Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
— — —— ⸗⸗ ⸗ — — — — — — — — 
ber St. Jugberter Anzeiger! erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhauungs⸗ 
glau und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiaͤhrlich 1 60 4 einschließlich Traägerlohn; durch die Post beiogen 1. 75 O, einschließl 
A Zufellungsgebahr. Die Einrückungsgebühr far die Agespaltene Sarmondzeile oder deren Naum beträgt bei Inseraten aus vder Pfalz 10 4, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertbeilt, 18 A, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalize berechnet. 
— — 
—V 
Dieustag, 8. Dezember 1885. 
20. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 5. Dez. Rach einer heute aus der 
dapstadt auf dem Auswärtigen Amt eingetroffenen 
Depesche hat der Häuptling Kama⸗Herero im Nama⸗ 
sualande sich und jsein Land unter deutsches Protek⸗ 
Ftat gestellt. — Das belgische Ministerium hat, 
wie der Voss. Ztg.“ aus Brüssel gemeldet wird. 
ine Vorstellung an die deutsche Reichsregierung 
behufs Wahl Antwerbens als Anlegehafen für die 
deutschen Dampferlinien nach Ost⸗ Asien und Au—⸗ 
wralien gerichtet. 
Berlin. 7. Dez. Der Zentralverband deutscher 
Industrieller läßt augenblicklich Fragebogen feststellen 
ehufs Veranstaltung der von der Delegirtenver⸗ 
ammlung in Koln beschlossenen Erhebungen über 
die Währungsverhältnisse. 
Berlin, 7. Dez. Die Verhandlungen mit 
den Einzelregierungen wegen des Branntweinmono⸗ 
pols sind in vollem Gange; dieselben sollen ein 
dem Projekte günstiges Resultat erwarten lassen. 
Es. scheint ernsilich davon die Rede zu sein, 
daß Kaiser Wilhelm dem Fürsten Alexander 
von Bulgarien durch Uebersendung seines Ordens 
bour le mérite eine besondere Auszeichnung zu 
verleihen gedenke. Auch von der bevorstehenden 
Rehabilitirung des Fürsten seitens des Kaisers von 
Rußland wird in der diplomatischen Welt viel ge⸗ 
prochen. 
Berlin, 7. Dez. Die Nachricht, der Kaiser 
eabsichtige, dem Fürsten Alexander von Bulgarien 
den Orden pour Je mérite zu verleihen. entbehrt 
der Begründung. 
Berlin, 7. Dez. Die Kommission zur Be— 
rathung der bürgerlichen Gesetzbuches beginnt jetzt 
)en fünften und letzteu Theil, welcher das Erbrecht 
hehandelt. 
ichwader oder durch im Eingange des Finnischen 
MReerbusens gelegte Minen eingeschlossen werden 
zunte. Ob' dies der wirkliche oder alleinige Grund 
st, muß dahingestellt werden. jedenfalls ist dieser 
Schritt für die Herrschaft Rußlands in der Ostsee 
—D Operationsbasis 
venigstens eines Theiles seiner Flotte mehr nach 
Westen, dicht an die deut sche Grenze heran, schafft 
ich ein freieres Operationsfeld in der Ostsee und 
wingt gleichzeitig im Kriegsfalle die angreifende 
xlotie zu einer Zersplitterung ihrer Streitkräfte. 
yn Aussicht genommen für den neuen Hafen sind 
Windau oder Libau; keiner dieser Haͤfen bietet 
‚on RNatur die für einen Kriegshafen nöthigen Be⸗ 
dingungen, und wird eine Umwandlung in einen 
solchen daher nur mit großen Kosten zu bewerk 
telligen sei. 
Ptadrid, 5. Dez. Der Ministerrath hat 
hjeute das Abkommen bezüglich der Karolinen un⸗ 
Ferändert angenommen und die Verpflichtungen el 
Duayens ratifizirt, sodann den Handelsvertrag mit 
Deutschland, der 1887 ablaufen sollte, bis 1892 
erlängert. Die Regierung ist entschlossen, unver⸗ 
üglich alle Maßregeln zu treffen, die Rechte 
Spaniens auf anderen Punkten zu wahren oder 
ie Priorität der Besetzung anzuordnen, welche unter 
gerufung auf die Berliner Konferenz etwa bean⸗ 
pyrucht werden könnte 
1 
wenn ihre Form nicht gar für unvermittelt in 
unsere Zeit hereinragt. 
Zum Schlusse sei auch noch die von der „Sp. 
ztg.“ vermerkte Thatsache aus einer dem Ausschufse 
sorgelegten Druchschrift hervorgehoben, nach welcher 
die pfälzische Geistlichkeit in ganz Deutschland die 
veitaus geringst besoldete ist. Eine Beserung auch 
dieset Verhältnisse wäre also sehr am —* 
L8kale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 8. Dez. In der gestrigen 
Schwurgerichtssitzung in Zweibrücken wurde der des 
Nothzuchtsversuchs beschuldigte Jakob Friedrich 
„on Ingenheim, unter Ausschluß mildernder Umstände 
in eine Zuchthausstrafe von 2 Jahren verurtheilt und 
hin die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 
Jahren aberkannt. — In der Nachmitagsfitzung 
Jatte die Verhandlung gegen Auguste Miling, 
30 J. alt, Ehefrau von Johann Fries, Tagner in 
Mundenheim, wegen Meineid statt. Dieselbe wurde 
es wissenilichen Meineids für überführt erklärt 
ind zu einer Zuchthausstrafe von 2 Jahren 6 
Monaten verurtheilt und ihr die bürgerlichen Ehren- 
rechte in der Dauer von 5 Jahren aberkannt, sowie 
die dauernde Unfähigkeit derselben als Zeugin oder 
Zachverständigen verommen zuwerden. ausgesprochen. 
Erfweiler, 6. Dez. Nach der jüng⸗ 
sten Volkszählung zählt die hiesige Gemeinde rund 
700 Seelen und zwar Ehlingen 401 und Erf— 
weiler 299, was keiner Zunahme seit 1880 um 
7060 gleichtommt. Aßweiler zählt 325 Seelen. 
— Volk⸗zählung Rohrbach: 1367 Ein- 
vohner, Zunahme 119. 
da das Herstellen des Vereins Organs der 
ofälzischen Einnehmer mittelst einer autographischen 
Presse großen Zeitaufwand und Mühe verursachte, 
wird nun für die Folge genanntes Organ unter 
dem Titel „Vereinskundgabe der Einehmer der 
Pfalz“ in kleinerem Formate durch die Buch · 
zruckerei P. und L. Hallanzy in Zweibrücken ge⸗ 
rudt. Als verantwortlicher Redakteur zeichnet 
Zerr Anton Acker, kgl. Steuer- und Gemeinde⸗ 
Finnehmer in St. Ingbert. 
— FKaiserslautetn, 5. Dez. Nette 
ðrüchtchen wurden gestern morgen in den Personen 
iniger Schulknaben entdeckt. Auf die Anzeige an 
den Vehrer, daß einer derselben einen sechsläusigen 
sevolver besitze, wurde eine Nachforschung ange⸗ 
tellt, wobei sich ergab, daß fünf Schüler verschie⸗ 
zener Klassen sich förmlich zu einer Diebesbande 
oxganisirt und schon seit Monaten ihr sauheres 
dandwerk betrieben hatten, indem sie sich von Zeit 
zu Zeit und jedesmal, wenn Prinzipal und Kom-⸗ 
nis abwesend waren, in ein hiesiges en⸗-gros ·Ge⸗ 
chäft einschlichen und Geld aus der Kasse stahlen, 
vohl auch andere Gegenstande mitgehen hießen. 
Zei einem Buchbinder kauften sie einen Globus, 
dwie Indianer⸗ und Räubergeschichten, deren sie 
zleichzeitig eine Anzahl stahlen, und oon denen sie 
sürzlich za. 200 Stüc verbrannten, nachdem der 
Ader, in welchem sie sie vergraben hatten, umge⸗ 
flügt wurde. Vor den kleinen Dieben war über⸗ 
saupt nichts sicher; Stahlfedern, Nähnadeln 
u. s. w. anneklierten sie. Für das Geld kauften 
je den oben erwähnten Revolver und Pulver, ver⸗ 
teckten indeß einen Theil des Geldes im Felde, 
im sich später dafür in verschiedenen Wirthschaften 
zütlich zu thun. Das alles gestanden die Burschen 
jach und nach ein, ob damit aber ihr Sünden⸗ 
recister erschöpft ist. das ist eine andere Frage. 
Pfãlzische Generalsynode. 
— In der am Freitag siattgehabten Sitzung 
tam u. a. anläßlich der Entgegennahme des Rechen⸗ 
schaftsberichts des Generalsynodalausschusses auch 
die Rebision des „eine Anzahl nie gebrauchter und 
auch völlig unbrauchbarer Lieder“ enthaltenden 
»vangelischen Gesangbuchs zue Sprache. 
Derr Kirchenrath Lin cher betonte die Wichtigkeit 
zer Beschaffung eines neuen Gesangbuches, welche 
Angelegenheit das Konsistorium in jeder Weise 
ordern wmöge. Herr Exter Meustadt) sprach die 
hoffnung aus, daß die Frage bald zur Befriedig⸗ 
ing beider Seiten gelöst werde. Er habe ge⸗ 
Alaubt, daß nach den früheren Kämpfen die Ge— 
nüther geläutert seien. Aber die Bevölkerung habe 
die Sache wohl mißverstanden. Er hoffe doch 
daß es bei einer neuen Auflage moͤglich sein werde. 
eu Balast unbrauchbarer Lieder über Bord zu 
verfen, zumal das Gesangbuch dadurch billiger 
ecde und die Gemeinden im Besitze der 
hnen lieb gewordenen Lieder verbleiben. Schließ⸗ 
ich bemerkie Herr Pfarrer Höp ffuner von Neu— 
tadt, er habe gegen die Gesangbuchsrevision ge⸗ 
timmt, obwohl es eines der mangelhaftesten in 
janz Deutschland sei. Indeß die Gemeinden seien 
zaran gewöhnt und habe sich an demselben ein 
irchliches Leben entfaltet, das den Vergleich mit 
nauͤchen anderen Landeskirchen zu bestehen vermag. 
luch die Gemeinde St. Ingbert, durch welcht 
iese Frage auf die Tagesordnung gekommen sei, 
zabe nicht ein neues Gesangbuch gewollt, sondern das 
isherige alte, sie glaubte nur, es komme ein neues. 
Uber auch er werde die Revision des Gesangbuches 
ortwährend im Auge behalten und alle dahin 
gehenden Bemühungen unterstützen, wenn die Be⸗ 
zölkerung günstig dafür zu stimmen sei. 
Sodlel'über die Gesangbuchefrage. Hoffentlich 
gelingt es, recht bald die gewünschten Verbesserungen 
hJerbeizuführen; daß solche nothwendig sind, muß 
Abst den beharrlich an den alten haltenden Ge⸗ 
nüthern einleuchten. Alte Lieder behalten nur 
34 ibren Werth für den köalichen Gebra uch 
Wien, 6. Dez. Die offiziöse Wiener Mon⸗ 
jagsrevue schreibt: Nunmehr treten nicht ungünstige 
Anzeichen für die Möglichkeit hervor, eine befrie⸗ 
igende Ordnung der Dinge auf der Balkanhalb⸗ 
nsel herzustellen. Ein Waffenstillstand und dem— 
nächst der Friede wird trotz der thörichten Regungen 
zes serbischen Chauvinismus unter dem Druck der 
Mächte zu Stande kommen. Auch in Ostrumelien 
derden die Verhältnisse auf eine legale Basis zu · 
rückgeführt werden können. Ungewiß bleibt nur, 
ab es die Mächte als ihre Aufgabe betrachten wer⸗ 
den, von dieser Basis aus weitere Schritte zur 
Befriedigung des bulgarischen Volkes zu unter⸗ 
nehmen. Jedenfalls aber würde hierfür die Halt⸗ 
ung des Fürsten Alexander den Ausschlag geben, 
mag nun Europa gewillt sein. fich mit dieser Frage 
relt zu beschäftigen oder nicht. 
Wien, 7. Dez. Fürst von Hohenlohe⸗ 
Schillingsfürst hat gestern Abend seine 
Weiterreise nach Madrid angetreten. Der deutsche 
Botschafter, Graf zu Munster, ist gestern Abend 
on London wieder hier eingetroffen und hat sofort 
)ie Geschäfte der Botschaft wieder übernommen, 
welche während seine Abwesenheit der erste Bot⸗ 
chaflssekreiär, Herr v. Kiderlen-Wächter als inte. 
cimistischer Geschäftsträger geführt hatte. 
Die russische Regierung beabsichtigt, in der 
Dst see außerhalb des Finnischen Meerbusens 
einen neuen Kriegshafen anzulegen, in der 
hefürchtung. daß im dalle eines Krieges mit einer 
iberlegenen maritimen Macht die russische Flotte 
n Kenstadt vder Redal durch ein feindliches Ge— 
Auslamnd.