Full text: St. Ingberter Anzeiger

4 Der dänische Hauptmann Sarauw, welcher 
wegen Landesberraths zu 6 Jahren Gefängniß ver. 
uriheilt worden, verbüßt seine Strafe in der Straf⸗ 
ansialt am Plötzensee. Er genießt dort eine sehr 
rücssichtsvolle Behandlung. sowie Selbstbeköstigung 
und beschäftigt sich mit schriftlichen Arbeiten. 
CGAuch ein Zeichen der Zeit.) 
Einen reichlichen Verdienst haben gegewärtig die 
Lehrer der russischen Sprache in Berlin bei dem 
augenblichlich recht fühlbaren Mangel an solchen 
Sprachlehrern. Ein bekannter Lehrer, ein geborener 
Russe, läßt sich jetzt die Stunde von Offizieren 
mit 20 Ml. bezahlen. Ein anderer Mangel macht 
fich bereits in den Berliner Buchhandlungen fühl⸗ 
dar, es ist derjenige Russischer Grammatiken. 
Die Nachfrage nach solchen ist bereits derartig ge⸗ 
fteigert, daß die Russen es ablehnen, diese ins 
Ausland zu schicken. 
F (In Konmigsb er g9) verschwand anfangs 
Dezember ein Handlun gsdiener, der mehrere hun⸗ 
dert Mark bei fich hatte. Jetzt hat sich herausge⸗ 
stellt, daß er von zwei jungen Burschen zu einer 
Bootfahrt verführt, ermordet, beraubt und ins 
Wasser geworfen ist. Die Mörder gestanden die 
That bereits ein. 
4Aus Ostasien wird gemeldet, daß der Ver— 
kehr eingeborener Passagiere auf den de ut schen 
Passagierdampfern in sehr erfreulicher 
Weise zunimmt. 
FPrinnz Coliberi, das bekannte Zwerg⸗ 
lein hat fich aus Liebeskummer erhängt. In Wien 
hatte sich das Prinzlein in die kleine Prinzessin 
Fingerhut verliebt, die dort als Specialität mit 
ihm vorgeführt wurde. Eines Tages trennte der 
Schausteller die Liebenden und begab sich mit der 
Prinzessin auf eine Rundreise durch Deutschland. 
Colibri reiste der Angebetenen nach, verlor jedoch 
sehr bald ihre Spur und aus Verzweifelung hierüber 
nahm er sich das Leben. 
FMons.A4. Jan. In der Kohlengrube von 
Eseruffiauzx, in der Nähe von Dour, fand heute 
eine Entzündung schlagender Wetter statt. In 
dem Augenblicke des Ereignisses waren in der Grube 
36 Arbeiter beschäftigt. Bisher find 6 Leichen und 
4 Verwundete zu Tage gefordert. 
F Monns, 5. Jan. Die gestrige Gruben⸗Kata⸗ 
strophe von Escruffiaux richtete furchtbare Verheer⸗ 
ungen an. Bisher wurden 37 Tote und 5 Schweer⸗ 
verwundete geborgen. Der ganze Schaͤcht ist gründ⸗ 
lich zerstort. Die Entzündung erfolgte vermuthlich 
durch das Zerbrechen einer Grudenlampe, in einer 
Tiefe von 645 Meter. 
F(Gacher⸗Masoch,) der gegenwärtig in 
Paris seiner Deuischfeindlichkeit und seiner pikanten 
Erzählungsweise halber gefeiert wird, will über⸗ 
haupt nur noch in französischer Sprache schrift⸗ 
stellern. Das wäre eine wahre Erlösung für die 
deutsche Litteratur und alle, welche die interna⸗ 
tionale Charakterlofigkeit des genannten Herrn 
irgendwie kennen gelernt haben. 
7 Paris, 4. Jan. Heute früh gegen 7 
Uhr begann in Paris ein heftiger Schneefall, der 
fast zwei Stunden anhielt und den Berlkehr der 
Wagen und namentlich der Omnibusse sehr er⸗ 
schwerte. Erlft nach und nach gelang es, den Schnee 
einigerm aßen zu beseitigen und das Nachmittags 
ein getretene Thauwetter verwandelte die Hauptstadt 
in ein riesiges Kothmeer. 
fMadrid, 3. Jan. Ein 5 Sekunden an⸗ 
dauernder, von unterirdischem Getoöse begleiteter 
Erdstoß wurde in Almeria wahrgenommen.g 
F Ein renommirier Räuberhauptmann. 
In Neapel wurde dieser Tage der berüchtigte 
Hauptmann Giovanni Cardon — der vor Jahren 
schon zu lebenslänglicher Galeere und zum Tode 
berurtheilte Rinaldo redixivus — verhaftet. Car⸗ 
dones Räuberchronik ist vielleicht die bunteste, die 
man in, diesem Genre findet. Das pitanteste 
Abenteuer des Strauchritters scheint klassischen Ur⸗ 
sprungs, nämlich den Schillerschen Räubern“ ent⸗ 
nommen zu sein und bleibt in der italienischen 
Räuberromantik einzig stehen. Im Jahre 1861 
drang Gardone mit seiner Bande — alle als Ka⸗ 
rabinieri verkleidet — in ein Nonnenkloster ein 
und hausten dort, wie ein Wallensteinscher Reiter. 
Die armen Nonnen wurden zwar nicht an Leib 
und Leben geschädigt, doch hatle der Einbruch der 
Pseudo · Karabinierie ins Kloster für mehrere unter 
ihnen bedauerliche Folgen. — Cardone zaͤhlt heute 
erst 40 Jahre. 
x. Ein hochgestellter Herr in London erhielt als 
Christkindchen einen eleganten Korb. darinnen ein 
„chlafendes Kindlein mit folgendem Briefchen lag 
Mein Vater hat hohen Rang, doch ein niedriges 
Gemuth; meine Mutitter schicht mich ihm, damit ich 
nicht mit ihr verhungere.. 
fAus London, 1. Januar wird geschrie⸗ 
den: Ein gräßlicher Agrarmord wurde gestern in 
ʒer Grafschaft Cavan verübt. Ein Kutscher, Namens 
Birney. wurde auf der Rückketrr von Monaghan, 
vohin er einen Irrfinnigen in Begleitung von zwei 
Polizisten gebracht hatte, von einem Haufen Männer 
uͤberfallen, die ihn vom Wagen berunterrissen und 
ermordeten. Die Leiche wurde in eine Cloale ge⸗ 
vorfen und die Mörder entkamen. Der Ermordet 
hatte vor einiger Zeit ein Gehöft gepachtet, dessen 
früherer Pächter exmittirt worden und sich dadurch 
zußerst mißliebig gemacht. 
fLondon. 3. Jan. Im Herzen der City 
in Wood Street, biach am 1. ds. Abends gegen 
3 Ubr Feuer aus, durch welches mehrere große 
Waarenhäuser, in denen 25 Firmen, darunter 
dowry, Appleby u. Tose, Gillat u. Ewer, Jos. 
TF. u. L. Beck und M. Bartom u. Sons ihr 
Riederlagen hatten, fast gänzlich eingeöschert worden. 
FLondon, 3. Jan. Der Dampfer „Dra⸗ 
doman“, der von Liverpool nach Cardiff unterwegs 
war, übercannte bei der Bardsey-Insel den Vier⸗ 
naster „Herzog von Connaught“, der von London 
nach Maryport segelte. Das letzgenannte Schiff 
sank. Der Kapitän und 4 Mann wurden gereitet 
Wertere 14 Matrosen jedoch ertranken. 
F New⸗York, 30. Dec. In Jackson, Ala⸗ 
hama, brannte in verwichener Nacht das Dampf⸗ 
boot .Bradish Johnston“ nieder. Das Schiff 
diente als Wohnhaus sür die an dem Bau der 
Eisenbahnbrücke beschäftigten Arbeitetr. Es entstand 
eine Panik und 24 Personen, zumeist Neger, fan⸗ 
den den Tod teils in den Flammen, teils in den 
Wellen. 
Gedenket der Vögel. 
Kommt zum Fenster liebe Kleine, 
Bringe Körnlein mit und Brod. 
Schaul Im Hof, dort auf dem Sieine 
Liegt ein Voglein — es ist todt 
Eingefroren jedes Boͤrnchen, 
Jeder Futterplatz verschneit! — 
Nur ein Krümchen! Nur ein Koͤrnchen! 
Fleh'a die Sanger weit und breit. — 
Gieb ein Körnchen! Gieb ein Krümchen 
Streu's vor uns'res Haufes Thür. — 
Und der Frühling schenkt ein Blümchen 
Und ein Vogellied dafür. 
Und das ruft: Zum Lenzesfeste 
Kommt ins frische Grün geschwind — 
Doch das Schönste, Allerbeste 
Schenkt Dir selbst Dein Herz, mein Kind. 
E. Rittershaus. 
New⸗York. 4. Jan. Der nach dem 
WBesten gehende Schnellzug der Baltimore⸗Ohio⸗Bahr 
st heute mit einem Güterzuge in der Nähe von 
Tiffin (Ohio) zusammengestoßen, wodurch eine An⸗ 
ahl Wagen beider Züge zertrümmert wurde. Bis- 
her find 19 Leichen herbvorgezogen; eine Anzahl 
Fahrgäste ist verletzt, drei Wagen verbrannten. 
Aus Philadelphia wird der „Times“ ge— 
neldet, daß die dortigen Lagerbier⸗Brauereien die 
Löhne verringert haben, infolgedessen 2500 Brauer 
die Arbeit einstellten. 
(Eheaterbrand in Philadelphia.) 
Aus Philadelphia wird der Brand des dortigen 
Temple⸗Theaters“. eines der größten der sieben 
Schauspielhäuser dieser Stadt, gemeldet. Es war 
im 28. Dezember um 11 Uhr Vormittags, die 
Bühne war voll, denn es fand eben eine Opern 
)robe statt, auch das Occhester war besetzt und im 
Zuschauerraume befanden sich etwa 50 Personen 
heils Schauspieler, theils Bedienstete, theils Reu⸗ 
zierige und Habitues. Gegen halb 12 Uhr rief 
eine Stimrae vom Schnürboden: ‚Rette sich, wer 
'ann! Das Theater steht in Flammen!“ Kaum 
var der Ruf verhallt, als auch schon die auf dem 
Schnürboden beschäftigten Arbeiter auf die Buͤhn⸗ 
prangen. Einige blieben mit gebrochenen Glied⸗ 
maßen liegen, Andere rafften sich auf und suchten 
den Ausgang ins Freie zu gewinnen. Eine ent⸗ 
etzliche Verwirrung begann. Waͤhrend einige Per⸗ 
onen von der Bühne in den Raum für das Or—⸗ 
hester und in den Zuschauerraum fprangen, klet⸗ 
zerten wieder die Musiker und Zuseher auf die 
Bühne hinauf, denn das große Eingangsthor zum 
Theater war geschlossen und nur das kleine Pfört⸗ 
chen geöffnet. Indeß fielen schon brennende Balken 
auf die Bühne herab, die Soffiten brannten und 
die Coulissen krachten und noch immer hatte Nie— 
mand das Theater verlassen koönnen, denn bei der 
tleinen Eingangspforte hatte ein Kampf zwischen 
Denen begonnen, die hinaus wollten und buchstäb— 
ich die Thüröffnung mit übereinander geschichteten 
Menschen verrammelten. Ein Chronist, der sich 
nicht durch die Menge drängen konnte, schoß einen 
stebolver ab, glücklicherweise ohne Jemanden zu 
beschädigen. Mit Todeswuth drangen die Pom⸗ 
piers in das brennende Haus und brachten zwei 
Arbeiter, welche bewußtlos auf der Bühne lagen, 
ins Freie. Es ist zum Glück kein Verlust an 
Menschenleben zu beklagen. Das Theater ist ein 
Trümmerhaufen. Der Schaden beträgt 300,000 
Dollars. 
Trcnene Namrien. 
München, 6. Jan. Im Thronsaal der 
Residenz empfing Prinz Luitpold gestern nach dem 
glänzend verlaufenen Fackelzuge, umgeben von der 
ganzen königlichen Familie, eine aus dem Maler 
Stieler, Professor Thiersch, Bildhauer von Miller, 
Direktor Kaulbach, Professor Wiedenmann, Profes— 
sor Loefftz, Direktor Lange, Professor Seitz und 
dem Magistratsrath Spenglermeister Hergl vestehende 
Abordnung, an deren Spitze der Maler Stieler die 
Hoffnung aussprach, unter des Prinz⸗Regenten 
mächtigem Schutz werde Bayerns Kunst und Kunst⸗ 
gewerbe neuerdings glänzend erblühen. J 
Berlin, 5. Januar. Die Entscheidung über 
die Militärvorlage wird im Reichstage in den 
Tagen zwischen dem 10. und 12. d. erfolgen. Ob 
die Regierungen sich zu irgend welchen Konzessionen 
werden bereit finden lassen, ist nach den wieder⸗ 
holten sehr präzisen gegentheiligen Auslassungen 
der offiziösen Presse mindestens zweifelhaft. Gleich⸗ 
wohl gewinnt, je näher die Entscheidung heranrückt, 
desto zuversichtlichet die Auffassung Geltung, daß 
ich eine Reichstagsmehrheit für Bewilligung der 
Forderungen der Vorlage zusammenfinden wird. 
Damit ist denn auch die Frage der Auflösung des 
Reichstages in den Hintergrund getreten. 
Wien, 6. Jan. Der „Neuen Freien Presse“ 
zufolge ist die Nachricht des Pariser Times⸗Korres⸗ 
pondenten von einor rufsisch-deutschen Allianz auf 
eine französische Intrigue zurückzuführen. 
Paris, 6. Jan. Es heißt, die probeweise 
beabsichtigte Mobilmachung eines oder zweier Ar⸗ 
meekorps sei vom Frühjahre bis nächsten Herbst 
derschoben. 
An⸗e * „ α * — 
Ein neuer Fürst auf dem Thronue. 
Die bulgarischen Wirren haben die gesammte europä— 
ische Presse mit reichlichem Lesestoff⸗Material versehen. Faß 
ldeden Tag veränderte sich die Scenerie diefes politischen 
Schaufpiels, das hoffentlich mit einem neuen Fürsten auf 
dem Thron seinen Abschluß stunden wird. Von einem an⸗ 
deren Fürsten, obschon er in allen Welitheilen regiert, ist 
dennoch sehr wenig die Rede. Der Name dieses Macht⸗ 
habers, der wahrlich despotisch herrscht, heißt Harnsäure“! 
Leidet Jemand an Rheumatismus, so wird der con 
sultirende Arzt sagen: „Die Grundursache dieser Krankheil 
ist die ‚Harnsäure“ in Ihrem Blute.“ Ist man fortwäh⸗ 
rend mit stopfschmerzen geplagt, so heißt es wiederum 
„Harnsäure“. Weichheit des Gehirns? Tont es ebenfalls 
von gelehrten Lippen „Harnsäure“. Machen Reuralgia 
und Rervenschmerzen das Leben zur Bürde, nichts anderes 
als „Harnsäure“. Ist die Haut mit Mitesser und Aus— 
schlag bedesnt, dasselbe Echo Harnsäure“. Leidet man an 
Beschwüren, so hat, Harnsäure? wiederum das Blut zersetzt! 
Wenn man abgespannt, in erschlaffendem Zustande sich 
befindet, Rücken⸗ oder Blasen⸗Beschwerden hat, Gicht, Stein, 
schlechtes Blut, jeden Augenblich unwohl, fortwährend in 
der Gefahr schwebt, vom Schlage getroffen und theilweise 
oder ganz gelähmt zu werden, Schwindel unterworfen ist, 
biliös, verhitzt, zeigt Anlagen zur Wasserfucht, oder ist 
magenleidend, alles dieses find Anzeichen, daß das Blut 
durch Harnsaäure zersetzt worden. Harnsäure, dieses Gift 
ist die Grundursache des Zersetzens des ganzen Systims 
ein langsam, aber sicher sein Zerstörungswerk fortseßenbdes 
Absterben, es sei denn, daß man die Harnfäure durch An⸗ 
vendung von Warner's Safe Cure qus dem Susteme ent⸗ 
fernt. 
Wir haben von verschiedenen Seiten hören müssen. 
daß Warner's Safe Cure nur ein ‚Schwindel“ sein könne, 
veil es für so viele, verschiedene Leiden anempfohlen wird. 
Das verräth ein oberflächliches Denken, denn alle diese 
deiden, für welche Warner's Safe Cure empfohlen wird, 
rühren alle von ein und derselben Grundursache her, das 
st Harnfäure“. Diese entsteht dadurch, daß die Rieren 
und Leber nur mangelhaft ihre Thätigkeit verrichten, und 
st Warner's Safe Cure das einzig bekannte Heilmittel, 
velches eine positive Heilkraft auf die Nieren und Leber 
rusübt Unsere Heilmittel find in den meisten Apotheken 
u haben. Wenn Ihr Apotheker unsere Medizin nicht hält 
ind auf Ihr Ersuchen nicht bestellen will, benachrichtige 
nan uns und werden wir dafür sorgen, daß Sie damit 
ersehen werden. H. H. Warner u. Co. Schäfergasse 10 
Frankiurt à. M 
Anrrn