ihre Kinder in bessere Hut und strengere Zucht
nehmen sollten.
— Ludwigshafen, 20. Nov. Heute
Morgen nach 8 Uhr wurden die Bewohner des
2. Stodwerkes des Herrn Bürgermeister Kutterer
gehörigen Hauses durch heftiges Schreien der Kin⸗
der des 3. Stockes aufmerksam gemacht. Ein
Unglück ahnend, eilten sie schnell hinauf, fanden
dei verschlossenen Thüren alles dick mit Rauch an⸗
zefüllt und scheinen durch einen unglücklichen Zu⸗
sall die Kinder an das Feuer gerathen zu sein und
»adurch den Zimmerbrand herbeigeführt zu haben.
Ein Herr des Hauses sprengte die Thür auf und
konnte so die 5 kleinen darin befindlichen Kinder
dem sicheren Tode entreißen. Wie man hört, soll
die Mutter der Kinder dieselben immer eingesperrt
allein lassen.
— Ludwigshafen, 21. Nov. Das drei
Jahre alte Söhnchen eines hiesigen Eisenbahnbe⸗
amten wollte am Donnerstag Abend einen Gegen-
dand vom Ofen herunterholen, warf dabei einen
Hafen mit kochendem Waiser um und verbrühte
aich derart, daß es gestern Abend nach qualvollen
Leiden an den erhaltenen Brandwunden gestorben ist.
Vermischtes.
F Metz, 19. Napb. Heute Morgen wurde
don einer Felddienst übenden Abtheilung des In⸗
anterie⸗Regiments Nr. 42 bei den Schießständen
bvon Orley ein dreijähriger Keiler hoch gemacht,
welcher das auf dem Dibvisions-⸗Uebungsplatze
liegende Wäldchen annahm. Die Abtheilungz um—
tellte nach Anleitung eines zufällig auf dem Exer—
zierplatz reitenden Generals das Wäldchen, während
nach einem Gewehr geschickt wurde. Doch plötzlich
durchbrach der Keiler die Linie, und nur dem ge⸗
cchickten Reiten des Herrn Generals gelang es, ihm
zie Richtung auf den Park von Frescaty zu geben.
Doch bei dem Sprung über den breiten mit Mauer⸗
werk bekleideten Graben, der den Park umgibt,
jatte der Keiler seine Kräfte überschätzt uud stürzte
zinein. Nun wurde er die Beute seiner ihm unter
Hurrah nachgefolgten Verfolger. Mehrere beherzte
Musketiere griffen ihn mit aufgeflanztem Seitenge⸗
wehr an. Es folgte ein heißer Kampf, in dem
chließlich der sich wüthend zur Wehre setzende
sKeiler verendete. Im Triumph wurde die seltene
Beute, die ein Gewicht von 258 Pfund hat, fort⸗
zebracht.
f Altmünsterol. Eine vom Kaiser
»verliehene Fahne wehrt jetzt dem Kriegerverein
unseres elsässischen Grenzdorfes, 5 Minuten von
der französischen Grenze und gegenüber von Beltort,
doran. Bei der jüngsten Fahnenweihe entwickelte
sich das glänzende Schauspiel. daß hunderte von
Franzosen zu der Feier herbeigestromt waren, den
patriotischen Reden über Leipzig, Belle Alliance,
Sedan, Metz u. s. w. andächtig lauschten und zu
zuterletzt floit mittanzten.
F Der Werth der gedämpften Kar—
voffeln. Gedämpfte Kartoffeln sind nahrhafter,
als solche, die im Wasser gekocht werden, indem
durch das Kochen der Wasserreichthum der Kar—
roffeln nicht nur vermehrt wird, sondern auch ein
zeträchtlicher Verlust an Nährsalzen entsteht. Unter⸗
uchungen des Prof. Wagner in Darmstadt haben
ergeben: Es büßten ein:
durch Dämpfen: durch Kochen:
Ungeschält: Rohasche 1.17 pCt. 3.6 pCt.
Kali.. 0.7, 33
Phosphorsäure 0.03, 1.11
Beschält: Rohasche. 7.9, 28.98,
Kali. 6.9, 38.3,
Phosphorsäure 4.6, 22.98,
Das Dämpfen ist also dem Kochen der Kartoffeln
weitaus vorzuziehen. Im gemeinen Leben hat man
ꝛs auch schon weg, nur wird's zu wenig geübt;
velcher Unterschied ist nicht zwischen Bratkartoffeln,
zwischen im Kachelofen gebratenen Kartoffelplätzen
und im Wasser gebratenen Kartoffeln? Erstere sind
entschieden nahrhafter.
Aus Baden⸗-⸗Baden meldet man folgende
Anzeigen von Wirthschaften. Man lese: Gasthaus
„Bock“. Heute frisch geschlachtet. Von Morgens
10 Uhr an Leber⸗ und Griebenwürste, sowie Kessel⸗
fleisch mit Sauerkraut und neuem Wein. Jede
Person bekommt pro Stunde so viel, wie sie ver⸗
iragen kann, zu 1 M. 50 Pf. — „Einhorn“
Weinlokal. Neuen 24 Liter 12 Pf., pro Stunde
1 M., 2 Stunden 1 M. 60 Pf., 3 Stunden 8
Mark; Neuen *4 Liter 15 Pf., pro Stunde 1M.
20 Pf., 2 Stuneden 1 M. 60 Pf. und 3 Stunden
2 M. 10 Pf. — In Lorrach soll ein Wirth eben⸗
falls die Neuerung getroffen haben, daß man bei
hm auf die Stundenzahl die Zeche bemißt. Man
darf eine Stunde lang für J. M. und die zweite
zann zu 75 Pf. trinken, so diel man will, bekommi
s'ogar in der zweiten Stunde noch Essen gratis
verabreicht.
fF Kassel, 19. Nopb. Wie dem „Frkf. J.“
von zuverlässiger Quelle mitgetheilt wird, hat Lieske
vährend seiner Gefangenschaft in Wehlheiden direkt
eingestanden, an der Ermordung des Polizeirathes
Dr. Rumpff in der Weise betheiligt gewesen zu sein,
haß er mit mehreren anderen, von außerhalb kom⸗
menden Personen am 31. Dezember 1884 gemäß
vorheriger Verabredung auf dem Main⸗Neckar ˖ Bahn⸗
jofe zu Frankfurt zusammengetroffen sei, zum Zwecke,
zie Ermordung des Dr. Rumpff auszuführen. Dies
sei in den nächsten Tagen wiederholt versucht worden,
vobei er selbst durch das Loos zur That bestimmt
jewesen sei, während die Uebrigen aufgepaßt hätten.
ẽs sei aber immer mißglückt, und habe er sich dem ⸗
jemäß am 13. Januar Mittags von den Uebrigen
setrennt und zu Fuß nach Darmstadt begeben. Hier
ei er von einem der anderen Männer — welche
ämmtlich von ihm genau beschrieben wurden —
vieder eingeholt worden und habe derselbe ihm dabei
nitgetheilt, daß er soeben — am Abend des 18
Januar — den Mord ausgeführt und sich mit der
fisenbahn nach Darmftadt begeben habe. Bei Be⸗
chtigung des Dolches, welcher zur That verwenden
ind noch blutig war, habe er sich, infolge eines
Unstoßes seitens seines Gefährten versehentlich selbst
erwundet. Von dem letzterwähnten Manne will er
ich demnächst getrennt haben. Außer den hiermit
usammenhängenden weitläufigen und meist offenbar
entstellten oder erlogenen protokollarischen Erzählungen
in Betreff des Mordes hat Lieske anscheinend noch
hdei Gelegenheit der überaus häufig von ihm er—
betenen Unterredungen mit Beamten zahlreiche
interessante und manchen seiner Parteigenossen schwer
kompromittirende Nachrichten mitgetheilt. Seine
daltung war schwankend und wechselreich, bald
rotzig · frech, bald wieder weich wie ein Kind, und
nur die offenbare Furcht vor der Rache seiner Ge—⸗
nossen scheint ihn abgehalten zu haben, noch mehr
u sagen, als er in der That gesagt hat. Charak—
eristisch ist, daß zwei Briefe von ihm ganz unbe—
annten ehrlichen Handwerlern, deren einer lediglich
rommen Inhalts war, während der andere ihm
rnstlich die Unsinnigkeit seiner anarchistischen Ver—
nichtungspläne vorhielt, ihn bis zu Thränen gerührt
saben. Daß er den Gefängniß-Direktor noch in
einer letzten Stunde seinen Vater nannte und unter
Thränen bat, ihn au Stelle seines Vaters zum
stichtplatze zu begleilen, ist bekannt. Sein Gnaden⸗
Besuch ist mir zu Gesicht gekommen. Es datirt
»om 11. September ds. Is. und lautet wörtlich:
„Ich bin durch Erkenntniß u. s. w. zum Tode ver⸗
urtheilt, weil ich den Polizeirath Rumpffaermordet
saben soll. Ich habe von der That gewußt und
zin selbst am 7. Januar durch das Loos dazu be—
timmt gewesen, und doch ist die That mißlungen,
ind so hat man mir noch Vorwürfe gemacht. Und
so habe ich auch meinen richtigen Namen anqgegeben
in der Wirthschaft, wo ich gewohnt habe, damit ich
die Sache nur los werde. Und so bin ich noch
Rachmittags nach Darmstadt abgereist und da habe
ch den... (golgt ein offenbar pfeudo⸗
iymer Name) wieder getroffen, da hat er mir er—
ählt, daß er die That ausgeführt hat. Wie die
Sache richtig ist, habe ich am 5..... zu
Zrotokoll gegeben. Als ich im Jahre 83 nach
rausanne in der Schweiz und nach Genf gekommen
vin, da bin ich gleich in die Hände dieser Leute
zefallen. Ich habe deren Blätter gelesen und auch
»ertrieben. weil ich gedacht habe, es ist etwas Gutes,
iber ich sehe jetzt ein, daß Alles Unsinn ist, und
o bin doch jezzt weiter nichts, als ein verführter
Mensch. Ich habe die That nicht begangen, habe
nich der Theilnahme entzogen und bitte Euer
Majestät um Gnade. Ich bin erst 22 Jahre alt
und will zu sühnen suchen, was ich gefehlt. Julius
Udolf Lieske.“
F Ein bisher wohl noch nicht dagewesener Fall
auf dem Gebiete der Lotterie ist von der am 12.
13. und 14. 0. M. gezogenen Geldlotterie zu ver—⸗
zeichnen, welche zur Wiederherstellung der Liebfrauen
irche zu Arnstadt veranstaltet worden war
Seitens des Notars H., welcher die Ziehungen der
Lotterie zu leiten hatte, ist nämlich insofern ein
Versehen gemacht worden, als flatt der festgesetzten
180.000 Loose nur 179,500, also 500 zu wenig
in das Glücksrad eingezählt wurden. Dieses Mant
hat sich erst nach der Ziehung ergeben; es ist da—
her auch keine amtliche Gewinnliste ausgegeben
worden, weil erst an zustandiger Stelle da Ga
scheidung darüber eingeholt werden mußte, wie —
hbezüglich der gezogenen Gewinne ⁊c. zu halten se
Diese Entscheidung ist nunmehr dahin getroffen
worden, daß die stattgehabte Ziehung ungiltig se
und eine neue zu erfolgen habe. Damit werden
aber die jetzigen Gewinner, denen zum Theil die
auf sie entfallenden Gewinne von den Kollekteuren
bereits ausgezahlt sind, wohl nicht zufrieden sein
und es dürften daher wohl noch eine ganze Reihe
von Unannehmlichkeiten aus jenem Versehen sit
entwickelinnn.
F (Gute Antwort.) Ein heiterer Vorfal
ereignete sich vor einigen Tagen in Witten, al—
hei einer Bürgersfrau eine feingekleidete Frauens
person erschien, um fich als Dienstmagd anzubieten
Nach einigen Vorfragen erkundigt sich die Bewer
herin darnach, wer denn Mittwochs oder Samstage
die Aschenkasten auf die Straße setze, da sie dat
»och nicht gut thun könne.“Die Hausfrau erwie
derte schnell gefaßt: „Entweder ich oder mein
Mann“, sprach's und drehte der Bescheidenen den
stücken zu. Ob die mit Recht so behandelte Magd
chließlich doch noch eine ihr zusagende Stelle ge—
funden hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.
Bezweifeln möchten wir's aber!
F Köln, 17. Nov. In der vorigen Woch
erschien in verschiedenen Fleischerlädden ein Mann
und offerierte Pfeffer, das Pfund zu einer Mark
Sonst pflegt man ein solches mit Mark 1,50 zu
dezahlen. Der billige Mann erhielt sehr viele Auf⸗
traͤge. Nicht lange dauerte es, und wohlberpach!
langten die Sendungen an, gegen Nachnahme, wie
das bei der Billigkeit der Waare mit Recht bean⸗
prucht und perabredet war. Die Kästen und
disten wurden allerseits eingelöst und mit freudiger
Erwartung schritt man zur Prüfung der Waar
und öffnete. Wer schildert aber den Schrecken
als nach Entfernung der Emballage das „hbillige
Bewürz“? sichtbar wurde. Eine Mischung von
Sand, Lehm und sonstigen Erdsorten, das war
der den Kölner Würsten zugedachte Hamburger
pPfeffer.
F Koln, 18. Nodb. Das Loiterieglück macht
die Leute oft thöricht und blind. Die funfzig
Arbeiter in Deutz, welche zusammen kürzlich 150,000
Mark gewannen, waren darüber so aus dem Häus
hen, daß sie zunächst eine solenne Kneiperei ver⸗
anstalteten, dann — wenigstens ein Theil von
'hnen — sofort ihre Arbeit kündigten, die einen
Verdienst bis zu 3 Mark pro Tag einbrachte. Die
Gewinner, welche pro Mann über 3000 Mk. ver⸗
fügen, „haben es ja nicht mehr nöthig,“ zu ar
beiten. Wenn es ihnen nur nicht geht, bemerkt
die „Rh.W. Ztg.“, wie dem Milchjungen von
auswärts, der in der Lotterie gewann, Esel und
Karren verkaufte, und „vornehm leben“ wollte.
Doch die Herrlichkeit dauerte nur ein Jahr. Dann
zog er wieder mit Meister Langohr durch Kölns
Straßen und nur eine goldene Uhrkette mit „Bomo—
lage“ zeugte von entschwundener Pracht.
F Stein, 20. Nov. Der geisteskranke Blei⸗
stiftarbeiter Strohm tränkte seine Kleider mit Spi⸗
ritus, zündete sie an und legte sich in das Bett,
welches sofort brannte. Durch herbeigeeilte Per—
sonen konnte der Unglückliche den Flammen ent⸗
rissen und der Brand gedämpft werden, aber der
am ganzen Körper arg verbrannte Mann erlag
bald seinen Wunden.
F(Sechs Jahre Zuchthaus wegen
30 Pfennig.) In Paderborn hatte sich am
dergangenen Mittwoch vor dem Schwurgerichte zu
»erantworten der Handlanger Anton Gloth von
zort wegen auf einer belebten Straße begangenen
Straßenraubes, durch welchen er in den Besitz don
30 Pfennigen gelangte. Das gemeine Verbrechen
vurde mit sechs Jahren Zuchthaus und den äb⸗
ichen Nebenstrafen geahndet.
f (Enthüllte Geheimnisse der Zu⸗
schneidekuünst.) Die Anfertigung der Bekleid
ingsstucke fuür die Land-Gendarmerie wird seit
Jahren von zwei Meisiern kontraktlich bewirkt,
welche die Stoffe nach dem vorgeschriebenen Maße
von der Oekonomie Kommission empfangen, dieselben
zuschneiden und berarbeiten lassen. Wie sich jetzt
Herausgestellt zhat, haben jedoch diese Meister beim
Zuschneiden weniger Stoff verbraucht, als ihnen
sontraktlich vorgeschrieben war, und dadurch am
Schluß der Arbeit eine ziemlich bedeutende Menge