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M. öBä —3 B34 1838
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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her „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünufmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltunge
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22. Jahrg.
74.
Samstag, 16. April 1887.
—
deutschland und die Pariser Welt⸗
ausstellung im Jahre 1889.
die französische Regierung deginnt bereits mit
m offiziellen Einladungen zu der im Jahre 1889
Paris stattfindenden Weltausstellung. Von
uopdischen Staaten haben bis jetzt indessen nur
ige kleinere Lander, wie Belgien, die Schweiz,
zerbien, Portugal zustimmend geantwortet, während
je gtoßen Staaten mit ihren Entscheidungen noch
uzsiehen und mit besonderem Interesse sieht man
a den Entschließungen der deutschen Reichsregie—
ung entgegen, in Anbetracht der eigenthümlichen
wischen Frankreich und Deutschland bestehenden
ꝓziehungen. Mehr wie je will aber gerade die
zeschickung der angekündigten Pariser Ausstellung
eutscherseits nicht nur vom industriellen, sondern
a noch mehr vom politischen Standpunkte aus
wogen werden und wenn die Reichsregierung
Aleß reiflich prüuft, wird sie vermuthlich zu dem⸗
Aben ablehnenden Beschluß kommen, wie schon
egenüber der Pariser Ausstellung vom Jahre 1878.
Vor Allem gilt es zu erwägen, daß die kom⸗
nende internationale Ausstellung in der französi⸗
den Metropole nur die äußerliche Umrahmung
mes großartigen Revolutionsfestes bildet, als
elches sich die hundertjährige Erinnerungsfeier der
en großen franzöfischen Revolution darftellt.
zhon jetzt kann man sagen, daß diese Feier fich
u einer einzigen Apotheose des Jahres 1789 ge⸗
alten wird und sich deshalb die Radicalen und
lebolutionäre aller Laͤnder bei dieser Gelegenheit
m Rendez ˖vous in der Haupistadt Frankreichs
chen werden, in welcher ja der politische Radi⸗
lismus schon längst das große Wort führt. Soll
ber Deutschland, dasjenige Land Europas, in
velchem das monarchistische Prinzip am staärksten
vurzelt, fich an einer Feier betheiligen, welche der
düinnerung an jene Revolution gilt, die unter
ömen des edelsten Blutes geboren ward, die
qG als eine Kette fortgesetzter Gräuelthaten dar⸗
rülte und welche schließlich nur wieder in Strömen
Iutes erstikct werden konnte? Man wird vielleicht
uwenden, daß fich die Revolution des Jahres
7d9 in ihren Folgen für Europa doch segensreich
wietß und gleichsam die Morgenröthe einer besseren
reit für die Völker bedeutete, aber trotzdem wird
je Schreckensherrschaft der Robespierre, Danton,
llerat ein dunkler Fleck im Buche der Geschichte
xr Menschheit bleiben und wie könnte da Deutsch⸗
und bei dem Erinnerungsfeste hieran mitwirken!
Aber noch andere Erwagungen politischer Natur
ehen einer Beschickung der Pariser Weltausstellung
ciens Deutschlands entgegen. Es vergeht kaum
ine Woche, die nicht von einer Demonsiration der
anzösischen Chauvinisten gegen Deutschland und
s Deutschthum zu berichten wüßte und ficher
Inden fich die Déroulede und Genossen das Er—
demen der Deutschen auf der Pariser Ausstellung
h eine passende Gelegenbeit nicht entgehen Nafsen
chaubiniftischeß Muhchen an den Veriretern des
emanischen Barbarenthums“ zu kühlen zu suchen.
lict als ob perfönliche Insultirungen der deutschen
lettreter zu defurchten wanen, aber man wirb
verselben durch tausend Nadelstiche fühlen lassen,
man in ihnen Angehörige einer gehaßten
fion erblickt und die Siluation der Veutschen
Ausstellung wäre da zum Mindesten eine
oWließlich bleiben jedoch auch die auf einem anderen
negenden Bedenken bestehen, welche bereits
1878 eine officielle Betheiligung Deutschlands an?
)er damaligen Pariser Ausstellung als nicht räthlich
erscheinen ließen. Seit der Wiener Weltausstellung
des Jahres 1878 ist in diesen internationalen
Anternehmungen ein unverkennbarer Rückschlag ein⸗
getreten und sind einerseits die commerciellen Vor⸗
heile der Aussteller mehr und mehr geschwunden,
vährend anderseits auch die anregende Wirkung
der Ausstellungen erheblich gesunken ist. Dem ent⸗
prechend herrscht auch in den Kreisen der heimi⸗
chen Industriellen bis jetzt durchaus keine große
Reigung zum Beschicken der Weltausstellung des
ibernächsten Jahres vor und die Geschichte der
»erunglückten Berliner nationalen Ausstellung be⸗
veist, daß wir es nicht einmal zu einem solchen
Unternehmen bringen können — und da sollen fich
die deutschen Fabrikanten und Gewerbetreibenden
noch an internationalen Ausstellungen betheiligen?
— Alle die angeführten Momente sprechen demnach
jegen eine Betheiligung Deutschlands an der
nächsten Pariser Ausstellung und wenn zu guter
detzt noch in Betracht gezogen wird, daß nicht im
kntferntesten mit Sicherheit auf die Erhaltung des
Weltfriedens und die freundliche Gestaltung unserer
Beziehungen zu Frankreich bis zum Jahre 1889
zerechnet werden kann, so erhellt auch schon aus
zieser schwankenden allgemeinen Lage, daß die Ent⸗
cheidung Deutschlands schwerlich zu Gunsten einer
Beschickung der 1889er Weltausstellung ausfallen
vird. Es dürfte überhaupt abzuwarten sein, ob
letztere ihren internationalen Charakter wird beibe⸗
halten können, wenn sich ein Theil der großen
Industriestaaten von der Beschickung der Ausstellung
ern hält.
Deutsches Reich.
Muünchen, 14. April. Die Nachricht über
die bevorstehende Verlobung des Erzherzogs Lud⸗
wig Viktor von Oesterreich mit Prinzessin Elbira
von Bayern wird offizieli dementirt.
Straßburg i. E., 18. April. In der
jeutigen Sitzung des Landesausschufses bemerkte
anläßlich der Petition des Verbandes der Bäcker⸗
meister um Einführung des Innungsgesetzes, der
Abgeordnete Grad, die Regierung beabsichtige, die
zeutsche Gewerbe ˖ Ordnung als Strafe für die po⸗
itische Gesinnung in Elsaß⸗Lothringen einzuführen.
Unterstaats⸗Sekretär Puttkammer erwiderte, die
kinführung sei allerdings beabsichtigt, die Regie⸗
rung verwahre sich aber gegen die Unterstellung,
es geschehe zur Strafe.
Als Beispiel, in welcher unverschämten frechen
und verläumoderischen Art in französischen Blättern
iber die Vehältnisse in Elsaß⸗Lothringen
gzelogen wird, sei folgendes Geschichtchen angefüͤhrt,
velches die Pariser „Lanterne“ ihren Lesern zu
zieten wagt. Es heißt da: „Bis auf die zarten
dinder erstreckt fich die Tyrannei! Die Kinder der
Patrioten find in den deutschen Schulen allen
Quälereien ausgesetzt. Am Geburtstage des Kaisers
vird in allen deutschen Schulen das nationale
Bebet für den Kaiser hergesagt. Nun wohl, in
iner Schule war es der Sohn eines der einfluß⸗
ceichsten Mitglieder des Comite Kable, der durch
den Befehl seines Lehrers gezwungen wurde, das
Zebet vorzulesen. Das arme Kind — es ist noch
nicht zehn Jahre alt — gehorcht; aufs Tiefste be—
wegt murmelt es die ersten Zeilen, dann kommt
s an den Vers, der Frankreich beschimpft. Da
ann der Kleine sich nicht mehr beherrschen. Er
zricht in Thränen aus, läßt das Buch fallen und
ruft: „Ich kann nicht weiter, ich bin Franzose!“
Ach, wenn sich ein deutsches Kind fände, welches
inem französischen Lehrer eine gleiche Antwort
zäbe, wie würde dieser es umcermen mit Thränen
m Auge! Der deutsche Lehrer aber hat das
arme franzöfische Kind beschimpft und gestraft!“
sticht war, das ist eine herzergreifende Geschichte?
Wie tief muß derjenige Franzose gerührt werden,
der diese Darstellung der Tyrannei Deutschlands
iest! Wie unerbittlich muß er die Deutschen
assen, die zu solchen Mitteln greifen, um im El⸗
aß jede Sympathie für Frankreich zu unterdrücken!
dun wohl, diese rührende Geschichte hat nur den
inen Fehler, daß sie von Anfang bis zu Ende
rlogen. auf's Frechste erlogen ist! Leider werden
zie Leser der „Lanterne“ es allerdings nicht erfahren,
daß fie fich von einem Schwindler in eine Rührung
jaben hineinversetzen lassen, die durch nichts be⸗
—X
äumt werden, dem Interesse der geschichtlichen
Wahrheit und des friedlichen Einvernehmens zweier
zroßen Völker auf's Nachdrücklichsfte Verwahrung
inzulegen gegen diese niederträchtigen Versuche,
mmer neue Zwietracht zu säen und zum Kriege
zu hetzen!
Berlin, 14. April. Der Kaiser empfing
Vormittags den Besuch des Kronprinzen, welcher
ich vor seiner Abreise verabschiedete, nahm darauf
einen Vortrag Albedylls entgegen und machte
Nachmittags eine Ausfahrt.
Der Kronprinz und die Frau Kronprinzesfin
ind mit den Prinzessinnen Viktoria, Sophie und
Margarethe heute Abend 74 Uhr vom Central⸗
hahnhof aus über Nordhausen nach Ems abgereist.
Leipzig, 13. April. Der zum 24. April
hiex vorbereitete nationalliberale Parteitag verspricht
eine außerordentliche Beteiligung. Bis jetzt haben
über 50 Reichstagsabgeocdnete, darunter Bennigsen
und Miquel, ihr Erscheinen zugesagt.
Ausland.
Paris, 13. April. Die Nachricht, daß der
päpstliche Nuntius in München bereits für die
Stelle in Paris bezeichnet sei, wird hier für falsch
erklärt. Bis jetzt hat die franzosische Regierung
noch keine Eröffnung dieser Art vom Vatikan er⸗
halten. — Der französische Botschafter Waddington,
der heute Abend in Paris erwartet wird, kehrt be⸗
reits Freitag Abend auf seinen Platz nach London
zurück. — Der „Temps“ erklärt die Nachricht,
Katkow wolle nach Frankreich kommen. für grund⸗
Oos. —
Paris, 14. April. Aus Rom, 14. April,
vird der „Union“ gemeldet, daß der Vatikan
außer dem Briefe an den Nuntius in München
nuch einen persönlichen Brief an Herrn von Fran⸗
kenstein und eine Denkschrift an den Erzbischof
von Köln gerichtet habe, worin der Wunsch aus⸗
jesprochen wurde, daß das kirchenpolitische Gesetz
rach den Schlußbestimmungen der Kardinalkongre⸗
Jation, welche mit dessen Prüfung beauftragt wat,
angenommen werde, wenn die Annahme dieses Ge⸗
'etzes möglich sei, ohne die Kirchengesetze zu ver—⸗
lezen. Die „Union“ fügt hinzn, dieser Beschluß
und diese Schritte seien erfolgt, nachdem der Vati⸗
lan erfahren habe, daß das Centrum entschlossen
sei, einstimmig den Gesetzentwurf zu verwerfen;
s sei jedoch noch nicht bekannt, welche Haltung
sierauf das Centrum beschließen werde.
Die offizielle Betheiligung an der Pariser
Weltausstellung wird hinter einander von den