Full text: St. Ingberter Anzeiger

szt. ugherter Amze iger. 
J Amtliches Organ des königl Amtsgerichts St. Ingbert. 
er St. Ingberter Anzeiger? erscheint wbchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2mal wochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4M 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 D einschließli. 
d A Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Sarmondzeile oder deren Naum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solch n 
auf welche die Cryedition Auskunft ertheilt. 13 4, Neclamen 30 . Bei 4mliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
WM 2188. SEuamstag- 7. November 18885.. 20. Jahrg. 
Nordamerika und Deutschland 
in Ostasien. 
(Berliner Tageblanu) 
In den Vereinigten Staaten steht man der 
eutschen Kolonialpolitik bekanntlich in hohem Grade 
indlich gegenüber. Das Wort Bismarcks: „Ein 
)eutscher der sein Vaterland abwirft, wie ein altes 
dleid, ist für mich kein Deutscher mehr“ — ge— 
rügt den Nordamerikanern und unter ihnen unseren 
veziellen Landsleuten insbesondere, zu der Annahme, 
aß Deutschlands koloniale Bestrebungen sich aus— 
hließlich gegen Nordamerika richten, wo man es 
enn auch liebt, unserer Kolonialpolitik höhnisch 
en nom de guerre ,Auswanderungspolitik“ bei⸗ 
uegen. Anfänglich gab man sich deshalb jenseits 
es großen Wassers nur zu gerne der Hoffnung 
in, daß unsere „Kolonialbegeisterung“ verrauchen 
yerde, ohne wirkliche Spuren zurückzulassen Denn 
elbst die geschichtlichen Thatsachen der Einigung 
)eutschlands und der Begründung einer deutschen 
⸗*eemacht hatten kaum etwas an jener allgemein 
erbreiteten Auffassung zu ändern vermocht, welcher 
as Verhältniß Deutschlands zur Kolonialpolitik in 
em bekannten Gedichte „die Theilung der Erde“ 
ar alle Zeiten symbolisiert erschien. U 
Seitdem aber thatsächlich das deutsche Volk ein 
erborragender Vertreter der modernen Kolonial⸗ 
»olitik, d. h. des systematischen Erwerbes übersee⸗ 
cher Lander, geworden ist, hat man auch in Nord⸗ 
merika aufgehoört, über uns zu spotten und zu 
ichen; und dies um so mehr, nachdem man gesehen 
at, mit welcher Energie und Geschicklichkeit und 
last not least — mit welchem Gluͤck unsere 
teichsregierung auch in jenen überseeischen Ländern, 
vo es — vorläufig wenigstens — nichts zu er⸗ 
Jerben oder unter Protektorat zu stellen gibt, mit 
eem Abschluß von Handelsverträgen u. s. w. vor⸗ 
eht 
Aber diese Erfolge imponierten nicht nur den 
ordamerikanern, sie jagten ihnen auch Angst und 
ichtecken vor der deutschen Konkurrenz ein, was 
lerdings bei den eminent praktischen, unterneh⸗ 
ungslustigeu und thatkräftigen Yankees nur die 
ne Folge hatte, daß sie schleunigst an den ver⸗ 
diedenen Orten, wo der deutsche Kcufmann sich 
stsetzte. Anstalten trafen, uns den Rang abzulaufen. 
Die Nachricht, daß an Stelle unseres hochver⸗ 
enten Landsmannes, des Herrn von Möllendorff, 
erade ein Amerikaner, Mr. Denny, der Jahre 
ing als amerikanischer Konsul in mehreren chine⸗ 
schen Hafenstädten gewirkt hat, Präsident des 
luswärligen Amtes in Korea geworden ist, legt 
eute diese Betrachtungen nahe und zeigt uns zu⸗ 
leich, wo naturgemäß der amerikanische Einfluß 
ind die kolonialpolitischen Bestrebungen Nordamerikas 
denn solche sind es, die sich geltend machen — 
os am gefährlichsten zu werden drohen. 
die Entfernung zur See regelt den Markt am 
ande. Die Vereinigen Staaten sind, quer durch 
en Stillen Ozean, dem fernen Orient, der Ostküste 
siens, weit näher als sämmiliche handeltreibende 
atioren Europas. Das sollte uns ernstlich zu 
en geben. 
China, Japan, Korea und die Sandwichs⸗ 
neln liegen den Nordamerikanern gewissermaßen 
n der Nase und können nut zu leicht für diese 
elbe Quelle des Reichthums, dasselbe ungeheure 
—RR für Handels- und industrielle Unter⸗ 
ꝛbmimgen werdent wie Oflindien für die Eng⸗— 
länder, Java, Borneo und Sumatra für die Hol⸗ 
änder sind.“ Hier in China, Japan, Korea gilt 
s für uns Deutsche auf, dem Posten zu sein, daß 
uns bei dem bevorstehenden Wettrennen der Rang 
nicht abgelaufen werde. Hie Rhodus, hic salta! 
heißt es hier für deutsche Kaufleute und Unter⸗ 
nehmer. Freilich nur die friedlichen Errungen⸗ 
chaften der Neuzeit können uns ans Ziel bringen, 
dampfer, Telegraphen, Eisenbahnen, dann gegen⸗ 
eitige Handelsverträge, endlich Ehrlichkeit im Handel, 
zerechtigkeit bei der Schlichtung unausbleiblicher 
Differenzen. . 
Bangkok, Peking, Korea, Tokio und Honolulu 
ind seit Jahren in gewisser Hinsicht, ähnlich wie 
kdonstantinopel, für die Vertreier der fremden Na⸗ 
ionen Schauplätze unablässigen Ringens um den 
eitenden Einfluß in politischer wie kommerzieller 
geziehung. Bisher waren deutsche und englische 
ranzösische und russische Diplomaten und Kaufleute 
zie einzigen Konkurrenten. In Peling und Tokio 
var in den letzten Jahren der deutsche Einfluß am 
erfolgreichsten. Soweit werden auch die amerika⸗ 
nischen Bestrebungen in der nächsten Zukunft sich 
in erster Linie gegen uns wenden. 
Die bevorstehende, vom König Kalakaua selbst 
zewünschte Anektirung der Sandwichs⸗Inseln durch 
zie Vereinigten Staaten wird die erste Etappe der 
stordamerikaner auf dem Wege nach Osfsasien sein. 
Es gilt für Private wie für die Regierung, alle 
Anstrengungen zu machen, daß der deutsche Einfluß 
in China, Japan, Korea dermaßen gefestigt werde, 
daß uns die nordamerikanische Konkurrenz, welche 
für die Zukunft gefährlicher werden wird, als die 
englische, französische und russische zusammen ge- 
iommen, nicht von dort verdränge, wo wir jetzt 
züücklich sesten Fuß gefaßt haben. 
Die deutsche Reichsregierung wird sich den ein⸗ 
chlägigen Erwagungen sicherlich nicht verschließen. 
Mögen aber unsere Worte auch bei denjenigen 
inter unseren politischen Freunden ein Echo finden, 
velsche die Wichtigkeit unserer Beziehungen zu Ost⸗ 
asien hisher nicht hinreichend gewurdigt haben. 
2 Deutsches Reich. 
Muünchen, 83. Nov. Se. Majestät der Koͤnig 
zeabsichtigt erst bis 10. d. M. hierher zu kommen. 
Muͤnchen, 4. Nowo. Die Abgeordneten⸗ 
stammer genehmigte in heutiger Sitzung eine Reihe 
von Nachweisungen und kleinere Etats. Bei der 
Berathung des Antrages Sellner und Genossen, 
etr. Revision der Gebühren⸗Ordnung, erklärte 
herr Finanzminister v. Riedel, die Regierung habe 
diese Frage stets im Auge behalten und die Vorlage 
rines Entwurfes nur deshalb verzögert, weil auch 
das Arrondirungsgesetz und die Novelle der Sub⸗ 
hastations Ordnung diese Materie berühren. Er 
verde jedoch unter allen Umständen diesem Landtag 
noch einen Gesetzentwurf in der gewünschten Rich— 
ung vorlegen. Abg. Kopp beantragte infolge der 
Erllarung des Ministers die Absetzung des Antrage? 
Sellner von der Tagesordnung. Die Abgg. Dr. 
o. Schauß, Dr. Frankenburger und der Antrag⸗ 
fleller Sellner bekämpften den Antrag Kopp. Der 
Antrag Kopp wurde schließlich in namentlicher Ab⸗ 
timmung mit 65 gegen 58 Stimmen angenommen. 
— Nachste Sitzung Freitag. Tagesordnung: 
Arrondirungsgesettz. 
Muünchen, 4. Nop. Der Statthalter bvon 
ẽlsaß· Lothringen Fürst v. Hohenlohe⸗Schillingsfürst 
st heute von Aussee hier eingetroffen und alsbald 
rach Straßburg weitergereist. 
Berlin, 8. Novd. Von sehr gut unterrichte⸗ 
ser Seite wird der „Voss. Ztg.“ aus Madrid be⸗ 
ichtet: Der Konig ist, woran die in regelmäßigen 
Iwischenräume erscheinenden bezüglichen offiziellen 
der offiziösen Dementis nichts ändern können, 
ernsttich krank, leidet an Durchfall und einem 
ückischen Fieber, das beinahe keinen Tag ausbleibt. 
Das Ministerium schwimmt im unsichersten Fahr⸗ 
vasser. und selbst die Konservativen halten seine 
Tage für gezählt. Und um den Dingen die Krone 
aufzusetzen, ist man der Armee so wenig ficher, 
daß täglich eine Revolution in Dderen Reihen he— 
ürchtet wird. 
Berlin, 5. Nov. Der heutigen Bundesraths⸗ 
Sitzung liegt ein Antrag Preußens vor über Ab⸗ 
inderung des 8 22 des Preßgesetzes, betr. die 
berlangerung der sechsmonatllichen Verjahrungsfrist 
»ei Preßbergehen in besonderen Fällen. Auf der 
Tagesordnung steht ferner die Vorlage über den 
Kordostseekanal. Dem Vernehmen nach soll der 
Beitrag des Reichs von 106 Mill. durch eine 
Anleite, bezw. durch Schatzanweisungen aufgebracht 
werden. 
Braunschweig, 4. Norp. In dem heute 
peröffentlichten Dankschreiben des Regenten vom 
3. November spricht derselbe Allen, welche fich an 
dem ihm und der Prinzessin ˖ Gemahlin bereneten 
herrlichen Empfange betheiligten, seinen wärmsten 
und aufrichtigsten Dank aus. Ferner wird eine 
Bekanntmachung des Staatsministers Goertz-Wris⸗ 
berg vom 2. November veröffentlicht, worin dieser 
im Auftrag des Regenten für die vielen. dem 
Prinzen brieflich und telegraphisch zugegangenen 
HBlückwünsche anläßlich seiner Wahl zum Regenten 
einen tiefgefühlten Dant öffentlich ausspricht. — 
Bei dem gestrigen Galadiner toastete Goertz⸗ Wris⸗ 
jerg auf das Regentenpasr. Der Prinz erwiderte 
nit einem Toast auf das Wohl des Braunschweiger 
Landes, dessen Wohlfahrt sein einziges Ziel sei. 
GCoblenz, 8. Rovember. Das Befinden der 
taiserin Augustanist in stetiger Besserung 
begriffen und hat namentlich die. Bewegungsfahigken 
der hohen Frau seit dem Frühling entschiedene 
Fortschritte gemacht. 
Auslaud. — 
Petersburg, 5. Nod. Ein kaiserlicher 
Befehl streicht den Fürsten Alexander von Bul⸗ 
zarien in sämmtlichen Liften der russischen Armee, 
vorin er als Generallieutenant à Ia suite· geführt 
vurde. (Laut brieflichen Meldungen aus Konstan⸗ 
inopel hätte Fürst Alexander in der vorigen 
Woche den Botschaftern mittheilen lassen, daß er 
die Verantwortung für allfällige weitere Ereignifse 
in Rumelien ablehne. Anderweitige Berichte be⸗ 
haupten, der Fürst sei von dem Enischluß, sich 
Europa zu unterwerfen. wieder abgekommen und 
wolle „va banque“ spielen. Im allgemeinen 
vird momentan die Situation ungünstiger aufgefaßt. 
Insbesondere wird England mehrfach beschuldigt, 
den Fürsten Alexander zum Widerstand aufzu⸗ 
muntern/; 
Paris, 5. Nov. Die feierliche Anffahrt des 
ieuen deutsschen Botschafters, Grafen 
su Münster Ladenburg, zur Ueberreichung 
einer Beglaubigungsschreiben erfolgt heute Nach⸗ 
nittag 2923 Uhr. Der Introdukteuür des Ambassa⸗ 
deurs, Herr Holland, wird den Botschafter und die 
Mitglieder der Botschaft in drei Gala⸗Equipagen 
der Präsidentschaft von dem Botschaftshotei der 
Rue de Lille nach dem Elyséepalaste geleiien. Der 
Botschafter wird durch ein Detachemeni Qürassiere