Full text: St. Ingberter Anzeiger

Seite über die Formation aufrührerischer Banden 
in Reni heißt es jetzt, daß hiervon in Sofia noch 
nichts bekannt sei. Der seltsame Widerspruch 
zwischen diesen beiden Meldungen bedarf jedenfalls 
bringend der Aufllärung. 
„ Ddas Wiederauftauchen der Cholera in Pest 
hat die Pfwrrte veranlaßt, für Provenienzen aus 
der Donau und vom Schwarzen Meere eine fünf—⸗ 
tägige Quarantaine in Constantinopel anzuordnen. 
Dagegen verlautet noch nichts von irgendwelchen 
Maßregeln der Pester Behorden selber, in der un⸗ 
garischen Hauptstadt scheinen überhaupt merkwürdige 
janiiäre Zustande zu herrschen, sonst wäre es wohl 
nicht möglich, daß die Cholera jetzt, wo wir kaum 
in das Frühjahr eingetreten sind, schon wieder in 
Pest auftritt. 
ert caes Reech.. 
Müuͤnchen, 30. März. In der Begleitung 
Sr. Kgl. Hoheit des Prinz⸗Regenten auf der 
Reise durch die Oberpfalz, Niederbahern und Ober— 
franken vom 80. April bis 11. Mai werden sich 
diesmal u. A. befinden die Minister Freih. v. 
Lutz und Freih. d. Feilitzsch, ferner wieder die 
obersten Hofchargen Graf zu Castell, Freih. v. 
Malsen. Graf Holusteie. — 
Muünchen, 80. Marz. Durch daßs mit 1. 
April in Kraft tretende neue Militär⸗Gesetz ist für 
Bahern zunachst eine Vermehrung der kechnischen 
Truppen um eine Eisenbahn⸗CEompagnie und eine 
Vermehrung der Artillerie um zwei Feld⸗Batterieen 
eingetreten. Die Neuformirung einer Eifenbahn⸗ 
Compagqnie und die damit verbundene Zusammen⸗ 
ziehung der beiden Eisenbahn ˖ Compagnieen zu 
einem Bataillon tritt als Armee⸗Verstärkung für 
den Laien mehr in den Hintergrund, aber im⸗ 
ponirend wirkt die Artisleriemacht, über welche 
Bayern jetzt zu gebieten hat. Unsere Armee zählt 
nämlich vom 1. April 34 fahrende und 6 reitende, 
in Summa 40 Feldbatterieen mit 240 Geschützen, 
so das im Kriegsfall das bayerische Heer mit den 
nothigen Reserve⸗ und Neuformationen sofort mi⸗ 
etwa 800 Feldstücken in Action treten kann. 
Berlin, 31. Naärz. Das offizielle Wolff'sche 
Bureau versendet soeben folgendes Telegramm: 
London, 31. März. In Gatschina iff 
gestern auf den Czaren ein neues Attentat verübt 
worden. Der Czar ist, nicht verwundet. Details 
fehlen noch W— 
ELEokale und pfälzische Rachrichten. 
*St. FJagbett. J. April. Mitdem 
heutigen. schloß in der kgl. Lakeinschule der Untert 
richt fͤr das Wintersemester. Die Ferien dauern 
his Montag nach weißen Sonntag, 18. April, ein 
schließlich .. 
S.Wung her tz rApril. Am nächsten 
Dienslag, den 3. April Abends SaUhr findet im 
Gauthofe zur Post dahier“ die brdentliche 
Generalverfa min bung ünseres Vorischuß⸗ 
pexeins statt. Auf der Tagesordnung Kehen: 
1)* Vorlage des Geschäftsberichts pro 18862 uad 
Ertheilung der Decharge.“2) Festfetzung der Di⸗ 
vidende und Vertheilung des“ verbleibenden Restes 
vdm Reingewinn.“ 8) Auslobsung und Neuwahl 
dreier Ruffichtsrathsmttglieder.“ 4) Wahl der Prü 
fungskommission“ für die nächsten!2 Bilanzen. 
* St. Fingbert, I. April. Dem uns vor 
läegenden Geschaftsberichte des hiefigen Vo rfchuß⸗ 
vere in s fur das Jahr 1886eninehmen wir, daß 
in dein genaunten: Jahre die Zahl der“n Mitglieder 
um' 40 gestietzenlist.“ Am Schlufse des Jahres 
stellte fich die Mitgliederzahl Lauf 757. Der Ge⸗ 
sammlümfchlag vetrug 7 197860 Mkanwer erzielte 
Reingewinn, der groͤßte, den det Verein bisher 
noch hehabte hat, 2ĩ 754 Mk. Der Reservefond be 
laͤufi 4 auf 44 608 »Mk.“ Das Stammantheil⸗ 
Conto weist 258 555 Mk. und das Sparkassen⸗ 
— —— 
Verwaltungskosten fiellten sich fur das abgelaufene Jahr 
auf 6625 Mk. Bezuüglich der Gewinnvertheilung 
macht der Auffichtsrath u. A. den Vorschlag, 622 
jo Dividende zit zahlen und 3000 Mk. Ddem Re⸗ 
serdefond zuzuweisen. 
*Sst. Ingbert,“ Jd. April. Gestern ist das 
8. Khein. Infanterie: Regiment Nr. 70 in seine 
neue Garnison Saarbrücken eingezoggen. — 
— Nach einem aus Cleveland (Ohio) einge- 
troffenen Telegramm ist daselbst am 29. d. M. 
Herr Karl Wilhelm Schmidt im Alter don 84 
Fahren gestorben; seit 38 Jahren hatte er dort 
ununterbrochen gelebt. Herr Schmidt hat fich durch 
Bethätigung einer hohen Geistesbildung und einen 
unbeugsamen rechtlichen Charakter die Liebe und 
Verehrung seiner Mitbürger im hohen Grade zu 
erwerben und zu erhalten verstanden. Bis in die 
letzten Stunden seines Lebens hatte sich der Ver⸗ 
storbene die Klarheit und Energie seinss Geistes 
bewahrt. Herr Schmidt war bis zum Jahre 1849 
Notar zu Kirchheimbolanden.“ In jener 
Sturm- und Drangbewehung wurde er zum Mitglied 
des provisorischen Landesausschusses der Pfalz gewählt, 
welcher spater durch die provisorische Regierung ab⸗ 
— ADDD badisch⸗ 
»fälzischen Beweguñg wanderte Herr Schmidt inẽ 
Fril; zuerst nach Frankreich und von dort, nach 
dem Staatsstreich, nach Amerika. Der Verstorbene 
sdinterläßt eine Wittwe und zwei Kinder, welche 
—XDVV— 
—DD 
die Gemahlin des Generab Confuis Müller, starb 
im vorigen Jahr in Frankfurt a. m. 77 
— Lamperismügs le, 29. März. Heute 
Mittag, während die Arbeiter zum Mittagessen waren, 
xxplodirte in der hiesigen Fabrik ein Dampfkessel, 
vodurch das Dach des Maschinenhauses demolirt 
purde. Weiteres Unglück ist glüclicher Weise nicht 
zu beklagen, wäre dasselbe jedoch 5— 10 Minuten 
päter eingetreten, so hütten infolge der Anwesen⸗ 
heit⸗ der Ärbeiter auch Menschenleben zu Grunde 
jehen können ·.. 
— Landau, 29. März. Wilhelm Breit- 
auer, 89 Jahre alt, Schuhmacher. gebürtig von 
Reustadt, wohnhaft zu Dürkheim, erlaubte sich in 
der Wirthschaft zum „Englischen Garten“ dahier, 
am 13. d. M. über den deutschen Kaiser zu schim⸗ 
pfen, weshalb er heute wegen Majestätsbeleidigung 
in Berücksichtigung seiner Vorstrafen und seines 
schlechten Leumundes von der Strafkammer des 
hiesigen k. Landgerichts eine Gefängnißstrafe, von 
ß Monaten und die Kosten erhielt. 
— Frankenthal. An der Kreis⸗Armen⸗ 
und Kranken⸗Anstalt hier ist die Stelle des Rech⸗ 
nungsführers offen und zur Bejfetzung ausgeschrie⸗ 
ben. ?Derselbe hat die Kasse zu verwalten und 
das gesammte Rechnungswesen der Anstalt zu 
führen. Der Jahresgehalt beträgt M. 2538 incl, 
M. 378 Wohnungsentschädigung. Caution ist im 
Betrage von M. 3400 zu stellen. 
Mermischtes8s8s. 
. Die an den Osterfeiertagen im Tivoli zu St. 
JIoh aun sstatifindende Geflügel-Ausstellung ver⸗ 
spricht, den bisherigen Anmeldungen nach zu schlie⸗ 
zen, graßartig zu werden, viel bedeutender als die 
erst vom Geflügelzuchtberein für Saarbrücken, St. 
Johann und die Umgegend im vergangenen Jahre 
veranstalteete. W 
Metz, 30. Maärz. Privatier Georg Hum 
dert wurde, wie der Fkf. Zig.“ gemeldet wird 
als des Landesverraths verdächtig verhaftet.. 
Mannheim, 29. Marz. In der Naͤhe 
der Militärschwimmschule machte der in den 30er 
Jahren: stehende verheirathete frühere Wirthim 
Darmstädter Hof“ dahier, Namens Georg Traur⸗ 
wein, in den Fluthen des Rheines seinem Leben 
gewaltsam ein⸗ Ende. Der Selbstmörder, welcher 
juletzt Wirm in Ludwigshafen war, soll in zerrün⸗ 
ceten Familien⸗Verhaältnissen gelebt haben und is 
hierin das Morid za dieser That wahrscheinlich zu 
suchen. 1 go 1 — 
ar Sakkinger Trompeeten. Ein Pariser 
Instrumentenhändler /kündigte kürzlich in einigen 
Blättern an, bei ihm könnten Musiker echte Sal⸗ 
tinger Trompeten gegen Bargeld oder auch gegen 
statenzahlungen bekommen, Einige in Paris lebende 
Deutjsche gingen zu dem Hündler und fragten ihn 
möglichst undefangen, wodurch sich zdenn die Salb⸗ 
finger Trompeten vor den anderen auszeichnen. 
Raiv meinte der Pariser: Das wissen die Herren 
nicht? In Sölkingen ist die bexuhmteste Trompeten⸗ 
fabrik und fie hat sogar vor pielen Jahren einem 
deutschen ⸗Dichter viel Geld gegeben, damit er in 
einem Buche für fie Reklame macher 
7Mainz, 30. März. Auf dem Perron des 
hiesigen Eentral ⸗Bahnhofes spielte sich heute Nach⸗ 
mittag eine aufregende Szene ab. In dem Augen⸗ 
blicke, als sich eben der Personenzug, der um 8 
Uhr 50 Min. in der Richtung nach Alzey⸗-Kirch⸗ 
heimbolanden abgeht, langsam in Bewegung gesetzt 
hatte, kam eine Dame aus Kirchheimbolanden her⸗ 
deigeeilt, welche noch mit dem Zuge weg wollte. 
Angeachtet der Abmahnungen des auf dem Perron 
hefindlichen Bahnpersonals lief die bejahrte Frau 
dem allmälig schneller fahrenden Zuge nach und 
erfaßte dieselbe schließlich auch an einem der lezt 
Waggons zur Sicherheit des Zugspersonals qu 
brachte Halt⸗estange.·Bei immer schnellerem —** 
des Zuges konnte die Frau indeß nicht mehr 
das Triitbrett und mußte, nachdem fie einige Schrit 
neben dem Zuge hergelaufen, endlich die Hau 
stange loslassen. wobei sie mit dem Oberkörbet d 
das Trittbreit fiel und sicher im nächsten Augn 
blicke unter den Zug gekommen wäre, wenn a 
in demselben Momente der Maschinenführer 
Zug zum Stehen gebracht und so die unborfichn 
Frau, welche die auf dem Perron stehenden 9 
sonen schon verloren glaubten, gerettet hätte. 
Auf der Strecke Mainz⸗ Worms ließ sich gesten 
Abend ein junger Mann von dem Zuge überfährn 
Dem Unglücklichen, der etwa 80 Jahre alt um 
dessen Idenlität noch nicht festgestellt, wurde du 
Kopf und der kechte Arm vollstandig von den 
Rumpfe abgetrennt. In der chemischen Fabii 
von Albert auf der Amöneburg verunglückten heu 
Nachmittag 5.Arbeiter, darunter sind 3 lebenage 
tährlich. Nähere Nachrichten fehlen noch. 
fEinunliebsames Versehen ist diese 
Tage, wie das 5. T.“ berichtet, einem Moainje 
Beamten passirt. Derselbe hatte ein Schriftfuͤt 
abzusenden mit der Adresse: »,An Herrn don 
X..... Kammerherr.“ Der Beamte hane da— 
mit seinen Schreiher beauftragt, welcher adressirte 
„An Herrn von X....-, Kammmacher.“ — 
Der Adressat soll darob sehr entrüstet gewesen sein 
. Bei Friedrich Krupp in Essen wird sezztein 
Beschützrohr gefertigt, welches nicht weniger alß 
1533000 Kilogramm gder 2800 Zentner wiegt 
Fine militärische Notiz in verschiedenen. Blättern 
meldet darüber: Es ist dies das 49 Zentimeter— 
Zanon (die Artilleristen sagen nicht: „die Kanonen“ 
sondern „das Kanon“) L/4o. d. 5 ein Kanon 
don 40 Zentimeter Bohrungsdurchmesser und4 
mal so lang, als in der Bohrung weit. Es hat 
somit das Rohr eine Länge von, 16 Metern, wad 
etwa die Länge eines mit sechs Pferden bespannten 
Feldgeschützes entspricht. Die Stahlgranaten diese 
Beschützes werden in zwei veirschiedenen Längen 
und Gewichten gefertigt. Die kuͤrzere und leichier 
ist 1. 18 Meter iang. 740 Kilogramm schwer, de 
laͤngere und schwerere hat eine Länge von 1.66 
Meler, ein Gewicht von 1050 Kilogramm, gaelche 
leßlere etwa dem eines 12. Zentimeter⸗Kanonenrohrs 
entspricht. Die Pulverladung wiegt 485 Kilogramm 
also mehr denn das Rohr eines unserer Feldgeschüße 
Das Pulber ist braunes prismatisches aus de 
Dünwalder Fabrik. Die leichtere der beiden Giu 
naten exhält damit eine Anfangsgeschwindigkeit bon 
735 Meier, die schwere eine solche von 640 Mein 
Es genügt, daran zu erinnern, daß man in de 
exsten Periode der gezogenen Geschütze keine größern 
Beschwindigkeiten als 300 Meier die Sekunde z 
erreichen bormochte. Die lJeichtere der beiden Gru 
naten durchbohrt nahe der Gaquemundons eint 
chmiedeeiserne Platte von L. 142 Meter ode 
wei. Plaften, don denen die exste, O. 856, die zweitt 
d. 8388 Meter stark ist; bei der schweren Granat 
find die entsprechenden Zahlen 1.207 und 
d.s60 9. 88 Meter. In der Zeit bis 1860 
bermochte die Artillerie nicht sohiel Millimein 
Plattenstarke zu durchschlagen als jetzt Zentimeten 
Spaterhin d man iange Zeil an vem Sch 
fest, daß ein Geschütz nicht mehr Plattenszarle 
durchbohren vermag, als die Weite Jeiner Bohrun 
heträgi. Jetzt sehen wir, daß kernpn mit seinen 
neuen Geschuͤz esne Platte von der dreifachen Wii 
der Geschützbohrung zu durchschlagen im dan if 
Welchn waltiger Forischritt, um den uns Franzosen 
ind En lander noch lange beneiden werden!! Außer 
diesem 40, Centimeter .140 bestehen noch 
Modelle Lz8, das leichtere der heiben war Ibse 
auf der Antwerpener Ausstellung. Sein Rohrge 
wicht belragt 2400 Zeniner, der Verschluß E 
Rundkeil) wiegt allein 75 Zentner, was dem Ge⸗ 
wicht eines langen, 180 Zeutimeter Ringkanoneuroht 
cisdricht. Im Versuche ist ein 45 Zentimeter-be 
non, dessen Rohr 3000 Zentner schwer werden 
soll. Die Granate, wird nicht wemger als b 
Zeniner wiegen und die Länge eines ausgewachsenen 
Hdannes (1,80 Meter) haben. Die Genugthuung 
pon anderen beneidet zu werden, ist doch nur ein 
schwache, da die andern womöglich noch groͤßet 
Ungeheuer sich beceher werden. UÜebrigens, war 
mag ein Schuß aus solcher Kanone kosten? 
8pWnmenfchliche Eitern.)Ein entmenschi— 
Elternpaar hatie sich am Mittwoch vor den Schrar 
ken der 87sten Abteilung des Schöffengerichts eh