Full text: St. Ingberter Anzeiger

noff erubrigt, den sie vertauften. Wegen gewerbs⸗ 
zaßigen Ankaufs solcher Stoffe wurde ein Berliner 
zaufmann in Haft genommen und der Stautean 
raltschaft vorgeführtt. 
'Aus Westpreuß en. Oberförster Hempel 
a Konigsbruch war neulich im Begriff, eine Tasse 
zaffe zu trinken, als er schon beim ersten Schluck 
jnen bitteren Geschmack und ein Brennen auf den 
ppen spürte. Sofort lief er in die Küche und 
qch den Kaffee losten. Der anwesende Kutscher 
aspürte beim Berühren mit den Lippen ebenfalls 
in Brennen;“ die Köchin dagegen weigerte sich, 
n Kaffee an die Lippen zu nehmen. Mit den 
worten d Ich bin vergiftet“, sank der Oberförster 
isammen und gab den Geist auf. Die Unter⸗ 
uchung ist eingeleitet. 
pMoskau, „Mütterchen“ Moskau, ist 
cerlich eine hochinteressante Stadt und erfreut sich 
is „erste Residenz“ mit Recht größter Verehrung 
d Liebe im heiligen Rußland! Aber. mit der 
soten Verehrung allein ist es nicht immer gethan, 
die Kinder und Enkel dieses altehrwürdigen 
itterchens sollten ihre Liebe auch durch ein wenig 
ehr Sorge für die äußere Erscheinung ihrer Ahne 
kumentiren! Alte Leute vernachlässigen ja oft 
xAeußeres, nehmen es mit der Sauberkeit nicht 
hr so genan, und dergleichen Unterlassungssünden 
allen dann schließlich auf die nächsten Angehörigen 
rwück und zeigen diese in wenig vortheilhaftem 
cht! Mütterchen Moskau neigt nun absolut nicht 
x Reinlichkeit, ja bei Regenwetter ist sie eins der 
chmutzigsten Weiblein, das man nur sehen, so 
hmußig, daß man in den Schlammpfützen der 
ntlegeneren Stadttheile elend ums Leben kommen 
ann. Eine brave Moskowitin, die Kleinbürgerin 
zotolow, hatte ein wenig zu tief ins Gläschen 
esehen. Das ist zwar nicht schön, aber, es war 
un einmal so. Von der Kalugaschen Pforte zu⸗ 
xgekehrend, verfehlte sie den Wig, gerieth auf der 
urch Laternen nicht erhellten Konnaja Ploschtschad 
in Schmutz und Schlamm und kam unbekannt mit 
der Gegend, in einem Schmutztümpel elend um.... 
Wie Moskauer erzählen, soll dieses Beispiel durch- 
aus nicht vereinzelt dastehen, sowohl was die sonst 
iwas ungewöhnliche Todesart, wie auch das zu 
iief ins Gläschensehen anbetrifft. Jedes Land hat 
a seine Cigenheiten! 
fParis, 20. Nopb. Aus Cette wird ge⸗ 
meldet, daß das deutsche Schiff „Wanderer“ an 
der Küste von Agde gestiandet ist.. Die Mann⸗ 
chaft, aus neun Personen bestehend, flüchtete in 
zie Masten und wurde am nächsten Morgen von 
Fischerbooten aufgenommen. 
rParis, 19. Nov. Bezüglich des Rer⸗ 
rtungsfalles durch Lachgas, welches 
dor einiger Zeit in Paris vorkam, wird von einem 
ziesigen Zahnarzt geschrieben: Das Lachgas ist 
hon seit 1776 den Chemikern bekannt, wird aber 
erst seit 1844 bei Zahnoperationen in Anwendung 
jsebracht, und zwar war ein berühmter Zahnarzt 
n New-York, Wells, der erste, welcher die Lach— 
sasnarkose zur Anwendung brachte. Bis 1867 
'atte derselbe dann 27,000 und bis 1884 gar 
133,000 Narkosen angewandt, ohne einen einzigen 
Todesfall verzeichnen zu müssen. Die geringere Ge— 
fahr des Lachgases besteht darin, daß es sich nicht 
im Blute versetzt, sondern einfach ausgeschieden 
wird. Eine Gefahr in der Anwendung liegt über— 
haupt nur dann vor, wenn leichtsinnig dabei zu 
Werke gegangen wird. Es muß eine genaue Unter⸗ 
uchung des Patienten auf Herz und Lunge vor⸗ 
uingehen, und darf die Narkose nie vom Operateur 
allein vollzogen werden. Zahnärzte dürfen deßhalb 
gesetzlich auch eine Narkose nie ohne Assistenz eines 
Arztes durchführen, welcher die Wirkung beobachtet 
und im Nothfalle Einhalt gebietet. Der Pariser 
Fall ist dadurch möglich geworden. daß der Arzt 
uu spät kam und die Narkose ohne seine Assistenz 
ausgeführt worden war. Bei richtiger Durchführung 
abder ist die Lachgasnarkose absolut ungefährlich; 
es sind viele Millionen von derartigen Narkosen 
bereits durchgeführt und im Ganzen 10- 12 Un— 
glücksfälle bekannt. eine verschwindende Zahl gegen⸗ 
über dem Chloroform, bei dessen Anwendung schon 
auf wenige Tausend Narkosen ein Todesfall trifft. 
f Bei einem der letzten Rennen in Rom 
Iette die französische Stute „Sieva“ die meisten 
Bettenden auf ihrer Seite. Da, gerade als das 
Thier in die Reunbahn geführt werden sollte, ward 
der Jockey von einem Unwohlsein befallen und 
erklärte sich außer stande, das Pferde zu lenken. 
Der Eigenthümer des Thieres. Mr. Durand, sah sich 
in großter Verlegenheit, da er stark engagiert war, 
das Publikum war bereits ungeduldig, da ver—⸗ 
ichwand plötzlich Madame Durand, eine sechsund⸗ 
wanzigjährige hübsche Französin und kehrte wenige 
Minuten darauf, im Kostüme des Jockeys zurück. 
Sie sprang auf das Pferd und gelangte unter dem 
donnernden Applause des Publikums als erste ans 
Ziel. Das Komitsé aber weigerte sich, Mr. Durand 
den Preis auszuzahlen, da es bei diesem Rennen 
nicht ordnungsmäßig zugegangen; allein Durand 
klagte und erklärte, daß er nur das Pferd bekritteln 
Jassen müsse, während der Jockey abet, falls er 
nicht leichter sei, als das vorgeschriebene Gewicht, 
leinerlei Anstand mehr begegnen dürfe. Der Ge⸗ 
richtshof entschied zu Gunsten des Mr. Durand, 
und der Präsident sagte galant zur kühnen Reiterin: 
„Ich war damals auch beim Rennen, ich mache 
Ihnen mein Kompliment, Sie sind eine gefährliche 
Konkurrentin der berühmten Elisa.“ 
7Ger Duft der Frauen.) Soeben ist 
ein Werk eines Dr. Galopin in Florenz erschienen. 
Es behandelt in sehr gründlicher Weise den Duft 
der Frauen und weist nach, daß jede Frau nach 
rinem andern angenehmen Parfüm dufte. Die 
Braunen duften nach Rosen, die Schwarzen nach 
Moschus, die Blonden nach Ambra u. s. w. Mit 
einem Worte, Dr. Galopin, der selbstverständlich 
eine feine Nase hat, ist in der Lage, ganz genau 
das „Parfum de la femme“ zu bestimmen und 
erklärt schließlich, daß die Männer eigentlich nicht die 
Frauen, sondern nur den Duft derselben lieben. 
Aus England.) In Kent erhängte sich 
eine 89jährige reiche Gutsbesitzeerin. Auf dem 
Tische ihrer Wohnung lag ein Zettel folgenden 
Inhalts: „Ich habe Kisten und Kasten voll Geld 
und Gut, doch keine Kinder, keine Freunde; ich 
zin von Erbschleichern umgeben, die ununterbrochen 
kiner den Anderen bei mir verleumden; ich glaube, 
äe haben Alle Recht; ich halte sie Alle für falsch 
und schlecht und gehe in den Tod, mit der Bitte, 
nan möge mein Geld zu irgend einem wohlthätigen 
Zwecke verwenden. 
F Eines der größten Eisenbahn-Projekte. Es 
vird versucht, in Newyork ein Syndikat von 
Zapitalisten zusammenzubringen, um ein Eisenbahn⸗ 
Netz herzustellen, welches nach dem Vorschlage der 
hinesischen Regierung sich über das ganze chin e— 
sische Reich erstrecken soll. Die russische Re— 
zierung soll zu Gunsten dieses Projektes und 
Willens sein, ihr Eisenbahn ; Netz in solcher Weise 
auszudehnen, daß dasselbe sich in jeder Richtung 
an das chinesische anschließt. Dieses Projekt, wohl 
das großartigste in neuerer Zeit, nimmt eine Aus⸗ 
age von 190,000. 000 Doll. in Anspruch. Kommt 
das Syndikat zu Stande, so fällt auch der ganze 
Bau, alle Betriebsmittel ꝛc. Amerika zu besorgen 
und zu liefern anheim. 
—Dem SchuhmacherKleingewerbe 
droht eine neue Konkurrenz. Ein in Amerika er⸗ 
undener Motor, genannt der „eiserne Schuhmacher“, 
hesorgt das Zuschneiden, Doppeln, Nähen, Anfer- 
igen der Absätze, Sohlen ꝛc. in kürzester Zeit. 
Ju Paris arbeiten bereits zehn solcher Maschinen, 
ind der Arbeitslohn für ein Paar Schuhe — 
aisher 5 Fr. — beträgt nunmehr blos noch 1Fr. 
0 Cts. — „Aber wenn nun“, bemerkt der „Gürt⸗ 
ianer“, dem wir diese Notiz entnehmen, „in Folge 
allgemeiner Einführung dieser Maschine wieder 
'o 'und so viel Tausend Arbeiter brodlos werden? 
Wird es dann keine oberflächlichen Schwätzer mehr 
Jehen, welche über Faulheit und Liederlichkeit der 
Urbeiter klagen und behaupten, wer arbeiten wolle. 
jabe immer Verdienst?! 
4 Ein Tigerabenteuer.' Der schottischo 
Reisende Forbes erzählt in seinen „Wanderungen 
eines Naturforschers im malayischen Archipel“ eine 
Begegnung mit dem König der Wälder. Er hatte 
im Balingfluß in Sumatra sein Lager in einem 
distrikt aufgeschlagen, welcher nicht umsonst „das 
daus der Tiger“ genannt wurde; das Dorf der 
rigeborenen, in dem er wohnte, hatte vielfach von 
Tigern gelitten, und Forbes mußte natürlich auch 
auf Angriffe gefaßt sein. Als er eines Abends 
mit seinen Leuten auf dem schmalen Pfade aus dem 
Urwalde zurückkehrte, brach auch richtig ein Tiger 
uus dem Dickicht und schlug einige Schritte vor 
hm einen jungen Eingeborenen nieder. Der Vater 
des Getroffenen ĩprang sofort zur Hilfe und stieß 
mit einer Lanze nach dem Raubthier, welches da— 
durch und durch das Geschrei der anderen Träger 
rschreckt ins Dickicht zurücksprang. Aber der eine 
5„chlag hatte genügt. die langen Krallen waren 
durch die Brustwand gedrungen und der Verwun—⸗ 
dete gab kurz darauf seinen Geist auf. Der Tiger 
var indeß nicht gesonnen, auf seine Beute zu ver⸗ 
ichten; in der Nacht schlich er sich' in das Dork, 
vurde aber bemerlt und durch Geschrei verscheucht. 
Die Dorfbewohner waren nun überzeugt, daß in 
»em Tiger ein Dämon steckte, der unter allen Um⸗ 
tänden die Leiche habe wolle; sie begruben den 
—XVV 
srab mit großen Steinen zu. Richtig fanden sich 
im andern Morgen Tigerspuren am Grab, und 
iun setzte sich Forbes auf den Anstand, doch umsonst. 
Ddas Thier wußte ihn mit großer Schlauheit zu 
»ermeiden und kam, sobald er weggegangen. Nun 
»aute er mit den Eingeborenen zusammen eine 
Tigerfalle; das Grab wurde mit einem hohen 
Zaun umgeben bis auf eine Oeffnung, dann wurde 
in Bambus niedergebogen und soe befestigt, daß er, 
obald die im Eingang gespannte Schuur berührt 
purde, losschlug und eine lange Lanze quer durch 
die Oeffnung schleuderte. Sechs Abende wurde 
ie umsonst aufgezogen, am siebenten unterließ man 
s als unnütz, aber am anderen Morgen fand man 
pieder die Spuren und nun war man des Erfolges 
icher. Am Abend wurde der Bambus wieder be— 
estigt, am andern Morgen war der Speer zer⸗ 
zrochen und blutig und der Tiger lag kaum 30 
Schritte entfernt iodt im Gebüsch, Der Speer 
hjatte ihn durch und durch gestoßen, aber doch hatte 
er noch Kraft genug behalten, um den Speer zu 
zerbrechen und mit einem furchtbaren Satz den 
Zaun zu überspringen, Unbeschreiblich war der 
Fubel im Dorfe, als die Nachricht vom Tode des 
gefürchteten Menschenfressers eintraf; Alt und Jung 
eilte mit allen möglichen Waffen hinaus, um an 
seinem Körper Rache zu üben, in erster Linie die 
Berwandten seiner Opfer, unter ihnen eine Frau, 
welcher er erst den einzigen Sohn und dann den 
Mann vor ihren Augen weggeholt hatte. Forbes 
mußte mit gespanntem Revolver ihnen entgegen⸗ 
treten, um das Fell für seine Sammlungen zu 
sichem; dann wurde der Kadaver zerstückt und 
Jeder tauchte seine Waffe in das Blut, um so 
einen Theil des Muthes und der Kraft des „Matjan“ 
für sich zu gewinnen. Herz und Hirn theilten 
die Geschädigten und verzehrten sie. um so ihre 
Lerwandten zu rächen. 
Fur die Redaktion veranmtwortlich: F. X. Demetz. 
Einer der besten der alljährlich in ziemlicher 
Anzahl erscheinenden Kalender ist wohl der Illu— 
rirte Bayerische Familien-Kalender. derselbe traf 
bereits füc 1886 ein. Doch nicht allein einer der 
hesten, ganz entschieden auch der reichhaltigste ist 
ex und für 1886 scheint er gar alles bereits Da— 
zewesene zu überbieten. Da sind außer dem Ka— 
endarium für Katholiken, Protestanten, Russen und 
Israelcten noch der Hundertjährige Kalender 
Zauernregeln, Himmelserscheinungen, bayerische 
Messe und Märktte, Genealogie der bayerischen 
Standesherren, Kardinals-Kollegium, Verzeichniß 
)er im Königreich Bayern funktionirenden auswär⸗ 
igen Konsulur⸗Beamten ꝛc. Dem folgen wirklich 
uͤbsche Erzählungen und viele Humoresken im 
vahren Sinne des Wortes, fast alle sehr reich illu⸗ 
trirt, hunt abwechselnd mit Artikeln belehrenden und 
seiteren Inhalts, sowie zahlreichen Vollbildern. 
Besonders hervorzuheben ist ein Artikel über die 
»eilung der miasmatischen Krankheiten (Masern, 
SZcharlach, Diphtheritis, Brechtuhr, Tyhus, Cholera, 
Zlattern ꝛc.), von Oberstabsarzt Dr. Dyes. Dem 
olgen Nekrologe 1884 und 1885 mit 18 Por— 
räts und sogar über Neu⸗-Deutschland findet sich 
ein erschöpfender Artikel vor, welcher durch Beigabe 
»on Karten über Afrika, Lüderitzland, Kamerun⸗ 
Hebiet und Neu-Guinea besonderes Interesse in 
Anspruch nimmt. Außer zwei Beilagen, einem 
Wandkalender, und einem Portemonnaiekalender, 
ämmtlich prächtig ausgestattet, enthält derselbe 
noch ein schönes Oeldruckbild „Mutterglück“ und 
ein 1 Meter 55 Centimeter langes und 24 Cen⸗ 
timeter breites Rhein⸗Panorama, mit 44 Jullustra⸗ 
tionen in roth, blau und schwarz gedruckt. Und 
dies Alles kostet nur 50 Pfennig. 
Der Kalender ist eine billige Unterhaltungs⸗ 
ektüre ersten Ranges, weßhalb wir den Illustrirten 
Bayerischen Familien⸗Kalender unseren Lesern hier— 
mit bestens empfehlen. — Zu beziehen durch die 
Expedition ds. Blattes.