Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Inubeyfer Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 223. 
Samstag, 14. November 1885. 20. Jahrg. 
Deutsches Reich. — 
München, 11. Nop. Die Abgeordneten- 
umer erörterte die Revision der Gebührenordnung. 
ert Finanzminister v. Riedel versprach noch dem 
genwärtigen Landtag eine neue Vorlage. Die 
ichte nahm darauf gegen die Stimmen der Linken 
n auf Uebergang zur Tagesordnung basirenden 
ntrag des Abg. Luthardt an. — Nächste Sitzung 
onnerstog: Etatssachen. 
Berlin, 11. Nov. Das wichtigste Handels⸗ 
oiet für den Export Deutschlands nach den füd⸗ 
hen und östlichen Balkanländern ist und wird 
ich in der Zukunft, namentlich nach dem Ausbau 
eet Orientbahnen, Serbien sein, welches den Ver—⸗ 
nigungspunkt der orientalischen Bahnlinien und 
it seinen vortheilhaft situirten Stapelplätzen das 
intrum des Handels im Jnnern der Balkanhalb⸗ 
ssel bildet. Unter den Artikeln, welche in Serbien 
nen von Jahr zu Jahr wachsenden und lohnenden 
osatz finden, nehmen die Erzeugnisse der Moutan⸗ 
id Eisenindustrie den ersten Rang ein Der 
erbrauch dieser Actikel ist ein bedeutender, sowohl 
itens der blühenden gewerblichen Industrie, die 
inahe in jedem Dorfe durch Huf⸗, Sensen⸗ und 
gaffenschmiede vertreten ist, als auch für agrikole 
id technische Zwecke. Von Eisen und Eisenwaaren 
at Serbien im vergangenen Jahre 52,283 Meter 
ntner (1 Meterzentner gleich 100 Kilogramm) 
aportirt und zwar aus Oesterreich-Ungarn zirka 
9.000 Meterzentner und den Rest von za. 22,000 
deterzentnern aus dem deutschen Reiche. Obgleich 
e höhere Ziffer für Oesterreich Ungar zu sprechen 
seint. so muß im Gegentheil konstatirt werden, 
aß die deutsche Industrie trotz der größecen Ent 
mung von den serbischen Absatzgebieten und der 
eniger günstigen Fachverhältnisse allmälig die 
)berhand gewinnt und manche österreichische Fa⸗ 
ikate dieser Branche von den serbischen Märkten 
erdrängt. Vor zwei Jahren bereits wurden 
Vaschinen, Maschinenbestandtheile, Lokomotiven und 
jaggons vorwiegend aus Deutschland bezogen und 
edeutsche Industrie lieferte österreichischen Liefe- 
mten, welche Lieferungsverträge mit der serbischen 
cgierung abgeschlossen hatten, die Schienen fur 
e serbischen Bahaen. Seit Erdffnung der Eisen⸗ 
ahn Belgrad⸗Nisch hat das Uebergewicht Deutsch- 
inds im serbischen Handel noch an Intensit it ge— 
onnen. Auf den Märkten des kräftig empor⸗ 
ebenden Königreiches findet außer den Erzeugnissen 
t deutschen Maschinen⸗ Industrie auch Stahl · und 
senwaaren aus Iserlohn, Pflüge aus Berlin und 
ipzig, Blechwaaren aus Nuͤrnberg u s. w. 
amentlich in Konstruktionseisen ist die deutsche 
nturrenz in Serbien geradezu dominirend; sie 
fert zu billigeren Preisen als Oesterreich Ungarn 
eine Erscheinung, die um so auffallender ist, 
enn noch in Erwägung gezogen wird, daß nach 
m zwischen Oesterreich Ungarn und Serbien ab— 
chlossenen Handelsverirage Eisen- und Eisenwaaren 
der Einfuhr in Serbien aus der österreichischen 
sonarchie einem Zolle von 4 pCt. ad valorem. 
mwjener aus Deuischland aber einem Werthzolle 
en 8 pCt. unterli⸗gen. Der Ausnahmetarif für 
n Transport von Eisen und Stahl, Eisen⸗ und 
sahlwaaren, landwirthschaftlichen Maschinen und 
eräthen, zwischen Stationen der hervorragendsten 
erreichisch ungarischen Produktionsgebiete der 
ontan-, Eisen; und Maschinen-Industrie und 
raga loco und transsito ist am 15. Aug. d. J. 
xctsamkeit getreten und eine entsprechende 
«ung der hohen Lokaltarife der serbischen 
—Staatsbahn steht in Aussicht; beide Momente wer⸗ 
den aber wahrscheinlich nicht ausreichen, um das 
deutsche Fabcikat aus einem Absatzgebiete zu ver⸗— 
drängen, wo es sich durch seine Güte, Billigkeit 
ind zweckentsprechende Ausführung schon fast ein⸗ 
Jebürgert hat. Auch die westeuropäische Konkur— 
enz, welche den Vortheil des billigeren Seetrans⸗ 
joris für sich hat, wird auch nach der Eröffnung 
»es Kanals von Korinth und nach dem Ausbau 
zer südlichen Orientbahnen nicht viel mehr Chancen 
jaben, da einerseits die hohen Frachtsätze der 
Drientbahnen für den Lokalverkehr ein weites Vor⸗ 
ringen von den Häfen des Aegäischen Meeres 
us nach dem Innern der Balkanstaaten kaum er⸗ 
nöglichen werden, und da andererseits Deutschland 
in Zukunft mittelst der billigen Flußschifffahrt 
Jleichfalls seinen Weg über die Nordseehäfen nach 
den nordöstlichen Seeplätzen des Mittelmeeres suchen 
önnte. 
Berlin, 11. Nov. Als die deutsche ost⸗ 
iffrikanische Gesellschaft im Hinterlande von Sansibar 
esten Fuß faßte und mit großen Landerwerbungen 
yorging in der vollen Ueberzeugung, daß Herren 
des von ihr besetzten Landes nur die Häupilinge 
eien, die ihren Vertretern die Hoheitsrechte ver⸗ 
ragsmäßig abgetreten hatten, da trat der Sultan 
Zaid Bargasch dagegen auf und erhob seinerseits 
aie weitgehendsten Oberhoheitsansprüche. Es stellte 
ich bald heraus, daß er nicht blos die ganze Küste 
von Warscheich bis zum Kap Delgado der portu⸗ 
gsiesischen Grenze für sich beanspruche, sondern nicht 
ninder das ganze Hinterland bis zu den großen 
Zeen. Bei näherer Beleuchtung dieser Ansprüche 
vurde aber sehr schnell ermittelt, daß sie zum 
sroßen Theil haltlos und unbegründet seien. Das 
raf insbesondere für das Usagara-Gebiet der Ost⸗ 
frikanischen Gesellschaft zu; und demgemäß trug 
ie deutsche Regierung kein Bedenken, die dort von 
er Gesellschaft erworbenen Gebiete unter deutschen 
Schutz zu stellen. Es war aber vorauszusehen, 
afß bei jeder weiteren Gebietsausdehnung der 
Zultan ueue Schwierigkeiten machen würde, und 
as bestätigte sich sehr bald, als deutscherseits die 
Erwerbung der Gebiete von Witu und am Kili— 
nandjaro in Frage kam. Da hat sich denn, wie 
die „Köln. Ztg.“ berichtet, der Reichskanzler an 
zie beiden meistbetheiligten Großmächte, England 
ind Frankreich, gewandt, ihnen die Sachlage und 
»ie Ansprüche des Sultans Said Bargasch vorge⸗ 
ragen und ihnen vorgeschlagen, eine gemeinsame 
Kegelung des Gebietes dieses Sultans auf dem 
ifrikanischen Festlande unter genauer Prüfung seiner 
dechte vorzunehmen, und dadurch jede Möglichkeit 
bzuschneiden, die bei weiteren kolonisatorischen 
fortschritten seitens einer der Mächte zu krieger⸗ 
schen Verwickelungen führen könnte. Zu dem 
inde schlug der Fuͤrst vor, jede Macht möge einen 
esonderen Bevollmächtigten an Ort und Stelle 
ntsenden, um auf der ganzen in Frage stehenden 
iber 12 Grad sich ausdehnenden Küste und deren 
dinterland die Rechte des Sultans zu prüfen, und 
ie unbestreitbaren Grenzen seines Gehiets festzu— 
tellen. England und Frankreich haben sofort diesen 
eutschen Vorschlag angenommen; der franzöoͤsische 
zevollmächtigte ist bereits in Sansibar eingetroffen, 
er deutsche wird binnen Kurzem dort erwartet, 
ind der englische, der bekannte Oberstlieutenant 
ditchener, ist dieser Tage aus London abgereist 
ind wird etwa am 30. November in Sansibar 
inden, so daß zu Anfang des nächsten Monats 
ne Kommission ihre nicht leichte, sehr ausgedehnte 
Arbeit wird beginnen können. Daß es sich hier⸗ 
zei selbstverständlich nicht auch noch um eine nach⸗ 
rägliche Grenzfeststellung des bereits unter deutschen 
Schutz gestellten Gebietes handelt, bedarf keiner 
Bersicherung. Die Rechtsfragen sind mit Bezug 
uuf dieses Gebiet von deutscher Seite vor der 
Schutzerklärung so gründlich untersucht worden, 
aß über die jetzige Rechtsgültigkeit der dortigen 
Zrenzen kein Zweifel besteht. Aufgabe der Kom⸗ 
nission ist vielmehr nur, von den übrigen vom 
Zultan Said Bargasch beanspruchten Ländern die—- 
enigen auszuscheiden, auf die ihm ein wirkliches 
Iberhoheitsrecht zusteht. Die übrigen dortigen 
Bebiete würden dagegen ohne seine Zustimmung 
ür die frühere oder spätere Kolonisation seitens 
zuropaischer Mächte freistehen. 
Berlin, 12. Nov. Es ist neuerdings ange— 
zrdnet worden, daß nur völlig tadelfreie Reichs— 
tassenscheine von den öffentlichen Kassen iu den 
LBerkehr gebracht werden dürfen. 
Auslaud. 
Paris, 12. Nov. Nach hier eingegangenen 
sachrichten zeigte die bulgarische Regierung an, 
daß sie Befehl ertheilt habe, die 300 Mann ser⸗ 
hischer Truppen, welche sich noch in der Umgegend 
hon Irn befinden, als Räuber zu behandeln. 
Madrid, 11. Nob. Wie der „Imparcial“ 
wissen will, hat Fürst Bis marsh der spanischen 
Regierung einen Gegenvorschlag gemacht, der von 
dem des Papstes wenig abweicht, der aber der 
Ausdehnung der Oberhoheit Spaniens auf das 
zjanze Gebiet der Karolineninseln neue Ansprüche 
entgegenstellt. Die Regierung hoffe indessen, daß 
die Verhandlungen zu einem günstigen Ergebniß 
ühren würde; sie wollen den Papst bitten, seine 
Ansicht so bald als möglich zu veröffentlichen. 
London, 12. Nopb. Die „Times“ meldet 
aus Rangoon: Der Oberkommissar Bernhard er⸗ 
hielt Abschrift einer Proklamation des Königs 
Thibau, worin dieser befiehlt, die Engländer 
amzubringen. Man befürchtet, daß alle Europäer 
in Mandaley getödtet worden sind. 
Belgrad, 12. Nod. Sämmtliche Donau⸗ 
jahrzeuge von Radujewatzz sind im Timok bei 
Bregora zum Brückenschlag concentrirt. Von Nisch 
st eine Pionier⸗Abiheilung zum Brückenschlag dort⸗ 
sin abgegangen. 
Philipopel, 12. Nov. Das an der Grenze 
tehende Heer legte während der Anwesenheit Alerx⸗ 
anders den Eid ab, der Fahne der vereinigten 
Bulgarien treu zu bleiben. 
Landrath der Pfalz. 
Speyer, 10. Nov. (Dritte Sitzung.) An— 
vesend als Regierungskommissiär: der kgl. Regier- 
uings⸗Direktor Graf Fugger von Kirchberg und 
Weisenhorn, kgl. Regierungsrath Freiherr Löffelholz 
o. Colberg und kgl. Regierungsassessor H. Graef. 
Die Protokolle der ersten und zweiten Sitzung 
vurden nach Verlesung genehmigt, Herr Landrath 
Mayer bringt einen Antrag ein betr.: Uebernahme 
»er Ausgaben für die mit Gymnasien verbundenen 
dreis Lateinschulen Landau und Kaiserslautern auf 
Staatsfonds. Herr Landrath Schneider stellt den 
Antrag, den Stammzuchtbezirk Pirmasens an dem 
aus Kreismitteln zur Bildung von Stammzuchtbe⸗ 
irken bewilligten Betrage partizipiren zu lassen, 
vent. diese Position entsprechend zu erhöhen. Der 
rste Autrag wird dem IV., der zweite Antrag dem 
7 Ausschusse zur Bequtachtung überwiesen. Nach