Full text: St. Ingberter Anzeiger

Post vom Auslande eingeführten Bücher und Druck⸗ 
sachen vor der Aushandigung an die Adressaten 
iner zollamtlichen Behandlung unterworfen werden. 
Zeitungen und Zeitschriften, ferner Drucksachen 
(mit Ausnahme von Büchern), aus deren Menge 
xc. zu schließen ist, daß sie nicht zum Verkauf. 
sondern zum persoönlichen Gebrauch der Adressaten 
bestimmt sind, bleiben als Gegenstände des freien 
Berkehrs ohne Zollansatz und gehen den Empfüngern 
Haher ohne Kosten zu. Die Bücher und zollpflich⸗ 
igen Druckssachen dagegen werden den Empfängern 
yoͤn den Postanstalten nur gegen Entrichtung des 
don der Zollverwaltung festgesetzten Eingangszolles, 
welcher 25 Prozent vom Werthe betrigt, ausge⸗ 
händigt. Den Werth setzt ebenfalls die Zollbehoͤrde 
iest, was bei Büchersendungen namentlich zu be⸗ 
rücksichtigen ist. 
DKaiserslautern, 2. Dez. Der erst 
seit ca. 8 Tagen hierher übergesiedelte Photograph 
Alfons Jäger, welcher das Atelier des Photographen 
Schramm am Marktiplatz läuflich erworben hatte, 
wurde heute früh todt in seinem Arbeitszimmer 
aufgefunden. Der Unglückliche, welcher sich schon 
seit einigen Tagen mit Selastmordgedanken trug 
soll diesen Schritt infolge unglücklicher Geschäfts⸗ 
pekulation gethan haben. Auf einer in dem 
Arbeitszimmer aufgehängten Schiefertafel waren 
die Woͤrte niedergeschtieben: „Aus Verzweiflung. 
Gott sei mir gnadig und meiner Familie barm⸗ 
Jerzig.“ (Pf. Pr.) 
In einer Kaiserslauterer Schule 
soll ein Junge, dem schon Tags vorher eine Strafe 
vegen ungezogenen Betragens angedroht war, 
kürzlich bei der Exckution derselben keine Miene 
derzogen haben, worüber der betreffende Tehrer, 
welcher dem ungezogenen Jungen die Regeln der 
Wohlanftändigkeit aus allen Leibeskräften nicht ber ⸗ 
mittelst des Nürnberger Trichters, sondern mit 
inserem alten Freund und Bekannten aus der 
Schule, dem Stock, beizubringen suchte. fich baß 
derwunderte. Angestellte Untersuchung ergab, daß 
der Delinquent die elastische Tournüre seiner 
Schwester zum Schutze gegen das Attentat auf 
seine verkehrte Front angelegt hatte. 
— Aus dem Zehtlerthale, 1. Vovb. 
Heui wurde der 18 Jahre alte Sohn des Müllers 
Danick Sieuermald von der Wiesenmühle, Ge⸗ 
meinde Einselthum, Namens Daniel Steuerwald, 
derhaftet. Derselbe soll nämlich den in gleichem 
Alter stehenden Sohn des in Albis heim wohnhaften 
Ackerers Jakob Göhring am Sonntag Abend durch 
Messerstiche derart traktirt haben, daß dieser schwer— 
vnerletzt darniederliegt. 
Neustadt, 8. Dez. Nach vörläufiger 
Aufstellung beträgt die Einwohnerzahl hiesiger 
Stadt nach der Zäͤhlung vom 1. Dezember 1885: 
5719 männliche, 6528 weibliche, in Summa 
12,242 Personen. gegen 11,321 bei der letzten 
Zählung im Jahre 1880. Es ergibt sich demnach 
in Zuwachs von 921 Seelen. 
grrrweiler, J1. Dez. Ein sehr be— 
dauerlicher Unglücksfall ereignete sich, wie schon kurz 
exwähnt, gestern Nachmittag in hiesiger Gemeinde. 
Fin angesehener und braver Bürgersmann von hier, 
Namens Nikolaus Heintz, war gerade am Bahnhof 
mit Faßladen beschäftigt, als beim Einfahren eines 
Zuges sein Pferd scheu wurde und durchging. Er 
wolite dasselbe an der Leine, welche er sich um die 
Hand wickelte. halten, aber das scheue Thier schleifte 
ihn eine Strecke nach, bis die Hand vom Arme 
losgerissen war. Die Räder des Wagens gingen 
dem Unglücklichen über den Kopf, worauf sofort der 
Tod eintrat. Wie schrecklich muß der Schmerz 
seiner Frau und Kinder gewesen sein, als man 
hnen den Vater, der sie vor einer Stunde gesund 
verlassen hatte, als Leiche brachte. 
— Speyer, 2. Dez. Gestern fand dahier 
die jährlich Generalversammlung des 
Retscher⸗ Vereins statt. Die für ganz Deutschland 
zum Besten des Vereins geplante Kirchenkollekte 
wurde zunächst für Bayern erstrebt In der Pfalz 
ergab sie die Summe von 4352 M. Ueber das 
Frgebniß im jenseitigen Bayern liegt noch kein be— 
stimmtes Resultat vor. Der Gesammtvermögens 
tand des Vereins beläuft sich mit Einschluß des 
Bauplatzes im Werthe von 41,000 M. und eines 
Haufes mit Garten, gewerthet zu 6000 M., auf 
329, 430 M. 24 Pf. 
— Ludwigshafen a. Rh., 29. Nov. 
Der von dem hiesigen Stadtrath gefaßte Beschluß, 
zas bezüglich der Errichtung von neuen Wirth— 
chaften bestehende Ortsstatut umzawerfen. iit von 
dem k. Bezirkdamte nicht genehmigt worden. Es 
st also nach wie vor die Errichtung einer Wirth⸗ 
chaft dahier von der Bejahung der Bedürfnißfrage 
ibhängig. 
— Vudwigshafen, 3. Dez. Nach der 
uin Dienstag stattgefundenen Valkszählung beträgt 
die Einwohnerzahl hiesiger Stadt 21,037 Seelen; 
»avon entfallen auf den oberen Stadttheil 11,356 
nuf den unteren Stadttheil resp. Hemshof und 
Bräfenau 9681 Seelen, gegen 1880 eine Zunahme 
hon 5025 Seelen oder 40 pCt. 
Vermischtes. 
FStraßburg, 2. Dez. Gestern Nach- 
mittag 2 Uhr wurde an der Drahtbrücke in der 
Ill die Leiche eines etwa 45jährigen unbekannten 
Mannes gelandet. Die Leiche zeigte unterhalb 
)es Herzens einen tiefen Messerstich. Ob hier 
»in Verbrechen vorliegt, wird die Untersuchung 
ergeben. 
F Von der Sieg, 28. Nov. Dreizehn 
fFisenwerke des Siegerlandes haben sich vorläufig 
uuf die Dauer von drei Jahren vereinigt zu dem 
—WEV 
prechend zu regeln und den Vertrieb dieser Eisen⸗ 
orte unter Festsetzung von Minimalpreisen unter 
inheitlichen Bedingungen im In⸗ und Auslande 
zemeinsam zu bewirken. 
Düsseldorf, 27. Nov. Die Fabrikation 
alscher Legitimationspapiere scheint in großartigem 
Maßstabe betrieben zu werden, denn bei den meisten 
dandstreichern werden jetzt falsche Papiere gefunden, 
die mit. großer Sorgfalt angefertigt sind, so daß 
teinem Landstreicher mehr zu trauen ist. Der Polizei 
ist die Kontrole dadurch sehr erschwert. 
7 Köoln, 2. Dez. Der hohe Wasserstand 
des Rheines, hier 5 Meter 53 Centimeter, wird 
»erursacht durch die Hochfluthen des Neckars, der 
dahn und der Sieg; auch Ruhr und Lippe tragen 
im Niederrhein zum Wachsen des Wassers bei. 
Der Neckar stieg gester den ganzen Tag über, 
die Lahn war heute Morgen noch fortwährend 
m Steigen begriffen; in Wetzlar hat sie einen 
Theil der Neustadt unter Wasser gesetzt. Die 
Sieg hat gestern schlimm gehaust, heute ist sie bei 
inem Stande von 3 Meter zum Fallen gekommen. 
die Ruhr sent augenblicklich die Lagerplätze und 
Magazine bei Ruhrort in Gefahr, die in Folge 
des großen Zuflusses in den Rhein dieser, bei 
Ruhrort auf 5 Meter 6 Centimeter gewachsen ist. 
Die Mosel fällt seit gestern. (Hochwassernachrichten 
ommen auch von der Donau und Isar.) 
F München, 2. Dez. In unserem Nach⸗ 
narorte Bogenhausen ist in letzter Nacht ein Raub- 
mord verübt worden. Der verwitiwete 62 Jahre 
alte Michael Bader wurde heute Morgen todt vor 
seinem Hause liegend, gefunden. Im Hause waren 
mehrere Behältnisse erbrochen und des Inhalts be— 
raubt. Von den Thätern, man nimmt an, daß 
es mehrere seien, ist bisher keine Spur entdeckt. 
F Welch wunderbares Schauspiel der Stern— 
schnuppenfall am 27. v. Mtis. an solchen 
Irten geboten hat, an denen die Beobachtung durch 
Wolken nicht beeinträchtigt war, dafür spricht ein 
Schilderung, welche dem Wiener Neuen Tagblat! 
don Wolfgangsee zugegangen ist. Sie lautet: 
„Der von den Astronomen avifirte Sternschnuppen⸗ 
fall stellte sich Freitag, den 27. d., zwischen 6 und 
3 Uhr Abends in seit Menschengedenken hier noch 
nicht gesehener Intensität ein. Buchstäblich „schneite“ 
s die meteorischen Feuergarben und es zeigte sich 
»as Ganze als ein selten prachtvolles Naturwunder. 
Das denkbur reinste Firmament, sternenbesäet, voll⸗ 
ommen windstill. Unten der spiegelglatte See, 
nus welchem der ganze Sternenhimmel widerstrahlte. 
Das Bild eingerahmt durch die dunklen, aber mit 
ccharfen Konturen hervortretenden Gebirgskolesse 
uind innerhalb dieses ganzen hecrlichen Raumes 
prühte es von tausenden meteorischen Lichtgarben, 
velche in Form verknallter Raketen ihren Feuer⸗ 
'prühregen oft in großen, schlängelnden Lichtbahnen 
über den Himmelsraum hin sandten. Die ganze 
zjiesige Bebölkerung kam in Bewegung und staunte 
ob des in solcher Intensität und Schönheit noch 
naie hier gesehenen Naturwunders. Selbstverständ⸗ 
ich fehlte es hierbei nicht an vielen, sehr ernsthaft 
gemeinten Prophezeihungen über die „wunderbare 
dimmelserscheinung“ welche sicher nichts Gutes be⸗ 
deuten sol.. Denn was soll heutzutage Gutes 
»edeuten ?“ 
F Der Nadarsche Riesenballon 
o Génante stiea bekanntlich im Jahre 1869 zum 
J 
ersten Male auf. Die Reisenden hatten ihre Vor. 
bereitungen vollendet. Alles war in Ordnung un— 
man war im Begriff, das sakramentale: all. 
los“ auszusprechen, als plötzlich ein Knabe von i⸗ 
Jahren in die Gondel sprang, in welche die Luft— 
jchiffer eben im Begriff standen, einzusteigen. De 
eine derselben, Wilfrid de Fonvielle, fürchtend, das 
der Eindringling ihm seine Instrumente verderbe 
könnte, stürzte wüthend auf ihn los und rief 
Nehmt mir den Bengel heraus! Einer der Au— 
wesenden flüsterte ihm zu: Es ist ein Prinz 
Es gibt hier keine Prinzen, raus da mii den 
Lümmel! war die prompte Antwort. Der „Lim 
mel“ war .... der zukünftige König Alphons XH 
bon Spanien. 
j x Ein geheimnißvoller Mord eß 
die Bewohner von Castellamqre in niq 
geringe Aufregung und hat bereits zur Verhaftung 
dreier deutscher Unterthanen geführt. In eine. 
Schlucht fand man den Leichnam eines etwa12 
Jahre alten Knaben mit blondem Haare und 
blauen Augen, der auf dem Körper mehrer— 
Amulette trug, welche vermuthen lassen, daß 
katholisch gewesen ist. Durch zahlreiche Zeugen is 
festgestellt, daß er noch kurz vorher in Begleitun— 
ꝛines älteren Herrn, der einen großen Mantel trug 
gesehen worden ist. Die Polizei nimmt deswegen 
an, daß er gewaltsam in die tiefe Schlucht gestütz! 
worden ist, und zwar aus Gründen, die mit eine! 
noch nicht ganz aufgeklarten Erbschaftsgeschichte zusam 
menhängen. Vor zehn Tagen logirte der Begleiter de 
naben mit diesem im Hotel de Genéve zu Neapel und 
schrieb einen unleserlichen Namendins Fremdenbuch 
Es liegt mithin sehr nahe, daß er der Mörde 
desselben, aber schon länzst in Sicherheit ist. Di 
Polizei hat aber trotzdem drei arme Teufel, sammt 
lich Deutsche, verhaftet, und vorläufig dem deuische 
General˖ Konsul übergeben. Zwei davon find Male 
und einer ist Barbier, namens Karl Althoff. In— 
zwischen ist der Name, den der vermuthliche Mörden 
im Hotel de Genöve unleserlich ins Fremdenbud 
eingetragen hat, sämmtlichen Konsulaten photogta 
phirt zugestellt worden. Bis jetzt ist irgendwelch 
Aufklärung über Namen und Heimath des todte 
Knaben noch nicht erfolgt. Aber die Vermuthung 
daß er ein Deutscher oder Schweizer aus gute 
Familie sei, gewivnt immer mehr an Wahrschein— 
lichkeit. 
— Eine gräßliche Szene spielte sich am Monh— 
früh innerhalb der Gefängnißmauern in Norwi? 
ab, wo Robert Goodale wegen der Ermordun, 
seiner Ehefrau durch den Strang hingerichtehwurde 
Als nämlich Alles seinen vorschriftsmäßigen Ver 
auf genommen hatte und der Verurtheilte mit der 
von ihm ausgestoßenen Worten „Guter Gott, em 
pfange meine Seele“, durch das Oeffnen der dall 
chüre der Ewigkeit überliefert worden war, wurde— 
die Umstehenden von einem Schrecken ergriffen, ab 
der leere Strict aus der Tiefe zurückschnellte. Doe 
beim Hinunterblicken gewahrte man den Kopf de 
Hingerichteten und den Rumpf abgesondert liegen 
Foodale wog 15 Stein und hatte einen Fall vo 
5 Fuß, und die Gewalt des Sturzes hatte di 
Trennung des Kopfes vom Rumpfe zur Folge. 
F In Ludgate⸗Circus in London fand diese 
Tage eine Vorstellung statt und einer der Stal 
meister führte ein Pferd, den „Vampyr“, vor, n 
dem er sagte, dieses Pferd habe die merkwürdit 
Eigenschaft. daß, wenn ein kleiner Knabe ar 
seinem Rücken Platz nehme, es sofort zu tarnze 
beginne. Er fragte, ob Jemand von den Anwesen 
den das Experiment machen wolle, und im Ni 
erklärten sich sämmtliche im Hause befindliche 
Linder hierzu bereit, ja, es entstand ein foörmliche 
Kampf. Schließlich fiel die Wahl auf den dren 
zehnjährigen John Nowls, der mit seinen Eltern 
im Parquet saß; der Stallmeister setzte nun da 
Kind auf das Pferd und John begann, das Thien 
zu streicheln. Wahrscheinlich kitzelte die Berühruns 
den „Vampyr“, denn dieser machte einen Sprun 
in die Höhe und schleuderte das Kind dicht an di 
Sitzreihen, wo selbsi es mit zerschmettertem Schaͤde 
liegen blieb. Das Kleid der ungluücklichen Mutte 
war von dem Gehirn des armen Kindes vesprißl 
F Galveston (Texas), 24. Nov. Uehen 
400 Häufer sind gestern durch eine furchtbat 
Feuersbrunst zersstört worden. Der Gesammtverluf 
Feziffert sich auf Lst. 2 000, 000. Unter den ber 
brannten Häusern befinden sich auch diejenigen vor 
Julius Runge, Moritz Lasket. Leon Blum, 
Jellmann w