Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag,Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich J M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließlich 
40 HZustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 B, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, Neklamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
sÆAOAÆÆE2—2&X»»»«—«——— ——— 
223. Jahrg. 
R29.. 
1 
An die reichstreuen Wähler des 
Wahlbezirkes Zweibrücken⸗ 
Pirmasens. 
S Angesichts der ernsten Lage der Gegenwart 
jat gewiß jeder Vaterlandsfreund bei uns mit 
Freuden die Nachricht vernommen, daß die Par⸗ 
eien der Nationalliberalen und Kon— 
ervativen auch in unserem Wahlbezirke ein 
foͤrmliches Wahlbündniß geschlossen haben. Gemein⸗ 
ame Noth schließt die Leute zusammen und ge⸗— 
neinsam ist die Noth, nicht die Noth dieser Par⸗ 
zeien, wie die Undeutschen behaupten, sondern die 
Noth des Vaterlandes. Aber man muß sie sehen 
und fühlen diese Gefahr, und um sie zu fühlen, muß 
nan ein deutsches Herz haben. Und die Deutsch⸗ 
gesinnten in unserem Wahlkreis gehen zusammen, 
das gibt Muth zum Kampf und Hoffnung auf den Sieg. 
Mögen darnm alle Bedenken zum bevorstehenden 
Wahlkampf fallen, frage fich keiner, ob er mit dem 
indern gehen darf. „Mischmasch“ mögen es die 
Hegner nennen, wenn es ihnen gefällt — wer es 
—X 
das Seine thun, um einen reichstreuen Mann in 
das deutsche Parlament zu schicken, und wird seine 
Stimme abgeben am Tage der Wahl mit dem 
Ernste, als käme es auf diese seine Stimme allein 
im. Mag in der oder jener Gemeinde in anderen 
Dingen vielleicht eine örtliche Zwißtigkeit bestehen, 
— vor der großen deutschen Frage muß sie ver⸗ 
tummen. Und uns im Bayerland muß es dabei 
»esonders zur Ermunterung dienen, da wir wissen, 
vie unser Prinz⸗Regent sich über die Militärvor⸗ 
age den bayerischen Reichsstagsabgeordneten gegen⸗ 
iber ausgesprochen hat — leider ohne Erfolg. So 
rufen wir denn allen Wählern unseres Wahlkreises 
nns Gewissen: „Für Kaiser, König und Vater⸗ 
sand!“ Das ist eine gute Sache, darum wird sie 
auch siegen. 
verde. Vater und Sohn seien oft verschiedener 
Ansicht und einigten sich später dennoch. Der 
rüher vom Papste ausgesprochene Wunsch sei ihm 
n streng diskreter Form zugegangen; seine Sache 
ei es nicht, die Diskretion zu brechen. Die Kriegs⸗ 
jerüchte führt Windthorst theils auf frivoles Börsen⸗ 
piel, theils auf Wahlmanöver zurück; die Gefahr 
rrankreich gegenüber sei stets vorhanden, deshalb 
abe man alles bewilligt, aber nur auf drei Jahre. 
Wenn dann die Lage dieselbe sei, wie heute, werde 
nan alles auch weiter bewilligen. Redner schloß 
mit einem Hoch auf den Kaiser und Papst. 
Trier, 5. Febr. Fürst Karl zu Löwenstein 
zat Trier als Versammlungsort der nächsten General⸗ 
ersammlung der Katholiken Deutschlands bestimmt. 
AIkft. Ztg.) 
Berlin, 5. Febr. Die Polizei konfiszierte 
—X 
lugblätter, welche heute Abend resp. morgen früh 
hzurch 6 Wahlkreise verteilt werden sollten. 
Berlin, 6. Febr. Dem Reichskanzler ist 
aus Mexiko ein Zustimmungstelegramm von 69 
Deutschen zugegangen. 
Berlin, 7. Febr. Die soeben erschienene Natio⸗ 
ialzeitung erwähnt das Gerücht der bevorstehenden 
Lerlobung mit der Prinzessin Jrene von 
Hessen mit dem Prinzen Heinrich von 
Preußen. 
Potsdam, 7. Febr. Das Schöoffengericht 
derurtheilte den Redakteur der „Potsdamer Nach⸗ 
richten“', Gustav Praetsch wegen groben Unfugs 
durch Verbreitung der falschen Nachricht von der 
angeblichen Erschießung des deutschen Militärbe⸗ 
pollmächtigten Herr v. Villaume durch den Czaren 
zu sechswöchentlicher Haft. 
Fürst Leopold von Hohenzollern, 
der Candidat der Mittelparteien im Wahlkreise 
Düsseldorf, veröffentlicht folgendes Schreiben: „Eine 
Anzahl von Wählern der mir durch langjährige 
Beziehungen werthen Stadt Düsseldorf hat mir die 
Bitte ausgesprochen, bei den bevorstehenden Wahlen 
um Reichstage eine Candidatur anzunehmen. An⸗ 
gefichts der ernsten politischen Lage sehe ich es als 
eine patriotische Pflicht an, dem an mich gestellten 
Lerlangen ausnahmsweise nachzukommen und ich 
joffe, daß meine Candidatur geeignet sein möchte, 
die Stimmen aller reichsstreuen Wähler des Stadi⸗ 
ind Landkreises Düsseldorf zu vereinigen. Die von 
Sr. Majestät unserem Allergnädigsten Kaiser so 
zringend befürwortete unveränderte Annahme der 
dem letzten Reichstage gemachten Militär⸗Vorlage 
rachte ich aus Gründen der äußeren und inneren 
Bolitik als eine zwingende Nothwendigkeit und ich 
vürde im Falle meiner Wahl für dieselbe eintreten. 
Im Uebrigen mögen die Wähler überzeugt sein, 
»aß heiße Vaterlandsliebe und Antheilnahme an 
jeglicher Wohlfahrt des deutschen Volkes mein Ver⸗ 
halten leiten wird. Baden, 28. Januar 1887. 
Leopold, Fürst von Hohenzollern.“ Große Freude 
jat dort und in allen nationalgefinnten Kreisen 
dieses Schreiben hervorgerufen und die Hoffnung 
erweckt, schreibt die „Rh.“W. Z.“, daß jeder pa— 
riotische Katholik, selbst wenn er sonst zur Centrums⸗ 
partei gehören sollte, diesmal, wo es sich um eine 
so eminent vaterländische Sache handelt, dem Fürsten 
don Hohenzollern seine Stimme geben wird. Daß 
diese Hoffnung in der That nicht unberechtigt ist, be⸗ 
veist, daß die Zahl der gutenKatholiken sich mehrt, wel che 
zerade in den Rheinlanden für das Septennat ein⸗ 
reten. So hielt im Verein christlicher Handwerker 
uind Arbeiter Caplan Ley eine Rede, in welcher 
derselbe auch auf das politische Gebiet hinübergriff 
und die Mitglieder ermahnte, bei der Reichstags⸗ 
wahl einen solchen Candidaten, im gegebenen Falle 
ilso den Fürsten Leopold von Hohenzollern, zu 
vählen, der für das Septennat sei. 
Ausland. 
Paris, 5. Febr. Der Beschluß des Mini⸗ 
derrathes, der Kammer einen Vorschlag einer 
Aenderung ihrer Tagesordnung in dem Sinne, 
zaß das Gesetz über Neugestaltung des Heeres 
jofort nach der Budgetberathung den Vortritt habe, 
nicht zu machen, sondern der Kammer die Ent⸗ 
cheidung zu überlassen, macht einen guten Ein⸗ 
d)ruck. Zugleich wird versichert, daß die Regier⸗ 
ung den Mobilisirungsversuch vertagt habe. — 
Der „Temps?“ bringt folgende officiöse Mittheil⸗ 
ung: Es fand night, wie gesagt worden, in den 
üngsten Tagen ein Briefwechsel zwischen dem 
Zaren und Kaiser Wilhelm in Bezug auf die 
Zriegsgerüchte statt. Die Ansichten wurden zwischen 
der russischen und der deutschen Regierung ausge⸗ 
auscht. Minister v. Giers hatte auf Befehl des 
Zaren den russischen Botschafter in Berlin, Grafen 
XAXXES 
kanzler zu begeben; nachdem der russische 38 
die Antwori erlangt und an Giers übermittelt 
hatte — eine Antwort von durchaus friedlichem 
Charakter —, beauftragte der Zar den Minister 
v. Giers, dieselbe dem französischen Botschafter in 
Petersburg mitzutheilen, der sie dann sofort an 
Minister Flourens übermittelte. — Ferner erzählt 
der „Temps“ heute aus einer angeblich Wiener 
Quelle von einem vierfachen Bündniß, welches 
Fürst Bismarck zustande gebracht habe. Wenn 
Rußland die orientalische Frage aufgreifen wolle, 
so werde es Oesterreich, England und Jialien in 
einem Wege finden, wenn Frankreich dann Ruß⸗ 
'and zu Hilfe kommen wolle, werde Deutschland 
ihm entgegentreten. 
Paris, 7. Februar. Die Mitglieder des 
Oberkriegsrats sind, wie verlautet, zum Sitze ihrer 
etreffenden Armeekorps zurückgekehrt. Dieselben 
ollen erst im Monat Mai wieder einberufen werden. 
Auch soll den Truppenkorps an der deutschen Grenze 
der Befehl zugegangen sein, keine Uebungen vorzu⸗ 
aehmen, welche zu einer falschen Auslegung Ankaß 
geben könnten. Ferner sollen Maßregeln getroffen 
fein, um die friedfertigen Versicherungen der franzö⸗ 
sischen Regierung zu bestätigen. 
Brüssel, 6. Februar. Die Creditforderung 
der Regierung zu militärischen Zwecken beträgt 80 
Millionen Francßs. 
London, 7. Febr. Der Petersburger Corre⸗ 
pondent des „Standard“ meldet „auf höchste 
Autorität“, daß es keinen Krieg geben wird. 
Nom, 6. Februar. In einem Bericht eines 
Schiffkskommandanten aus Massauah vom 22. Jan. 
in den Marineminister heißt es: Ras Alula ließ 
den Oberbefehlshaber der italienischen Truppen, 
Beneral Genee, durch Vermittelung des in Ketten 
Jefangen gehaltenen Grafen Salimbeni auffordern, 
zie vorgeschobenen Foris zu räumen und sich allein 
nuf die Okkupation von Massauah zu beschränken. 
Fraf Salimbeni bat, dieser Aufforderung nachzu⸗ 
ommen, da er mit dem Tode bedroht werde. 
Beneral Genee antwortete, daß er der Aufforderung 
nicht Folge leisten könnte. Die bezeichneten Forts 
ienten zum Schutze der Karawanen. Er sei bereit, 
ie Drohungen der Abyssinier zurückzuweisen 
Deutsches Reich. 
München, 7. Februar. Nach dem offiziellen 
Polizeibericht beschränkte sich die gestern Nachmittag 
auf dem Marienplatz beabsichtigte, vorher jedoch 
»erbotene sozialistische Kundgebung auf verkehrs- 
törende Ansammlungen des Publikums und zeit⸗ 
veises muthwilliges Schreien. Die Polizei und das 
von der Hauptwache anrückende Militär zerstreuten 
zie Menge zu wiederholten Malen und verhafteten 
16 Personen, welche indeß bald wieder entlassen 
purden. 
Metz, 7. Februar. Der Statthalter, Fürst 
. Hohenlohe, ist heute Nachmittag mit Gemahlin 
uind Familie hier eingetroffen. Zu dem heute im 
Stadthause von dem Fürsten gegebenen Balle find 
Jegen 700 Einladungen ergangen. 
Mülhausen aĩ. Elß., 5. Febr. Heute 
Morgen um neun Uhr hielt die Polizei Haussuch⸗ 
uing in sämtlichen Druckereien und Redakuͤonsbure⸗ 
uus. Das Manifest des Protestkandidaten Lalance 
vurde mit Beschlag belegt, die Zeitungen, welche 
dasselbe brachten, konfisziert und der beir. Zei⸗ 
ungssatz vernichtet (Fft. Ztg.) 
Köln, 6. Febr. Die rheinische Centrums⸗ 
hartei tagte heute im Gürzenich unter dem Vorsitz 
»on Racké Mainz. Windthorsi spricht über die 
»äpstliche Note und führi aus, die Wünsche 
deo's XII. basirten nur auf Zweckmäßigkeitsgründen, 
enen zu entsprechen unmöglich sei, ohne die Existenz 
es Centrums zu gefährden; vielleicht ändere der 
zapst seine Ansicht, wenn ihm alles klar gelegt 
An