Wien, 19. Nopb. Dem „Tageblatt“ wird
aus Belgrad gemeldet: Der serbische Gesandte in
Petersburg soll dem Fürsten Milan ein Hand⸗
chreiben des Zaren uͤberbringen. Seit gestern
Hüorgen wird um den Besitz Slidnitzas, der letzten
Bulgaren⸗Position vor Sofia, gekämpft. Es
herrscht Schneefall, die Gesundheit der Truppen ist
zorireiflich, die Stimmung der Armee begeistert.
Das „Journal de St. Petersbourg“ räth dem
Fürsten Alexander, sich dem Bescheide. welchen er
on der Tuckei auf sein erstes Ersuchen bezüglich
der Vertheidigung gegen die serbische Aktion erhalten
habe, zu fügen, namentlich möge er Rumelien räumen
nd den rechtmaäßigen Zustand wieder herstellen.
Auf diese Weise werde er Serbien den einzigen
Horwand des Angriffes nehmen und die Pforte in
die Lage setzen, dem Koͤnig Milan gegenüber eine
prononzirtere Haltung einzunehmen. Wenn die
riegerische Akltion dann trotzdem fortdauere, so sei
das zwar hart, man habe aber kein Recht, ein
chlecht begonnenes und noch schlechter vorbereitetes
Werk in die Lange zu ziehen; da nun das gesammte
Furopa eine derartige Nachgiebigkeit verlange, so
Hnne es nicht erniedrigend für ein junges und
merfahrenes Volk sein, seine Geschicke den Mächten
anzuvertrauen und auf Pläne zu verzichten, welche
s zu einem guten Ende zu fuͤhren nicht in der
Lage sei.
Seit einiger Zeit steht in der französischen
dauptstadt ein trautiges Kapitel zur Diskussion:
der Kückgang von Paris. Dieser Rückgang
st ein allseitiger, er betrifft die Einwohnerzahl, das
jeistige Leben und die wirthschaftliche Lage. Der
Economiste français“ kommt auf Grund der Nach⸗
weisungen im amtlichen Statistischen Jahrbuch zu
der Uederzeugung, daß die Bevoölkerungszahl der
Hauptstadt in den letzten Jahren beträchtlich abge⸗
jommen hat, und berechnet, daß dieser Ausfall seit
dem Jahre 1882 schon 150,000 Seelen beträgçt;
ollte dieser Rückgang der Bevölkerungsziffer im
selben Verhältnisse fortdanern, so würde die nächste
Bolkszählung für die Stadt Paris nur noch 2,100,000
Seelen aufzuführen haben. Gleichen Schritt mit
zer Abnahme der Bevolkerungsziffer hält naturgemäß
auch die fortschreitende Entwerihung des unbeweg⸗
ichen Eigenthums. In den reicheren Stadtvierteln,
d besonders in det Nähe der Champs Elysees,
deht eine Unzahl von prächtigen Wohnhäusern und
chön, zeingerichteten Miethwohnungen andauernd
rer, da sich keine Miether finden; ein gleiches gilt
r die bürgerlichen Wohnungen in den Geschäfts⸗
erteln und hauptsächlich in den neugebauten
—A Festungswerken. Der Rück.
zang der Miethpreise ist ein allgemeiner und kann
nichl aufgehalten werden, so lange, wie beispiels-
weise im Stadttheil des Parc Monceau. fast alle
däuser gewisser Straßen leer stehen. Soweit die
Auslassungen des Economiste“ über die materielle
Zeite. In ähnlicher Weise klagt Albert Wolff im
Figaro“, indem er ein Bild des gegenwärtigen
zeiftigen Lebens der Hauptstadt entwirft. Der
Fetannte Feuilletonist faäßt am Schlusse seine Be⸗
rachtungen in die folgenden Worte zusammen:
Das UÜebel, an dem die Großstadt leidet, ift
chlimmer, als man denkt, und es ist durchaus nicht
icher, ob es so bald gehoben sein wird. Das
Pariser Leben erlischt mehr und mehr; die so stolze
ind schöne Stadt, um welche uns Europa gewiß
nit Recht beneiden konnte, verliert nach und nach
hr fröhliches, sorgloses und heiteres Wesen. Die
däden auf den Boulevards werden so frühzeitig
geschlossen, wie irgend in der Pariser Straße einer
provinzialstadt. Die Kaufleute klagen, die Industrie
—V Boͤrse ist leblos und alle Geschäfte
tehen still; überall Mißbehagen in der Bürgerschaft,
ind in 'den Vorstaädten wird das Elend immer
größer“
In Irland werden die Agrar-Verbrechen
ortgesetzt. Am 13. d8. Mis. griff eine Bande
Mondscheinler“ das Haus des Farmers John
Furtin zu Castle Farm in der Nähe von Eastleis⸗
and an und forderte Geld und Waffen. Curtin
Rerweigerte das Verlangte, erschien mit der Flinte
m der Treppe, worauf die Einbrecher anlegten;
Furtin feuerte zuerst, verwundete einen der Angreifer,
vurde aber gleichzeitig, von einer Kugel in die
Brust getroffen, entseelt niedergestreckt. Die Dienst⸗
ute verfolgten die Mondscheinler und ergriffen drei
hderselben, von denen einer den Stutzen eines Po—
nizisten besaß, der vor einiger Zeit in der Nähe
330isarnen destobhlen worden
London, 19. Nob. Die „Times“ meldet:
die Türkeiund Serbien kamen dahin über⸗
in, daß nach Besetzung Sofias Serbien nicht mit
dem Fürsten von Bulgarien, sondern mit der
Bforte Frieden schließen solle, da die Pforte gleich⸗
iltig gegen eine Zerstückelung Bulgariens sei und
in statkes Serbien einem mächtigen Bulgarien
orziehe.
Belgrad, 18. Novb. Nach der Einnahme
er Befestigungen bei Jsvor rückte die Morawa⸗
Dibifion unter Oberst Topalovic gegen Radomir,
vohin sich die Bulgaren zurückgezogen, vor. Dor!
oll heute ein heftiges Gefecht stattgefun den haben.
Ferner wird gemeldet, Radomir sei heute Abend
jenommen worden und die Vereinigung mit der
Schumadja⸗ Divifion werde bald stattfinden.
Belgrad, 19. Nov. „Belgradstki Dnewnik“
neldet: Gestern Nachmittag erfoigte die Ciunahme
Widdins.
Konstantinopel 19. Nop. Der Groß
ezier beantwortete die erneute Bitte Zanoff's um
zilfe für Bulgarien mit dem Hinweis auf die dem
rzürsten Alexander seitens der Pforte ertheilten
intwort. — Aus Damaskus sollen 25, 000 Mann
uͤrkische Truppen unverweilt nach Kreta und dem
Fhirus abgehen.
XÆÊæÑÊ,
Lokale uund pfalaische Nachrichten.
— In Deidesheim hat der bekannte
Zuellensucher Bera z aus Munchen am östlichen
qande des Gebirges, im sog. „Gemminger“, Herrn
gassermann · Jordan gehörend, eine mächtige Quelle
einer Tiese van ca. 18 Meter, von 8-4 Meter
greite und 2ia —3 Zoll Mächtigkeit gefunden, die
iach Aussage des Herrn Beraz mehrere öffentliche
—XD
Dürtkheim, 17. Nov. Die gestern statt⸗
jehabte Weinversteigerung des Herrn
daufmann Pohl y aus Mannheim war gut be⸗
ucht, doch im Verlaufe etwas schleppend; einige
Nummern, meistens bessere Sachen, wurden zurück⸗
jezogen, andere kamen jedoch über die Taxe. Es
puͤrden erzielt: 1880er Deidesheimer 950 Mark,
Ssger Durkheimer 430, 500, 510, Benn 530,
dalsberg 540, Frohnhof und Probelstein 620
dallstadter 330, hinterer Steinacker 530, vorderer
dessel 530. Ungsteiner 550, Osterberg 570, Dur⸗
ach 560, Kreuzmorgen 630, Rüssel 590; 1884er
dürkheimer 530, 520, Feuerberg 870, Golsmauer
90 Benn 5380, Haidfeld 610, Forsi 600. Frohn⸗
jof 660, Probelstein 670, Forst 700, Meß 710,
500; Ungsteiner 610, Kreuz und Kobnert 850.
Forsier Kränzler 1420; Rothwein: Dürkheimer
300, 700 M., alles per Fuder (1000 Liter.)
sticht unerwähnt wollen wir lassen, daß nach Been⸗
zigung der Versteigerung noch mehrere der zurück⸗
zestellien Weine zu annehmbaren Vreisen verkaufit
vwpurden.
— Speher, 17. Rov. Zur jweiten (prak⸗
ischen Prüfung für den höheren Justiz⸗ und Ver⸗
valtungsdienst im Jahre 1885, welche anfangs
Dezember nächsthin bei der k. Kreisregierung dahier
ibgehalten wird, finb folgende 22 Rechtspraktikanten
ugelassen worden: Acker Otto von Rülzheim, Bach
huͤstab von Frankweiler, Breith August von Pir⸗
nafens, Escales Alfred von Zweibrücken, Eßlinger
FJacob von Dürkheim, Franß Friedrich Theodor
‚on Angenheim, Franzreb Jakob von Rockenhausen,
Frenckel Michael von Kaiserslautern, Grill August
son Hundheim, Hauber Ludwig Heinrich von
rulenbis, Kammerer Friedrich Karl Wilhem von
daiserslautern, Mahla Friedrich von Landau, Dr.
Mayr Max von Waldmohr, Muck Ferdinand von
randstuhl, Müller Gustav Adolf von Landau,
Nüller Philipp von Heuchelheim (Bezirksamts
Frankenthal), Noessel Gustav von Speyer, Stempel
zudwig von Rhodt Dr. Stern Isaak von Ober⸗
noschei, Straub Heinrich von Laumersheim, Syffert
kudolf von Frankenthal. Weber Gotifried von
NRNermiesau.
Vermischtes.
— Die Muitter des Kindes, welches wie vor⸗
gestern gemeldet, in einem Keller der Viktoriastraße
n St. Johann ausgesetzt aufgefunden worden
ft, wurde ermittelt. Es ist ein 22jähriges Frauen⸗
immer von Walpershofen, namens Louise Sander,
velches zuletzt in Falkenberg in Lothringen sich
iufgehalten und am 25. Oktober in Etzenhofen
ei ihrer Schwester ein Mädchen geboren hat, mit
Jeschem sie sich hor einigen Tagen unter dem Nor—
gehen, wieder nach Falkenberg gehen zu wollen
znifernt hat. Das Kind, welches bei einer Heb
imme in St. Johann in Pflege gegeben war
vurde nebst den Kleidungsstücken bestimmt von der
Schwester als dadjenige der Louise Sander relog
aosziert. Die Sander selbst konnte dis heute nich
istiert werden. EG.Z.
In der letzten Vorstandssitzung der Suͤdweßi
lichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und
—AV
der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen der
Zaarindustrie wurde als Tag der Hauptversammlung
»es Eisenbereins und des wirthschaftlichen Verein⸗
der 28. November bestimmt. Die Generalver—
ammlungen sollen wie bisher im Kasino zu Saar—
»rücken abgehalten werden. In der Generalver-
ammlung werden u. a. verhandelt: Die Frage
»er Sonntagsarbeit, Normalarbeitstag und die
Wahrungsfrage. Ueber letztere brennende Frage
vird Herr Generalsekretär Bueck aus Düsseldor!
prechen.
Forbach, 18. Nov. Zu der heute Morgen
exfolgfen Beerdigung eines Mitgliedes des
Zriegervereins war der Kriegerverein mit seiner
Fahne angetreten. Der Herr Erzpriester erklärte
sedoch, das kirchliche Begräbniß nur in dem Fall-
Jewähren zu können, daß keine Fahne mitze.
uhrt werde, und es wurde demzufolge, wie die
Forb. Z.“ berichtet, die Vereinsfahne von dem
Zammelplatze wieder zurückgebracht.
FHundlingen, 18. Nov. Eine gestern
m Pridatwald des Herrn Guich ard veranstaltete
Jagd hatte ein glänzendes Ergebniß: es wurden
[95 Hasen. 1 Sau, 2 Rehe, 2 Schnepfen und
1 Hafelhuhn erlegt. Dabei waren im ganzen nur
1410 Schuß abgegeben worden! — Am Tage vorher
varen nach der „Forb. Z.“ hei einer Jagd au
dem Wintringer Hof, die gleich der oben erwähnter
von Herrn Jaunez veranstaltet war, 173 Haser
zeschossen worden.
fStraßburg, 17. Nob. Zur Theilnahm
an den diesjährigen Herbstprüfungen für den ein—
ahrig⸗freiwilligen Militärdienst hatten sich ir
Ztraßburg 20, in Colmar 21. und in Metze
Aspiranten eingefunden. Von diesen bestanden ir
Straßburg 12, in Colmar 7 und in Metz 1 di
ßrüfung, von den übrigen wurden 3 wegen unge
nügenden Ausfalls der schriftlichen Arbeiten vor
her mündlichen Prüfnng ausgeschlossen und 2
estanden die Prüfung nicht. Ein Kandidat wurd
zuf Grund hervorragender Leistungen als mechan
scher Arbeiter nur in den Elementarfächern geprüf
ind hat den Berechtigungsschein erhalten.
Koln. In letztet Zeit sind vielfach unehelich
dinder als eheliche in die Standesamtsregister einge
ragen worden, und zwar infolge einer nicht präzisen
Fragestellung von Seiten der betreffenden Beamten
die Staatsanwaltschaft hat infolge dessen der
Ztandesbeamten zur Pflicht gemacht, bei Entgegen⸗
iahme der Erklärungen zur Eintragung von Neu
jeborenen in die Geburtsregister an den Vater de
indes nicht mehr die Ftage zu richten: „Wi
Jeißt Ihre Frau?“ sondern: „Sind Sie mit de
Mutter des Kindes verheirathet?“
Mannheim, 17. Nov. Gestern Aben'
vurden im hiesigen Hoftheater während der Voꝛr
teslung zwei stecbrieflich verfolgte Hochstapler, fran
osischer Nationalität, oerhaftet. Einer derselben
sab sich fur einen Schauspieler aus und wußte sic
als solcher freies Entree ins hiesige Hoftheater
‚erschaffen. Anscheinend reisten Beide mit falschet
hässen und durfte die eingeleitete Untersuchung woh
dlarheit über die beiden „Herren“ schaffen.
Mannheim, 18. Nov. In der neuer
yffneten altbayerischen Bierhalle wurden an der
deiden Eröffnungstagen, Samstag und Sonntag
aicht weniger ais 1479 Knödel und 2460 vn
Bier vertilgt. der verschiedenen sonstigen, ebersal
n großer Menge verzehrten Speisen gar nicht
jedenkten. Und da klage noch Einer über schledr
Zeiten!
pRKoblenz. 17. Nov. Der rheinische Kar
nevai scheint aller Vorausficht nach, in dem kom
nenden Winter eine Glanzzeit zu bekommen, g
jon überall, selbst aus kleinen Orten, wo dnn
seit langen Jahren ruhte, kommen Nachrichten
heue Vereine und in Koln, Koblenz und Don
haben fich ordnungsmäßig am 11. im 11. Rona
die Vorstünde einer ganzen Reihe von dans
jellschaften neu konstituirt. Diesen Winter ha u*
arnedal 13 Sonn- und Feiertage für sich
an ve oene beil Oftean sehr spat iallt.