Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Jugbert.
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Montag, 7. Februar 1887. 5** 22. Jahrg.
28. —
Deutsches Reich.
Muüͤnchen, 4. Febr. Eine klerikale Wähler⸗
bersammlung in Traunstein verzichtet nach der Rede
»es bisherigen Abgeordneten Senestrey auf dessen
dandidatur, weil er gegen das Septennat sei, und
erkündete unter stürmischem Beifall die Kandidatur
jes septennatsfreundlichen Münchener Rechtsanwalts
Fzries. Der Reichsverweser Prinz Luitpold erwiderte
juf ein Telegramm der Versammlung, er habe mit
zroßem Wohlgefallen von dessen Inhalt Kenntniß
zenommen.
Die „Polit. Korresp.“ veröffentlicht den Wori⸗
aut der Depesche des Kardinals Jacobini vom
21. Januar d. Is., an den päpstlichen Nuntius
di Pietro in München, als Antwort auf ein
Schreiben des Reichstagsabgeordneten von Fran⸗
tkenstein. In derselben heißt es nach den Ein⸗
angszeilen:
Während ich davon absehe, die Gründe zu
„rüfen, mit welchen der Baron v. Franckenstein be⸗
nüht ist, das bei der Abstimmung über die Sep⸗
rennatsvorlage vom Centrum beobachtete
zerfahren zu rechtfertigen, halte ich doch für
ehr dringend und wichtig auf den andern
Theil seines Schreibens aufmerksam zu machen.
Derselbe wünscht zu erfahren, ob der Heilige
5 tuhl der Ansicht sei, daß der fernere Be—⸗
tand des Zentrums im Reichstage nicht
nehr nothwendig sei, in welchem Falle er
elbst nebst der Mehrzahl seiner Kollegen auf wei⸗
ere Mandate verzichten würde. Er fügt hinzu,
aß, wie er schon seit 1880 dargelegt, das Zentrum
nicht Gehorsam zu leisten im Stande
sei bei Gesetzen, welche nicht kirchliche seien,
ind welche nicht auf Rechte der Kirche sich beziehen.
Sie müssen hierauf den Baron zunächst versichern,
zaß der Heilige Stuhl die Verdienste under⸗—
indert anerkennt, welche das Zentrum und
eine Leiter sich bei Vertheidigung der Sache der
datholiken erworben haben. Im Namen des Hei⸗
igen Vaters wollen Sie ihm daher auf seine An⸗
rage folgende Bemerkung mittheilen: Die Aufgabe
)er Katholiken, ihre religiösen Interessen zu be⸗
chützen kann noch nicht als abgeschlossen
etrachtet werden. Man muß dabei die ab⸗
olute und dauernde, sowie anderniheils die hypo⸗
hetische und zeitliche Seite ins Auge fassen. Auf
zänzliche Beseitigung der Kampfge—
ne tze hinzuwirken, die legisime Auslegung der
ieuen Gesetze zu vertheidigen und deren Ausführ⸗
mng zu überwachen, das bedingt jetzt die Aktion
er Katholiken im Reichstage. Es ist ferner zu
ꝛedenken, daß in einer Nation, bei der die religi⸗
osen Verhältnisse gemischt sind und der Protestan⸗
ismus als Staalsreligion angenommen ist, sich
beranlassungen zu religissen Reizungen finden
onnen, bei denen die Katholiken berufen sein dürf⸗
en, ihre Ansichten in gesetzlicher Weise vertheidigen
oder ihren Einfluß zur Besserung ihrer Lage geltend
zu machen. Auch wollten Sie nicht verfehlen, her⸗
orzuheben, daß eine katholisch⸗parlamentarische
Partei, welche für die unhalibare Lage des erhabe⸗
nen Oberhauptes der Kirche Mitgefühl hat, eine
zassende Gelegenheit benutzen kann, um die Wünsche
hrer katholischen Landsleute zu Gunsten des Papstes
nuszusprechen und zur Geltung zu bringen. Dem
Zentrum in seiner Eigenschaft als po itische
artei ist stets un beschraͤnkte Aitionsfrei—
eit eingeräumt worden, sobald es sich aber
im die Interessen der Kirche handelt,
vürde es in dieser Eigenschaft dieselben nicht nach
»igener Anschauung vertreten können. Wenn der!
jeilige Vater geglaubt hat, dem Zentrum seine
Vünsche hinsichtlich des Septennats
russprechen zu müssen, so ist das dem
Amstande zuzuschreiben, daß diese Frage mit
Fragen von religiöser und moralischer
sßedeutung zusammenhängt. Zunächst
agen triftige Gründe vor, anzunehmen, daß der
endgiltigen Revision der Maigesetze ein mächtiger
Impuls vad eine große Berücksichtigung
eitens der Regierung zu Theil geworden wäre,
venn die letztere durch das Benehmen des Zentrums
zei der Abstimmung über das Septennat befriedigt
vorden wäre. Der Heilige Stuhl hätte dann in
weiter Linie durch Vermittlung des, Zen⸗
ruras auf Erhaltung des Friedens hinge—
arbeitet und sich auf diese Weise die Berliner
—XE
Zentrum und freundlich für die Katholiken gestimmt.
„chließlich hat der Heilige Stuhl mit seinen hin⸗
ichtlich des Septennats ertheilten Rathschlägen eine
reue Gelegenheit herbeiführen wollen, sich
dem deutschen Kaiser und dem Fürsten
Bismardangenehm zu machen; außer⸗
dem kann der Heilige Stuhl von dem Standpunkte
seiner eigenen Interessen, welche mit den Interessen
der Katholiken identisch find, sich nicht eine
Belegenheit entgehen lassen, durch
welche er für die Verbesserung seiner
künftigen Lage das mächtige Deutsche Reich
zünstig stimmen kbönnte. Vorstehende Betrachtungen,
velche fich nach der Anschauungsweise des Heiligen
Stuhles auf die mit dem Septennat zusammen⸗
hängenden religiösen und moralischen
Fragen beziehen, hatten den Heiligen Vater ver⸗
mlaßt, seine Wünsche dem Zentrum zu er—
kennen zu geben. Das gegenwärtige Schreiben,
velches gleich dem früheren die erhabenen Ansichten
»es Papstes wiedergiebt, wollen Sie dem Herrn
Baron v. Franckenstein mittheilen und ihn
deauftragen, dasselbe zur Kenntniß der Zentrums⸗
Mitglieder zu bringen. gez. Kardinal Jacobini.“
Straßburg i. E., 4. Februar. Die Nach⸗
icht süddeuischer Blätter, Fürst Hohenlohe sei in⸗
ognito nach Paris gereist oder gedenle nächstens
sich hinzugeben, ist unrichtig. Hohenlohe kommt
jier am Samstag Morgen von München an und
zibt Montag einen Ball in Metz und am Mitt⸗
voch dem Landesausschusse in Straßdurg ein Diner.
Berlin, 8. Februar. Das Befinden des
daisers, welcher in den letzten Tagen nicht ganz
vohl war, ist wieder gut, er nahm die üblichen
Borträge entgegen und hatte eine laͤngere Konferenz
nit dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck.
Berlin, 5. Februar. Zu der angeblichen
leußerung Sr. Majestät: Ich kann Ihnen sagen,
s wird keinen Krieg geben,“ welche“ der Kaiser
rus Anlaß der Einberufung der Reserven zu mehreren
johen Militärs gethan haben soll, bemerkt die „Post“:
Der Kaiser hat sich, wie wir bestimmt aus dem
Munde von Ohrenzeugen wissen, bei dieser Gelegen⸗
jeit nur dahin ausgesprochen, daß die Maßregel
der Einziehung der Reserven lediglich die Einübung
verselben im Gebrauch des neuen Gewehrs bezweckte
ind daß aus derselben in keiner Weise auf eine
driegsgefahr zu schließen sei. Aber die Versicherung,
‚es wird keinen Krieg geben,“ hat der Kaiser, so⸗
veit bekannt geworden, gegen Niemanden ausge⸗
prochen.“
Berlin, 5. Februar. Das heute erschienene
Militär⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht einen kai—
serlichen Erlaß vom 27. Januar, nach welchem zu
den 12tägigen Uebungen zwecks der Ausbildung
nit dem neuen Repetirgewehr aus der Reserve
38,200 Mann Infanterie, 4800 Jäger und Schützen
— einschließlich der vom Kriegsminister festzusetzenden
Zahl von Unteroffizieren — einzuberufen sind. Zu
diesen Uebungen heranzuziehen sind die Reserven,
mit den jüngsten Jahresklassen beginnend, welche
noch nicht mit dem Repetirgewehr bekannt sind.
Die zur Landwehr am 1. April übertretende älteste
Jahresklasse der Reserve wird von den Uebungen
ausgeschlossen. Die Uebung wird vom 7. — 18.
Februar ftattfinden. —
Berlin, 6. Februar. Die Nationalzeitung“
constatirt die allgemeine Empfindung eines gewissen
Nachlassens der Spannung der Situation. Dieselbe
ommt auch in den übrigen Morgenblättern zum
Ausdruck. Das gouvernementale „Deutsche Tage⸗
hlatt“ meint indeß, die Friedensbetheuerungen
Boblets könnten nicht überzeugend wirken, so lange
die militärischen Vorbereitungen in Frankreich im
Hange seien. — Die „Germania legt nach dem be⸗
lannten jacobinischen Briefe das Hauptgewicht auf
den Wunsch des Papstes für Erhaltung des Cen⸗
rums zum Schutz der religiosen Interessen und zur
Beseitigung der unwürdigen Lage des Papstthums
im gegenwärtigen Rom.
uslaud.
Paris, 5. Februar. Soubeyran beantragte
in der Kammer den Verkauf der Staatsbahnen.
Die Kammer verwarf jedoch den Antrag mit 381
gzegen 170 Stimmen und nahm das Budget der
Staatsbahnen an. Finanzminister Dauphin kun⸗
digte für das Budget pro 1888 eine Vermehrung
der Steuern als nothwendig an. Das außerordent⸗
liche Budget des Kriegs, der Marine und der
Bauten wird auf Montag verschoben. —
— Der Temps erfährt aus Wien, da Bismarck
hei Rußland kein Entgegenkommen gefunden, habe
er sich wieder Oesterreich und England zugewandt.
Sein Plan sei jetzt, Deutschland, Oesterreich, England
und Italien zu vereinigen, um Rußland und Frank⸗
reich im Schach zu halten.
-Wien, 5. Februar. Das Amtsblatt veröoffent⸗
licht ein Pferdeausfuhr⸗-Verbot für sämmtliche
Grenzen des öfterreichisch⸗ungarischen Zollgebiets.
Petersburg, 5. Febr. Auf dem hiesigen
französischen Konsulat ist eine Betannitmachung an⸗
geschlagen, nach welcher sich alle zur Reserbve ge⸗
hörenden Franzosen auf dem Konsulat einzufinden
aund sich zur Einberufung bereit zu halten haben.
Lor⸗re und pfäl⸗itche Nachrichten.
* St. Ingbert, 7. Februar. Die gestern
Nachmittag auf dem Behnhof Bibermühle stattge⸗
habte Versammlung nationalliberaler Vertrauens⸗
männer des Wahlkreises Zweibrücken⸗Pirmasens
war von der dortigen Umgegend sehr zahlreich be⸗
sucht, sodaß die unteren Raume der Bahnhofs⸗
gebaͤulichkeiten nicht ausreichten, sammtliche Theil⸗
nehmer an der Versammlung zu fassen. Herr Fa⸗
hrikant Wolf von Zweibrücken eröffnete die Ver⸗
sammlung, indem er die Theilnehmer begrüßte und
ihnen für das zahlreiche Erscheinen bestens dankte.
Besonders hob er hervor, daß Herr Oskar Krämer
früher erklärt habe, ein Mandat für den Reichstag
nicht mehr annehmen zu wollen. Einer Depu—
zation mehrerer reichstreuen Wähler ist es jedoch
gelungen, Herrn Oskar Krämer zur Wiederannahme
eines Reichstags⸗Mandats zu bewegen. Hierauf