Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
F — —A 
der „St. Ingberter Anzeiger⸗ exscheint wochentlich füufmal: Am Montag, Dieustag, Donuerstag, Samstag and Sonntag; 2 mal wochentlich miß Unterhaltungßẽ 
plau und Sonnlags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierieljahrlich 1 AM 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 M 75 A, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertbeilt, I8 A. Neklamen 80 —. Bei Amaliger Einruckung wird nur dreimaliae berechnet. 
—I So unntag, 13. März 1883. 63 22. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 10. März. Furst Löwenstein, 
Wiiglied der ersten badischen Kammer, ist heute 
54 uhr gestorben. Egrkf. 3.) 
Mannheim, 10. März. Der italienische 
zonsui in Mannheim hat, wie die „N. B. 8. 
afahrt, an das Ministerium in Rom berichtet, daß 
nhanz Süddeutschland eine lebhafte Agitation 
seirscht, Genua vor Triest als Kopfstation der 
eutschen Dampferlinien den Vorzug zu geben; die 
Ingelegenheit werde demnachst zugunflen Genuas 
ntschieden werden. 
Stuttgart, 10. März. Die Kammeren 
ourden durch königl. Restript auf den 28. März 
einberufen. —WWW 
Der „Str. P* wird aus Karlsruhe ge⸗ 
hrieben: „Wie verlautet, werden in der badischen 
Jeneraldirektion die Arbeiten für die strategischen 
zahnen zur Umgehung des schweizerischen Gebietes 
uf das eifrigste betrieben. Wenn auch die bezüg⸗ 
iche Vorlage in der Thronrede zur Eröffnung des 
ichstages nicht erwähnt ist, so steht doch ihr bal⸗ 
iges Erscheinen außer Zweifel, und zwar, wie 
man amnimmt, im Zusammenhang mit anderweiten 
rategischen Linien, welche im deutschen Norden 
n sehr bedeutendem Umfang zur Ausführung ge— 
angen sollen. Für Baden lommt bekanntlich außer 
den beiden erwähnten Bahnstrecken noch die Legung 
anes zweiten Schienengeleises auf der Schwarz ⸗ 
waldbahn in Frage. 
Berlin, 9, März. Die „B. B.3.“ bringt 
in Interview ihres Berichterstatters mit dem bei 
eem franzosischen Botschafter Herbetie abgestiegenen 
herrn v. Lesseps. Auf direkte Fragen des 
Interviewers stellie Less. ps auf's entschiedenste in 
Abrede, daß er sich in diplomatischer Mission hier 
zefinde und dementierte ferner, daß er sich darum 
ʒemulhe, den Suezkanal neutralisieren zu lassen so— 
die, daß er mil Vertretern der hiesigen haute 
inance betreffs Geldbeschaffung für den Panama⸗ 
anal unterhandeln wolie. Lesseps betont wieder⸗ 
dolt, er sei ein Mann des Friedens und habe mit 
er Politik nichts zu thun. —VV—— 
Berlin, 10. März. Gutem Vernehmen nach 
nird eine größere Steuerreform erst für 
die Herbstsession des Reichstages beabsichtigt. doch 
dürfie bereiis in gegenwärtiger Session ein Brannt⸗ 
weinsteuergeseß vorgeligt werden, wofür reiches 
Material vorliegt, worüber vorher mit den maß⸗ 
he Parteien eine Verständigung herbeizuführen 
daͤre. 
Berlin, 11. Marz. Der Reichstag 
ahm heute debattelos in dritter und letzter Lesung 
vie Militärvorlage in namentlicher Amstimmung 
mit 227 gegen 31 Stimmen an. (84 Abgeordnete 
enthielten sich der Stimmabgabe.) Die Gruppirung 
der Abstimmenden war wie beim Skrutinium in der 
weiten Lesung. 3 
Berlin, 11. März, Staatssekretär Graf 
erbert Bismarck erhielt den rujssi schen weißen 
ldlerorden. A 
Ueber die beabsichtigten Steuervorlagen 
etfhrt die „Frif. Zig.“, daß es fich zunachst um 
tine Branniweinsteuer handelt. Es finden darüber 
zurzeit zwischen dem Reichsschatzamt und dem preußi ⸗ 
schen Finanzministerium Verhandlungen stait, auf 
Brund deren ein Entwurf ausgearbeitet werden 
wird, der sich, wie man in unterrichteten Kreisen 
unimmt, ziemlich eng an den in der vorletzten 
Session vorgelegten anschließen wird. Außerdem 
mein neues Zuckersteuergesetz in der Vorberatung 
Ob diese Entwürfe den Reichstag schon in der s 
etzigen Session oder erst im nächsten Herbst be⸗ 
chaftigen werden, scheint noch nicht fest beschlossen 
zu sein. 
Ausland. 
Petersburg, 10. Marz. Zum Geburtstag 
des dentschen Kaisers wird sich, der 
„Koln. Zig.“ zufolge, nicht nur Großfürst Michael 
tikolajewiisch nach Berlin begeben, sondern auch 
Broßfurst Wladiwir mit seiner Gemahlin, wahr⸗ 
heinlich auch die Oberhofmeisterin der Kaiserin 
cürstin Hesen⸗ Oniichnhoi 
Lofale und pereifche Nech iten. 
*St. Ingbert, 12. März. Zu Ehren 
des Geburisfestes Sr. Koönigl. Hoheit des Prinz— 
Regenten Luitpold ist unsere Stadt festlich 
eflaggt. Bollerschüsse und Glockengeläute, sowie 
Japfenstreich und Tagreveille, ausgeführt von der 
Jergkapelle, leiteten gestern Abend und heute Mor- 
jen den Festtag ein. Heute Vormittag wurde in 
heiden Kirchen feierlicher Gottesdienst abgehalten, 
dem außer den Angehörigen der Knappschaft auch 
die übrigen Bewohner unserer Stadt zahlreich an ⸗ 
wohnten. Heute Nachmitiag wird im Oberhauser 
chen Saale ein Konzert der Bergkapelle die Mit⸗ 
uͤeder der Knappschaft nochmals vereinigen. Am 
bend findet, wie schon in einer früheren Nummer 
rwähnt, im „Hoiel zur Post“ ein Festessen statt, 
das aus Beamten⸗ und Bürgerkreisen zahlreiche Be⸗ 
theiligung finden wird. 
—saiserslautern, 10. März. Der 
diesjährige Lohrindenmarkt war ziemlich gut besuch! 
ind tamen ca. 21,461 Centner zum Ausgebot, 
vovon 21,241 Centner zugeschlagen, waͤhrend 220 
Tentnet wegen zu geringen Gebotes zurückgezogen 
wurden. Die Py stellten sich bei Glanzrinde 
I. Ki. 6.30 6. 30 M., 2. Ki. 4. 36, 5. 60, 5. 80 
hbis 6.25 M., Reidelrinde 3.850 -3.70 M. 
— Am VDonnerstag verunglückte der Tagneß 
Peter Frey J. von Impflingen beim Sand⸗ 
graben in hiesiger Gemarkung, indem er zu weit 
uͤntergrub, so daß die Sandwand einstürzte und 
ihm das Bein entzwei schlug. Von zwei Kamera⸗ 
den sofort ausgegraben, perschied derselbe kurz dar⸗ 
auf, da durch den Knochenbruch die Schlagader 
verletzt worden war. Der Verunglückte hinterläß! 
eine Wittwe mit 12 Kindern, von denen das jüngste 
1 Jahr alt ist. 
Der kgl. Staatsanwalt am Landgericht 
Frankenthal ladet durch Ausschreiben 400 junge 
deute wegen Verletzung der Wehrpflicht in die 
Sitzung diesezs Gerichts vom 8. Mai 1887 xin. 
2* 
Vermischtes. 
7 Siuttgart, 8. März. Mechaniker Woͤrnle, 
der schon mehrfach durch praktische Erfindungen die 
Aufmerksamkeit auf fich gelenkt hatte, ist ein Opfer 
eines Berufs geworden. Seit mehreren Jahren 
arbeitete Wornle an die Verwirklichung des Ge⸗ 
dankens, einen Gasmotor zu konstruiren, der durch 
Delgas, das in der Maschine durch eine entspre⸗ 
hende Vorrichtung mittels Luftdepression qus Oel 
sewonnen wird, in Betrieb zu setzen wäre. Nun 
ndlich schien das Problem geloͤst, mehrere Erperimente 
nit der neu erfundenen Maschine waren bereits 
Jeglückt, da explodirte bei einem neuen Versucht 
urch irgend einen Zufall die Maschine und ver— 
etzte ihren Schöpfer so schwer, daß derselbe den 
haltenen Wunden erlag. (Fr. Zig.) 
rMäunchen, 6. Marz. Auf Grund der 
bei den vorigen Herstübungen angestellten Ber⸗ 
suche, eine moglichst schnelle Verbindung der kan⸗ 
donnirenden Truppen durch Velozipedreiter herzu⸗ 
stellen, hat fich das Kriegsministerium zur Ein⸗ 
führung des Velozipeds zu militärischen Zwecken 
enischlossen. Eine groͤßere Anzuhl Reiträder (Rud⸗ 
ges Bichcletle) ist in Nurnberg bestellt worden. 
7 Fraukfurt a. M. 10. Marz. Die 
Zdnigin⸗Mutter von Bayern weilte, dem F. J.“ 
ufolge, gestern in Frankfurt, besuchte mit Gefolge 
den Paimengarten, dinirte daselbst und wohnte auch 
inem Teile des Nachmittagskonzertes bei. 
LKassel, 8. März. Ein Liebespaar, 
dessen ehelicher Verbindung fich dem Vernehmen 
nach Hindernisse entgegengestellt haben sollen, schritt, 
vie der „Frkf. Zig.“ berichtet wird, in der per⸗ 
zangenen Nacht dazu, gemeinsam den Tod im 
Wasser des Kuüchengrabens“ der Karls⸗-Aue zu 
jsuchen. Schon war der unglückselige Sprung in 
das nasse Element geschehen, als in dem Mädchen 
noch einmal die Lebenslust erwachte und dasselbe 
beranlaßte, die denlbbar größten Anstrengungen zu 
machen, wieder ans Ufer zu gelangen. staum 
fühlie es wieder festen Boden unter den Füußen, 
als es aus Leibeskräften nach Hilfe rief, um auch 
den Geliebten zu reilen. Obgleich einige Perso⸗ 
nen, welche die Hilferufe in der Bellevue gehoͤrt 
hatten, herbeieilten, vermochten sie doch nicht, die 
stettung zu dewerlstelligen, da der Koͤrper des 
ungen Mannes bereits untergesunken war. Heute 
Morgen wurde die Leiche geländet. Das beklagens⸗ 
verthe Opfer dieses Liebesromans soll ein Schuh⸗ 
macher namens Friedrich Schmidt aus Wahlshausen 
hbei Oberaula im Kreise Ziegenhain sein. 
Die neulich durch die Blätter gegangene Mit- 
re ilung, daß der Inhaber der Hamburger Firma 
L. S Cohn wegen Falschung von Gewinnlisten zu 
nehrjahriger Zuchthaussirafe verurteilt worden sei, 
vird nach einer Meldung der „N. N.“ von den 
dompetenten Hamburger Behoͤrden als eine bosbafte 
Erfindung bezeichnet. — — 
Jena, 6. Maͤrz. Vor etwa zwei dahren 
wurden eine junge Bauerin und deren Knecht troh 
heharrlichen Leugnens zum Tode verurtheilt, weil 
Beide den Mann der Bäuerin auf seinem Gute 
vei Jena ermordet haben sollten. Die Frau wurde 
auf ihren Antrag begnadigt, während der Knecht 
ich weigerte, um Gnade zu bitten. Trotzdem wurde 
das Todesurtheil nicht vollstreckt. Jetzt hat fich 
herausgestellt, daß die Verurtheilten unschuldig ge⸗ 
atten haben. Das Oberlandesgericht Jena hat die 
Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt und den 
Prozeß an das Schwurgericht Gera verwiesen. 
Die Ziffer der bei de Grubenkata⸗ 
trophesin Belgien verunglückten Arbeiter ist 
etzt amtlich festgestellt. 162 Bergleute büßten bei 
der Exrplosion ihr Leben ein.850 Leichen wurden 
bereits herausgeschafft, die übrigen befinden sich 
noch in dem verschüttelen Flößz-⸗ , 
7 Es ist merlwürdig, „daß Nigztar in den 
letzten vier Jahren kets zu derselben Jahreszeit 
von mehr oder minder schrecklichen Katastrophen 
heimgesucht wurde. Vor vier Jahren verwuüstete 
in der Nacht von 8. auf 4. April ein Brand das 
Kafino und richtete einen Schaden von mehreren 
Millionen an. Im Jahre darauf brannte das 
Theater nieder und ungeführ 800 Personen kamen 
les war am Vorabend des Fastnachtsdienstags) 
zabei um's Leben. Im vergangenen Jahrez eben⸗ 
alls zur Fafinacht, fand das schreckliche Eisenbahn⸗