Full text: St. Ingberter Anzeiger

—— —9— 7 
— J75 8⸗ —JI 4 V 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonntags mit Vseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt lostet vierteliährlich 14 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 H, einschließlich 
d ¶ Zustellungsgebũuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraien aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H. Neklamen 80 8. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
22. Jahrg. 
R44. 
Samstag, 26. Februar 1887. 
Neubestellungen 
auf den 
St. Ingberter Anzeiger 
für den Monaa 
März— 
werden angenommen von den Postanstalten, den 
Postboten, den Umträgern und der Expedition. 
der russische Kaiser seinen Oheim, den Großfürsten — zu machen. Die Zahl der Vorzuschlagenden ist un— 
Michael Nikolajewitsch, hierher entsenden. Ebenss begrenzt und soll sich über alle Waffengattungen 
ist der Prinz von Wales als Vertreter der Königin nerbreiten. 
von England angemeldet. Selbstredend wird bei 
allen diesen Besuchen strenge Rücksicht darauf ge— 
nommen werden, daß an seinem 890. Geburtstag 
unser Kaiser, der ja in der Erfüllung der ihm alt 
Festgeber und Hausherrn obliegenden Repräsentations⸗ 
flichten gewissenhaft ist, nicht übermäßig angestrengt 
wird. 
Berlin, 24. Febr. Der heute Nachmittag 
Jerausgegebene Reichsanzeiger veröffentlicht eine Kö— 
nigliche Verordnung über den von den katholischen 
Bischöfen zu leistenden Eid. Danach schwört der 
Bischof dem Könige unterthänig, Treue Gehorsam 
ind Ergebenheit. Bei den ihm untergebenen Geist⸗ 
ichkeit vnd Gemeinden die Ehrfurcht und Treue 
gegen den König, die Vaierlandsliebe und den 
Gehorsam gegen die Geseße zu pflegen und 
nicht zu dulden, daß die Geiftlichkeit in 
entgegengesetzten. Sinne lehre und handele. 
Der Bischof gelobt ferner, keine Verbindung inner⸗ 
halb und außerhalb des Landes zu unterhalten, 
welche der Sicherheit des Landes gefährlich ist. 
Die Eidesform schließt: „Ich verspreche dies Alles 
umso unverbrüchlicher zu halten, als ich es gewiß 
hin, daß ich mich durch den dem Papft und der 
dirche geleiffeten Eid zu nichts verpflichte, was dem 
ckide der Treue und Unterthänigkeit gegen den 
könig entgegen sein könnte“· 
Berlin, 24. Februar. Das offizioͤse Deutsche 
Tageblatt, die Ursachen des Zuwachses der sozia⸗ 
istijchen Stimmen eroͤrternd, findet es begreiflich, 
„daß die konsequenteren Naturen sich nicht länger 
bei der Vorfrucht aufhalten, zumal die Fortschritts⸗ 
partei eine vollkommene Kurzsichtigkeit dadurch be⸗ 
weist, daß fie einerseits bitter über die „Lauheit 
des höheren Bürgerthums“ klagt, andererseits sich 
abekß mit den größten Feinden desselben bei den 
Stichwahlen berbrüdere.“ 
Nach der Zusammenstellung hiesiger Morgen⸗ 
oldtter find bisher gewählt: 11 Freisinnige und 
2 Septennatsfreifinnige, 80 DeutscheKonservative 
22 Reichsparteiler, 93 Nationalliberale, 89 Cen⸗ 
rumsmänner, 14 Polen und 15 Elsässer, 2 Welfen, 
1 Däne und 6 Sozialdemokraten. Nunmehr sind 
bereits 59 Stichwahlen nothwendig. Es fehlen 
nur noch aus 8 Wahlkreisen die Resuliate. 
Der „N. Pr. Zig.“ wird bestätigt, daß nicht 
aur eine rege Thaͤtigkeit im Hafen von Toulon 
jerrscht, sondern auch eine Anzahl von Trans— 
portschüffen bereit lägen, um, der Winke ge⸗ 
värtig, das algier'sche Korps nach der europäischen 
düste hinüber zu führen. Demselben Blatte wird 
aus der Schweiz geschrieben, es sei kein Geheimniß 
nehr, daß in den Zeughäusern von Lyon und Be⸗ 
angon eine auffallende Thätigkeit herrscht; auch 
zehen ununterbrochen militärische Transportzüge 
zus diesen und anderen Orten nach der großen 
Finbruchspforle nach Deuischland — der starken 
Festung Belfort — ab, welche bekanntlich durch 
jarke Forts in ein großes, festes Lager verwandelt 
vorden ist. Diese Transporte bringen der Festung 
Munition und Proviant zu, damit sie möglichst 
tarken Widerstand leisten kann. Ein Pariser Tele⸗ 
—XX 
ninister Boulanger forderte die Korpskommandanten 
uuf, Vorschläge über die Verwendung überzähliger 
Reutenants und Unterlieutenants für jene Offiziere 
velche sfich dem Aushebungsdienste widmen wollen 
Ausland. 
Amsterdam, 283. Februar. Nachdem seit 
dem 19. Februar (Geburtstag des Konigs) mehrfache 
Reibereien zwischen der Arbeiterbevölkerung und den 
Sozialdemotraten flattgefunden hatten, kam in der 
borigen Nacht eine erheblichere Ruhestörung vor. 
Antisozialistische Arbeiter zogen unter dem Rufe: 
Es lebe der Konig!“ nach einem Lokal, wo sich 
zahlreiche Sozialdemokraten befanden. Hier fand 
ein Zufammenstoß zwischen den Anhängern beider 
Parteien statt, welche die Polizei nur mit großer 
Mühe auseinander bringen konnte. Es wurden 
mehrere Verhaftungen vorgenommen. Die Zahl 
der Verwundeten steht noch nicht fest, doch sind 23, 
darunter 5 schwer Verwundete, ins Hospital gebracht 
worden. 
Wien, 23. Februar. Das „Fremdenblatt“ 
zlaubt, die Wahlen für den deutschen Reichstag 
brächten neue und reiche Stärkung nach Innen und 
Außen. Ein starkes Deutschland aber erhöt und 
mehrt die Hoffnung auf Erhaltung des europäischen 
Friedens. Die „Presse“ schließt eine Betrachtung: 
Der Wahlsieg Bismarcks wiegt mehr als eine ge⸗ 
wonnene Schlacht und stärkt vielleicht alle Hoffnungen 
auf einen europaischen Frieden. Daß der Papst 
zu dem Siege mitgeholfen, ehrt den Sieger und 
feinen erhabenen Verbündeten.“ Die Deutsche 
Zeitung“ sagt: Eines kann schon auf's bestimmteste 
hbehaupiet weiden: die nationalen Parteien find in 
träftigem Aufschwunge begriffen, während ihre ver⸗ 
schiedenen Gegner schwer dämpfend auf den Jubel 
der französischen Chauvinisten wirken. 
Wien, 23. Februar. Aus Belgrad wird der 
„Frtif. Zig.“ gemeldet: Nach der neuen Heeres. 
rganisation wird das erste Aufgebot 100,000 
und das zweite 60,000 Kombattanten und 80,000 
Nichtkombattanten zühlen. Die Höhe des dritten. 
aus 60 Bataillonen bestehenden Aufgebots ist noch 
unbestimmt. Die Artillerie besteht aus 66 Batterien 
mit je sechs Bange⸗Geschützen. Die Infanterie soll 
Pickelbauben erbalton 
M⸗ 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 23. Febr. Der Prinzregent ant⸗ 
woriete nach der „Köln. Ztg.“, als ihm der natio⸗ 
zalliberale Sieg in Ansbach mitgetheilt wurde, mit 
nem Glückwunsch-⸗Telegramm. In jenem Wahl⸗ 
treise wurde Kroöber, Vertreter der Volkspartei, von 
em nationalliberalen Kandidaten Buchhändler Sey⸗ 
yold besieg.. — 
Berlin, 22. Februar. Die Fortdauer des 
tündnisses Italiens mit den miiteleuropäischen 
daiser⸗ Mächten zu Zwecken der gegenseitigen Ver⸗ 
heidigung mit der Bürgschaft des Besitzstandes ist 
vollständig gesichet. — 
Berkin, 22. Februar. Die „Nordd. Allg. 
ztig.“ schreibt: „Die von einem Fürsten Mescht⸗ 
shersli herausgegebene Zeitung „Graschdanin“, 
die angeblich für den russischen Hof und die hohe 
Petersburger Aristokratie geschrieben und vom 
daiser Alexander gelesen werden soll, hat ein 
offenes Schreiben“ an den Fürsten Bismarck zum 
Abdruck gebracht, in welchem dieser, inmitten seiner 
erfolgreichen Arbeit an der Erhaliung des Friedens, 
ils ein Kriegswütherich von offenbarstem Blutdursi 
dargestellt wird. Uns will scheinen, daß der Erguß 
des Graschdanin“ die Grenzen jener denkbaren 
Faschingsrohheit überschreitet. Der Ausrufer so 
rampfhafter Tiraden fällt nicht einfach unter die 
darrenfreiheit; es ist irgend eine mit seinen Inter⸗ 
ssen harmonirende Methode in dieser Narrheit 
Zzur Vervollständigung der, Charakteristik des hoch⸗ 
geborenen Herausgebers des „Graschdanin“ sei noch 
trwähnt, daß er es für angemessen gehalten hat, 
seinen Blödsinn dem Fürsten Bismard direlt durch 
die Post in einem mit dem furstlich Meschtscherski⸗ 
schen Wappen versiegelten Couvert einzusenden.“ 
Berlin, 23. Februar. Die freisinnige Partei 
zählt bis jetzt nur 18 gewählte Abgeordnete und 
lann in den Stichwahlen nach einer ziemlich ge⸗ 
nauen Schätzung laum mehr als 14 Sitze ge⸗ 
winnen. Die Sozialdemokraten werden es auch 
nit den Stichwahlen nicht über 15 Siztze bringen; 
das Centrum hat bis jetzt 6, die Welfen haben 5 
Sitze verloren. Die Rationalliberalen werden die 
Führung der Regierungsmajorität übernehmen, 
elbst die „Kreuzzeitung“ erkennt diese Thatsache 
mit einer gewissen Resignation an. Den Nach⸗ 
aichten hiesiger antisemilischer Blätter zufolge ist 
nicht nur in Marburg der Antisemit Boͤckel, alias 
Lapistrano, gewählt worden, sondern auch in Fritz⸗ 
iar⸗HombergZiegenhain der bekannte hier längst 
u den moralisch Todten gewotfene Berliner Anti⸗ 
emit Liebermann von Sonnenberg. 
MN. B. L.Ztg.) 
Berlin, 24. Febr. Wäührend bisher zu den 
ßeburtstagen unseres Kaisers nur die 
deutschen Fürsten hierher gekommen sind, um ihre 
Sluckwünsche darzubringen, find jetzt schon außer 
diesen für das diesjährige Fest auch von ausländi⸗ 
en Höfen Besuche angemeldet. Der österreichischt 
daiser wird seinen Sohn, den Kronprinzen Rudolf, 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Aus Mundenheim, 23. Februar, 
wird der „N. B. Lztg.“ mitgeteilt: Der Maurer 
Mathaus Weiß, weicher zur Abholung seines ent⸗ 
führten Söhnchens Heinrich sich nach Murthen (in 
der Schweiz) begeben, ist noch nicht zurückgekehrt. 
Wie derseibe brieflich hierher meldet, wurde das 
Find einem Zirkusbesitzer abgenommen, welcher es 
hon einer wandernden Siebmacher⸗Familie um die 
Zumme von 4 Marlk erkauft haben will. Gegen— 
wärtig befindet fich das Kind bei dem Verwalter 
des Schlofses Figon in liebevoller Pflege, dessen 
Figentümer dasselbe an Kindesstatt annehmen will. 
Die Ermittelung des Kleinen ist einzig und allein 
dem Fräulein Korn aus Speyer zu verdanken, 
welches sich in Murthen aufhält und von ihrem 
Vater zufällig von der Entführunag Kenntnis erhielt. 
Vermischtes. 
pNeunkirchen, 28. Februar. In diesem 
Jahre wurden hier am 20., 21. und 22. Februar 
393 Masken. Etlaubnißkarten ausgegeben und dafür 
157 Mt. 20 pf. zugunsten der Armenkasse einge⸗ 
nommen. 
Mez, 22. Febr. Vor einigen Tagen kam 
dier ein Zimmermann an, welcher bei den Baracken⸗