Die größere Rekrutenzahl bei obigen Truppentheilen
steht in Verbindung mit der erhöhten Friedens⸗
präsenzstärke nach Maßgabe der Milifärvorlage. —
Die Gesundheit des Kaisers bessert sich weiter. Er
hütet zwar noch das Zimmer, hat aber heute u.
A. den Bischof von Kulm, Dr. Redner, in feier⸗
licher Audienz im Beisein des Kultusministers
empfangen.
Berlin, 20. Februar. Cardinal⸗Staatssecretär
Jacobini richtete ein Schreiben an den Fürsten Bis⸗
marck, worin er ihm für seine jüngsten Concessionen
bei der Revision der Mai⸗Gesetze Dank abstattet
Lübeck, 20. Februar. Die deutschfreisinnige
Partei hatte hier durch Maueranschlag die angeb⸗
liche Erklärung des Kaisers verbreitet, daß es
keinen Krieg geben werde. Nach Anftage bei dem
Reichskanzler haben darauf die Nationalliberalen
ebenfalls durch Maueranschlag und Extrablatf
folgende telegraphifche Antwort bekannt gemacht:
„Die Erzählung von der fraglichen Erklärung Sr.
Majestät des Kaisers ist unwahr und beruht auf
Erfindung. vv. Bismarck“
— — —
Ausland.
Paris, 18. Febr. Die Blätter sind voll von
Wahlartikeln, als sei Elsaß⸗Lothringen schon
wieder französische Probinz. Die „Revanche“ er—
mahnt die „lieben Mitbürger in Elsaß Lothringen“,
zu bedenken, daß sie am Montag (gestern) die wich—
tigste und feierlichste Stunde von allen, die sie seit
sechszehn Jahren erlebt haben, erleben. Es folgt
ein Zerrbild der deutschen Verhältnisse, als hätte
sie ein richtiger Bauernfünger gemacht: die Elsaß—
Lothringer sind „blos durch Mißbrauch der Gewall
Unterthanen des deutschen Reiches geworden, und
nun soll auch noch der Protest unterdrückt merden!“
Der Zuruf der „Revanche“ schließt nach einer Fülle
von Lügen, Sophistereeen und Schamlosigkeiten
gegen die Deutschen: „Stimmt gegen Bismarck,
gegen Moltke und gegen das Septennat, stimmt
gegen Deutschland, simmt für Frankreich!
Setzt die dreifarbige Fahne an die Stelle des
schwarzen Adlers, der über euch schwebt. Macht
eure Wahlurne zum unzählbaren Concert aller
Stimmen, welche die Marseillaise singen. Elsaß—
Lothringer, unser Herz gehört euch — und unser
Blut desgleichen. Es lebe der Protest! Protestiert
gut, protestiert alle, protestierl ohne Furcht, laut,
öffentlich, angesichts der Welt! Das ist der größte
Dienst, den ihr uns leisten könnt!“ So treibt man
Demagogie in einem Lande deutschen Blutes, einem
durch Vertrag Deutschland gehörenden Lande! Und
unter solchen Verhältnissen wagt der Rappel, das
Organ des Ministers Vockroy, in seinem Artikel
über „die deutschen Wähler“ für die Protestler mit
allen hochirabenden Freiheiten, wie sie in Viktor
Hugos Hause heimisch, einzutreten und so zu schlie⸗
hßen: *„Es bleibt noch übrig, der deutschen Regie⸗
rung Dank zu sagen, daß sie zum Wahlzwecke eine
Krisis hervorgerufen, die nicht mehr als zwei bis
drei Milliarden gekostet hat. Herr v. Bismatrd
wird den Segen der Frauen erhalten, deren Män⸗
ner er an den Bettelstab gebracht hat, und die
Kinder, die er aufs Stroh geworfen, können zur
Bewaffnung seiner neuen Balaillone beitragen, in⸗
dem sie ihm die Revolver zuschicken, mit denen sich
ihre Väter durch den Kopf geschossen haben.“ Eine
echte Phrase nach Viktor Hugos Geschmack. Der
Matin preist in einem Bericht aus Belfort die
franzöfische Presse ob ihrer Haltung seit Bismarck
erste Reichstagsrede; Bismarck ist „ein mittelalter⸗
licher Baron, der nicht in den Parlamentarismus
paßt und einen Reichstag für sich haben möchte“.
Es folgt der ganze Unfinn der welfisch⸗katholischen
Presse und ein Capitel „le règne de la terreur“,
worin die Maßregeln gegen die elsässischen Mit⸗
glieder der Patriotenliga in fratzenhafter Uebertrei⸗
bung geschildert werden. Die France beschäftigt
sich mit Belgien und versichert, Frankreich wolle
von Belgien keine Stücke abreißen gegen den Wil⸗
len ihrer Bewohner: „Wenn aber die Belgier, die
Franzosen waren, einst zu uns zurückkehren wollten,
wenn sie nothwendig zwischen Deutschland zu wäh⸗
len hätten, wenn sie, wie es Savoyen gethan, ein⸗
verleibt zu werden wünschten durch einen feierlichen
Volksbeschluß, so würde Frankreich ohne Zweifel
nicht den von Louis Philipp gemachten Fehler noch
einmal machen, der aus Furcht vor Englands Miß⸗
fallen sich weigerte, die Wunsche dieser Bevölkerung
zn erhören, die Franzosen werden wünschten.“
Wien, 19. Febr. Aus Konstantinopel wird
zꝛemeldet: die Pforte ist hesorgt wegen der Rüst-
ungen Montenegros, insbesondere wegen des An—
aufs alter Martini⸗Gewehre. Sie erwartet Schritte
des Wiener Kabinets behufs Erlangung von Auf
klärungen über Montenegro's Absichten.
London, 19. Februar. Der „Times“ wird
aus Philadelphia gemeldet, daß englische Armee—
Agenten in aller Stille von den Farmern in den
Staaten westlich von dem Alleghany⸗-Gebirge Pferde
mnkaufen. — In dem Rhondda⸗Thale hat eine
Brubenexplosion stattgefunden, durch welche wahr⸗
cheinlich 30 Personen getödtet worden find. (Fr.
3t2. —
Mozambique, 20. Febr. Der Generalgou⸗
nerneur von Mozambique, welcher zur Besetzung
Tungi's (der zwischen Portugal und Sansibar
treitigen Bucht an der ostafrikanischen Küste) ab⸗
jegangen war, hat einen vom Sultan von San—⸗
ibar mit Kriegsmaterial abgesandten Dampfer weg⸗
zenommen. Der Dampfer traf gestern hier ein und
wird von den Portugiesen als Transportschiff ver⸗
wendet werden.
Singapore, 19. Febr. Prinz Friedrich Leo⸗
zold von Preußen ist hier eingetroffen.
Lokale und pfalzische Nachrimten.
— Landau, 21. Febr. In der verflossenen
Nacht wurden socialdemokratische Wahlaufrufe mil
der Empfehlung Grillenbergers als Reichstags
kandidat für unseren Wahlkreis in der Stadt durch
dineinschieben unter den Thüren und Mauer—
anschlag derbreitel. Die Polizei sammelte die Auf—
rufe und riß die angeklebten Exemplare ab. Zwei
Anhänger dieser Partei, Zimmergeselle Birkenfeld
und' Schriftsetzer Mertz, wurden beim Anheften der
Aufrufe ertappt, nach Feststellung ihrer Versonalien
jedoch wieder entlassen.
— Deidesheim, 19. Februar. Auch hier
vurden in jüngster Zeit einige Personen auf ein⸗
zegebene Petitionen hin aus dem kaiserl. Dispo⸗
sitionsfonds für Militär⸗Invaliden und deren Relicten
mit nahmhaften Unterstützungen bedacht. So erhielt
die Wittwe von Heinrich Klug, der infolge des
Feldzuges von 1870 71 erkrankte und starb. als
monatliche Unterstützung 30 M. Gleichfalls wurde
den Kindern eine Gabe bis zu ihrem 15. Lebens⸗
jahre gespendet. Bader und Chirurg Peter Albert
zahier erhielt pro Monat 20 M. zugewiesen. Di⸗
Wittwe von dem verstorbenen Johannes Auslinger
der sich ebenfalls in genanntem Feldzuge eine tödt⸗
liche Krankheit zuzog, erhielt ebenfalls 30 M. pro
Monat. (Pf. K.)
— Donssieders, 18. Febr. Der ledige 36
Jahre alte Leinenweber Adam Gampfer von hier
ein arbeitsscheuer und dem Branntweingenusse in
hohem Grade ergebener Mensch, entfernte sich am
16. d. Mts. Nachmittags in betrunkenem Zustande
bon Rodalben und wurde am nächsten Morgen am
Ausgange des k. Staatswaldes unweit Donsieders
erforen aufgefunden.
— Speier, 18. Februar. Kranken—⸗
pflegerinnen des Bayer. Frauen⸗
Vereins unter dem Rothen Kreuz.,)
In jedem Semester findet ein theoretischer und
praktischer Cursus zur Erlernung der Krankenpflege
tatt und werden nach besonderer Prüfung die
Schülerinnen als Schwestern vom Rothen Kreuz
in den Verband aufgenommen. Jungfrauen oder
berwittwete Frauen, welche sich als Krankenpflegerinnen
ausbilden wollen, mögen sich an den Vorstand wenden,
welcher gern nähere Auskunft gibt. Es können nur
solche Persönlichkeiten Berücksichtigung finden, welche
von kräftiger Gesundheit sind und zwischen dem 21.
und 40. Lebensjahre stehen. Ausweise über Unbe⸗
scholtenheit und ausreichende Schulbildung werden
beansprucht. Die angestellien Schwestern unter dem
Rothen Kreuz erhalten neben Wohnung und Kost
aus Vereinsmitteln in den ersten 8 Jahren ihrer
Dienstzeit — von der Annahme als wirklicht
Schwester angerechnet — je 21 M., nach befriedi⸗
zender Dienstleistung während der ersten 8 Jahre
je * M. und nach Ablauf von 6 Jahren ie 28
Mark.
Vermischtes.
Ein reuiger Sünder stand dieser Tage vor dem
Schwurgericht in Saarbrücken. Der 21 Jahre
alte Hüttenarbeiter Jakob Blug von Dorf Lebach
hatte sich wegen vorsätzlicher Brandstiftung zu ver⸗
miworten und erhielt 18 Monate Gefängniß.
Dieses Erkenntniß nahm der Verurtheilte mit dem
Bemerken entgegen, man möchte ihm Zuchthaus
zewilligen, denn wer Strafe verdient habe, solle
ruch gehörig bestraft werden.
f Metz, 17. Febr. (Cadres Erhöhung.) Di—
ayerischen Infanterie⸗Regimenter haben wie in de
jesammten deutschen Armee⸗-nur zwei Second
ieutenantsstellen per Kompagnie. Jetzt werder
Vorbereitungen getroffen, daß die hier in Garnison
iegenden beiden bayerischen Infanterie⸗-Regimente
Pr. 4 und 8 auf drei Seccondlieutenants pe
Kompagnie — alfso wie auf Kriegsfuß — gesteln
verden. Die neuen Stellen werden theils X
Bersetzungen von Lieutenants aus den übrigen
odayerischen Regimentern theils durch Beförderung
von Portepeefähnrichen besetzt.
Mextz Eine ganz außerordentlich,
Neuigkeit von hier tischen verschiedene Parife
Blätter ihren Lesern auf, indem sie allen Ernsies
solgende Geschichte erzählen: Ein sonderbarer Zwi—
chenfall trug sich beim Oltroi in Metz zu. Kin
Unteroffizier der deutschen Armee schickte fich an,
mit einem von einer Decke umhüllten Wagen nach
Metz hinein zu fahren, als die Oktroibeamten ihn
aufforderten, die Decke zu lüften. Auf die Wige—
rung des Unteroffiziers entstand ein Streit, welcher
ine ziemlich große Menschenmenge ansammelte
Da die Oktroibeamten Recht behielten, wurde die
Decke entsernt, und alle Welt konnte konstatieren
daß der Wagen mit französischen Dragoner ⸗Helmen
beladen war. Das „Echo de Paris“ demerkt hien
zu: „Die Thatsache, welche wir melden, ist voll⸗
ständig richtig; nun wirft sich die Frage auf: Wird
man nicht im nächsten Kriege Preußen mit Helmen
sehen, welche, aus der Ferne gesehen, den Glauben
erwecken könnten, sie gehörten zur französischen
Armee?“ — Diese Räubergeschichte, so lächerlich
sie jst, wird voraussichtlich in Paris vollen Glauben
finden. Nun, uns kann's schon recht sein!
F Sraßburg, 19. Februar. Der Kaiser
spendete für die Abgebrannten in Dagsburg 2000,
die Kaiserin 600 Mk. — Der Ober ⸗Reichsanwalt
Tessendorf hat sich gestern nach Leipzig zurückbegeben.
fF München, 20. Februar. (Seltsame Agi⸗
ation). Vorgestern wurden einem Gendarmen, der
bei einer Wählerversammlung anwesend war, auf
die Patrontasche eines jener mit dem Vermerlh
„Wählt Vollmar“ bedruckten rothen Zettelchen ge⸗
klebt, welches seit einigen Tagen auf allen moͤg
lichen Plakaten und Afsichen, an Stiegen, Häusern
u. s. w. massenhaft befestigt wurde. Dassekbe ge⸗
schah bei der letzten Wahl auch.
F München. Die hiesigen Brauereien haben
im Jahre 1886 insgesammt 1,057, 120 Hekttoliter
Malz, 98,572 Hektoliter mehr als im Vorjahre
versotten. Unsere Stadt zählt im Ganzen 40
Brauereien.
F München, 19. Februar. J. M. die Königin⸗
Mutter ist nach dem Bulletin von heute Vormittag
seit gestern Vormittag fieberfrei. Die Anschwellung
der Füße ist im Abnehmen begriffen. Dit
Racht ist Ihre Majestät fast schmerzensfrei
neblieben. — Die Erkrankung des ersten Herrn
Bürgermeisters Dr. v. Erhardt ist eine sehr örnste.
Se. k. Hoheit der Prinz⸗Regent ließ sich theilneh⸗
mend nach dem Befinden des Patienten erkundigen.
F Einschmeichelhaftes Zeugniß.
Bei einer am Freitag vor dem Landgericht München
iJ statigehabten Verhandlung gegen einen Gütler und
eine Austragsgütlerin aus der Dachauer Gegend
wegen Meineidsverleitung qualifizirte der Vertheidiget
der Angeklagten die bäuerlichen Bewohner diestr
Gegend als die „dümmsten des ganzen Königreichet
Bayern, die nicht im Stande seien, die Tragweite
hrer Worte und Handlungen in solchen Dingen zu
ermessen!“
FTrier, 19. Februar. Die 34. Generalber⸗
sammlung der deutschen Katholiken wird anfana⸗
September hier tagen.
* Bonn, 19. Februar. Der Bahnmeister
Schmitz in Honnef hat eine Vorrichtung erfunden
und an seinen Bahnmeisterwagen angebracht, wo⸗
purch der Wagen leer von einem und beladen von
zwei auf demselben mit Platz nehmenden Rotten⸗
arbeitern mit der Fahrgeschwindigkeit eines Güter⸗
zuges bewegt werden kann. Durch die schnelle Bet
sförderung der Rotte nach der Arbeitsstelle und der
Materialien⸗Transporte nach der Gebrauchsstelle
wird der Eisenbahn-Verwaltung viel gespart und
wird die Vorrichtung nach dem B. Tabl. empfohlen
verden.
Dortmund, 180. Februar. In den
Walzwerk Weber fand eine Kesselexrplosion statt.
Fin Mann ist todt, fünf wurden verletzt.
F Berlin, 18. Febr. Der Kaiser hat den
Ausschuß der Studentenschaft wissen iassen. daß