frage gestellt sei.“ 
Die letzten Nachrichten bestäligen die fichere 
erwartung, daß der Einfluß der Großmächte stark 
zenug ist, um ein Aufrollen der orientalischen 
Frage für jetzt zn verhindern. 
—XV 
Republikaner und 21 Konservative gewählt. Nach 
dem vorausfichtlichen Ergebniß der noch ausstehen⸗ 
den Wahlen wird die Kammer 200 Konservative 
und 384 Opportunisten und Radikalen zählen. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 20. Oltober. Gestern 
erunglückte in der hiesigen Grube der 
zergmann Feichtner von hier, indem ihm 
vährend der Arbeit ein Stück Felsen auf den 
dopf stürzte, wodurch er augenblicklich getötet 
vurde. Der Verunglückte ist 30 Jahre alt und 
sinterläßt eine Wittwe mit 4 kleinen Kindern. 
— Seitens des Kultusministeriums ist der 
dammer eine Zusammenftellung derjenigen Gesuche 
im Bewilligung fakultativer Staatsbeiträge 
u Kultus⸗ und Unterrichtsbauten zugegangen, welche 
ine Berücksichtigung im Etat nicht finden konnten. 
Von der Pfalz sind Gesuche eingelaufen für den 
Neubau katholischer Kirchen aus Arzheim, Boben⸗ 
seim, Breitenbach, Contwig, Fehrbach, Kirchenarn⸗ 
Jach, Kusel, Leistadt, Martinshöhe, Münchweiler 
Bezirksamt Pirmasens), Münchweiler (Bezirksamt 
Zomburg), Nunschweiler, Otterbach, Ramstein, 
Wattenheim; ferner für den Neubau protestantischer 
dirchen aus Nünschweiler, Olsbrücken, Ludwigs⸗ 
winkel; die übrigen Petitionen betreffen Repara- 
uren bezw. Erweiterung von Kirchen. Neubau von 
Pfarrhäusern und Schulhäusern. Die Zahl der 
Hesuche aus der Pfalz beläuft sich auf 55. 
— Lehrer-Waisenstift. Nach dem für 
1885 verfügbaren Mitteln des Lehrer⸗Waisenstifts 
verden bedacht: 1. Klasse 115 à 48 M. 2. Klasse 
1190 à 32 M.., 3. Klasse nichts, 4. Klasse 12 
16 M., 5. Klasse 33 à 12 M., 6. Klasse 156 
8 M., in Summa 1495 Waisen mit 45,260 M. 
— Pirmasens, 15. Oktober. Der Stadt⸗ 
rath behandelte die Bierpressionsfrage und 
raf eine Entscheidung, welche auch weitere Kreise 
nteressiren dürfte. Bekanntlich verwarf der Ge⸗ 
undheitsrath früher alle Pressionen ohne Ausnahme, 
ind dieser Beschluß rief stürmische Erregung bei 
illen Wirthen hervor, die sich der Pressionen be⸗ 
zienen; dieser Beschluß wurde nun gestern dahin 
nodificirt, daß für alle Zukunft nur solche Pres⸗ 
ionen zulässig sein sollen, welche die Luft aus dem 
zreien schöpfen und das Bier nicht erst durch 
S„chläuche treiben, sondern direkt auf das in der 
kinschenke stehende Faß wirken und welche gestatten, 
»aß das Bier vom Hahnen gezapft werden kann, 
vie beim gewöhnlichen Zapfen vom Faß. Auch 
olche Pressionen sind verboten, in welchen das Bier 
zurch Kohlensäure aus dem Fasse getrieben wird, 
veil man nicht kontroliren kann, ob der betreffende 
Wirth sich zur Darstellung der Kohlensäure gerei⸗ 
nigter Salzsaure bedient, unreine aber entschieden 
gesundheitsschädlich se. Die Ausführung dieser 
Bestimmungen ist polizeilicher Kontrole unterworfen. 
(Pf. Vʒtg.) 
— Weidenthal, 15. Oktober. Vor Kur⸗ 
em gebar eine hiesige Frau ein Kind männlichen 
Heschlechts, das an der rechten Hand eine natürliche 
datzenpfote besitzt. Dasselbe ist recht wohl und 
nunter. 
S Neustadt, 17. Oktober. (Pfalzische 
reisfechtschule,) Auf Sonntag d. 25. d. M. ist 
)er Verwaltungsrath nach Neustadt aH. zusammen⸗ 
zerufen. Die sehr wichtigen Verhandlungen be— 
sinnen Vormittags 10 Uhr im Kaisersaale des 
Wien, 17. Oktober. Bulgarien hat Serbien 
ine Grenzberichtigung durch Abtretung des Grenz⸗ 
ebietes einschließlich Widdin vorgeschlagen. Es ist 
bahrscheinlich, daß Serbien den Vorschlag annimmt. 
— Gerüchtweise verlautet, daß die montenegrinische 
Armee Marschbefehl erhalten hat. 
Wien, 17. Ottober. Rach einer Timesmel⸗ 
ung empfehlen die Kaisermächte der Pforte, eine 
donferenz zu veranstalten auf der Basis des Ber⸗ 
iner Vertrages. Ein Delegirter der Konferenz soll 
u Fürst Alexander gesendet werden, und diesen 
ategorisch auffordern, seine Truppen aus Ostrume⸗ 
jen zurückzuziehen. Falls er sich weigert, wird der 
zforie die militärische Altion freigestellt, will sie 
‚iese nicht, wird ihre Zustimmung zur bulgarischen 
Union vorgeschlagen. 
Wien, 19. Oktober. Der „Pester Lloyd“ 
neldet: Es sei gewiß, daß der Einmarsch der 
Zerben in Bulgarien unmittelbar bevorstehe. Es 
ei anscheinend zwischen der Türkei und Serbien 
in Einverständniß erzielt, demgemaß Serbien seine 
Aftion auf das bulgarische Gebiet beschränkt und 
Rie Türkei diese Aktion nicht hindert. 
Wien, 19. Ollober. Das serbische Haupt⸗ 
juartier wurde nach Leskovac veriegt; nur zwei 
stegimenter verbleiben in Nisch. Dreizehn Infan⸗ 
ercRegimenter, dazu Kavallerie und Artillerie, 
ind an die Grenze vorgerückt. Den Kosiakpaß an 
er bulgarischen Grenze, der theilweise türkisches 
Hebiet ist, besetzten serbischen Truppen. 
Paris, 17. Oktober. Ein dem Anivers“ 
iber die Christenverfolgungen in Annam 
on dem Missionar Martin zugegangenes Telegramm 
us Saigun meldet, daß der Missionär Chatelet, 
owie 10 eingeborene christliche Priester und gegen 
7000 Christen niedergemacht worden seien. 
Paris, 19. Oliober. Die Stichwahlen außer 
den Devariements der Seine, in Corsica und den 
Berlin, 18. Oktober. Nach einer der Pol. 
zkorr.“ aus Berlin zugehenden Meldung bestreitet 
ie letzte de ut sche an Spanien gerichtete Note 
jon neuem die spanische Souveränetät über die 
darblinen-Inseln, geht auf die Frage der 
Besitzergreifung der Insel Yap wegen Mangel 
uthentischer Aufklarungen über die dortigen Vor⸗ 
zänge nicht näher ein und stellt in der Voraussicht⸗ 
aß Spanien sich zu den Anschauungen Deutsch⸗ 
ands uͤbet die bisherige Herrealosigkeit der Insel, 
sruppe nicht bekehren dürfte. dem spanischen Kabinet 
nheim, nunmehr die Vermittelung des Papstes 
n Anspruch zu nehmen. — Das ist eine offiziose 
zestätigung des bisher über den Inhalt der deut⸗ 
chen Rote Mitgetheilten.