Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Amziger 
—2 R 48* 4 90 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der ‚St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fuufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M IO. Samstag, 16. Januar 1886. 21. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 13. Januar. Zu den sensatis⸗ 
nellen Meldungen der „Frkf. Ztg.“, das Ministe⸗ 
rium und die Kabinetskafse betr., schreiben die 
Neuesten Nachrichtens: Wir sind heute in der 
dage, die Nachricht, daß das Gesammmministerium 
eine ehrfurchtsvollste Vorstellung an Se. Majestät 
den König von Sachsen der Kabinetskafse gerichtet 
hat, als thatsächlich richtig zu bestätigen. Eine 
helegraphische Meldung der Frkf. Ztg.“, welche 
besagt, „die Vorstellung des Gesammt⸗Ministeriums 
in Sachen der Lage des Landes und der Civiliste 
wurde vom König zurückgewiesen,“ scheint uns in⸗ 
dessen der Form nach nicht den Thatsachen zu 
entsprechen, während die weitere Meldung desselben 
Blattes, das Kabinet Lutz habe seine Demission 
zrreicht und Baron Franckenstein (ultramontan) 
solle mit der Bildung eines neuen Kabinets be⸗ 
auftragt werden, mit aller Bestimmtheit als un⸗ 
richtig zu bezeichnen ist, so geschäftig derartige Ge⸗ 
rüchte auch gestern in unserer Siadt kolportirt 
wurde. Nach unseren Informationen ist die Gtell⸗ 
ung des Ministeriums weder erschüttert, noch be— 
absichtigt dasselbe, seine Demission zu nehmen; die 
Fventualität, daß Freiherr zu Frankenstein mit der 
Bildung eines neuen Kabinets beauftragt werden 
solle, dürfte unseres Erachtens gerade bei der augen⸗ 
zlicklichen Konstellation kaum in Betracht kommen. 
Ob die erwünschte Klärung schon innerhalb der 
aächften Tage erfolgen werde, möchten wir bezweifeln. 
Berlin, 13. Januar. Im Reichstag zirku— 
irte heute das Gerücht — und ein hiesiges Blatt 
tellte heute Abend bereits ernste Betrachtungen da⸗ 
rüber an — daß der Siß des Erzbischofs 
von Posen nach Berlin verlegt und eine Nun— 
tiatur damit verbunden werden sole. Polnische 
und ultramontane Abgeordnete, die allenfalls unter⸗ 
richtet sein könnten, bezeichneten das Gerücht als 
unglaubwürdig; es scheint aber doch nicht ausge⸗ 
schlossen, daß die Unterhandlungen in dieser Rich⸗ 
rung schweben. Sehr wahrscheinlich ist, daß die 
Thronrede das freundschaftliche Verhältniß zum 
Bapste sehr hervorheben wird. 
Berlin, 14. Januar. Im Eingang der 
Landtags· Eröffnungsrede heißt es: „Indem ich Sie 
am Eingange einer neuen Legislaturperiode will- 
tommen heiße, ist es Meinem Herzen Bedurfniß, 
von dieser Stelle aus nochmals Meinem Volke 
Meinen Königlichen Dank zu sagen fur den ein⸗ 
müthiigen und erhebenden Ausdruück der Liebe und 
Anhänglichkeit, der mir zu dem Tage entgegengebracht 
wurde, an welchem Ich auf die 25jährige Dauer 
einer durch Gottes Gnade nach innen und außen 
reichgesegneten Regierung zurückblicken konnte. Zu 
gleicher Befriedigung hat es mir gereicht, daß bei 
dieser Gelegenheit auch außerhalb der Grenzen des 
Vaterlandes eiu Maß von wohlwollender Theilnahme 
an Unserer Feier zulage getreten ist, welches den 
freundlichen Beziehungen des Reiches zu allen aus— 
värtigen Regierungen und Meinem vollen Vertrauen 
auf die gesicherte Fortdauer des Friedens entspricht. 
Die Strafbestimmungen zur Monopol⸗ 
vorlage stellen zunächst fest den Begriff „Braunt— 
wein⸗ Kontrebande“ und den Begriff „Branntwein⸗ 
Defraude“, welche mit 10 Mark pro Liter bestraft 
werden; bei erschwerenden Umständen kann Ge— 
fängnißstrafe bis zu 8 Monaten eintreten. Bei 
Wiederholungen sinden entsprechende Verschärfungen 
statt. Die Verjährung tritt in drei Jahren ein, 
—— 
verfahren kommen die Vorschriften für die Zollge⸗ 
setze in Anwendung. 
Ausland. 
Paris, 13. Januar. Rochefort kündigt die 
haldige Einbringung eines Amnestieantrags an und 
roht der Regierung mit ihrem Eturze, wenn fie 
enselben nicht unterstütze. 
Paris, 13. Januar. Nach dem „Temps“ 
vird die Begnadigung aller noch inhaftirten poli⸗ 
tischen Verbrecher morgen im Ministerrath unter⸗ 
zeichnet werden. 
Paris, 13. Jan. In Anbetracht, daß die 
)rei kaiserlichen Mächte, Deutschlaud, Rußland und 
Desterreich⸗ Ungarn sich bis jetzt nicht geneigt zeigten 
in der für das Jahr 1889 projektirten Pariser 
Weltausstellung zu betheiligen, und die Türkei wohl 
»em Vorgehen der drei Kaiserreiche folgen wird, 
aßt die Ansicht Boden, es wäre am Ende besser 
uind zudem mehr in den Interessen Frankreichs 
gelegen, anstatt der beabsichtigten internationalen 
Welt⸗) Ausstellung im genannten Jahre nur eine 
ranzösischnationale Ausstellung ins Leben zu rufen. 
kine solche wäre auch mit unverhältnißmäßig ge— 
rxingeren Kosten verbunden. 
London, 13. Januar. Die englische Regie— 
rung faßt die Samsafrage sehr ruhig auf, nachdem 
her deutsche Botschafter, Graf Hazfeldt, erklärt hat, 
»aß Deutschland weder die Einverleibung der Insel 
mgeordnet habe, noch von den augenblicklichen Vor⸗ 
sängen auf derselben etwas wisse. Uebrigens ver— 
jffentlicht die „Times“ heute einen statistischen Ar— 
ikel üher Samoa, der das Verhältniß der Deut⸗ 
chen zu den Engländern nachweist. Die deutsche 
Schifffahrt erscheint da mit 92 jährlichen Schiffen 
»on 20,000 Tonnengehalt und 119,000 8. Werth. 
Es gibt mehr als hundert Deutsche, welche 202,000 
Aecker des besten Landes besitzen. Dagegen weist 
die englische Schifffahrt nur 35 Schiffe mit 3799 
Tonnengehalt und 10,000 L. Werih auf. Die 
Anzahl der englischen Unterthanen auf der Insel 
heträgt nur achtzig Personen, welche allerdings 
357,000 Aecker besitzen, die aber theilweise in un⸗ 
fruchtbarem Lande beftehen. 
In dem jetzigen französischen Marinemini- 
ster Admiral Aube haben die Engländer einen 
alten Britenfresser entdeckt. In einem vor einigen 
Jahren in der „Revue des deux Mondes“ ver— 
jffentlichen Artikel prophezeite er, Frankreich werde 
zeim nächsten Kriege mit England dessen Küsten- 
ftädte, ob befestigt oder nicht, „verbrennen, zerstören 
oder unbarmherzig brandschatzen.“ Man wird diese 
Drohung hier nicht vergessen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 15. Januar. Wir erlau ben 
uns hiermit, Freunde des Obstbaues wiederholt auf 
den heute Abend im Obstbauverein stattfindenden 
VBortrag des Herrn Wanderlehrers Fischer auf— 
nerksam zu machen. Die Versammlung wird im 
dokale des Hrn. Joh. Weirich (Becker'sche Brauere 
in der Unterftadt) abgehalten und haben zu der⸗ 
selben auch Nichtmitglieder des Garten⸗ und Obhst— 
hauvereines Zutritt. 
m. Aus dem Pfälzischen Lehrerwaisen— 
stiftte entfiel für das Jatzr 1888 an Unterstütz 
ungen auf den Bezirksverein St. Ingbert— 
Blieskastel die Summe von 771 Mark. Daran 
dartizipieren die Waisen aus 8 Familien mit Be— 
trägen von ie 30. 38. 57. 76. 85 und 190 Mk. 
— GKollekte) Die von Sr. Majesftät 
dem König zur Aufbringung der Mittel zum Bau 
einer katholischen Kirche zu Pappenheim, 
Bezirksamts Weißenburg (Bayern), genehmigte 
Kollekte in sammtlichen lathol. Kirchen des Konig- 
reichs Bayern ist am Sonntag den 31. Januar 
1886 in den katholischen Kirchen der Pfalz vorzu⸗ 
nehmen. 
—S8 Zweibrücken, 10. Januar. Einigt 
neue verbesserte Einrichtungen der Vereine „Kredit⸗ 
reform“ an dieser Stelle bekannt zu geben, dürfte 
fich wohl empfehlen, um so mehr, als deren Be⸗ 
achtung wohl manchem unserer Mitbürger von prak— 
tischem und in baarem Gelde zu berechnenden Nutzen 
sich erweisen wird. Bisher hatte der Verein sich 
zum Theil darauf beschränkt, die böswilligen und 
säumigen Schuldner zweimal im Auftrag der Mit- 
zlieder zur Zahlung aufzufordern. Schuldner, die 
sich daraufhin mit ihren Gläubigern nicht einigten, 
sollten alsdann in die allen Mitgliedern zu üher— 
lassende Listen eingestellt und durch die in Aussicht 
gestellten Folgen dieses Verfahrens moralisch zur 
Pflichterfüllung gezwungen werden. Es soll in 
dieser Richtung nunmehr eine Verbesserung dahin 
eintreten, daß die Mitglieder veranlaßt werden, 
solche Schuldner, bei denen die zwei Zahlungsauf—⸗ 
forderungen erfolglos geblieben sind, weiter zu ver⸗ 
folgen. Es wird nämlich der Gläubiger jedesmal 
befragt werden, ob er gerichtliche Klage wünschi 
und erfolgt dann durch das hiezu bestellte Vereins⸗ 
organ die Einleitung des gerichtlichen Mahn- bezw. 
Klageverfahrens; es sollen den Mitgliedern im Falle 
der Erfolglosigkeit des KRechtsstreites in den Prozessen 
vor den Amtsgerichten in Zweibrücken und Pirma- 
sens keine Vertretungsgebühren berechnet werden. 
Der Vorstand und bezw. Geschäftsführer behält sich 
vor, die Erledigung solcher Prozesse abzulehnen, die 
ihm gänzlich aussichtslos erscheinen. Durch eine 
weitere Maßregel, die haupisächlich den kleinen Ge⸗ 
werbtreibenden, Handwerkern u. s. w. zu gut komms 
(deren Einführung beschlossen ist), dürften die Ver—⸗ 
eine sich deren Dank in hohem Maße erwerben. Es 
soll für solche Geschäfte geringen Umfangs, wie sie 
Art. 10 des allgemeinen deutschen Handelsgesetz 
buches im Auge hat, und für Kleinhandwerker ⁊c. 
die Eintrittsgebühr auf 1 Mark herabgesetzt und 
bvon einem jährlichen Beitrag gänzlich Umgang ge—⸗ 
nommen werden. Diesen als außerordentliche Mit- 
zlieder aufzunehmenden Persönlichkeiten der vorbe— 
zeichneten Kategorien wird nur“ für jeden Mahnauf—⸗ 
trag eine geringe Gebühr berechnet; es werden die 
vergeblich gemahnten in die Listen gesetzt und auch 
auf Verlangen in der weiter oben bezeichneten 
Weise das Klageverfahren für dieselben kostenfrei 
eingeleitet. Ein Anspruch auf Empfang der Listen 
haben die außerordentlichen Mitglieder jedoch nicht; 
eine Einsichtnahme jener auf dem Vereinsbureau 
soll ihnen gestattet werden. 
— Pirmasens, 13. Januar. Von einem 
hiesigen Wirthe wurden gestern in Folge einer 
Wette 100 Cier verzehrt, derselbe sott die Eier 
erst hart, zerkleinerte dieselben dann fast zu Mehl 
und ließ sich davon einen Eierkuchen backen. Durch 
das Schmelzen in Butter zerging die ganze Masse 
zu einem ganz kleinen Kuchen, den zu verzehren 
eine Kleinigkeit war, da jedoch die Zubereitung 
freigestellt war, so mußte die Wette als gewonnen 
gelten. 
— Kaiserslautern, 11. Januar. An— 
läßlich der Erneunung des Herrn Euler, Direktor 
des Eisenwerks, zum Kommesrzienrath, fand gestern