meister Heinrich von St. Ingbert und dieser ergreift
»as Wort zu etwa folgender Ausführung:
Zunächst müsse er um Nachsicht bitten, daß er
uicht sehr laut sprechen könne, da er sich erkältet
jabe, sodann aber habe er zu erklären, daß die
Zweibrücker Presse seine Blieskasteler Rede entsiellt
wiedergeben habe; er protestire gegen ein solches
inmännliches Benehmen und fuhr dann fort. Jeder
Mensch wisse, daß die Reichstagsauflösung ein kleines
Häkchen habe; denn das Centrum habe ja die 8
sährige Bewilligung ausgesprochen und die Zusicher⸗
ang gegeben, später wizder genehmigen zu wollen, —
jetzt seĩ ja keine „eminente“ Kriegsgefabr und des⸗
halb habe der Reichstag, „das verkörperte Vort“
sein Recht zu' wahren. Es handle sich euch
bielmehr um eine andere Frage, um die der Er—⸗
haltung des ollgemeinen Wahlrichts, und dafür werde
er fest einstehen. (Bravo.) Das Vork hade das
stecht, über Verwendung des Reichseinkommens
Rechenschaft und Einblick in die Führung der Bücher
zu verlangen. Umsomehr sei dies Pflicht, wenn
es fich um eine so kolossale Mehrbelastung handle
(Zwischenruf: 42 Pfennig per Kopf), wie die jetzt
berlangte. Wenn man nur Leute in den Volks⸗
bertretungen wolle, die zu allem „Ja“ sagen, dann
rauche man überhaupt keine Volkevertretungen
mehr. Er ermahne, nur so zu wählen, daß Garantie
geben sei, der Gewählte sage nicht zu allem, was
die Regierung verlange, „Ja“ GBeifall.)
Hierauf ergreift nochmals Herr Dekan Huth
das Wort und erklärt: Die beiden greisen deutschen
Häupter aufs dem römischen Siuhl und deutschen
aiserthron hoben Anspruch auf unsere Verehrung,
aber es hat Zeiten gegeben, wo von den Thronen
Wunsche kamen, unsere Rechte aufzuheben. Es
dedurfte langer und schwerer Kämpfe, bis den
Völkern Cbustitutionen gegeben wurden; vorher
herrschte der crass ste Absolutismus. Bayerns König
zing dann 1817 glorreich voran und gab zuerst
seinem Volke eine Verfassung, dann kam Baden,
ind dann bedurfte es erst der Rsdolution von 1848
im auch die anderen Souvberaine zu einer solchen
zu nötbigen.
Was heißt nun Verfassung? fragt der Redner,
und antwortete: Nichts anderes, als das Recht
des Volkes, mitzureden, damit nicht ein Stand auf
Kosten des andern zu viel erhalte, es ist das Recht
—DDDD0——
ohne Weiteres in den Säckel des Volkes greife.
Es habe ja Fürsten gegeben, die ihre eigenen Landes⸗
ktinder verkauft hätten, — er erinnete nur an den,
don dem heute noch das Volkslied erzähle, — —
„alles in einer Nacht verjuckt.“
Das woären keine schönen Zustände gewesen,
und deßhalb bestehe man heute auf seinem Rechlse.
Deshalb wähle man Männer, die dem Fürsten zu
agen die Pflicht hätten, wo es uns fehle, und der
Verfassung khiege nichts feiner, als der Gedanke,
daß diese Männer, die Abgeordneten, blos „Ja“
sagen soklten. Und deshalb habe unser Candidat
Heinrich Recht, wenn er sage, wenn man nur solche
Jasager wählen wolle, dann sei der ganze Apparat
unnöthig. Es müsse eben in verstaändiger Weise
ausgeglichen werden, denn man sei zwar schon mit
hielen Forderungen abgefahren, aber habe auch
andererseits schon vieles erreicht. D
Nun müsse er aber noch auf eins zu sprechen
kommen, das sei der Brief des Popstes: Es sei
feststehend, daß der Papst die oberste Autorität
für die Katholiken sei, wenn er als Lehrer spreche;
„wenn er sich aber in unsere internen Angelegenheiten
mischt, fährt Herr Redner fort, dann rufe ich ihm
zu: Mein lieber heiliger Voter, das spüren wir
besser als Du, wo uns der Schuh drückt, da lasse
Du uns nur selber machen.“ Redner ist nun über
zeugt, daß der heilige Vater in Rom herzlich lachen
wird, wenn er erfährt, daß er, ein katholischer
Priester, hier oͤffentlich so gesprochen habe — denn
derselbe wisse, welche Freiheit er zu gestatten habe.
Ihm, Redner, falle da eine That aus der spa⸗
naischen Geschichte ein: Bei der Belagerung von
Saida durch die Mauren habe man die beiden
leineren Söhne des spanischen Commandanten der
Stadt gefangen und an einer Stange festgebunden
dem stürmenden Heere vorangetragen, um die Be⸗
lagerten zu zwingen, zur Schonung eigenen Blu⸗
tes das Feuer einzustellen. Der heldenmüthige
Vater aber habe seine Mitkämpfer aufgefordert, nur
hre Pflicht zu thun und in der That der Sieg
purde erkämpft.
So rufe er, Redner, auch heute den Gegnern
u: „Bindet den heiligen Vater nur an eine
ztange, wir thun, was wir fur unser Recht, für
unsere Schuldigkeit halter“
Er appellirt an die Selbstständigkeit der Wäh—
er und ermahnt, daß Niemand sich von anderen
zeeinflussen zu lassen brauche. Jeder solle sich
eine Meinung bilden, und nicht wie ein „Ham—
nel anderen nachlaufen', ohne zu fragen wohin.
Auf die Frage des Herrn Redner Huth, ob
ioch Jemand zu sprechen wünsche, meldet sich Herr
Hasmeister Schmittt zum Wort und erklärt: Die
janze sittliche Weltordnung beruht auf dem Glau⸗
zen; dieser aber auf zwei Stützen der Offenbarung
und der Autorität; in göttlichen Dingen kommt
zie erstere, in weltlichen die zweite zur Geltung
ind wenn deshalb in der vorliegenden Frage
Männer wie Feldmarschall Moltke und Fürst Bis
narck, Männer, um die uns die Wilt beneidet,
venn solche Männer sagten, die Bewilligung ist
suf. 7 Jahre unbedingt nöthig, so glauben wir
mmen als Autoritäten mehr als anderen, und die—
em Vertrauen ersucht Redner Ausdruck zu geben,
»aß die Versammlung Bismarck und Moltke ein
räftiges Hoch ausbringe. Die Versammlung stimmt
um weitaus größten Theil begeistert in das Hoch
in.
Herr Dekan Huth:
M. 9., ich habe zu denen gehoͤrt, die kräftig
n das Hoch mit eingestimmt haben, das soeben
»en beiden großen Männern ausgebracht wurde,
y lasse mich überhaupt in der Werthschätzung der
elben und in Anerkennung von deren Verdiensten
„on Niemand übertreffen. Aber das ist noch kein
Hrund, alles zu glauben. Wir können es, wir müssen
iber nicht. Warum denn die Präsenzziffer gerade
ruf 7 Jahre festsetzen, da hätte ja ebenso gut fie
zleich auf 50 Jahre oder für all⸗ Z it festgesetzt
verden können — also — meint Redner, soweit
»ürfte der Autoritätsglaube nicht gehen, dafür
ehe er den Grund nicht ein.
Nachdem hieran anschließend wiederholt Herr
heinrich einige Worte gesprochen und zum Feast⸗
jalten an den Principien der Oppositionsparteien
rmahnt hatte, wurde die höchst animirte Ver⸗
ammlung aeschlossen. (Pirmas. Anz.)
Deutiches Reich.
Müuͤnchen, 14 Februar. Die „Neuesten
Kachrichten“ erfahren von kompetenter Seite, daß
dvie Beröffentlichung der Note Jacobini's auf
»irekten Befehl des Papstes geschah.
Beide Aktenstücke würden jetzt fogar amtlich fämmt⸗
ichen deutschen Bischöfen mitgetheilt, da es ausdrück
icher Wille des Papstes ist, daß kein deutscher
datholik über die Stellungnahme des heiligen Stuhls
u Gunsten der Reichsregierung in Zweifel bleibe.
Sollte das Zentrum in der Opposition vorharren,
o steht ein Rneuer entscheidender Schritt
des Papstes bevor, welcher mindestens das
mperatiwe Mandat zu Fall bringen wird.
Karlsruhe, 12. Febr. Die „Karlsruher
Zeitung“ zollt dem Bischof Dr. Roos von Lim⸗
»urg den Dank des Vaterlandes für seinen gegen
ie Schwächung der deutschen Wehrkraft gerichteten
r5Frlaß an die Geifliichkeit.
Ausland.
Prag, 11. Febr. Wie verlautet, haben
ranzösische Agenten ansehnliche Holzlieferungen mit
zrei böhmischen Firmen abgeschlossen, welche zu
defensiven militärischen Zwecken verwendet werden
pollen, da vom Böhmerwalde aus die Bezugsbe⸗
ingungen gegenwärtig außerordentlich günstige
ind.
Paris, 12. Februar. Die Aufsehen erregende
—„chließung des Kasinos in Nizza und des von
»emselben abhängigen französischen Theaters infolge
jewerbs3mäßigen Spielens kam heute im Minister⸗
ath zur Sprache; es wurde eine Enquete ange—
rdnet. — Die Nöochricht, wonach Unruhen in Kor⸗
ika ausgebrochen wären, deren Spitze sich gegen
die Republik richten solle, gelten hier als über⸗
rieben.
London, 12. Febr. Auf Grund amilicher
Quellen meldet der Wiener Korrespoudent des
Standard“, Rußland konzentrire starke Truppen⸗
nassen an der galizischen Grenze und dirigire un⸗
interbrochen Truppen nach dem Süden. Eine
ieberhafte Thätigkeit herrsche an den Werften und
in den Arsenalen am Schwarzen Meere, und alles
deute darauf hin, daß Rußland sich im Stillen
ür einen Feldzug zur Eroberung des Balkans
ind Konstantinopels vorbereite.
Rom, 12. Febr. Die vatikanische Zeitun
Offervatore Romano“ wiederlegt die Ansicht, deß
»er Papst durch die Jacobini'schen Schreiben in di
ẽntscheidungsfreiheit des Centrums eingegriffen hab⸗
urch den Hinweis, daß das Centrum nicht den
jewaltigt, sondern in zarter Weise herücksichtigt
vorden sei. Der Papst habe nur den Wunsch ge
iußert und denselben mit Gründen begleitet, welge
jeeignet waren, bei den Abgeordneten die freie
leberzeugung zu bilden, welche er selbst hegte. Die
zeiläufige Veröffentlichung jener Depeschen hahe
ibrigens dem Centrum den Rückzug von seiner
rüheren Stellung dem Septennat gegenüber erleichter
veil sie bezüglich der Militärgesetze eine neu
dage geschöffen und das Gesetz weniger wegen da
rüheren Beweisgründe, als durch den neuen Grumd
innehmbar gemacht habe. Beide Briefe bewiesen
ven im höchsten Grade friedlichen Charakter det
Septennats, sie bewiesen ihn mit dem Gewicht
einer Person, deren friedliche Absichten niemand
»ezweifeln könne. Dadurch habe das Septennat
n den Augen von ganz Europa den Charaktter
rhalten, daß es die sichere Entfernung jeder Kriegs
jefahr bedeute. Der Papst habe dem Seplenna
die Volksthümlichkeit verliehen; alle diejenigen,
velche ihm nicht hätten zustimmen können, weil sie
s für unzeitgemäß gehalten oder die zu hohe Ber
astung getadelt hätten, müßten gegenwärtig jeden
nneren Zweifel verloren und dafür die U berzeug
ing gewonnen haben, daß die Welt beruhigt werde,
venn sie ihre Stimme in günstigem Sinne ab
seben.
—— ꝛ
Lokale und pfälzische Nachrunten.
— Kaisershautern, 11 Febr. Wi
wir hören, hat der Journalist und Reich- tagskan
didat der Sozialdemokraten im hiesigen Wahlkeeise,
Dderr Löhenberg, Ordre erhalten, eine ihm vor längeret
Zeit zuerrkannte Gmonatliche Gefäagnißstrafe nun—
mehr in der Strafanftalt Zweibrücken anzutreten.
— Weisenheim a. S., 12. Febr. (G⸗A)
In der Nacht vom Freitag auf den Samstag wur
den hier Bubenstreiche vollführt, wie man sich die—
elben nicht niederträchtiger denken kann. Dem
rühern Wirth zum „Deutschen Reich“ Wilheln
Daut und dem Händler Johs. Weiß wurden je
wei Ziegen aus ihren Ställen geholt und in die
Bärtnerei des Gärtner H. Honacker transportirh
voselbst diese Ziegen natürlich großen Schaden an—
cichteten. Damit waren aber der oder die Helden
roch nicht zufrieden. Im Stalle des Haändler
stickolaus Kraus banden dieselben die Kuh los, dem
Ackerer Daniel Weber IV. banden sie Pferd und Kuh
os; dem Schuhmacher G. Schick häng'een fie Läden
aus und warfen sie in einen Brunnen und dem
Ackerer Martin Hurdinger VI. holten sie aus dessen
dof die Kübel und Züber und trugen fie in ein
iahes Loch. Auch haben die Thäter noch an ein—
‚elnen Thüren und Thoren die Schlüssel abge⸗
ogen und beseitigt und Thüren ausgehängt Vor
irca 2 Jahcen erlebten wir ähnliche Streiche.
Möge es doch gelingen, die Anstifter und Vol
xringer solchen Unfugs zu enidecken, damit ihnen
die gebührende Strafe hiefür werde.
— Speyer, 10. Febr. Das Kreisamtsblot
der Pfalz Nr. 2 veröffentlicht das Vermächtniß
ves am 3. September 1886 zu Neustadt 0 /H. ver
torbenen Commerzienrathes Hetzel, welcher leht
villig vermacht hat: 1. dem Verein für Erbau—
ing einer Kirche zum Gedächtniß an die Prote
tation in Speyer, a. V. 200000 Mk., 2. dem
Waisenhaus der Stadt Speyer 50000 Mk., 8
dem Diatonissenhaus in Speher 10 000 Mk.,4
dem pfälzischen Dienstbotenstift 10 000 Mk., 6.
»em pfalzischen Gewerbemuseum in Kaiserslautemn
O O00 Mi, 6. der Stadt Neustadt a/H.: a) alß
Stiftung für Erbauung eines neuen Hospitales mit
gfründner⸗Anstalt und zur unentgeltlichen Aufnahme
ür altersschwache zur Arbeit untaugliche mittellofe
reute 500000 M., p) fur die jetzige städtische
dleinkinderbewahranstalt und das durch Hezzel gee
zründete Waisenhaus 200 000 Mt., e) als Stif⸗
ung, deren Zinsen dem Verschönerungsverein al
ährlich zufließen sollen, insbesondere zur Unter
jaltung der Anlagen im Innern der Stadt ber
vendbar, 15000 M., d) als Stiftung, deren
Zinsen alljährlich am Todestag des Testators untet
ie Armen der Stadt veritheilt werden sollen,
25 000 Mk., im Gesammtbetrage von 1020 000
Mark.