Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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R 45.
Donnerstag, 3. März 1887.
22. Jahrg.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 1. Maärz. Freiherr v. Francken ⸗
tein hatte Sonntag in einer Angelegenteit des
heotg⸗ Ordens Audienz von wenigen Minuten bei
z. K. dem Prinz⸗Regenten. Von Politik
Furde nicht gesprochen. Abends waren von Fran⸗
jenstein und andere Centrumsleute längere Zeit beim
Runtius di Pietro in dessen Wohnung.
Muͤnchen, 2. Märtz. Der kommandirende
Hencral des ersten bayerischen Armeekorps, Horn,
uchte gestern aus Gesundheitsrücksichten seine Pen⸗
hiruug nach, welches Gesuch heute Mittag vom
Prinz⸗ Regenten genehmigt und unterzeichnet wurde.
Norgen wird ein Handschreiben des Prinz⸗ Regenten
erbffentlicht, welches dem General Danuk und Aner⸗
mung für seine Wirksamkeit ausspricht. Horn
ioll ohne ausübendes Kommando altiv bleiben.
Sein Nachfolger wird zweifellos der der Ancienne⸗
sat gemäß zunächst berechtigte Prinz Leopold. Fest⸗
stehend ist ferner, daß der Kommandant des zweiten
Armckorps, Orff, seinen Abschied erbeten hat, ob⸗
I dieses Gesuch bis heute Abend noch nicht
hiet eingelaufen war. (Koöln. Ztg.)
In Würzburg ist Roß (Centrum) gewählt.
Straßßzburg, 28. Febr. Das Ministerium
zaln am 26. cr. die Auflösung des Landes⸗Ver⸗
handes der elsässischen Gesangvereine angeordnet,
deren Präsident der Baron Ruvolph v. Türchheim
in Tuttenhausen ist. Es scheint begründeter Ver⸗
dacht vorzuliegen, daß dieser Verband den Bestreb⸗
ungen der Patrioten⸗Liga nicht fern stand.
Frankfurt, 2. März. Stich wahl. Es
erhielten Stimmen: Sabor (Sozialdem.) 12,8609,
Metzler (nationallib.) 12,688. Sabor —XXE
Berlin, 1. März. Der Erzbischof von Posen
und Gnesen, Dr. Dinder versagte dem langjährigen
Fuhrer der polnischen Reichstagsfraktion Probst von
Jazdzewski, die Genehmigung zur Annahme des
Reichsstagszmandats. Der Erzbischof wies nach der
.N. B. L.“ auch eine Krotoschiner Bauern⸗Depu⸗
ialion ab, welche die Genehmigung zur Annahme
deß Mandats seitens ihres langjährigen Vertreters
Jazdzewski auswirken wollte. Fuͤr Krotoschin wird
deshalb eine Ersatzwahl noͤthig. Dieser Vorgang
des neuerwähtlen Erzbischofs ist um so bemerkens⸗
werther, als der Probst und Professor von Jazd⸗
zewsli seit 1873 dem parlamentarischen Leben an⸗
gehörte und bekanntlich vor der Ernennung des
krzbischef Dinder vom Domkapitel zu Posen⸗Gnesen
Nachfoiger Ledochowskis präsentirt war, von der
preußischen Regierung aber wegen seiner polnischen
Gesinnung zuruckgewiesen wurde.
Berlin, 2. März. Die „Nordd. Allg. Zig.“
jebt im elsaß⸗lothringischen Wahlausfall nicht die
Sehnsucht nach Wiedervereinigung mit Frankreich.
sondern die Furcht vor den ehemaligen Landsleuten
weil man an den Ausbruch des Krieges glaubte
Man stimmte deshalb für Protestler, um in Frank⸗
reich einen guten Eindruck zu machen und die etwa
rinrückenden französischen Truppen milde zu siimmen.
Hierzu bemerkt die Nordd. Allg. Ztg. ihrerseits:
Wir haiten dieses Gefühl für berechtigt. Wenn
Ftankreich uns angreift, wird unzweifelhaft Elsaß⸗
Lothringen zunächst den Kriegsschauplatz bilden.
Was das zu bedeuten hat, weiß die Bevoölkerung
aus eigener Erfahrung von 1870/1871. Die Leiden
AV
und verdreifachen. Welcher Behandlung hat die
—öA
Feinde kommen? Mit diesen Gedanken irat die
ꝛeichßsländische Bebölkerung an die Wahlurne heran.
dieser Gedanke war ausschlaggebend für die Abgabe
der Wahlstimmen. Man hoffte jenseits der Vogesen
einen guten Eindruck zu machen, um die französischen
Truppen, welche man im Lande zu sehen fürchtete
zur Milde zu stimmen.
Am Berliner Hofe wifft man bereits jetzt
imfassende Vorbereitungen anläßlich des neunzigsten
Beburtstages des Kaisers und wird die Feier die⸗
es einzig dastehenden Tages seiner Bedeutung durch⸗
nus enisprechen. Namenilich die Zahl der fürst-
ichen Gaͤste des Kaiserhauses wird diesmal eine
esonders große sein. Nicht nur die Mehrzahl der
egierenden Bundesfürsten und zahlreiche andere
zeutsche Fürstlichkeiten werden zum 22. März in
Berlin vereinigt sein, sondern es werden heuer auch
die auswärtigen Herrscherfamilien durch ihre ange⸗
ehensten Mitglieder am Kaiserlichen Hofe vertreten sein.
Zestimmt werden von letzteren erwartet: Kronprinz
studolf von Oesterreich, welcher schon am 16. d8.
n Berlin eintrifft, der englische Thronfolger, der
Prinz don Wales, ferner der Herzog von Aosta,
er Bruder des Königs von Italien, Großfürst
Michael Nicolajewitsch von Rußland, Oheim des
daisers Alexander, der Kronprinz und die Kron⸗
xrinzessin von Schweden u. A. Schon die An⸗
vesenheit so zahlreicher fürstlicher Güste wird der
Heburlstagsfeier des Kaisers außergewöhnliche Di⸗
nenfionen verleihen, indessen ist es selbstverständlich,
daß man bei allen Anordnungen von der Rucksicht
uuf den Gesundheitszustand des greisen Monarchen
uusgeht und dürfte derselbe den Hoffestlichkeiten nur
in begrenztem Maße beiwohnen.
Nach dem Eindrucke der Stichwahlen tritt der
nreue Reichstag heute Donnerstag zu⸗
ammen, um demnächst die von seinem Vorgänger
hm überkommenen zwei Hauptaufgaben, die Er—⸗
edigung der Militär⸗Vorlage und des Reichshaus
zalisetais, zu Ende zu führen. Für die Annahme
des Septennaisgesetzes ist eine mehr als genügende
Mehrheit vorhanden, und da sich über dieses Thema
ibsolut nichts Neues mehr sagen läßt, so werden
zie abermaligen Verhandiungen über die Militär⸗
Borlage hofsentlich kurz abgemacht sein. Etwas
amständlicher werden sich die Berathungen über den
Fiat gestalten, doch deht mit Bestimmtheit zu er⸗
varten, daß die Etaisverhandlungen im Allgemei
nen ebenfalls einen raschen Verlauf nehmen werden
ind wird der Etat bis zum 1. April jedenfalls
jertiggestellt sein. Die sonstigen Entwürfe für den
neuen Reichstag find schon angedeutet worden und
velche gesetzgeberischen Arbeiten ihn außerdem noch
rwarten, namenilich was den signalifirten neuen
Branntweinsteuerentwurf anbelangt, wird man ja
ius der Thronrede erfahren. Die feierliche Eröff⸗
nung des Reichstages findet Mittags 12 Uhr statt,
nachdem diesem Acte der übliche Gotesdienst für
die protestantischen und die katholischen Mitglieder
des Parlaments vorangegangen sein wird.
Bischof Kopp von Fulda soll nach einer
Fuldaer Korrespondenz der „Koͤln. Ztg.“ vom Va⸗
jtan beauftragi sein, im Herrenhause der preußischen
stegierung den Dank der Kirche für das bewiesene
xnigegenkommen auf kirchen⸗politischem Gebiete aus—
usprechen. Ferner soll ihm die Aufgabe gestellt
ein, die Mehrheit des Centrums zur Annahme des
Zeptennats zu bewegen, „damit nicht durch eine ganz
ruchtlose Opposition der Katholizismus in Deutsch⸗
and in eine schiefe Stellung gegenüber der prote⸗
zantischen Mehrheit der Bevölkerung gerathe.“
Lübeck, 1. März. Bei der heute vollzogenen
Zztichwahl zwischen dem Nationalliberalen Fehling
und dem Sozialisten Schwartz fiegte Fehling mit
2000 Stimmen Mojarität.
Lübeck, 2. Maͤrz. Bei den gestrigen sozia⸗
listischen Unruhen mußten 2 Compagnien Infanterie
mit gefällten Bajonetts die Straßen säubern. 70
Personen wurden derhaftet und ungefähr 15 ver—⸗
vundet.
Ausland.
Wien, 1. März. Der „Neuen Freien Presse“
wird aus Rom depeschiert: Gerüchtweise verlautet
in unterrichtlichen Kreisen, daß der Bundesvertrag
Jtaliens mit Deutschland und Oesterreich mit vielen
sür Italien günstigen Bedingungen —XX
wurde. Anstatt der Verpflichtung des Schutzes der
serritbrialen Integrität wurde die bedingunslose
gJegenseitige Unterstützung substituiert. Für den
Fall eines Orientkrieges wäre Italien verpflichtet,
200 000 Mann zu steilen und im weiteren Notfalle
ebenso viele an der französischen Grenze zu konzen⸗
trieren.
orkale und ve Aische Nachrichten.
St. Ingbert, 83. März. Durch das
Schoöffengericht dahier vom gestrigen wurde uber die
m Monat Rovember und Dezember letzthin von
einer jugendlichen Bande bei hiesigen Metgern aus⸗
geführten Wurstdiebstähle verhandelt und wurde:
J. Adam Hammerschmied, 12 Jahre alt, von hier
wegen 14 Diebstählen von Genußmitteln zu 28
Tagen Haft, 2. dessen Mutter wegen Nichtabhaltens
zu 14 Tagen, 8. Heinrich Kehlmeyer, 14 Jahre
alt, wegen Betheiligung an 12 Wurstdiebftählen zu
14 Tagen und 4. dessen Vater wegen Nichtabhal⸗
lens zu 1 Woche Haft und zu den Kosten ver⸗
urtheilt. Die Verhandlung enirollte ein grelles
gild über die Entsittlichung und Verworfenheit
dieser Jungen und man mußte staunen über die
Vermessenheit und Schlauheit, mit welcher die
Diebstähle ausgeführt wurden, einem erfahrnen
alten Dieb hätten sie Ehre gemacht. *—
— Kaiserslautern. Konkurs wurde er⸗
offnet über das Vermögen des Weinhändlers Augu st
Kehr dahier. Verwalter: Geschaäftsmann Heinrich
Helfer.
— Neustadt, 28. Februar. Am 9. Marz
wird Frau Theaterdirector Schroth die Theather⸗
saison im neuen Saale des Gesellschaftshauses
wieder eröffnen.
— Speyer, 28. Februar. Herr Regierungs⸗
assessor Graef wurde als Hilfsarbeiter ins Reichs⸗
Versicherungsamt einberufen und ist heute schon
nach Berlin abgereist.
Vermischtes.
Der Munchener Salvator beginnt
bereits seine große Reise in der Welt. Der Muünchener
R. N zusolge gehen bereits täglich große Ladungen
dieses edlen Gebruüus vom Ostbahnhofe nach allen
himmelsgegenden.
FPapst Leo XII. beging gestern 2. März
ceinen 77. Geburistag.
frür die Redaktion verantwortlich: F X. Demeßz.
Coburger Stadt⸗Obligationen de
1882. Die naͤchste Ziehung findet im März statt.
Hegen den Coursberlust von ca 3 306t. bei der
Ausloosung übernimmt das Bankhaus Carl Neu⸗
burger, Berlin, Franzosische Straße
1Z, die Verficherung für eine Prämie von 5 Pf.
pro 100 Mark.