Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
—XR erter azeiger“ erscheiat wbchentlich fuufmalt Am ontaa, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs— 
en vnd Sonntagt uni Sfeitiger ustrirter Seilage. Das Blatt koftet vierteljahrlich J A 60 A einschließtich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1x 75 4, einschl ekt. 
d4 IXR—— —ugsagebühr far die 48gespaltene Sarmondizeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalt 10 —, bei aukerpfälzischen und olch⸗ 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1534, Neclamen 30 4. Bei Amaliger Ginrickung wird nur dreimalige berechnet. 
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Seutsches Reich. 
Berlin, 11. März. Der Reichstag trat 
seute in die Berathung des Antrages Windthorsi 
vegen Befreiung der Abgeordneten vom Zeugniß 
wange Nachdem Windthorst, v. Bernuth und 
hanei für Kommissionsverweisung, v. Hammerftein 
sofortige Adweisung gesprochen, erklärt Staats⸗ 
ssreiat d. Bötticher sich gegen die kommissarische 
gerathung des Antrages. Es sei zweifellos; daß 
sne einseitige Erklärung des Reichstages auf die 
eeireffenden Behoͤrden einflußlos sein müsse. Der 
hundesrath habe zu diesem Antrag noch keint 
zellung genommen, dagegen sei die preußische 
segierung der Ansicht, daß der Artikel 30 der 
aassung (die Immunität der Abgeordneten) die 
zeichbiags᷑mitgliedet vom Zeugnißzwang nicht be⸗ 
rie. Kur durch Gesetz koͤnne eine andere Inter- 
etation beschlossen werden. v. Reinbaben ist 
segen den Antrag Windthorst in der vorliegenden 
Form, hat aber gegen eine genauere Prüfung in 
Geschäftsordnungskommission nichts einzuwen⸗ 
den. Plafferot ist sür den Antrag. v. Maltzahn 
wint, der Antrag Windthorst widerspreche dem 
— E— 
hnt werden. Windthorst tritt den Ausführungen 
Vorredners entgegen. 
Nachdem Hänel mehrmals für Kommissions- 
— 
Zlaaisseitetär v. Bötticher nochmals die Auffassung 
xr preußischen Regierung vertheidigt hat, wird 
er Antrag der Geschäfteordnungskommission über⸗ 
wiesen. Der Reichstag überwies dann den Antrag 
Rolile auf Abänderung des Militärpensionsgesetzes 
iner 21gliedrigen Kommission. Moltke hob her ⸗ 
hor, die Verquickung der Pensiensfrage mit der 
dcsteuerungsfrage sei ungerechtfertigt. Die weise 
Ftiedenspolitik der deutschen Regierung sei nui 
nöglich durch ein kriegsbereites Heer. Mit der 
diftzieren der Armee erhalte man die Armee selbst 
Zolle die Armee ihren Zweck erreichen und kräftig 
ind jugendfrisch bleiben, so müsse man ihr das 
—X 
jonobberalhung, ebenso Baumbach, welcher den von 
en Regierungen betretenen Weg bezüglich der 
besteuerungsfrage als unannehmdar bezeichnet. 
Bindthorst ist für Kommissionsberathung. Der 
—X 
dlärt sich für Auseinanderhaltung der Pensions 
rage und der Besteuerungsfrage. d. Manteuffel 
ebenfalls für Kommisfionsverweisung und kündigt 
inen Antrag an, dem Gesetze rückwirkende Kraft 
neizulegen. Meyer (Jena) und Richter sind für 
reichsgesetzliche Rgelung der Befieuerungsfrage. 
zrsierer erklärt, daß er und seine Freunde dem 
Antrage gegenüber eine wohlwollende Stellung ein⸗ 
ähmen. Nächste Sitzung morgen. 
Berlin, 11. Maärz. Der Reichstag geneh⸗ 
nigte den Rest des von dem Adg. Reich en⸗ 
Pperger beantragten Gesetzentwurss über die 
diedereinführung der Verufung in der Fassung der 
dommission. Der Einführungstermin wird auf 
den 1. April 1887 sestgesetzt. 
Ausland. 
Wien, 10. Maärz. Die ‚Köln. Zig.“ meldet 
von hier: In hicsigen unterrichteten Kreisen hatte 
nan erwartet, daß die Unterzeichnung des die 
bereinigung Ostrumeliens mit Bul—⸗ 
zarien qütheißenden Abtommens schon für Sonn⸗ 
aq, den 7. März erfolgen werde. Diese Erwar⸗ 
ung konnte sich aber nicht verwirklichen, da am 
Samstag, 13. März 1886. 
A. Jahrg. 
Montag unoch zwei Boischafter in Konstantinopel 
ohne Weisungen ihrer Regierungen geblieben waren. 
das ift inzwischen nachgeholt, und da auch unter— 
dessen die französischen aus der Zollfrage eiwach 
enen Bedenken durch Beseitigung der bulgarischer⸗ 
eils neueinführten Zolllinie weggeraumt sein werden 
o wird das Protokoll wohl schon heute, spätestens 
iber morgen durch alle Botschafter unterzeichnet 
werden. Die endgiltige Konferenz, die sodann auch 
die Veränderungen des organischen Statuts gutge⸗ 
Jeißen haben wird, soll in einigen Monaten gleich 
alls in Konstantinopel zusammentreten. Die Be— 
zauptung einzelner Blaͤtter, daß dafür Berlin in 
Aussicht genommen sei, entbehrt jeder Begründung. 
Vor einiger Zeit ist allerdings vertraulich seitens 
ꝛiner Macht angeregt worden, ob man nicht Berlin 
as Ort der endgiltigen Konferenz wählen solle, 
da es sich doch um Aenderungen des Berliner 
Vertrages handle. Die Anregung ist indes von 
Deutschland so bestimmt und so rasch abgelehnt 
vorden. daß fie nicht einmal die Form eines An⸗ 
rages oder eines allen Mächten unterbreiteten Vor⸗ 
chlags gefunden hat. Die Kränkung, die der 
Pforte durch die Wahl eines neuen Konferenzortes 
ugefügt werden würde, liegt zudem auf der Hand; 
ulsbals nach obiger Unterzeichnung werden die 
Hroßmächte jetzt auch die Abrechnung mit Griechen- 
land halten; man zweifelt hier nicht. daß dieselbe 
ich ohne Friedensstörung vollziehen wird. 
Die österreichische Regierung soll nach 
Balizien eine dämpfende Mahnung gerichtet haben, 
in Folge deren die Bildung einer Gesellschaft zum 
Ankaufe verschuldeter polnischer Güter in Posen 
unterbleiben würde. Vermuthlich ist dieses Projek! 
noch auf andere Schwierigkeiten gestoßen. 
Rußlanud. Der „Daily News“ zufolge 
verden in diesem Sommer große Manöver in 
Polen zwischen Wilna und Warschau stattfinden, 
bobei als Voraussetzung das Vorrücken einer feind⸗ 
lichen Armee von Wilna auf Warschau angenom« 
men wird Diese Armee soll aus 65,000 Mann 
Infanterie, 7000 Mann Kavallerie und 240 
danonen bestehen, während die Armee von Warschau 
velche den Feind nach Wilna zurückhschlägt, 80,000 
Mann Infanterie, 10,000 Mann Kavallerie, 288 
danonen umfassen soll. Der nene Mobilisations— 
plan soll bei dieser Gelegenheit erprobt werden. 
Der Kaiser wird den Manövern beiwohnen. 
Paris, 10. März. Der Bürgermeister von 
Zaint· Cloud hat der Louise Michel verboten, Ver⸗ 
ammlungen in seiner Bürgermeisterei zu halten 
Laut einer Depesche der „Temps“ von heute 
zibt sich in Athen eine sichtbare Beunruhigung 
n der öffentlchen Meinung kund, angesichts der 
zewaltigen Vorbereitungen der Pforte, die 180,000 
Mann an der Grenze stehen hat, denen Griechen« 
land höchstens 60. 000 Mann entgegenfstellen kaun. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Wie schon in der gestr. Nummer dfr. Ztg. 
uurz erwähnt, ist in Alton, Illinois, der katholische 
Bischof Baltes gestorben. Derselbe stammte 
uus Ensheim (Kanton St. Ingbert), von wo 
er jedoch schon als fünfjähriger Knabe nach den 
Ver. Staaten kam. Im Jahre 1870 wurde er 
uum Bischof von Alton ernannt und in demselben 
Jatre reiste er zum Konzil nach Rom. Ueber den 
Berstorbenen schreibt der „Anz. d. Westens“: 
„Bischof Baltes hatte sich, trotzdem er im zarten 
Alter seine deutsche Heimath verließ und unter 
merikanischen Eindrücken aufgewachsen war, ein 
deutsches Herz bewahrt. Er liebte es, wo sich ihm 
Gelegenheit bot, in deutscher Sprache zu predigen, 
und die beutschen Gemeinden seiner Diözese er⸗ 
freuten sich seiner besonderen Gunst. Er machte 
sich niemals des Mißbrauchs schuldig, einer deui⸗ 
schen Gemeinde einen Priefter amerikanischer oder 
jrländischer Abkunft zuzutheilen, und wo ein solcher 
Zustand dei seinem Amtsantritt als Bischof geherrscht 
hatte, ließ er eine Aenderung eintreten. Er war 
gleich beliebt und geachtet bei Prieftern und Laien, 
Katholiken und Andersgläubigen, und auch weit 
UÜber die Kreise seiner Wirksamkeit bekannt.“ 
— Kaiserslautern. Der als Geschworner 
einberufene Banquier Möoͤser ist, weil im Konkurs 
befindlich, gemäß 8 82 Ziff. 3. des Reichsgerichts⸗ 
verfassungs-Ges. zur Ausübung des Geschworenen⸗ 
amtes unfähig. 
— Aus der Pfalz, 9. März. Der 
Waffenbrüder ⸗Verein Enkenbach hat mit 42 Mit- 
gliedern seinen Beitritt zur „Pfälzischen Kampfge⸗ 
nossenschaft“ erklärt. 
— Die MehlLieferung für die Kreis-Irren⸗ 
anstalt Rläängenmünster im Bedarf von 7000 
ilo Blummehl, 3500 Kilo Schwingmehl, 9000 
Kilo Griesmehl, 7500 Kilo Kornvorschuß, 10,000 
stilo Kornmehl, 10,000 Kilo Kernenmehl, 1200 Kilo 
Spelzengries für die Zeit vom 1. April mit 30. 
September 1886 wird an den Wenigftnehmenden 
vergeben. Angebote mit doppelten Mustern und 
mit der Bezeichnung „Submission für Mehlliefer— 
ung“ werden auf dem Verwallungsbureau bis 
zum 13. d. M. entgegengenommen. 
— Deidesheim, 9. März. Es ist unum⸗ 
stößliche Wahrheit, daß das Bier durch langsamen 
Verzapf aus dem Krahnen an Orten, wo der Ver— 
schleiß nicht rasch geht, immer mehr an Kohlen- 
saäure verliert, schließlich schaal wird und sich den 
Gaästen nichts weniger als appetitlich präsentirt. 
Für Wirthe in Gemeinden, wie Deidesheim, in 
denen die Bier⸗Presfionen polizeilich verboten sind, 
ist die angeführte Thatsache sehr fatal. Um nun 
dieser Unannehmlichkeit einigermaßen zu begegnen, 
haben fich einige Wirthe entschlossen, sog. Luft— 
pumpen anzuschaffen, mittelst denen frische Luft 
aus dem Freien in veträchtlicher Höhe durch einen 
Schlauch dem Bierfafse zugeführt werden kann, um 
das Entweichen der Kohlensäure im Biere theils 
zu verhindern, theils die Kohlensäure durch die ein⸗ 
zepumpte Luft zu vermehren,. An den beireffenden 
Zapfkrahnen ist eine Vorrichtung angebracht, durch 
welche das Ausströmen der zugeführten Luft un— 
möglich gemacht wird, und so ist der Wirth im 
Stande, allenfallfige Bierreste im Fasse auch noch 
am folgenden Tage, ohne gegen die sanitären 
Regeln zu verstoßen, verzapfen zu können. Es ist 
diese Einrichtung allerdings mit etwas Kosten ver— 
bunden, dürfte sich aber in Anbetracht der mißlichen 
Verhaltnisse doch rentiren. Für die heißen Sommer— 
monate ist, weil die zugeführte Luft fast immer 
hohe Temperatur hat, unbedingt Eis nöthig und 
werden auch bei uns zu diesem Zwecke hie und da 
Eisschränke aufgestellt werden. (Pf. Vztg.) 
— Speyex, 9. März. Der Vorsitzende des 
Verbands südwestdeutscher Stenographen in Karls— 
ruhe ladet dessen Mitglieder zu einer Gauver— 
sammlung auf nächsten Sonntag, den 14. März. 
Nachmittags 4 Uhr, im Café Weigand vorm. Witter 
in Frankenthal ein und wünschen wir derselben 
eine recht zahlreiche Betheiligung.