Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
* J 
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jalt und Sonntagt mit Sfeitiger illuftrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiührlich 14 6d ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 4, einschließli 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 H, Neclamen 30 8. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
“S 
M 239. Sonntag, 6. Dezember 1886. 
20. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 8. Dez. Zur. Nachricht von dem 
rojelte einer Monopolisirung des Handels mit 
ranntwein für das Reich ist zu konstatiren, daß 
zahyern mit Rücksicht auf seine Reservatrechte in 
»en Unterhandlungen zwischen den Bundesregier⸗ 
uingen nicht betheiligt ist. Uebrigens sind die 
gorschläge den Bundesregierungen schon vor einigen 
Wochen zugegangen und man glaubt annehmen zu 
ürfen, daß, eine Verständigung über die dem 
hundesrathe zu machende Vorlage in nicht zu 
anger Zeit erfolgen werde. Wie verlautet, soll 
as Projekt im Wesentlichen dahin gehen, daß die 
ranntweinbrennereien verpflichtet sein würden, 
venjenigen Theil ihrer Produktion, den sie nicht 
nusführen, ausschließlich an den Staat beziehungs⸗ 
zeise das Reich zu liefern, der alsdann unter 
heblichen Steuerzuschläͤgen den Branntwein an 
ic inlandischen Konsumenten verkaufen würde — 
Ausland. 
—X— 
ut Balkanfrage folgende, wie es scheint, von gut 
mterrichteter Seite stammende Note: „Nach un⸗ 
eren Informationen scheint Oesterreich Ungarn den 
Bunsch zu hegen, den Eindruck seiner jüngsten In— 
ervention beim Fürsten Alexander abzuschwächen. 
In den ministeriellen Kreisen hört man die Aeußer⸗ 
ing wiederholen, daß der österreichisch⸗ungarische 
Befandte in Serbien dem Fürsten Alexander nicht 
nii dem Einrücken der österreichischen Truppen in 
Serbien gedroht habe, sandern ihm nur hat sagen 
wollen, daß, wenn die bulgarische Armee ihre er⸗ 
XE 
aien und der Herzegowina Rüchwirkungen geltend 
machen könnten, welche die österreichisch-ungarische 
Regierung nöthigen würden, Devensivmaßregeln zu 
ergreifen. Diese nachträiglichen Abschwächungen 
verden als hervorgerufen betrachtet durch den 
Tagesbefehl des Kaisers Alexander, worin bekannt⸗ 
ich die russischen Sypathien für die bulgarische 
Armee bestätigt werden.“ Man glaubt in diesen 
Thatsachen das Anzeichen eines trotz der Anstreng⸗ 
ungen des Fürsten v. Bismarck latenten Konflikts 
wischen Rußland und Oesterreich zu sehen. Zur 
Bekräftigung dieser Eindrucke fügt man hinzu, daß, 
venn der Fürst v. Bismarck gewissermaße die 
»uestion préalable vermittelst der kaiserlichen 
Zotschaft der Diskussion die Interpellation über 
zie Ausweisungen im Reichstage entgegengestellt 
jat, er dies that, weil er um jeden Preis unter 
den gegenwärtigen Umständen eine Debatte ver— 
meiden wollte, welche die Beziehungen Deutschlands 
nit Rußland und Oesterreich hätte berühren müssen 
ind welche bei dem Zustand der Spannung, in 
em sich die Beziehungen dieser deiden letzten 
Mächte *befinden, die ernstesten Unzuträalichkeiten 
zargeboten haben würden.“ 
Ueber die Verhuste der beiden Krieg⸗ 
Ahrenden in dem serbischbulgarischen Feldzug 
vird berichtet: In den beiden Kampftagen bei 
Zzirot wurden bulgarischerseits ungefähr 800 Mann 
nuher Kampf geseht und haben beiderseits 40 dis 
15.000 Mann an dem Kampfe theilgenommen. 
die Serben hatten seit Beginn des Feldzuges einen 
Jerlust von 107 Offizieren und ca. 6000 bis 
3000 Mann. Die Buigaren verloren im Ganzen 
3000 Mann. — 
kEokale und pfälzische Nachrichten. 
⸗St. Ingbert, 6. Dez. Die Volks— 
416 Lunmq eraqab für die hiesige Stadt die Gee⸗ 
sammt-Bevsölkerungsziffer von 
10344, dabon sind 10303 ortsanwesend und 41 
dorübergehend abwesend. Gegen die Volkszählung 
don 1880 beträgt die Zunahme der Bevölkerung 
188 Seelen, also circa 5 Prozent. Von den 
xinwohnern gehören 5221 dem männlichen und 
5123 dem weiblichen Geschlechte an. Auf die 
einzelnen Stadtviertel vertheilt sich die Bevölkerung 
wie folgt: J. Stadtviertel: 1797 (882 
männl. und 915 weibl.) II. Stadtviertel: 
2441 (1190 männl. und 1251 weibl.) II. 
Stadtviertel: 1733 (892 männl. und 841 
veibl.) 1V. Stadtviertel: 2009 (982 
männi. und 1027 weibl) Eisenwerk: 932 
477 männl. und 455 weibl) Schnappach: 
13897 (778 männl. und 619 weibl.) Schüren: 
35 (20 männl. und 15 weibl.) 
— Zweibrücken, 2. Dez. In der Ding- 
ler'schen Maschinenfabrik dahier ereignete sich heute 
ein Unglücksfall, indem eine Eisenplatte zu Fall 
kam und dem Kesselschmied Flamm von Buben⸗ 
zausen ein Bein durchschlug. 
— Pirmasens, 2. Dez. Nach der vor- 
äufigen Zusammenstellung des Volkszählungs⸗ 
Ergebnisses zählt Pirmasens 14,830 Einwohner 
gegen 12,039 im Jahre 1880.) 
— Die Sitadt Kaiserslautern ist auf 
Bcund der letzten Volkszählung berechtigt, allein 
einen Abgeordneten in den Landtag zu wählen. 
— Von der Trualb, 2. Dez. Ein drolliges 
Vollkszählungsstückchen ereignete sich in der Gemeinde 
Zertlingshausen. Der Gemeindeschreiber Dell von 
Wattenheim kam mit den Zähllisten in die Ge— 
neinde Hertlingshausen, um die Bogen zu ver⸗ 
heilen. In dem Hause Nr. O war nur ein zehn⸗ 
ahriger Knabe anwesend. Der Gemeindeschreiber 
Jjab demselben den Fragebogen mit dem Bemerken 
„am Dienstag wird der Bogen abgeholt.“ Der 
Bube aber verstand statt Bogen „Bock“ und als 
die Mutter nach Hause kam, erzählte der Knabe 
das Vorgefallene. Da der Mann wirklich einen 
Ziegenbock hielt und die Frau meinte, der Frage⸗ 
bdogen sei ein Zahlbefahl, so eilte sie zu dem Ge⸗ 
meindediener, denselben mit allen erdenklichen Vor⸗ 
würfen überhäufend, sie wolle sehen, wer ihr den 
Bock wegnehme, sie sei niemand etwas schuldig. Es 
tostete keine kleine Mühe, der Aufgebrachten den 
Standpunkt klar zu machen. 
— Osthofen, 5. Dez. (UAnsinnige Wette.) 
Bestern Abend wettete ein bei Schweinemetzger 
Mertz beschäftigter Geselle in einer hiesigen Wirth⸗ 
schaft 19 Glässchen Branntwein aͤ 5 Pfennig zu 
rinken, was er auch vollbrachte. Heute Morgen 
fonnte nur der Tod konstatiert werden. Alle ärzt- 
lichen Belebungsversuche blieben erfolglos. 
— Grünstadt, 2. Dez. Ein seltenes 
Thier wurde gestern von Herrn Blank aas Eberts⸗ 
jeim erlegt. Derselbe schoß im Altleininger Thale 
einen Seeadler. Derselbe mißt vom Schnabel bis 
zur Schwanzspitze 95 Cent., die Flügelweite (auf⸗ 
Jjespannt) beträgt 246 Cent., das Gewicht 12 
Pfund. Diese Vögel sind nar im Norden anzu—⸗ 
reffen und hat sich das seltene Exemplar in unsere 
Gegend verpflogen. 
-(Curiosa von der Volkszühlung in der 
Zfalz.) In Grünstadt kam der Fall vor, daß 
ine Dienstmagd. als sie vom Zähler nach ihrem 
stamen, Geburtstag ⁊c. befragt wurde, in heftiges 
heulen und Lamentiren avbsbrach, erklärte, sie habe 
zichts gemacht und sie wisse von nichts und schließ— 
lich die Flucht ergriff. Nur nach vieler Mühe ge⸗ 
ang es, sie wieder zu beruhigen. 
—* Im Bahnhofe Ludwigshafen ent⸗ 
Jleisten gestern Morgen bei Ausfahrt des ersten 
Personenzuges nach Neunkirchen die beiden Maschi⸗ 
ien, da der Zug Vorspann hatte, nebst Poste und 
Padckwagen. Verletzt wurde Niemand. Ursache bis 
setzt noch unaufgeklärt. 
J* WVolkszahlungsresultat: Frankenthal 
10925 Einwohner (gegenüber der letzten Volks⸗ 
ählung ein Mehr von 1882.) 
Vermischtes. — 
fBochum, 3, Dez. Die Wegsbphälische 
Berggewerkschaftskasse bewilligte heute mit 1761 
gegen 15 Stimmen eine Million Mark für den 
khein· Ems· Kanal. 
7 Ein bebrillter Esel. Aus Hagen 
vird der „K. Volksztg.“ geschrieben: Ein Lumpen⸗ 
ammler in dem benachbarten Wehringhausen besitzt 
inen Esel, der bereits diverse Jahre seine Pflicht 
als Vorspann des Wagens mit Ernst und Würde 
erfüllt. In letzter Zeil schien Grauchen nicht recht 
iicher in seinen Bewegungen zu sein und nach ein⸗ 
Jehender Untersuchung stellte es sich heraus, daß 
as Thier kurzsichtig geworden. Kurz entschlossen 
vurde dem Eselchen eine Brille angeschafft, die es 
nun mit ebenso biel Stolz als Verständniß auf 
der Nase trägt; die Kurzsichtigkeit ist uun gehoben. 
Dieser bebriũte Esel ist keine Ente, was hiermit 
ausdrücklich betont jei F 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Otterberg Karl Joseph Fetteroll, 
68 J. alt, in Friedelsheim Heinrich Baczensky, 24 
J. alt, in Neustadt a. H. Frau Forstrat Adelheid 
Beib, geb. Denis. 
Ra di Vedamon veranworinæ. ẽ 
Gestern beanstaudete, jedenfalls öer⸗ 
anlaßt durch Mißverständniß oder Anzeige, die 
PolizeiDirekttion München die 
deggendorfer Plakate, da es auf den⸗ 
selben heißt: Man kann gewinnen: 120,000 
Mark u. s. w. Es erhellte jedoch alsbald aus der 
Ministerialentschließung, daß der Deggendorfer Ge⸗ 
vinnplan vollständig seine Richtigkeit hat und man 
hatsächlich bei Deggendorf gewinnen kann: 
120,000 Mk., 70,000 Mi., 50,000 Mtk., abä 
Mark, 10,000 Mk., 2 mal 6000 Mk., 10 mal 
1000 Mk. u. s. w. Es kann nämlich derjmige. 
welcher bei der Deggendorfer Ziehung den Haupt⸗ 
reffer von 50,000 gewinnt, bei der Schlußziehung, 
wobei die Geldprämie von 70,000 Mk. ausgelost 
wird, auch diese noch gewinnen, so daß man also 
bei der Deggendorfer Lotterie thatsächlich 120,000 
Mark gewinnen kann. Es kann aber auch derjenige, 
»er bei der allgemeinen Deggendorfer Ziehung 
nichts gewonnen hat, diese Geldprämie von 70,000 
Mark, über welche nach Vollendung der allgemeinen 
ziehung das Loos geworfen wird, noch gewinnen. 
lebrigens gingen bereits über drei Millionen 
deggendorfer Prospekte aus der Druckerei der Herren 
ßehrr. Parcus herbvor, die allenthalben ver⸗ 
zreitet wurden und die Gewinneintheilung, sowie 
Ziehungsmodus enthalten. Es findet diese neue 
Deggendorfer Gewinneintheilung solchen Anklang 
m Publikum, daß die Deggendorfet Loose rasen⸗ 
den Abgang haben und die Deggendorfer Ziehung 
hereits Un wideruflich am 7. Januar vor⸗ 
jenommen werden kann. Der Deggendorfer Zieh⸗ 
ingstag ist durch die Kirchenverwaliung Deagendorf 
zesichert