Full text: St. Ingberter Anzeiger

don 39,078 M. 42 Ppf. Im Jahre; 1884 bezogen 
207 Lehrer, Verweser und Verweserinnen Pensionen 
im Gesammibetrage von 149,054 Mi. 70 Pfg. 
Pensionirt wurden 39 Lehrer, gestorben sind 30 
und realtivirt wurden 8. 
gudpwigshafen, 21. Oktober. Wie 
man erfährt, ist seitens der kgl. bayr. Staats⸗ 
ministeriums an die Handelsgremien und einschlä⸗ 
gigen Behorden die Aufforderung ergangen, sich über 
die 3 in Frage kommenden Linien des, Straß—⸗ 
burgLudwigshafener. Kanals gutachtlich 
zu äußern. Zwei der Linien nehmen als Endpunkt 
Ludwigshafen an, wahrend eine dritte Liniedie 
Ausmuͤndung schon bei Speyer im Auge hat. Die 
eine Trace geht parallel des Rheines über Ger⸗ 
mersheim und mündet bei Speyer, die zweite eben⸗ 
falls dem Rheine eutlang, in Ludwigshafen mündend 
die dritie nahert sich dem Gebirge, berührt Landau 
Fdenkoben (unterhalb der Bahn) und erreicht, zwi ⸗ 
schen Böhl und Multerstadt die Bahn nehmend, 
Luͤdwigshafen. Letztere Linie ist natürlich die uns 
am meisten interessirende, zugleich aber auch die, 
welche thatsaͤchlich den Bedürfnissen der Bevolkerung 
enispricht. 
— Ludwigshafen, 22. Oktober. Am 
Rheinvorland wurde heute früh ein fich schon 
längere Zeit dahier aufhaltender sehr verdächtiger 
Siromer durch die Polizei verhaftet. Bei dessen 
Visitation im Verwahrungslokal wurde ein Terzerol 
und ein Brecheisen zu Tage gefördert. G. A.) 
—Frankenthal, 21. Okltober. Die kaum 
16. Jahre alte Elise Clausmann von hier, welche 
am 27. August v. J. ihr Kind gleich nach der 
Geburt getödtet und theilweise im Ofen —XV 
hat, ist in der gestrigen Sitzung der hiesigen Straf⸗ 
Ammer unter Annahme mildernder Umstände in 
—V——— Alters und ihrer ver⸗ 
wahrlosten Erziehung zii iner Gefängnißstrafe von 
1 Jaht und 6 Monaten derurtheilt worden. Die 
Angeklagte war dollkommen geständig. 
Dermischtes. 
St. Wendel, 21 Ottober. Heute früh 
würde ein Mann aus Hammerstein ins hiesige 
Hospital gebracht, welcher geern Abend auf dem 
Bahnhofe Oberstein überfahren worden ist. Dem⸗ 
selben müssen beide Beine und die linke Hand am⸗ 
putirt werden. Der Verletzte, ein Achatschleifer, 
ging unerlaubter Weise über die Bahn und wurde 
don dem letzten von Saarbrücken nach Oberstein 
gehenden Zuge erfaßt. An dem Unglücke trägt 
also niemand Schuld. Der Verunglückte ist der 
Sohn einer armen Wittwe in Hammerstein, deren 
Stütze er war. (N.⸗ u. Bl.Z.) 
7 Straßburg, 20. Okltober. Der Herbst 
hat quantitativ durchweg ein geradezu unerwartet 
reiches Ergebniß gelieferl. Ich hörte gestern auf 
der Bahn von hier nach Colmar —X 
die Ohm für 18, 158, sogar 10 Mt. verkauft 
wird, da es den Leuten an der nöthigen , Fassung“ 
mangelt. (Auch a Würitemberg und Baden hat 
der Herbstertrag die gehegten Erwartungen über⸗ 
troffen. Hierin dürsie der Hauptgrund für die 
schwache Nachfrage nach Neuem von der pfälzischen 
oberen Haardt zu suchen sein.) 
f Mainz, 0 Ollober. Wie bereits ge⸗ 
meldet, wurde heute Mittag in dem Abort des 
Brauhauses zum Tannenbaum“, in welch' leßzterem 
der muthmaßliche Mörder Herbst am Tage nach 
der Ermordung des Wothe gesehen worden ist, ein 
menschlicher Kopf und ein flnker Oberschenkel ge⸗ 
funden — ein wichtiger Fund! Von Personen, 
die Wothe gelannt hatten, wurde der Kopf sofort 
als derjenige des eben Genannten erkannt. Ob⸗ 
gleich der Kopf stark angeschwollen war, ließen fich 
die Züge noch sehr gut erkennen; die Nase ist 
platt zůsammengedrüdt, offenbar durch die Schnur, 
mit welcher das Tuch, bestehend aus Theilen von 
Hosen, um den Kopf festgebunden war. Die Zunge 
war zwischen den Zähnen zusammengeklemmt, wo⸗ 
durch nach Angabe des Hrn. Dr. Hellwig lonsta⸗ 
sirt wird. daß der Ermordete erwürgt worden ist. 
Die vollständige Entleerung des Abortes brachte 
don den nun noch fehlenden beiden Armen und 
Füßen nichts mehr zu Tage. Die heute gefundenen 
örpertheile wurden auf den Friedhof gebracht, 
wohin alsbald auch Herbst geflihrt wurde, dem 
man dieselben dort zeigte. Der Anblick derselben 
brachte auf Herbst nicht den geringlften Eindruck 
hervor, vielmehr beharrte dieser nach wie vor bei 
seinem Leugnen. 
Das Oberlandesgericht Celle hat in der 
jelpentilirten Frage der Veraußerlichkeit 
o orn Eisenbahnretourbillets ein interes⸗ 
'antes Urtheil gefällt. Die beiden erstinstanzlichen 
Richter hatten den Verkäufer des Billets für schul⸗ 
zig erklärt, welches Urtheil indessen vom Ober⸗ 
andesgericht aufgehoben wurde. In den Eut⸗ 
cheidungsgründen ist ausgesprochen: „Die Eisen⸗ 
ahnbillets haben den Charatter eines Inhaberpapieres. 
Dieser Charakter kann ihnen nicht dadurch genom⸗ 
nen werden, daß die Eisenbahnverwaltung auf die⸗ 
iben den Vermerk „Nicht übertragbar“ drucken 
aßt. Es hatte demnach das fragliche, noch nicht 
ibgelaufene und zur Fahrt voa Bremen nach 
heestemünde noch nicht benutzte Retourbillet zu 
olcher Fahrt für den Kaufer volle Giltigkeit, 
Mithin ist weder ein Irrthum in dem Kaufer er⸗ 
negt, noch hat der Eisenbahnfiskus, da er rechtlich 
rerpflichtet war, jeden Inhaber des Billets zu be⸗ 
ördern, ane Vermögensschädigung erlitten.“. Her⸗ 
vorgehoben zu werden verdient im Anschlusse hieran 
roch, daß die Eisenbahnverwaltung selbst bei Re⸗ 
dubilleis betanntlich ebenso wie bei eiufachen 
Hillets immer nur die Thatsache des Besitzes, nie⸗ 
nals die Erwerbsart oder die Identität des Be 
itzers mit dem ursprünglichen Erwerber feststellen 
ind jeden in Besitz Befindlichen als berechtigten 
Fahrgast befördern, hierdurch aber beide Arten von 
hilleis, die Retourbillets insbesondere auch bei der 
kückfahrt, als Inhaberpapiere ohne irgend welche 
teschränkung und den damit unvereinbaren Vermerl 
Nicht uübertragbar“ als bedeutungslos behandeln läßt. 
J Koln 20. Oktober. Der feierliche Einzug 
Res Erzbischofs Dr. Kremen tz von Köln in die 
aupisiadt seiner Diozefe wird voraussichtlich im 
chsten Monat vor sich gehen. Selbstverftändlich 
bird von Dibzesanen alles aufgeboten werden, den 
Jeuen Oberhirlen würdig zu empfangen. 
F Einem Priester in Köhn wurden in der 
Beichte 20,000 Mark eingehändigt, die aus einem 
Diebstahl herrührten. Der Priester konnte dieselben 
in den Bestohlenen zurückgeben. 
— Ueber ein fürchterliches Verbrechen hat das 
Schwurgericht zu Meiningen verhandelt. Es 
tand der zur Zeit in der ganzen deutschen Presse 
rwähnte Dietharzer Mord zur Verhandlung. In 
)er Kollner'schen Mühle bei Dietharz, in der Nähe 
jon Ohrdruf, waren in der Nacht vom 14. zum 
5. Januar ds. Irs. der Mühlenbesitzer Kollner, 
dessen Ehefrau und ein 7jahriges Tochterchen auf 
entsetzliche Weise ermordet und auf ein Söhnchen 
derseiben ein Mordversuch ausgeführt worden 
Zämmtliche Ermordete waren in ihrem gemein⸗ 
amen Schlafzimmer überfallen und durch fürchter⸗ 
iche Beilhiebe getödtet. Der auch noch wegen 
Raubs Angeklagte ist der vielfach schon vorbestrafte 
Hartenarbeiter Thaldorf, 24 Jahre alt, aus Erfurt. 
derselbe gesteht die vorher begangenen Diebstaͤhle 
an, leugnet aber die Mordthaten; sein Alibibeweis⸗ 
versuch mißlingt ihm vollständig; er wird durch 
Zeugen⸗ und Sachverstandigen⸗Aussagen so über⸗ 
ührt, daß jeder Zweifel ausgeschlossen ist. Er wird 
siernach, füt schuldig erklärt, zum Tode, zu zwoͤlf⸗ 
ahrigem Zuchthaus und Ehrverlust verurtheilt. 
F Folgende gereimte Berichtigung bringt 
das „Thür. Tagebl.“: 
In vielen Blättern groß und klein. 
Verkündet ward die Maär, 
Und wandert nun, tagaus, tagein 
Durch's Deutsche Reich umher: 
In einer Kneipe Gothas hätt' 
Wußt' ich nur, welche 's ist) 
Die Kellnerin, fesch und lokeit, 
nen Skatgasft abgeküßt. 
Ich hab' nun an der besten Quell' 
Mit Inbrust recherchirt; 
Nicht schiedsamtlich, nicht kriminell 
Ist „Etwas“ avisirt. 
Das Eine nur erwiesen ist, 
Und das sei stolz gesagt: 
Noch Keiner, den ein Mädchen küßt, 
Hat hier sich drob beklagt. 
pAugsburg, 19. Ollober. Der kaum 
20 Jahre alte Diensiknecht Alois Mahyer, von 
Zarres, Bezirlshaupimannschaft Imst in Tirol, ein 
in seiner Heimath als rauf⸗ und rachsüchtiger 
Trunkenboild bekannter Mensch, wurde heute vom 
Schwurgericht wegen Raubmordes zum Tode ver⸗ 
urtheilt. Mayer hat am 24. Mai 1885 — am 
pfingstsonntag — Nachmittags, als die Familie 
eines Herrn. des Bauern Anton Wegmann in 
Ermengerst bei Kempten, fich in die Kirche nach 
dem eine halbe Stunde entfernten Orte Wiggens— 
zach begeben hatten, seinen Dienstherrn mit der 
doizaxt überfallen und nach äußerst energischem 
zampfe durch etwa 70 Hiebe und Verlehungen 
ermordet, einer Baarschaft von 120 Mk. beraubs 
und den zur Unkenntlichkeit entstellten Leichnam in 
die Odelgrube geworfen. Ein Geldbetrag von 
500 M. welcher sich in der rechten Hosentasche 
seines Opfers befand, entging dem Mörder. Nach 
der That wusch er die Blutspuren auf und begab 
sich zur Kirche, um dort, wie er angibt, den 
„Frommen“ zu spielen. Von der Kirche zurückge 
fehrt, war auch er derjenige, welcher den Ermordelen 
zuerst durch Zufall aufgefunden haben woollte. 
Wegen verschiedener Verdachtsmomente am 14. Juli 
1883 verhaftet, legte er sein erstes Geständniß 
einem ebenfalls wegen Raubmordes verhafteten 
Zellengenossen gegenuͤber ab. Wie er ohne irgend 
welche Erregung dem Laufe der Verhandlung gesolgt 
war, nahm er auch höchst gleichgiltig das Todes- 
urtheil hin. 
FMünchen, 19. Oktober. Das heute aus 
gegebene Verordnungsblatt des Kriegsministerium⸗ 
enlhält Folgendes: Es ist zur Sprache gekommen, 
daß die von den Truppentheilen als untauglich 
abgewiesenen Einjährig⸗-Freiwilligen vielfach unter⸗ 
lassen, ihrer durch Z 94,7 der Ersatzordnung vor⸗ 
zeschriebenen Verpflichtung nachzukommen, sich 
nnerhalb vier Wochen beim Civilvorsitzenden der 
xẽrsatz⸗ RAommission itres Aufenthaltsorts zu melden. 
Im für die Folge den hieraus für die Ersazbe— 
jörden sich ergebenden Kontrolschwierigkeiten und 
Weiterungen vorzubeugen, wird hierdurch festgesetzt, 
daß in Fällen der in Rede stehenden Art die Be— 
rechtigungsscheine, nachdem dieselben mit der in 8 
4,5 2. Abs. a. a. O. vorgeschriebenen Bescheinig⸗ 
ung versehen worden, seitens der Truppentheile 
nicht, wie bisher, den Inhabern selbst, sondern den 
hetteffenden Zivilvorsitzenden der Ersatzkommissionen 
behufs Aushändigung an letztere zu übermitteln 
sind. Zu diesem ZIweck werden die Einjährig- 
Freiwilligen bei Abnahme der Berechtigungsscheine 
hren dauernden Aufenthaltsort anzugeben bezw. 
inzuzeigen haben, wo sie innerhalb der nächsten 
1 Wochen solchen zu nehmen gedenken. Sind die⸗ 
elben zur Zeit der Abweisung ausnahmsweise 
ziezu nicht im Stande, so ist ihnen unter einst⸗ 
veiliger Zurückhaltung ihres Berechtigungsscheines 
nufzugeben, dies dem Truppentheil, bei welchem 
die Äbweisung erfolgt ist, innerhalb der vier— 
vöchentiliche Frist schriftlich anzuzeigen. 
München. Richt nur die bayerische staat⸗ 
iche Hagelversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit, 
ondern fast sämmtliche Hagelversicherungsanftalten 
jaben in diesem Jahre unguͤnstige Ergebnisse. Die 
ei der bayerischen Hagelversicherungsanstalt ver⸗ 
icherten Beschädigten können daher mit 80 pCt. 
er Schadenssumme wohl zufrieden sein, und die 
zayerischen Landwirthe geben beinahe einstimmig 
»em System der Kürzung der Entschädigung vor 
enem der Nachzahlungen weitaus den Vorzug. 
f (GEin Irtthum.) Ein schlichtes Bäuetlein 
am vergangene Woche nach Münmnsche n. Zu— 
alliger Weise führt ihn sein Weg an einem Ver⸗ 
teigerungslokale vorbei und neugierig writt er ein. 
Fin feiner Damenmantel. den er für eine Manns⸗ 
sacke hiell, erregte seine Sehnsucht und tapfer stei 
Jerte er drauf ios, bis ihm derselbe auch wirllich 
bleibt. Groß war seine Enttäuschung, als er 
feinen Irrthum merkte, allein alles Protestiren 
nützte Nichts und so mußte er zur Heilerkeit der 
Anoesenden mit seinem theuer erstandenen Schatze 
abziehen. 
Tol z, 18. Oktober. In dem benachbarten 
Orte Ellbach spielte fich gestern Mittag ein blutiges 
Drama ab. Der dortige Wirth, ein noch junget 
hrann, sam mit den deiden Sohnen aus erster 
khe seiner Frau, Burschen im Alter von 17 und 
i9 Jahren, fters in Streit, der am Freitag einen 
angewöhnlich heftigen Charakter annahm. Gesn 
og nun der Wirth seine Feiertagskleider an 9 
schoß mittel eines Revolvers auf seine am —* 
mit Kirchweihnudelbaden beschaftigte Frau un 
seinen 19jährigen Stiefsohn. Lehterer wurde n 
die Stirn getroffen und starb nach wenigen em 
den, während die Frau nur leicht an der . 
gestreift wurde. NRach der That eilte der n 
den benachdarten Wald und erschoß sig 
Neben seiner Leiche wurden zahlreiche Rebolv 
zatronen gefunden. 
p Ueber ein Reiterstüchchen, d 
Zeiten eines Seidlitz gemahnt und gegenwa Did 
nilitärischen Kreise in Hannober umsomehr e