Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünufmal: Am Montag, Dienstag, Donunerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungt- 
tlait und Sonntagß mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 A SGo A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 , einschließlio 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt. 18 4. Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimellne berechnet. 
M 245. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 11. Dez. Der preußische Finanz 
ninister v. Scholz war hier in München; wie 
zie N. N.“ jetzt mirtheilen können, traf er am 
5. November hier ein, stieg im Hotel „Englischer 
dof“ ab, verweilte am 26. November hier und 
eiste am 27. wieder ab. Damit iind die offiziosen 
Zerliner Meldungen widerlegt, welche den Anschein 
rwecken wollten. Herr v. Scholz sei überhaupt 
nicht in München gewesen, weil sie mit Fug be⸗ 
treiten konnten, daß er am 4. Dezember hier war. 
daß die Reise des preußischen Finanzministers mit 
zem Branntweinmonopol zusammenhing, 
interliegt keinem Zweifel; er muß aber auf erheb· 
ichen Widerstand gestoßen sein, da nunmehr viel⸗ 
jach versucht wird, die ganze Monopolfrage in den 
Schleier des Geheimnisses zu hüllen. Man wird 
jut thun, die Frage nicht aus den Augen zu ver- 
jeren: Geben die drei süddeutschen Bundesstaaten 
hr Reservatrecht auf, was wir zur Zeit noch nicht 
zlauben, dann lommt das Monopol so sicher an 
jen Reichstag, wie die Nacht auf den Tag iolgt. 
Berlin, 12. Dez. Der neue Erzbischof 
on Köln, Dr. Cremen, ist heute Nachmit- 
jag vom Kronprinzen empfangen worden. 
Horgen. Sonntog, Nachmittag, wird ihm der 
Rarser Audienz ertheilen. 
Berlin, 18. Dez. Nach einer Pariser De⸗ 
pesche der „Nationalzeitung“ hat sich die dortige 
dandelskammer dafür ausgesprochen, daß die Be— 
Heiligung Deutschlands an der internationalen 
AÄussiellung 1880 notbwendio sei. 
Ausland. 
Wien, 12. Dez. Der „N. fr. Pr.“ zufolge 
oll die auf den Kriegsschauplatz zu entsendende 
demarkations⸗Kommission aus den Militärbevoll- 
nächtigten Deutschlands, Rußlands und Italiens 
n Wien und einem österreichischen Stabsoffizier 
estehen. 
Belgien hat, wie der „Koln. Ztg.“ aus 
Brüssei gemeldet wird, Deutschland für den Fall. 
daß Antwerpen zum Anlegehafen für die deutscheu 
Bostdampfer gewählit wird, die Befreiung von allen 
hafengebühren zugesichert, zuverlässiger Nachricht 
ufolge begünstigt der Norddeutsche Llond in Bremen 
die Wahl Antwerpens. 
Madrid, 12. Dez. Die Leichenfeier 
ür König Alfonso begann heute Vormittag 
am 10 Uhr. Es wohnten derselben etwa 2000 
Personen, darunter 800 in offizieller Eigenschaft, 
zei. Der Katafalk, an welchem 38 Prälaten. an 
der Spiße der Bischof von Madrid, celebrirten, 
var überaus reich geschmückt und bot einen äußerst 
mposanten Anblick dar. Der Akt dürfte bis in 
die Nachmittagsstunden dauern. 
Ueber die hervorragende Theilnahme der hul— 
zarischen Juden an dem serbisch-bulgarischen Kriege 
veiß der in Mainz erscheinende „Israelit“ folgen— 
des zu berichten: 
Sofia. Am 2. Dezember zeichnete Fürst 
Alexander das von den jüdischen Gemeinden aus⸗ 
zeruͤstete jüdische Bataillon besonders aus. Dem 
Führer desselben, Lieutenant Misrachi, heftete der 
Fürst mit eigenen Händen die goldene Medaille 
für Tapferkeit an die Brust und richtete an die 
kleine noch übrig gebliebene Schaar folgende er 
hebenden Worte: „Eure gefallenen Heldenkameraden 
haben gezeigt, daß sie würdige Nachlommen der 
Makkabäer waren und Ihr selbst habt in den 
Schlachten von Slinnika. Dragoman und Virot 
Montag, 14. Dezember 1885. 
20. Jahrg. 
— 
hewiesen, daß Ihr an Tapferkeit und Liebe zum 
Haterland der ruhmreichen, bulgarischen Armee nicht 
rachfteht.“ Das Bataillon, welches 5300 Mann 
tark war, hat bei Slivnitza allein den vierten Theil 
einer Streiter verloren; in den übrigen Schlach⸗ 
en sind weiter 83 Mann gefallen, so daß es heute, 
die Kranken abgerechnet. keine 2860 Mann mehr 
zählt. — 
Nisch, 12. Dez. General Leschianin meldet, 
er serbische Kommandant von Srovetinikola habe 
hm Folgendes berichtet: Die bulgarischen Vor⸗ 
vosten, welche 5 Kilometer von unseren Vorposten 
entfernt waren, näherten sich am 9. Dezember bis 
z00 Schritt und begannen zu schießen. Wir ant- 
vorteten, worauf eine ganze Kompagnie anrückte 
ind das Feuer auf 500 Schritte eroffnete. Dat 
Beplänkel dauerte eine halbe Stunde, worauf sich 
die Bulgaren zurückzogen. Unsere Verluste sind 
uinbekannt. 
worden war, sein gegebenes Eheversprechen durch 
Ehelichung binnen 2 Monaten zu erfüllen oder die 
Braut zu entschädigen, hat sich zu ersterem ent⸗ 
schlossen und am letzten Tage der gesetzten Frist 
das Mädchen geheiraihet. (Wahrscheinlich um sich 
recht bald scheiden zu lassen.) 
Konstanz, 9. Dez. Gestern früh fand 
wischen dem Premierlieutenant Sachs und dem 
dieutenant Hellwig ein Vistolenduell statt, bei wel⸗ 
hem der erstere im Unterleih so schwer verletzt 
hurde. daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
Dherehex la femme! Hellwig war der Verführer 
»er Frau seines Kameraden gewesen und zur 
„Sühne“ dieser Heldenthat schießt er den Rächer 
einer Ehre noch über den Haufen. 
Die Erregung ist in hiesiger Stadt ist eine große, 
die Blätter sprechen ihre Entrüstung offen aus. 
Hellwig selbst hat, nachdem er sein Ehrenwort ge⸗ 
Jeben, nicht zu entfliehen, einen 14tägigen Urlaub 
genommen. 
— Der seltene Fall, daß ein schwurgerichtliches 
Urtheil vom Reichsgericht aufgehoben wird, ist ein⸗ 
getreten. Das Reichsgericht hat, auf eingelegte 
Revision hin, das unterm 20. Oktober l. Is. von 
dem Augsburger Schwurgerichte im Moser⸗ 
schen Mordprozesse gegen die Ellgaß'schen Eheleute 
oon Immenstadt gefällte Todesurtheil, in Folge 
eines bei der Schuldfragestellung unterlaufenen 
Formfehlers aufgehoben und zur nochmaligen Ab⸗ 
artheilung verwiesen. 
F Dresden, 11. Dez. Der Lustmörder 
E. Gustav Kühner aus Altfranken wurde heute 
rüh hingerichtet. 
Aus Schlesien, 10. Dez. Eine Jagd⸗ 
gesellschaft auf österreichischem Gebiete hat fich einen 
Scherz in mittelalterlichem Style gemacht. Sie 
gielt einen Bahnarbeiter unter der Beschuldigung 
des Hasendiebstahls fest, verurtheilte ihn zum 
Spießruthenlaufen und vollzog einmal an ihm die 
Strafe. Obwohl dem Manne gedroht war. daß 
man ihm die Knochen entzwei schießen werde, wenn 
er zu fliehen versuche, lief er davon. Man feuerte 
sinter ihm her und einige Jägerburschen erhielten 
den Auftrag, ihn zu verfolgen. Erst als der Ge⸗ 
jetzte sich umkehrte und in der Verzweiflung den 
einen Burschen, der ihm auf den Fersen war, 
niederschlug, ließ man ihn entkommen. So erzählt 
eine Korrespondenz der klerikalen „Neifs. Zeitung“ 
uus Neustadt in Schlesien. 
5348 Studirende besuchen gegenwärtig die 
Berliner Universität. Saämmtliche Erd- 
heile find vertreten, Afrika mit 3, Amerika mit 
128, Asien mit 10, Australien mit einem Stu⸗ 
direnden, die übrigen sind Europäer. Die Zahl 
der Hörberechtigten beläuft sich auf 6842. 
FBerhin, 11. Dez. Der Tischler Schu⸗ 
nicht wurde wegen Ermordung d er Frau Johanne 
Weber, welche er offen eingestand. vom Schwurge⸗ 
richte zum Tode verurtheilt. 
4la Klapphorn. 
Zwei Fcauen auf dem Markte stehen, 
Da wollen sie plötzlich weiter gehen, 
Im „Klatschen“ jedoch tief verloren, 
Waren beide ganz fest — angefroren. 
Die Wirklichkeit übertrifft stets noch die 
ühnste Phantasie. So ist es auch wieder bei der 
Bolkszählung gegangen. So mancher Scherz ist 
iber den Muster Haushalt des Herrn Karl Feld— 
nann gemacht worden, aber die mannigfachen 
dombinationen desselben sind von der Wirklichkeit 
Joch hedeuftend überbolt worden. Da finden wir 
LBokele und pfälzische Nachrichten. 
— Auf fämmtlichen Staatsbahnen ist den am 
24. und 25. Dezember d. J. gelösten Retour- 
ditlets eine Giltigkeitsdauer zur Rückfahrt bis 
einschließlich den 28. Dezember (Bontag) beigelegt. 
Kagiserslaufern, 11. Dez. (Kon— 
ursverfahren.“ Durch Beschluß des kgl. Amtsge- 
richts dahier wurde über das Vermögen des Ludwig 
Wolfram, Holzhändler in Kaiserslautern wohnhaft, 
Zas Konkursverfahren eröffnet und der Geschäfts⸗ 
nann Heinrich Helfer dahier zum stonkursberwalter 
ernannt. 
dDer Gemeinderath in Lustadt hat nach 
dem „Land. A.“ einen Orispolizeibeschluß gefaßt 
wvonach der Bierausschank mittelst Anwendung von 
Bierpressionen verboten ist. Als Grund zu dieser 
Maßregel wird angegeben, daß im vorigen Jahre 
ein doctiger Bürger durch den Genuß eines Schop⸗ 
pen Bieres, das über Nacht in einer Pression ge⸗ 
standen, erkrankt und beinahe gestorben wäre. Da 
war es allerdings Zeit zu einer solchen MaKregel 
zu greifen! 
Speyer, 11. Dez. Am 10. de. beschloß 
die Generai⸗Synode, daß diejenigen, welche in ger 
nischten Ehen ihre sammtlichen Kinder in einer 
inderen kirchlichen Gemeinde taufen oder erziehen 
jassen, kein kirchliches Amt mehr bekleiden dürfen 
das altive Wahlrecht, das Recht der Taufpathen- 
chaft und das Recht der Theilnahme am öffent⸗ 
ichen Abendmahl verlieren, nicht allgemein zwar, 
oudern blos in jenen Gemeinden, wo das Pres 
»yterium dies wegen Gefabr der Proselytenmacherei 
ür angezeigt hält. 
Vermischtes. 
r GBolkszählungsergebnisse. Saar. 
Jemünd 10,724, Straßburg 112,091, Forbach 
7818, Neunkirchen 17.228 (Zunakme seit 1880 
2581 Personen.) 
F Tholey, 10. Dez. Zur Zeit, wo der 
Name des tapferen Bulgarenfürsten Alexander von 
edem Deutschen mit Stolz genannt wird, dürfte 
3 vielleicht nicht uninteressant sein, zu erfahren, 
daß der Lehrer Alexander's in der Fortifikations- 
unst unser Bürgermeister, Herr In jgenieur⸗Haupt⸗ 
mann Dihm, war. 
F Darmstadt, 8. Dez. Nach dem heutigen 
Berzeichnisse ist die Summe der Geldspenden für 
die derwundeten Bulgaren auf 39.550 Mark an⸗ 
gewachsen. 
Gur Ehe gezwungen!) Ein junger 
Mann in Frankfurt der kürzlich verurtheilt