Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
zer St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhauungs⸗ 
Jatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 75 à, einschließl 
9 A Zustellungägebühr. Die Einrückuugsgebühr far die Agespaltene SGarmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunst ertheilt, 13 R, Neclamen 30 . Bei 4maliger Eincückung wird nur dreimalige berechnet. 
A⸗ 240. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 6. Dez. An Stelle des Grafen 
„atzfeld ist der Direktor im Auswärtigen Amt, 
zraf Berchem, zum Bevollmächtigten zum 
gundesrath ernannt worden. 
Der sozialdemokratische Abg. Viereck ist, wie 
rüher aus Berlin, so jetzt aus Leipzig auf 
Grund des kleinen Belagerungszustandes aus q e— 
wiesen worden. 
Die Weihnachtsferien des Reichstages 
verden wahrscheinlich am 18. d. M. beginnen und 
bis zum 5. Januar 1886 dauern. 
Der Ausschuß der Gesellschaft für deutsche 
tolonisation hat beschlossen, im Juli 1886 einen 
allgemeinen deut schen Kongreß zur Förder⸗ 
uing der überseeischen Interessen Deutschlands in 
Zerlin abzuhalten. Der Zweck des Kongresses 
st, durch persönlichen Gedankenaustausch von Ver⸗ 
tetern der deutschen Nationalität aller Länder das 
hemeinsame in den geistigen und materiellen In⸗ 
teressen der Deutschen festzustelleu und über Mittel 
und Wege Berathung zu pflegen, wie diese Ge— 
meinsamkeit der Interessen eine entsprechende fort, 
dauernde Vertretung und Förderung finden könne. 
Als Punkte für die Tagesordnung dieses Kon— 
resses hat der Ausschuß vornehmlich die folgenden 
ns Auge gefaßt: 1) Fortführung der deutschen 
dolonialbewegung zu prattischen Resultaten. 2) 
dultivirung und Nutzbarmachung der bislang 
eutscherseits erworbenen Kolonialgebiete. 3) Die 
deutsche Auswanderungsfrage. 4) Die Hebung des 
deutschen Exports. 5) Deutsche Missionen in über— 
eeischen Gebieten. 6) Erhaltung deutscher Sprache 
ind deutscher Art in überseeischen Gebieten. 7) 
jefestigung der Beziehungen zwischen unseren Lands⸗ 
euten in der Fremde und der Heimath. 
Berlin, 5. Dez. Die Situation auf der 
olkanhalbinsel gilt noch immer als unklar, da bei 
en vorherrschenden politischen Leidenschaften jeder 
ag neue Ueberraschungen bringen kann. In der 
ebereinstimmung der Kaisermächte, die thatsächlich 
othanden ist, darf man bei alledem die beste Ge⸗ 
dähr für Hintanhaltung weiterer Verwickelungen, 
vie sie namentlich England herbeiführen zu wollen 
chien erblicken 
Ausland. 
Petersburg, 5 Dez. Das „Journal de 
t. Petersbourg“ dementirt die Nachricht des 
Oberland China Mail“, daß Rußland den In— 
atgenten von Kaschgar Unterstützung leihe. Die 
ussischen Agenten hätten sich vielmehr bemüht, die 
errschende Unzufriedenheit zu beschwichtigen, da 
Störungen der Ordnung nur die russischen Han— 
velsbeziehungen schädigten. 
Paris, 6. Dez. Die belgische Regierung 
tllärte nnnmehr ihre Zustimmung zu den letzten, 
die Munzkonferenz betreffenden Vorschlägen Frank 
Iss, denen Italien bereits vorher beigeltimmt 
afte. 
Zu den dringendsten Fragen in der Balkan⸗ 
tise gehört die: Wird die Pforte Truppen in Ost— 
umelien einmarschiren lassen? Die „Köln. Ztg.“ 
fährt mit Bezug darauf aus verlaßlichster Quelle, 
daß die Pforte fich verpflichtet hat, ihre Truppen 
nicht vorher über die Grenze zu schicken, bis sie 
an Einverständniß darüber mit den drei Kaiser⸗ 
sfen erzielt. Es ist aber kaum anzunehmen, daß 
der Zar der Pforte diese Zustimmung ertheilen 
Montag, 7. Dezember 1885. 
20. Jahrg. 
Konstantinopel, 5. Dez. Die Pforte 
notifizirte den Mächten, daß nur die Pforte und 
nicht der Fürst von Bulgarien die Bedingungen 
des Waffenstillstandes regeln dürfe. Es heißt, die 
Pforte sei gegen den neuesten englischen Vorschlag 
bez. des Zusammentritts einer aeuen Konferenz in 
London. 
klagesache: Betrügerischer Bankerutt, resp. Bei⸗ 
hdilfe. 5) Julius Kallenberger aus Heiligenstein. 
Anklagesache: Betrügerischer Bankerutt. 6. Jakob 
Friedrich aus Ingenheim. Anklagesache: Noth⸗ 
zuchtsversuch. 
— Zweibrücken, 8. Dez. GVolkszählung.) 
Nach einer provisorischen Zusammenstellung betraägt 
die Zahl der Anwesenden in hiesiger Stadt 5477 
männliche, 5180 weibliche, zusammen 10,657, 
gegen 10,382 des Jahres 1880. 
— Maikammer, 3. Dez. Der Arbeiter 
Albrecht aus Diedesfeld, welcher im Juni d. J. 
in der Ulrich'schen Fabrik dahier durch einen Un—⸗ 
fall vier Finger der rechten Hand theilweise ver⸗ 
lor, erhielt von der Unfallversicherungsbank Leipzig 
neben Vergütung der Kurkosten und des versäum— 
sen Arbeitslohnes eine Entschädigung von 5000 
Mark. Dee Verunglückte hat in genannter Fabrik 
bereits wieder Beschäftigung gefunden. 
— Das Wachsthum der Stadt Ludwigs⸗ 
Jafen ist beinahe mit dem vieler amerikanischen 
„tädte zu vergleichen und dürfte nicht oft in 
Deutschland seines Gleichen finden. Im Jahre 
1848 berrug die Einwohnerzahl etwa 800; 1885 
etwa 2000; 1860 3000; 1870 gegen 7000; 
1875 ewa 12,000; 1880 15,000 und heute 
21.000. 
e und pfalzische Nach richten. 
*St. Ingbert, 7. Dez. Gestern feierte 
unsere Knappschaft in der herkömmlichen Weise, 
durch Besuch des Gottesdienstes in den beiden 
Nirchen, das Fest ihrer Schutzpatronin St. Barbara. 
e. St. Ingbert. 7. Dez. Es ist eine 
stereotype Klage unserer konzertfähigen Gesellschaft, 
daß St. Ingbert an Kunstgenüssen gar zu wenig 
hiete. Wir geben die Berechtigung dieser Klage 
u; was es aber mit der Aufrichtigkeit derselben 
gegebenen Falles für eine Bewandins hat, das 
seigte das gestern Abend im Oberhauser'schen Saale 
taltgehabte Konzert der Kapelle der Dreißiger 
aus Saarlouis. Obwohl dasselhe gut besucht war, 
so war der Besuch doch nicht ein so zahlreicher, 
vie man ihn bei dem Renommee der Kapelle und 
»em öftern Lautwerden der obigen Klage hätte er⸗ 
varten dürfen, und wie er genügt hätte, Herrn 
kapellmeister Reckzeh in finanzieller Hinsicht 
chadlos zu halten. Auffallend war besonders, daß 
insere Damenwelt nicht stärker vertreten war. Das 
Zrogramm war ein sehr reichhaltiges und bot 
jeben ernsten, klassischen Weisen auch Piecen heitern, 
jumoristischen Genres, wie die Millöcker'schen Com⸗ 
ositionen „Carlotta · Walzer“ und „Herzblättchen⸗ 
Walzer“, die „Steyersche Lustspiel Ouvertüre“ von 
steckzeh, „die beiden Zukunftstrompeter“ von Reinsch, 
»der wie das „Caprice“ für Violine „Völglein im 
XVV 
zffnet wurde das Konzert mit dem eledtrisierenden 
„Bivouak⸗-Marsch“ von Strauß; den Schluß bil- 
zete der rasch popular gewordene „Congo⸗Marsch“ 
von Reckzeh. Uebrigens hatte Herr Kapellmeister 
Rteckzeh die Güte, noch einige Piecen einzulegen, 
was ganz besonders hervorgehoben zu werden ver— 
ient. Jede Nummer fand rauschenden Beifall. 
Der Vortrag war aber auch ein in jeder Hinsicht 
musterhafter und jede Nüance in der Tonstärke 
vurde trefflich zur Ausführung gebracht. Leider 
tönnen wir die Hoffnung nicht haben, daß uns 
obald wieder ein ähnlicher musikalischer Genuß 
zeboten werde. Denn zu unserm Bedauern dürfte 
ich Herr Reckzeh kaum entschließen, nach den Er⸗ 
ahrungen, die er gestern in Bezug auf den finan⸗ 
iellen Erfolg machte, nochmals hier zu konzertieren. 
GO St. Ingbert, 7. Dez. Nächsten Sonn⸗ 
rag gibt der Verein „Gemüthlichkeit“ seinen Mit- 
Jliedern wieder eine musikalisch⸗theatralische Abend⸗ 
interhaltung. Zur Aufführung kommen, außer 
HBesang⸗ und Instrumentalpiecen, zwei Lustspiele. 
Dieselden sind namlich: „Schnapphahn, Finke 
und Schraube“ und die Posse: „Der Allerwelts- 
helfer“. Beide zeichnen sich durch originellen Witz 
4aus und werden die Lachmuskeln der Zuschauer 
poraussichtlich wieder gehörig in Anspruch nehmen. 
— Zweibrücken, 5. Dez. Folgende Fälle 
ommen in der mit dem 7. ds. Mtis. beginnenden 
-chwurgerichtssession zur Verhandlung: 1) Auguste 
Miling aus Mundenheim. Anklagesache: Meineid. 
2) Joseph Hammel aus Neupfotz. Anklagesache: 
dörperverletzung und Meineid. 3) Friedrich Wilde 
zus Neustadt. Anklagesache: Meineid. 4) Karl 
Zdapy und Jakob Friedrich. beide aus Einöd. An—⸗ 
Vermischtes. 
* Mühlhausen, 3. Dez. Ein interes- 
anter Prozeß wegen Weinfälschung wurde gestern 
ind vorgestern hier vor dem Landgerichte verhan⸗ 
delt. Es sind in demselben als Sachverständige 
die Herrn Professor Neßler von Karlsruhe, Direi— 
or Dr. Weigelt und Dr. Loos aus Rufach, sowie 
34 Zeugen geladen, von denen vorgestern nur erst 
in kleiner Theil vernommen werden konnte. Die 
Anklageschrift ist gerichtt gegen Johann Jakob 
xẽduard Nithardt, Weinhändler von hier, der 
Pachahmung und Verfälschung von Wein zum 
Zwecke der Täuschung und des Verkaufs nachge- 
nachten und verfälschten Weines unter Verschweig⸗ 
ing der Verfälschöng angeklagt: Eugen Spies, 
Weinsticher in Sulzmatt; Johann Boaptist 
Dreyer, Weinsticher in Hattstatt; Eugen 
dagenmüller, Weinsticher in Bergholz-Zell, 
und Luzian Berentzwiller, Weinsticher in 
Zeberschweier, haben sich wegen Beihilfe zu diesem 
VBergehen zu verantworten. Nithardt wurde näm— 
ich zu 11j3 Jahr Gefangniß und für jeden der 
50 Fälle, in denen er der Weinfälschung schuldig 
hefunden wurde, zu 1200 Mark Geldbuße, im 
janzen zu 60,000 Mark Geldbuße, bezw. zu wei⸗ 
eren 2 Jahren Gefängniß verurtheilt. 
F Das Mannheimer Theater kostet der 
»ortigen Stadtgemeinde ein hübsches Sümmchen. 
Für das Jahr 1886 wurde ein Zuschuß von 
185,000 Mt. bewilligt. 
Mainz, 4. Dez. Die Schwurgerichts- 
»erhandlung gegen den des Mordes beschuͤldigten 
Schuhmachergesellen Herbst wird am Dieastag den 
15. Dezember, des Vormittags 9 Uhr ihren An⸗ 
ang nehmen und sind zur Verhandlung vorläufig 
z Tage in Aussicht genommen. Von Seiten der 
Ztaatsanwaltschaft sind für die Beweisführang 81 
Zeugen geladen worden. 
FEssen, 5. Dez. Wie die „Rheinisch⸗ 
Westphälische Zeitung“ meldet, hat gestern früh in 
der zur Gutehoffnungshütte gehörigen Zeche Oster⸗ 
seld bei Oberhausen eine Explosion schlagender 
Wetter stattgefunden. wodurch 3 Beraleute ums