Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingheyter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 229. SSonntag, 22. November 1885. 
20. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 19. Nov. Die Besserung in dem 
inden des Kaisers schreitet in der erfreulichsten 
geise andauernd fort. Se. Majestät hörte heute 
ormittag verschitdene Vorträge, hatte dann eine 
ngere Konferenz mit dem Kriegsminister Bronsart 
Schellendorf und arbeitete Nachmittags mit dem 
hef des Militärkabinets v. Albedyll. 
Berlin, 20. Nopb. Der Reich stag nahm 
eue die Präsidentenwahl vor. Es werden 249 
timmzettel abgegeben; davon sind 835 unbeschrieben, 
ijo 214 giltig. Hiervon lauten 2083 auf Herrn 
„. Wedell⸗Piesdorff, 3 auf Freiherrn zu Frankenstein, 
e 2. auf Langwerth v. Simmern und Professor 
dc. Häuel, je 1 auf Freiherrn v. Maltzahn⸗Gültz, 
debel, Braun, Utz. Herr d. WedellPies- 
dorff nimmt die Wiederwahl dankend an. 
Agenten dem Feuerwehr⸗Kommandanten Herrn 
kang wegen der raschen und energischen Hülfe, 
welche die Feuetwehr bei dem Bär'schen Mühlen⸗ 
hrande geleistet hat, 50 Mk. für die Feuerwehr⸗ 
asse einhändigen. Wäre zur Nachahmung zu em⸗ 
ofehlen! 
— Aus Mittelbexbach, 20 Nov., wird 
der „Zw. Zig.“ geschrieben: (Ein Wort der An⸗ 
rkennung.) Gestern schied aus unserer Mitte, aus 
ꝛiner ihm ergebenen und wohlgesinnten Gemeinde 
)err Vikar Weyland. Derselbe ist laut lkgl. 
intschließung als Pfarrer nach Alsenbrück, Station 
angmeil, versetzt d. h. befördert. Allgemein wird 
ein Weggang von hier ungern gesehen, war doch 
derselbe ein seltener Charakter. Mit Willenskraft, 
adelloser Strenge und wahrem Gerechtigkeitsgefühl 
egenüber der Oeffentlichkeit und seinen Unter- 
ebenen verband er zugeich die größte Leutseligkeit 
n seinem gesellschaftlichen Umgange mit Personen 
dweden Standes. Freigebigkeit gegen die Armen, 
reundliches unzwungenes Schalten und Walten als 
eelsorger in seiner Gemeinde hatten ihm in den 
Herzen aller liebevolle Aufnahme gesichert. Möge 
„err Pfarrer Weyland in seinem neuen Heim eine 
benso seiner würdigen Gemeinde finden, möge sein 
Wirken und Schaffen in Alsenbrück von dem näm⸗ 
ichen schoͤnen Erfolg gekront sein, wie hier. Leben 
Sie wohl und halten Sie das schwarze Californien 
n treuem Angedenken! 
— Landstuhl, 18. Nov. Der hiesige 
Stadtrath hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, 
»en Gehalt der Lehrer von 1100 M. auf 1200 
Mark pro Jahr zu erhöhen. 
— Von einer Reise nach Landau erzählt 
in der „Kaisersl. Ztg.“ ein Augen⸗ und Ohren⸗ 
euge folgenden hübschen Zwischenfall: In Bieber⸗ 
nühle stiegen vier Herren ein, zwei Offiziere und 
wei katholische Geistliche. Bald begann das Ge⸗ 
hlänkel der ersteren, indem fie von der „Verdum⸗ 
nung des Volkes“ u. s. w. sprachen, wobei einer 
die Aeußerung machte, das „Volk“ sei noch so 
umm, an Wunder zu glauben. Die beiden Geist⸗ 
ichen, denen dies alles zu Gehör geredet wurde, 
chwiegen Anfangs; auf jene Aeußerung hin wandie 
ich jedoch der eine an die Offiziere und sagte: 
„Entschuldigen Sie, meine Herren, daß ich Sie in 
Ihrer offen geführten Unterhaltung störe. Wenn 
Sie mir gütig erlauben, will ich Ihnen jedoch be⸗ 
weisen, daß es selbst heutzutage noch Wunder 
zibt.“ „Wunder?“ riefen die Offiziere lachend 
rus, „das machen Sie uns nicht weiß. „Hören 
Sie netr“ fuhr der Geistliche fort: „Vor einigen 
Tagen war ich in Trier. Währenddem ich den 
Dom bewunderte, gingen zwei Offiziere an mir 
‚orüber. Der eine zog sein Taschentuch aus der 
Rocktasche, wobei ihm ein Papier zu Boden fiel. 
Ich hob es auf, um es seinem Eigenthümer zu⸗ 
zustellen, blickte aber voll Neugierde hinein und 
vas war es? Einet quittirte Rechnung. Nun 
agen Sie selbst, daß es kein Wunder mehr gibt.“ 
die beiden Offiziere lachten aus voller Brust und 
a sie wohl merkten, wen sie vor sich hatten, so 
var dieser Krieg im Frieden schnell beendet und 
er Friedeusschluß wurde gemeinschaftlich in Lan— 
dau beim „Neuen“ gefeiert. 
-Das kgl. Landgericht Landau verhandelte am 
Donnerstag gegen den Weinhändler Jul. Haas von da 
vegen Betrugs. Dex Staatsanwalt beantragte 4 
Nonate Gefaängniß und M. 1200. — Geldstrafe, 
vent. umgewandelt in 120 Tage Gefängniß. Die 
ZJertheidigung, geführt durch Herrn Anwalt Kugler. 
beantragte Freisprechung. Der als Zeuge in dieser 
Sache vernommene Weinkommissionär H. Flach 
bon Edenkoben wurde während der Sitzung wegen 
dringenden Verdachtes, einen Meineid geschworen 
ju haben, verhaftet. 
— Oberlustadt, 18. Nob. Der Tagner 
Johannes Emnet von hier ging heute in den Wald, 
im sich einen Schiebkarren dürres Holz zu holen. 
kin herabstürzender abgerissener Ast traf ihn so 
inglücklich in's Genick, daß er nach wenigen Stun⸗ 
den seinen Geist aufgab. 
— Speyer, 20. Nov. Bei Herrn Regie⸗ 
rungs⸗Präsidenten v. Braun fand gestern ein offi⸗ 
ielles Souper statt, zu welchem außer sämmtlichen 
derren Ländräthen auch die Kollegialmitglieder der 
ammer des Innern geladen waren. 
Ausland. 
Wien, 20. Nov. Die „Neue Freie Presse“ 
netdet aus Kalafat, die Cernirung Widdins durch 
ie Serben sei aufgegeben, und General Leschjanin 
ei mit dem Timokkorps gegen Slivnitza abgegangen. 
Für die freundschaftlichen Gesinnungen Ru ß⸗ 
uinds gegen die beiden ihm verbündeten Kaiser⸗ 
zuchte liegen zwei charakteristische Nachrichten vor. 
dach der einen, welche amtlich ist, wurde der 
zenator Manassein, der durch seine Revisionen 
den Ostsetprovinzen sich als fanatischer Feind 
es Deutschthums gezeigt und die unheilvollen 
achritte gegen die Deutschen in jenen Landen durch 
me Bexichte eingeleitet hat, zum Justizminister in 
ußland ernannt. Die andere, noch nicht beglaubigte 
tachricht berührt in erster Reihe Oesterreich, indirekt 
eutschland. Hiernach würde der Minister von 
ziers entlassen und durch den berüchtigten 
zgnatieff, den Führer der Panslavisten und sprich⸗ 
ortlichen „Vater der Lüge“, ersetzt werden. 
Sofia, 19. Nov. Die Serben griffen heute 
vormittag den rechten Flügel der Bulgaren an, 
zurden aber zurückgeworfen. Sie griffen sodann 
viederholt das Centrum und den linken Flügel der 
ulgarischen Aufst⸗llung an, bis der Einbruch der Dun⸗ 
elheit den Kampf beendete. 
Sofia, 19. Nov. Der Kampf um Slivnitza 
vurde gestern Morgen um 7 Uhr wieder aufge⸗ 
ommem. Der rechte Flügel der Bulgaren griff 
ie Feinde an, welche auf drei Anhoͤhen festgesetzt 
aren, und vertrieb dieselben nach mörderischem 
ampfe. Zugleich eröffnete das Centrum der bul⸗ 
wischen Aufstellung, welches Verschanzungen bei 
lidnitza besetzt hielt, ein heftiges Feuer gegen die 
erben. In der Ebene gingen alsbald zwei Ba⸗ 
None und zwei Batterien zum vereinigten Angriff 
it dem rechten Flügel vor. Die Setben wider⸗ 
inden anfangs muthig, mußten jedoch gegen Mit⸗ 
ig zurückgehen, wandten sich hierauf gegen, den 
nken Flügel der Bulgaren, wobei es ihnen durch 
zwischen eingetroffene Verstärkungen gelang, den 
ingriff der Bulgaren zum stehen zu bringen. Die 
derlusie find beiderseits beträchtlich, die Bulgaren 
achten 300 Gefangene. 
Belgrad, 20. Nov. Die Kaämpfe bei 
Iwnitza dauern fort und blieben bis jetzt ohne 
nischeidung. Minister Garaschanin wurde zum 
loͤnige berüfen. 
Vermischtes. 
FSaarbrücken, 19. Nov. Unter den 
Pferden des 7. Dragoner⸗Regiments ist wie der 
St. Joh.⸗Sbr. Anz.“ mittheilt, die Rotzkrankheit 
rusgebrochen und sind bis jetzt 7 Pferde von dieser 
ergriffen worden. Es sind hinlänglich Vorkehrungen 
jetroffen, daß die Seuche nicht weiter um sich greift. 
fAachen, 19. Nov. Aus Anlaß der hier 
stattfindenden Versammlung des Berg; und Hütten⸗ 
nännischen Vereins sind die Herren Geh. Bergrath 
Fabricius und Oberbergrath Follenius aus Bonn 
hier anwesend, um an den Berathungen wegen der 
Anwendung der Grundsätze der Schlagwetter⸗ 
dommission auf die Steinkohlengruben des hiesigen 
Reviers theilzunehmen. 
F Darmstadt. Ein provisorisches Komite 
erlaͤßt in der „Darmstädter Zeitung“ einen Aufruf 
zur Spendung von Kleidungsstücken und Geld fuür 
die bulgarische Armee. Die Haupt ˖ Annahmestelle 
isst das Palais des Prinzen Alexander. 
Ein Arbeiter der Frankfurter Magarin⸗ 
zutter⸗Fabrik wurde wegen des in Bornheim statt- 
zefundenen Mordes verhaftet, mit Ketten geschlossen 
ind so am hellen Tage über die Zeil in das Ge⸗ 
ängniß geführt. Es stellte sich bald unzweifelhaft 
jeraus, daß der Verhaftete, ein braver RNann und 
ein guter Freund des Ermordeten, gar nicht der 
Moͤrder sein konnte. Nach zwei Tagen wurde er 
hne irgend welches Bedauern entlassen; ja, von 
»em Gelde, das man ihm abgenommen, wurden 
Mark 1,30 für die im Gefängniß empfangene Kost 
urückbehalten. Außerdem hat der Mann den:; At⸗ 
»eitslohn von den zwei im Gefängniß zugebrachten 
Tagen eingebüßt. 
F Wie verlautet, soll das große holländische 
kxporthaus van der Heck in Rotterdam mit 
wei Millonen Gulden Passiva fallirt sein. 
fFParis, 11. Nov. Die Franzosen haben 
hre Milliarden für Sperrforts und verschanzte 
Lager zum Fenster hinausgeworfen! Die Roͤpu 
zlique Francçaise berichtet heute UÜber Eugone⸗ 
Bodards „Dynamiteuse des Airs“, die zum Aus⸗ 
'orschen und Beschießen fester Plätze gleich gut sei, 
3000 Meter, den zehnfachen Umfang der militär⸗ 
schen gefesselten Ballons von Calais⸗Mendon habe, 
mehrere Geschütze führen kann u. s. w. Godard 
zersichere, daß es fortan keinen Kriegsplatz, so fest 
er auch sei, gebe, der der Beschießung einer nach 
Modell der „Dynamiteuse“ gebauten Luftflotte, die 
nehrere tausend Kilogramm Wurfgeschosse und jede 
indere Zerstörungsmaschine tragen könne, zu wie⸗ 
verstehen vermoöchte“ 
Lokale und pfalzische Rachrichten. 
roerwarzobach. Die Magdeburger 
aer Versicherungs⸗Gesellschaft ließ durch ihren