Full text: St. Ingberter Anzeiger

dort Gebotenen anzuhalten. Daß gegen den Be— 
juch der Schule sehr viel gesündigt wird, können 
die Lehrer am besten bezeugen; man lasse sich nur 
die Listen der Schulversäumnisse vorlegen. Und 
vas sind die Gründe, welche so häufig und fort 
und fort viele Kinder voꝛn regelrechten Besuch 
der Schule abhalten? Nichtige! Unverstand der Eltern! 
„Ich bin auch in keine Schule gekommen,“ sagt 
yñif ein Vater, „da braucht mein Junge auch nicht 
hineinzugehen,“ ich lebe und existiere, da wird der 
z8 wohl auch einmal zu etwas bringen.“ Und im 
anderen Augenblick schimpft der weise Vater wieder 
uber seine untergeordnete Stellung, die er durch 
seine Nichtbildung im menschlichen Leben einzunehmen 
gezwungen wird, es fällt ihm aber, durchaus nicht 
an, seinen Sohn ein besseres zu Jeyren, so daß 
zieser einst auf derselben niederen Stufe stehen muß, 
auf der sein Vater gestauden. — 
Dem Lehrer aber wird häusig nicht die ge⸗ 
h»ührende Achtung gezollt, und wenn er dem un⸗ 
zändigen verrohten Knaben endlich einmal eine 
wohlverdiente Züchtigung angedeihen käßt, so wird 
der Taugenich!s oft noch in ungebührlicher Weise 
in Schutz genommen, ja noch mehr, die Eltern 
Jaben oftmals nichts eiligeres zu thun, als den 
dehrer bei Gericht zur Bestrafung anzuzeigen. Gott 
—— Früchtchen schon kennt 
ind dem Lehrer in den meisten Fällen Recht ge⸗ 
geben wird, daß demselben nicht der schwere Beruf 
och schwerer gmacht wird. Wollten doch alle Eltern 
einsehen, daß nur dann von guten Erziehungs⸗ 
Resultaten gesprochen werden kann, wenn Schule 
ind Haus Hand in Hand gehen. Die gute Er⸗ 
iehung im Elternhause muß den Lehrern in die 
Hand arbeiten, im Nichtfalle sind seine Bemühungen 
utzlose und verlorene. 
Das Sprichwort sagt: „Böse Beispiele verderben 
qute Sitten“. Deshalb halte man die Kinder fern 
jon roher Gesellschaft, halte sie an zur Reinlichkeit, 
Ordnung und zum Lernen, man strafe sie, wenn 
iie fremdes Eigenthum schädigen oder gar sich an⸗ 
rignen, bringe den Begriff zwischen „Mein und Dein“ 
schon frühzeitig den Kleinen bei und leide durchaus 
aicht, daß das eine oder andere Kind Obst aus 
Nachhars Garten holt. Klein fängt man an, groß 
Jört man auf, das ist die Laufbahn aller Spitzbuben. 
Ferner leide man nie Schädigungen an Baum— 
pflanzungen oder gar Thierquälereien. Unsere guten 
Volksschulen geben den Kindern die Werkzeuge der 
Frkenniniß in die Hand, allein der Besitz hilft nicht, 
wenn die Anwendung fehlt, und da giebt es aller⸗ 
dings viele, die zu träge sind im Geiste, um nach 
———— noch ein Buch oder 
ein Bildungsblatt in die Hand zu nehmen, und nur 
nach sündlichen Genüssen streben. Man sehe sich 
zur die halbwüchsischen Burschen an, wie sie mit 
der Cigarre im Munde, bei Schnaps und Bier in 
rTdinären Spelunken sich bewegen, wie sie mit 
Dirnen umgehen, denen der Stempel des Lasters 
auf die Stirn gedrückt ist. Solche Leute find es. 
die später mit ihrem Schicksal hadern. Doch zurück 
ur Erziehung. Nicht allein die Schule lehrt, sondern 
ast noch höher stehen die Erfahrungen des Lebens, 
venn man sie weise zu benutzen versteht und schon 
rühzeitig den Kindern den Grundsat einflößt, daß 
je von jedem auch von dem geringsten Anleiter 
iwas lernen können. Man lasse sie endlich keine 
RKomane lesen und gebe ihnen nur solche Bücher, 
welche Beispiele bringen, wie die Söhne und Töchter 
armer Eltern emporgestiegen sind zu hohen Stellen, 
ndem sie rastlos ihr Ziel verfolgten. Wiederholt 
ei des gesagt: Es ist jeder seines Glückes Schmied.“ 
Dürfte es hier wohl ein besseres Beispiel geben, als 
Benjamin Franklin? Er, der vom einfachen Buch⸗ 
druckergehilfen sich emporschwang bis zu den höchsten 
Ehrensiellen der Vereinigten Siaaten Nordamerikas. 
Mochten doch so manche seiner Worte gedenken, 
aAs r davon sprach, wie er empor gekommen ist. 
Er sagl: „Auf andere Weise auf einen grünen 
Zweig zu kommen, als durch Fleiß, Ordnung und 
Sparfamkeit, ist unmöglich.“ 
Aber das Saatkorn muß früh gelegt werden, 
damit es herrlich aufgehe, und wie die Aussaat, so 
wird auch die Ernte sein. 
Zokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. In gbert, 3. Febr. Gestern Abend 
drachte die hiesige Feuerwehr im Verein mit den 
Zängern der „Gemüthlichkeit' und des „Casino“ 
dem neugewählten Bürgermeister Herrn Heinrich 
einen solennen Fackel zug, der fast die ganze 
viesige Bevölkerung auf die Beine brachte. Nach⸗ 
Zem der Zug unter den Klängen eines Marsches 
hor der Wohnung des Bürgermeisters angelangt 
var, spielte die Stadtkapelle und die Sänger sangen 
»einen Chor. Der J. Kommandant der städtischen 
Feuerwehr, Herr Kaufmann Neymann, brachte 
iun auf Hercn Heinrich ein Hoch aus, worauf die 
dapelle die Königshymne intonierte, in welche jung 
ind alt einstimmie. Ja kurzen, aber bestimmten 
Worten sprach Herr Heinrich seinen Dank aus und 
nersprach, ein unparteiischer und uneigen—⸗ 
nütziiger Bürgermeister der Stadtgemeinde, die er 
mit einer Aktiengesellschaft verglich, ein Bürg er— 
meister für Alle zu sein. Seine Rede schloß 
er mit einem Hoch auf Seine Maiestät König 
Ludwig. 
*St. Ingbert, 3. Febr. In seiner am 
Zamstag staltgehabten Sitzung nahm der Ausschuß 
des Laudwehr-Vereins St. Ingbert die 
hertheilung der Chargen vor und wählte dadei als 
.. Prasidenten: Herrn J. Peters, Kaufmann, 
is U. Präsidenten: Herrn J. Neymann, Kauf⸗ 
nann, als Adjutanten: Herrn Paul, Steiger, als 
Zchriftfüͤhrer: Herrn Emil Grewenig, Sattler, 
ls Rechner: Herrn N. Schmelzer, Bergmann. 
—Z Ein Erlas der k. Regierung der 
Pfalz vom 24. Januar 1885 lautet: „Wie der 
Regierung bekannt wurde, kommt es noch immer 
‚or, daß in Volksschulen einer bestimmten Kon⸗ 
ession, welche zugleich von einer Minderheit schul⸗ 
flichtiger Kinder der anderen Konfession besucht 
verden oder in konfessionell gemischten Schulen 
nit nur einer Lehrstelle die Kinder der konfessio 
nellen Minderheit zur Theilnahme an dem Religions⸗ 
interrichte, Gebete und Choralgesange der anders⸗ 
läubigen Schüler angehalten und hierdurch bis— 
heilen bedauerliche Zwistigkeiten unter den beiden 
yristlichen Religionsparteien hervorgerufen werden. 
zs kanuͤ keinem Zweifel unterliegen, daß ein solcher 
—XD 1y89 
Abs. Ider baherischen Verfassungsurkunde garan⸗ 
irten Gewissensfreiheit und deshaib jede derartige 
Naßregel unbedingt unzulässig ist. Die k. Regierung 
ijeht sich zur Fernhaltung eines solchen ungesetzlichen 
gerfahrens im Einvernehmen mit den beiden kirch⸗ 
ichen Oberbehörden der Pfalz zu dem Auftrage 
in die k. Bizirksämter, Distrikts- und Lokalschul- 
uspektionen veranlaßt, strengstens darüber zu 
vachen, daß künftig Schulkinder weder zum Reli⸗ 
ionsunterricht der andersgläubigen Schuljugend 
ugezogen, noch zur Theilnahme am Gebete und 
Thoralgesang derselben irgendwie veranlaßt oder 
ingehalten werden. Dem Lehrpersonal sind in 
ieser Hinsicht die gemessensten Weisungen seitens 
er Loialschulinspeklionen zu ertheilen. Um jedoch 
ede Harte solchen Schulkindern gegenüber, welche 
inen längeren Weg zur Schute, wie z. B. von 
inem entfernten Hofe ⁊c., zurückzulegen haben, zu 
ermeiden, ist Anordnung zu treffen, daß diesen 
dindern zur Zeit strenger Kälter, bdei Regenweiter 
c. der Eintrut in das warme Schullokal auch vor 
em Anfangsgebete und eventuell vor dem Absingen 
»es Choralgesanges in dem Falle nicht verweigert 
verde, wenn diesen Kindern, die oft nur mangel⸗ 
jaft gekleidet sind, ein anderes Schullokal oder ein 
onstiger geeigneter Aufenthaltsraum nicht zur Ver⸗ 
ügung steht.“ 
In der Ausschußsitzung der Landes⸗ 
agelversicherungsanstalt wurden folgende 
zestimmungen augenommen: „Hagelschäden bis 
inschließlich 6 pCt. der Versicherungssumme des 
eschädigten Theiles eines Grundstückes sind nicht 
rjatzfahig. Bei Schlägen von 7—9 Ct. der 
zersicherungssumme sind die ersten 2 pPCt. bei 
Scchäden von 10— 19 pCt. die ersten 3 pCEt. der 
zersicherungssumme nicht ersazfähig. Für je 
beitere 107 pCt. des Schadens ist je ein weiteres 
Zrozent der Versicherungssumme nicht ersatzfähig. 
diese Bestimmung tritt sofort in Wirksamkeit. 
[] Schnappach, 2. Februar. In der ver⸗ 
lossenen Woche wurde in Altenwald ein Mädchen 
zerhaftet, welches einige Zeit in Trier diente und 
lauͤbte die Sachen ihrer Herrschaft auch zur ihrigen 
nachen zu dürfen, indem dasselbe beim Forigange 
ine goldene Uhr, einen Haarpfeil und goldenen 
Ring mitgehen hieß. 
— Auf der am Freitag abgehaltenen Treibjagd 
»es Herrn Reichsrathes von Krämer im Jägers⸗ 
zurger Revier wurden von circa 19 Schützen 21 
Kehböcke, 41 Hasen und 4 Füchse erlegt. 
— Glanmünchweiler, 1. Februar. Auf 
inserer Eisenbahnstation ereignete sich leider ein 
—VV — 
rin sehr braver Mann, ftürzte vor Einfahren der 
Fisenbahnzuges, als er das Geleise überschreiter 
wollte, auf das letztere, wurde von der Maschin 
erfaßt und derart am Unterleibe verletzt, daß ihn 
die Gedärme hervorquollen. Derselbe wurde in die 
Zlinik nach Heidelberg verbracht. (GK. 3.) 
— In Schönan sind die Rötheln so hefti— 
aufgetreten, daß die Schulen dortselbst -geschlossen 
werden mußten. 
— In Albis heim ertränkte sich der Hausirn 
Peter Koch, welcher vor ungefähr 14 Tagen vor 
wei Knechten derart geschlagen wurde, daß ma 
hehauptet, infolge dessen sei Geistesstörung einge 
reten, und dies der Grund, daß er diese traurig— 
That an sich verübte. 
— Vom unteren Hardtgebirge win 
twas größere Rührigkeit im Weingeschäfte ge 
meldet.“ In Wachenheim wurden größere Parthieen 
Reuer zu 1000 Mk., in Friedelsheim zu 600 Mi 
per Fuder verkauft. 
Ein am Badebetrieb in Dürkheim Be 
heiligter erörtert in der „B. Z.“ die Projekt 
velche nach dem Muster Kreuznachs nächstes Früh 
ahr in Angriff genommen werden sollen. Dieselbe 
estehen in Erbauung eines Kurhauses beziehungs 
veise Umbau des Stadthauses mit etwa 100 Zim 
nern und 150 Betten-, Lese- und Konversations 
immer, Verbesserung der Badeanlagen durch Neu 
'assung der Quellen, Ausdehnung der Parkanlagen 
ais zur Saline, Errichtung einer Villa aus der 
Sieber'schen Anwesen mit Wohnräumen für hoh 
Fremde. Zusammenarbeitend mit der städtische 
herwaltung und dem Gönner des Bades, Hern 
Zrof. Virchow. müßte ein gröoßeres Komité d 
jothwendigen Kapitalien aufbringen, wogegen bo 
em zu erwartenden Fremdenzuzug für die gesamm 
rinwohnerschaft großer Nutzen zu erwarten stünd 
—“ In Rheingönnheim ereignete sich en 
Zamstag ein sehr bedauerlicher Ungücksfall. En 
jähriger Knabe wollte in dem Augenblick unte 
inem bespannten Wagen hindurchschlüpfen, als da 
Fuhrmann, der davon nichts sehen konnte, di 
üferde antrieb. Die Räder des schwer beladenn 
Fuhrwerkes gingen nun so unglücklich über du 
ind hinweg, daß es sofort eine Leiche war. 
— Speyer, 31. Januar. Seinen Mi 
liedern hat der protestantische Verein der Pfeh 
ine werthvolle Gabe zugehen lassen, eine Mond 
zraphie des Speyerer Bischofs Matthäus von Chan 
jelle aus der kundigen Feder des Stadipfartu 
Höpffner in Neustadt. Das Schriftchen liefert eint 
Heitrag zur Geschichte der Beziehungen zwische 
Staat und Kirche aus dem Anfang dieses Jah 
junderts. 
Bermischtes. 
Mannheim, 1. Februar. Ein hier 
zjangener Mord hat uunsere Bevölkerung in grof 
Auftegung versetzt. Das Opfer derselhen ist 
edige 32 Jahre alte Margaretha Ries 
Weifenheim am Sand (Pfalz). Dieselbe war früh 
hier im Dienst, und kehrte, mit einem bis j— 
nicht herausgefundenen Mann, in welchem me 
den Mörder vermuthet, in mehreren hiesigen Wir' 
chaften ein. Die Ermordete wird als eine buo 
herson geschildert. Man glaubt, daß ein Lustmo 
zorliegt. 
FEine Familie in Schweinfurt bveil 
nnerhalb vierzehn Tagen 4 Kinder in Foh 
drankheit. Als die Großmutter den Tod des letztt 
rfuhr wurde sie vom Schlage getroffen und w 
ofort todt. 
Der Münchener Quellenfinder Bero 
zat nach der „Allg. Zig.“ vor Kurzem in eint 
100 Mt. über der Meeresfläche gelegenen Do 
des Odenwaldes einen neuen glänzenden Bew 
reiner wunderbaren Gabe und Kunst, unterirdis 
Wasserläuf anzuzeigen, gegeben. Die Gemei 
stothenberg bei Hirschhorn, die in trockenen Jaht 
in empfindlichem Wassermangel litt, hatte im Heth 
derrn Beraz zu einer Quellenuntersuchung einh 
aden. Am 8. Oktober zeigte derselbe in Gegt 
vart des Berichterstatters und des Ottsvorstand 
m Laufe eines Nachmittags einige Stellen an, 
n angegebener Tiefe, Richtung und Stärke Quel 
uverlässig zu finden seien. Die erste Quelle sol 
zei 19 bis 22 Mi. Tiefe in 8 Cm. Stärke fließ 
Am 17. Dezbr. stießen die Brunnengraber, n 
iner durch Felsensprengen langwierigen Arbeit 
twa vier Wochen, bei 20,6 Mt. auf die Que 
Nie so reichhaltig fließt, daß sie einen großen 70