Full text: St. Ingberter Anzeiger

Chaise an der dortigen Brücke gegen die Abweis- 
tteine, wodurch sie in Trümmer ging. Rur durch 
das Hinzueilen von einigen beherzten Männern 
ronnten die Pferde zum Stehen gebracht und wei⸗ 
teres Unglück verhütet werden. 
(8) Hafjsel, 31. Dezbr. Mit Ende des 
Jahres sehen wir aus unserer Gemeinde einen 
uungen Mann scheiden, der es verdient, an dieser 
Stelle Worte der Anerkennung zu finden. Es ist 
unser lieber Lehrer Georg Karlitz, der in 214jäh- 
riger, gewissenhafter Thätigkeit in der Schule die 
ernsten Pflichten seines Berufes übte und das Wohl 
der ihm anvertrauten Jugend in serfreulicher Weise 
förderte. Wie sich ihm dadurch gar bald die Herzen 
der Eltern in freundlichem Vertrauen öffneten, so 
erntete er auch bald allseitige Achtung und Liebe 
dei den Bürgern des Ortes — Früchte seiner zuvor⸗ 
sommenden Freundlichkeit, seines edlen, bescheidenen 
Sinnes und zugleich noblen Wesens. So lernten 
wir ihn als Lehrer und Bürger kennen. Aber auch 
des Dichters treffliche Worte von der Freundschaft 
— „Der Mensch hat nichts so eigen, so wohl 
teht ihm nichts an, als daß er Treu erzeugen und 
Freundschaft halten kann“ — sahen wir an ihm 
sich erfüllen. Ja, ein treuer Freund ist er stets 
dem Freunde gewesen; das haben wir erfahren, 
die wir mit ihm so manche frohe Stunde im 
Freundeskreise verlebten und ein Freundschaftsver⸗ 
zältniß schönster, ungetrübtester Art unterhielten. 
In warmer Etinnerung wollen wir daher auch stets 
seiner gedenken. Moͤge auch er in seiner schöͤnen 
Heimat am deutschen Strome, wo ein neuer Wirk⸗ 
ungskreis sich ihm erschlossen, ein liebes Andenken 
uns bewauhren. Wir dürfen dies hoffen, hat er 
a empsunden, der Vorderpfaͤlzer, daß auch hinter 
den Bergen Leute wohnen mit gutem Herzen und 
fröhlichem Gemüte. 
(6) Hassel, 31. Dez. (Unlieb verspatet.) 
Wir wollen noch in Kuürze einer am Abend des 
ersten Weihnachstages stattgehadten Produktion 
unseres Jünglingsvereins gedenken. Dieselbe unter⸗ 
schied sich in zwei Teile. Der erste trug den 
Tharakter einer Christfeier. Ein prächtig geschmückter 
Weihnachtsbaum zierte den Saal des H. Restau⸗ 
rateurs Bohnerth. Vor dem Baume zeigte sich in 
ymbolischer Darstellung das Christlindlein, in der 
serippe liegend, während im Hintergrunde die be⸗ 
lannten Stallbewohner in charakteristischen Bildern 
dertreten waren. Eingeleitet wurde der erste Akt 
mit den sanften, andachtsvollen Weisen des Liedes: 
„Stille Nacht, heilige Nacht.“ Darauf hielt Herr 
Maschinist St. die Festrede. Sie war gut durch ⸗ 
dacht, man merkte, daß der Mann sich Muhe ge—⸗ 
zeben hatte; die Wärme seines Vortrages bezeugte 
8. Daran reichten sich Deklamationen mehrerer 
tnaben und Mädchen. Sie waren auch gut. 
Vorstand L. erklärte nun in kurzer Ansprache Zweck 
und Aufgabe des Vereins. Die Quintessenz ihres 
Strebens fand er in der Pflege des deuischen Liedes. 
Bewiß ein schönes Streben. Der ansprechende Vor⸗ 
rag des zarten, finnigen Liedes: „Wieschoͤn bist du, 
reundliche Stille, himmlische Ruh,“ gab dem ersten 
Teile der Vorstellung einen befriedigenden Abschluß. 
Die zweite Produktion war theatralischer Art. Es 
am das Lustspiel „Paris in Pommern“ zur Aus⸗ 
ührung. Sämmtliche Rollen waren glüdlich ver ⸗ 
seilt und daher von ihren Trägern mit Verständnis 
und Ruhe zur Darstellung gebracht. Ueberhaupt 
war der ganze Verlauf ein wohl befriedigender. — 
Wir wüunschen uun dem Vereine im neuen Jahre 
erhöhte Kraft, regen Fleiß und unermüdliche Aus⸗ 
zauer und teilen den ausgesprochenen Wunsch den 
d. Dirigenten D., daß noch recht viele neue Kräft⸗ 
dem Vereine beitreten möchten, diesem zur Ehre und 
zum froͤhlichen Gedeihen. 
— Pirmasens, 830. Dez. Von einem 
eigenthümlichen Unfalle wurde dieser Tage ein 
Einwohner der Alleestraße betroffen. Wahrend der⸗ 
kelbe unter der Dachtraufe durchging, ftürzte ein 
dicker Eiszapfen vom Dache herab und traf ihn 
so unglücklich in die Seite, daß er ihm eine Rippe 
serbrach und eine andere stark verletzte. Da sich 
derartige Eiszapfen bei Thauwetter oben an den 
Dächern öfters bilden, so dürfte es gerathen sein, 
dieselben, um Unglüdsfälle zu verhüten, zu ent⸗ 
zernen, ehe fie von selbst herabfallen. (K. 3. 
F Die Bankfirma Joseph Kehr in Kaisers- 
laute ern stellte die Zahlungen ein. 
— Rebborn, 31. Dec. Der seit dem 19. 
d. M. vermißte Tüncher Johann Hien von Deß 
loch wurde heute Nachmittag in der Gemarkung 
. Mernheim erfroren aufgefunden. In dessen 
Taschen fanden sich 137 M. 64 Pig. vor. 
— Ludwigshafen, 3. Jan. (.G. A.“) 
die gestrige nat ionalliberle Versamm— 
ung im Gesillschaftshause war, namentlich von 
zuswäris, sehr gut besucht. Herr Kommerzienrath 
Ir. C. Clemmeleitete die Verhandlungen mit 
inem Huldigungstelegramm an S. kgl. Hoheit den 
Irinz⸗ Regenten ein, worauf der Reichstagsabgs ⸗ 
xrdnete unseres Wahlkreisfes, Herr Dr. Groß 
n Lambsheim, das Wort zu seinem Referate er⸗ 
griff, welches die unseren Lesern durch die Reichs⸗ 
agsverhandlungen sattsam bekannte Erhöhung der 
Friedenspräsenzstärke unseres Heeres zum Gegenstande 
atte. Nach den Ausführungen des Herrn Referenten 
st derselbe wie auch selne Partei für unbedingte 
krhöhung unsere Wehrkraft in der von der Reichs⸗ 
egierung vorgeschlagenen Weise und zwar deßhalb, 
veil sich der politische Horizont ringsum verfinstert 
ind uns unsere westlichen und östlichen Nachbarn 
zurch ihre kolossalen Heeresverstarkungen zu einer 
ẽ chöhung unserer Friedensprasenzstärke nöthigen 
vürden. Nach Herrn Dr. Groß sprach noch Herr 
sechtsanwalt Bangratz von Landau über das 
iationalliberale Propramm und zog hierbei eine 
Zarallele zwischen den auf der äußersten Linie 
tehenden Parteicn. Die Ausfuhrungen des rhetorisch 
ehr begabten Herrn, wie auch diejenigen seines 
zorredners, Herrn Dr. Groß, wurden von der 
Jersammlung beifällig aufgenommen. Mit einem 
hyoch auf Kaiser Wilhelm schloß der Herr Vor⸗ 
hende die etwa zwei Stunden währende Ver⸗ 
ammlung. 
—. Am ersten Weihnachtstage wurde in Frei⸗ 
nersheim der protestantische Geistliche, Pfarrer 
Fanztzher, auf der Kanzel während der Predigt 
on einem Schlaganfalle detroffen, welcher seinen 
zugenblicklichen Tod zur Folge hatftte. 
— Ordensperleihungen. Das Rit⸗ 
erkreuz des Michaelsordens dem Direlktionsrath der 
Bfalz. Bahnen Mühlhäuser in Ludwigshafen 
. Rh., Landgerichtspräsident Haas in Zwei⸗ 
tücken. Oberamtsrichter Fries in Speher, Rent⸗ 
seamten Stadlher in Edenloben, Major Kesiiem 
»es 2.. Pionierbatallons in Speher, die silberne 
Berdienstmedaille der dayer. Krone. Lokomotivführer 
unx und Ladmeister Bung der Pfäalzischen Eisen⸗ 
ahnen; den Titel Justizrath Notar Machwüirth 
n Frankenthal; den Titel Kommerzienrath Fab 
ilant König in Pirmaseees. 
ti——s. 
7 London, J. Jan. Ein schreckliches Un⸗ 
lück ereignete sich gestern in der Houghton⸗Main⸗ 
dohlengrube, unweit Barnsley. 10 Arbeiter hatten 
n dem Fahrstuhl Plaz genommen und wurden in 
ie Grube hinadgelafsen, als das Seil riß und alle 
n die Tiefe stürzten. Der Slurz erfolgie 500 
Neter hoch, da der Fahrstuhl erst 00 Meier zurüd- 
elegt hatte. als das Unglück sich er eignete 
zämmtliche 10 Arbeiter wurden auf der Stelle 
tötet. 
r Stuürmische Tage prophezeit der be⸗ 
annte Meteorologe Falb für den 6. bis 8. und 
ven 20. bis 22. Februar dieses Jahres. Nach 
einen Beobachtungen treffen zu dieser Zeit mehrere 
Flutfaktoren“, welche gewaltige Bewegungen der 
Ltmosphare im Gefolge haben, zusammen. 
F Mentz, 80. Dez. Wegen Umerschlagun; 
on Coneursgeldern wurde heuie der Rechsanwalt 
Bortmann verhaftet. 
FAus Elsaß-Lotbringen. Der 
Magdeb., Ztg.“ wird aus Lothringen geschrieben; 
Der am meisten verwälschte Theil des Reichslandes 
st neben dem Landkreis Metz der Kreis Chateau⸗ 
Salins, der nur 12 deutschredende Gemeinden mit 
3001 Einwohner (11. 86. proz. der Gesammibe ⸗ 
vͤllerung), dagegen 108 französisch redende Ge⸗ 
neinden 39006 Einwohnern (77. 11 proz.) und 
5 sprachlich gemischte Gemeinden mit 5581 Ein⸗ 
vohnern (1103 proz.) zählt. Der Verdeutschung 
ieses Kreises stand seither der Umstand hindernd 
m Wege, daß ein großer Theil der Bevolkerung 
in Folge der geographischen Lage in Handel und 
Jerkehr hauptsächlich auf Franlreich, speziel Nancy 
ingewiesen war, mit dem directe Eisenbahnverbin- 
ung ans französischer Zeit her besteht. Auf diese 
Beise ist die Bevölkerung in Folge der vielfachen 
Zerührung mit den französischen Grenzbewohnern 
estäudigen Aufreizungen ausgesetzt und kann daher 
richt zur Ruhe kommen. öSiniqge Abhilfe könnte 
dadurch erzielt werden, daß eine directe Eisenbahn 
on Chateau⸗Salins nach Meß erbaut wurde. Nach 
uverlässigen Mittheilungen ist der Plan zu dieser 
gabnverbindung, welche den geschäftlichen und da. 
nit auch politischen Schwerpuntt des erwähnten 
dreises in die Bezitkshaupistadt zu verlegen geeignet 
väre, im Ministerium bereits in Ausarbeitung be⸗ 
zriffen. Damit würde auch ein vom lothringischen 
Zezirkstag wiederholt ausgesprochener Wunsch erfüllt. 
7 Eine Bierlotterie als Reklame für eine Zeit⸗ 
ung, das ist das Neuste. was — selbstverländkich 
aus Baiern — gemeldet wird und wohl auch 
nußerhalb dieses — gesegneten Bierlandes „Sensa⸗ 
ion“ erregen dürfte. Der Herausgeber eines kleinen 
Blättchens in München ist auf den pfiffigen 
kinfall gekommen, sein zwei Tage altes Unter⸗ 
nehmen durch ein Bierversprechen zugkräftig zu 
Jeftalten. Der Schlauberger verspricht nämlich in 
einer Abonnementseinladung 10 Fässer ausge⸗ 
eichnetes Pschorrbräubier“ in folgender Weise. 
Am 22. Jan 1887 wird in den Text des neuen 
Zlätichens in zehn Exemplaren der Satz dinein⸗ 
gedtudt werden: „Inhaber dieses Blattes bekommt 
in Faß Bier.“ Diese zehn Exemplare werden 
uinter die andern hineingemischt, und wer dann 
ein solches Blatt erhält, braucht dasselbe blos an 
zie Redaktion einzusenden, und er bekommt dann 
sofort ein Faß Bier geschickt.. 
7 Die Anzahl der Personen, welche infolge 
des Schneefalle in Mitteldeutschland umgekommen, 
ind, erweist sich als ganz bedeutend. In der 
Nahe von Dörnfeld blieb ein Fuhrmann mitten 
m Felde im tiefen Schnee stecken. Man fand 
en Mann und ein Pferd todt. Auf dem Thü⸗ 
inger Bahnhof in Leipzig wurde im Schneege⸗ 
löber der Arbeiter Hiller, Vater von 7 Kindern 
iderfahren und getödtet. In der Nähe von Ebers⸗ 
oda wurde ein Mann erstarrt im Schnee aufge⸗ 
unden. Einer Geflügelhändlerin aus Naumburg, 
»ie auf dem Lande Einkäufe zu machen suchte, er⸗ 
roten beide Beine. Bei Roßbach hob man einen 
Wanderer mit erfrorenen Füßen auf, einen völlig 
rftarrten Wanderer fand man auf der Straße. 
In Eisenach glitt ein Stredenarbeiter. als er einem 
tangierzuge auf dem Bahnhof ausweichen wollte, 
ius und es wurden ihm von der Locomotive beide 
Zeine vom Koͤrper getrennt. In der Nähe von 
Bebra erfror ein junger Mann von 18 Jahren. 
In Quedlinburg wurde eine 60 Jahre alte Frau 
zurch den Schneesturm in einen Graben gestürzt, 
vo sie ertrank. In der Nähe des Bades Schmiede⸗ 
zerg find 8 Personen erfroren, andere Personen 
verden noch vermißt, diele Personen sind bis an 
en Halz im Schnee steckend und erstartt aufge⸗ 
funden worden. (Pf. Zig. .. 
F Essen, 31. Dez. Die glücliche Gewin⸗ 
ierin des in eine hiesige Kollekte gefallenen dritten 
duuptgewinnes der Roten Kreuzlotterie von 30000 
Mk. ist, wie erzählt wird, ein Dienstmädchen, wel⸗ 
hes hier in Dienst gestanden und vor der Ziehung 
dem Rufe eines Verwandten gefolgt ist, um in 
Umerika das Glück zu suchen. 
fCrefeld, 30. Dec. Am Abend des zwei⸗ 
en Weihnachtstages fanden Vorübergehende den 
Procuristen einer hiesigen Handelsfirma zusammen⸗ 
ekauert auf der Haustreppe vor der Wohnung 
einer Braut sitzen, den Kopf tief auf die Brust 
erabgesenkt Naher tretend, machte man die 
hredliche Entdeckung, daß der junge Mann sich 
nittels eines dünnen Strickes an dem Klingelzuge 
zer Hausthür erhängt hatte. Was den Unglücd⸗ 
ichen, det bald Hochzeit machen wollte, zu diesem 
trauenhaften Seloͤstmord getrieben hat, ist nicht 
rmittelt worden. I 
F Ein eigenthümlicher Fall hat sich am 28. 
Ddez. in Köln zugetragen. Ein anfländig geklei⸗ 
eter Mann tritt Vormittags gegen 11 Uhr schnellen 
Schrittes mit Reisegepäck in eine Wirthschaft am 
Turnmarkt, bestellt einen Cognac, blaättert einen 
lugenblickin einigen Papieren, reicht einen Thaler 
jach dem Buffet hin, bricht zusammen und ist eine 
deiche. Ein Herzschlag hatte seinem Leben ein 
ende gemacht. Man sucht in den Papieren, die 
et Verstorbdene soeben durchblättert, nach und findet 
zaß dieselben dem Generalagenten Otto Meher 
ius Hamburg gehören. Bald verbreitete sich nun 
ie Kunde in der Stadt. der Kaufmann Otto 
Neyher aus Hamburg ist in der Gastwirthschaft 
nuf dem Turnmarkt eines plötlichen Todes gestor⸗ 
en. Herr Otto Meyer aber befindet sich unterdeß 
n großer Aufregung. Er hat nämlich etwa eine 
albe Stunde vor Eintritt des besagten Todes⸗