Full text: St. Ingberter Anzeiger

quast hat, so erfordert das Wasser darin so 
aun Warme zu seiner Verdunstung, daß man damit 
u Wasser vom Null⸗Grad zum Sieden 
oder mehr als ijs Pfd. Eis schnielzen 
v So gleichgiltig manche Menschen gegen 
dnaßte Fuße sind, so sehr würden sie fich 
uben. wenn man ihre Füße zum Erhitzen einer 
Verdunstungskälte entsprechenden Menge Wasser 
r jum Schmelzen einer entsprech· nden Menge 
ß hwenden wollte, und doch thun sie im Grunde 
mz das Gleiche, wenn sie ein Wechseln der Fuß 
lidung verschmahen. 
3m Wiederaufnahme⸗Verfahren 
colgte am 21. d. M. in Frantsurt a. O. von 
xet Siraffammer de Freisprechung zweier uunschuldig 
—erurtheilter. Die“ Arbeiter Wilhelm Tietz und 
edrich Schulz aus Müncheberg waren wegen 
weten Diebstahls zu 4 Jahren resp. 2 Jahren 
uchthaus verurtheilt worden und hatten auch be; 
N hre Strafen in Sonnenburg augetretru. Auf 
intrag der königl. Staatsanwaltschaft wurden sie 
er vorläufig freigelassen und nunmehr im 
Ideraufnaemederfahren freigesprochen. Zwei vor— 
fuͤhrte Zeugen aus Müncheberg hatten sich näm⸗ 
ich jenes Diebstahls für schuldig bekannt und gegen 
ise wurde deshalb gleich im Anschluß an diesen 
zermin verhandelt. 
p Ein sehr reicher, aber geiziger Mann, der 
ich selbst das Nothwendigste nicht gönnt bemerkte 
Nangst, gleichsam zu seiner Entschuldigung: „Ich 
jrchte immer, daß ich so arm wie eine Kirchen⸗ 
saus sterben werde.“ — „Und ich fürchte, daß 
zie so leben, wie Sie zu sterben befürchten!“ er⸗ 
diderte einer der Anwesenden aufrichtig. 
f Böse Zungen. In Lille vermählte sich vor 
durzem die Ballet-Elevin Mlle. Lilli Clerks mit 
inem reichen und angesehenen Kaufmann der 
ʒtadt. Bei der Trauung trug die Braut die üb⸗ 
iche Toilette, ein weißes Atlaskleid, Schleier und 
Nyrthenkranz. Mit dem letzteren traf sie jedoch 
zicht den Geschmack diverser anwesenden Bürgers⸗ 
rauen, und auf dem Wege zu dem Altar vörte sie 
arüber allerhand hämische Bemerkungen. So 
agte Mme. Dumartin, eine ehrsame Fleischhauerin: 
Nyrthen und ein Balletmädchen, das paßt wi⸗ 
inem Preisstiere eine Spitzen-Rüsche.“ Einer 
ihnlichen Ansicht war auch die Beamfiengattin 
Nme. Flaon. Sie stellte die Behauptung auf, 
der Ballerine, die so lange in kurzem Röckchen 
essanden, gebühre gar kein Kranz mehr, aber ihm, 
dem Eesel, der sie nehme, sollte man ein 
zouquet von Disteln überreichen“. Aehnliche boshafte 
Uttheile mußte die Braut noch weiter hören; das 
izte gab Mme. Brontin, eine Hauptmannswittwe, 
b, welche meinte: „Myrthen sind für sie jeden⸗ 
ils eine Abwechselung, bis jetzt war die Stümperin 
ur gewöhnt, daß man ihr Zwiebel und faule 
lepfel auf die Bühne warf.“ Die Neuvermählte 
egistirte all diese Kritiken und brachte die Ge— 
mmtklage gigen die medisanten Damen ein. Sie 
im zur Verhandlung, mit drei Zeugnissen ausge— 
istet, das erste von ihrer ehemaligen Wirthin aus— 
»stellt, worin bestätigt wird, daß fie immer brad, 
sssam und tugendhaft gelebt; das zweite, von der 
Aitektion signirt, erklärt, die Ballei-Elevin Mlle. 
illi Clerks sei eine talentirte junge Dame, die 
wohl von ihren Lehrern als vom Publikum stets 
ufmunterung erfahren; das dritte Zeugniß endlich 
bon der nunmehrigen Schwiegermutter der 
änzerin ausgestellt und diese sagt darin feierlich, 
r Sohn habe an dem Mädschen eine züchtige und 
bende Hausfrau gefunden. Die ehemalige 
änzerin, die in einfachster Toilette erschien, erlebte 
uch den Triumph, die Beleidigerinnen ihrer 
sytthen zu je 100 Frs. Strafe benurtheilt zu 
hen. Die Damen halten nach der Amsicht der 
tichter die Grenzen der berechtiaten Krilik weit 
hherschritten. 
»Genua, 23. April. Die Pulverfabrik 
n Vontremeli ist in die Luft geflogen. Es sind 
O Tote und zahlreiche Verwundeie aus dem Trüm⸗ 
seihaufen bereits ausgegraben worden; man ver—⸗ 
wtet, daß die Zahl der Toten 20 betragen werde. 
* ist an dieser Stelle schon die vierte Pulver— 
thrich, die in die Luft geflogen ist. 
Gie Erdarbeiten am Panama— 
anal) sind auf der ganzen Länge begonnen, 
ach gehen dieselben wegen Mangels an Arbeitern 
ur langsam vonstatten. Die Zahl der beschäftigten 
rtbeiter beträgt 20 —25 000. Rach China adge⸗ 
Agenten sollen eine groöͤßere Anzahl anwerben. 
esonders beachtenswert sind die Angaben über 
den Einfluß des schlechten Klimas auf die Arbeiter, 
unter welchen letzteren übrigens jede Nationalität 
zertreten ist. Von allen ertragen die Ostindier, 
Südafrikaner und Chinesen das Klima am besten, 
vogegen die Franzosen am rmeisten unter demselben 
zu leiden haben. Nur wenige bleiben länger als 
3 Wochen, schreibt die „Alta California“, nach 
Ankunft am Leben; aber trotzdem kommen immer 
neue Scharen an. Die Panama-Eisenbahn Gesell⸗ 
chaft führt zweimal — in der Regenzeit, wenn 
alle möglichen Fieber herrschen, sogar oft zehnmal 
— des Tages besondere Begräbniszuge von As— 
zinwal nach dem Begräbnisplatz bei Monkey Hill. 
FEin Besuch bei den Bella⸗Coola— 
Indianern. Fin recht bemerkenswerther Brief 
st eingelaufen von dem jungen unerschrockenen 
Keisenden PhilippJacohbsen, der in Deutsch 
and wohldektannt ist durch seine zum Theil mit 
einem Bruder Kapitän Johann Adrian Jacobsen 
internommenen Reisen und die reichen Ergednisse 
ꝛerselben, sowie durch die Ausstellung großartiget 
thnologischer Sammlungen und die Vorführung 
»er Bella Coola⸗Indianer. Philipp Jacobsen weilt 
vieder in Bella⸗Coola und hat don dort unterm 
.4. Januar seinem in Dresden lebenden Bruder 
olgendes Schreiben zugehen lassen: „Lieber Bruder 
zohann! Wie Du siehst, bin ich noch am Leben, 
ind geht Alles, wie gewöhnlich hier zu Lande, nur 
nacht mir Mr. Clayton in Bella Coola große Kon⸗ 
urrenz, indem er zwei Händler nach Kimskwit und 
zella Coola geschickt, die hier mehr für die Felle 
ahlen, als sie in Viktoria gelten, um mich zu ver⸗ 
wrängen. Ich reise in der nächsten Woche nach 
Tallio und habe Indianer engagirt, die mir dort 
ein Haus bauen. Ich muß Dir erzählen, daß ich 
weimal Zuschauer bei Hametzen oder hier Tannis⸗ 
Festen gewesen bin. Bei dem einen Fest wurde 
Menschenfleisch genossen. Der Hametze tanzte erst 
eine vier von Gesang begleiteten Tänze durch. 
Als der vierte Gesang beinahe zu Ende war, wurde 
er wie wahnsinnig; er schrie wie ein Bär, wenn 
r wüthend ist; die Kleider, die er anhatte, riß er 
vom Leibe, bis er ganz nackt dastand. Darauf 
prang er auf einen der andern Indianer los und 
uchte ihn zur Erde zu schlagen. Dieser wehrte 
iich indessen, doch nach kurzem Kampf wurde er 
ur Erde geworfen und der Hametze riß aus seinem 
Arm ein großes Stück heraus. Darauf suchte er 
ich andere Opfer aus und biß im Ganzen fünf 
deuten Stüche aus den Armen. Nachdem er diese 
ünf gebissen hatte, versuchten die übrigen Indianer 
ha fest zu halten. Er riß sich aber los und 
prang über die Köpfe der Leute hinweg. Nun 
vurde der Medizinmann geholt, damit er ihn be— 
uyige, denn er war wie rasend. Ueber eine 
Biertelstunde dauerte es, bis er einigermaßen ruhig 
vurde, nachdem der Medizinmann eine Menge seiner 
»ofuspotus⸗-Kunsistückchen an ihm versucht hatte. 
zch muß Dir sagen, lieber Bruder, daß das das 
S—chrecklichste war, was ich je von einem Menschen 
jsesehen, namentlich der dämonische Blick, mit dem 
der Hametz ein neues Opfer suchte. Er kam ein⸗ 
nal dicht zu mir und sah mich an, als wenn er 
agen wollte, jetzt kommt die Reihe an Dich. Doch 
var ich fest entschlossen, ihm mit meinem Revolver 
ius zwischen die Augen zu brennen,' falls er mir 
noch näher käme. Er schien aber meine Gedanken 
uu errathen, denn er ließ von mir ab. Die meisten 
Indianer waren unterdessen aus dem Hause ge— 
aufen, ich habe sie später ausgelacht wegen ihrer 
Feigheit, obwohl ich diese Szene nie vergessen 
verde. Wir glaubten damals, als wir mit unseren 
Bella Coola reisten, daß die Fleischstücke aus den 
Armen und der Brust direkt herausgebissen wurden. 
Ebenso denken die meisten Bella Coola selber. Dem 
st aber nicht so, denn ich habe die Entdeckung 
zemacht, daß sie sich zur Lostrennung des Fleisches, 
das sie mit den Zahnen fassen, eines kleinen krum— 
men Indianermessers bedienen. Dies wird von 
der Menge der Zuschauer nicht bemerkt, da wäh⸗ 
tend des Beißens immer vier bis fünf andere Ha⸗ 
metzen den Gebissenen, der an der Erde liegt, in 
engem Kreise umstehen. Nachdem dieses schauer—⸗ 
iche Schauspiel zu Ende war, wurden die Ver— 
vundeten verbunden und für ihren Schmerz und 
die Zeit ihrer Krankheit mit wollenen Decken ent⸗ 
chädigt. Der zweite Hametze. den ich in Thätig— 
leit sah, war einer von denjenigen, die Hunde 
zeißen. Er nahm in einem Tage sechszehn Hunde, 
)enen er jedem ein Stück Fleisch aus der Kehle 
ziß. Während der Jagd auf die Hunde hat der 
Hametze eine Maske aus Holz auf, die einen 
Wolfskopf dacstellt mit beweglichen Augen und 
Mund; die Maste stellt das Unthier vor, welches 
die Hunde frißt. Rachdem er sich angeblich so ge⸗ 
ättigt, gab er vor unwohl zu werden und wirklich 
übergab die Maske sich, so erfolgreich, daß!eine große 
Kiste Fleisch gesammelt wurde, welches durch den 
Rachen der Maske kam. (Diese großßen Massen 
Fleisch hält der Hamstze borhet unter seiner Um⸗ 
zängedecke verborgen.) Falls ein Stück Fleisch im 
Rachen der Maske festfitzen bleibt, zieht der oberste 
Hametze, der dem Wolfsungeheuer bei seinem Un⸗ 
vohlsein den Kopf hält, dasselbe mit den Zähnen 
seraus. An den Sprüngen und Länzen des Wolfes 
»etheiligten sich immer mehrere Personen, die den 
Wolf, sobald er davonlaufen wollte, fest hielten, 
vobei der Woif immer länger und länger wurde, 
veil wohl mehrere Personen ihn darstellten, ähnlich 
den Kunstelephanten im europäischen Circus. Es 
var das der tollste Lürm, den ich je gehoöͤrt habe. 
Der Hametze hatte an mehreren Stellen des Kopfes 
»as Haar verloren, die ihm bei dem Verkehr mit 
den Geistern im Walde abhanden gekommen sein 
sollen; doch glaube ich, daß sie sich die Stellen 
selbst kahl rasiten. Der Hametze selber sah gräu—⸗ 
ich aus und war mager wie ein Skelet, durch den 
dorbereitenden Aufenthalt im Walde. 
Dienstesnachrichten. 
Der II. Staatsanwalt Zahn am Landgericht Landau 
vurde zum Landgerichtsrath und der III. Staatsanwalt 
Kudolf Cullmann zum II. Staatsanwalt daselbst defördert. 
Die Sielle des Distrilts- und städtischen Thierarztes zu 
Zpeyer ist dem praktischen Thierarzt Engel in Weingarten 
ibertragen worden. — 
Für die Redaktion verantwortlich F. XR. Dem. 
Vuckin, Kammgarne für Herren⸗ und 
nabenkleider, garantirt reine Wolle, nadel⸗ 
fertig, ca. 180* breit à Mk. 2. 35 per Meter, 
versenden in einzelnen Metern, sowie ganzen Stücken 
portofrei in's Haus Oettinmger & Co., Franuk- 
furt a. M., Burkin⸗Fabrik⸗Dépot. — Direkter Ver⸗ 
andt an Private. Mufter ⸗Collectionen bereitwissies 
tranto. 
Der billge reis hat sie Allen zu 
gänglich gemacht 
aund unter anderm auch diesem Umstand verdanken die 
Apotheker R. Brandt's Schweizerpillen ihre heutige Beliebt⸗ 
heit als Haus⸗ und Heilmittel bei Störungen der Verdau⸗ 
ung und Ernährung. Erhältlich à Schachtel 1 M. in den 
Apotheken. — 
Eine neue illustrirte Zeitung, die von der Schablone 
der bisher üblichen illustrirten Blätier vollkommen abweicht, 
ind die seit Beginn des neuen Quartals bestehenden 
„Zeitbilder“. Das Blatt, das wöchentlich in Stärke 
zon L/ bis 1 /2 Bogen größten Folio⸗Formates erscheint, 
vidmet sich ausschließlich dem Interesse des Tages, indem 
zs die hervorragenden Ereignisse aus aller Welt, wie die 
dedeutenden Persönlichkeiten der Zeitgeschichte vorführt. 
Dadurch, daß der Text, Überall gleich unter dem Bilde 
defin dlich, sich auf das Nothwendige beschränkt, ist es mög⸗ 
lich gewesen, die „Zeitbilder“ ungewöhnlich reich auszu⸗ 
tatten und dabei einen Preis zu stellen, der höchstens die 
dälfte desjenigen der anderen großen illustrirten Zeitungen 
beträgt (1 Mark 50 Pf. für 13 Nummern vierteljährlich), 
vährend an Illustrationen ebensoviel, wenn nicht mehr ge— 
»oten wird. Das reich fluthende Leben der Gegenwart auf 
dem ganzen Erdballe in den Bereich ihrer Darstellungen 
siehend, bieten die „Zeitbilder“ eine kunstlerisch werthvolle 
Frgänzung zu jeder Tageszeitung. Den Vielbeschäftigten 
jewährt außerdem die im Beiblatte enthaltene „Zeitge⸗ 
cchichtliche Rundschau* die Möglichkeit, sich im Fluge über 
alles Wichtige im politischen und socialen Le ben der Gegen— 
vart zu orientiren. So erhalten die „eitbilder“ einen 
dauernden Werth für Haus und Familie, als eine künstle— 
cisch wie inhaltlich hervorragende issustrirte Chronik der Zeit 
I. Im Verlage von C. Brügel und Sohn in 
Ansbach ist nenerdings in der bekannten Ausstattung der 
Reger ˖ Gräf'schen Handausgaben ein Werkchen erschienen, 
auf welches wir die Aufmerksamkeit nicht nur der Juristen, 
ondern ganz besonders aler Gemeindeverwaltungen 
owie überhaupt jedes Staatsbürgers lenken möchten; wir 
neinen die Sammlung der auf das Wahl-, Ver— 
eins⸗ und Preßwesen, sowie das Sozialisten— 
zesetz bezüglichen Gesetze, Reglements und Voll⸗ 
zugserlasse 
Das Werkchen zerfällt in 2 — auch separat erhältliche 
— Theile, deren erster als Bayerisches Wahlbüchlein 
dezeichnet ist, und in wirklich äußerst praktischer Anordnung 
das ganze für die Wahlen zum Reichs- und Landtag, zum 
dand⸗ und Distriktsrathe sowie zut Gemeinde⸗ uud Kirchen— 
pertretung Maß gebende, in so vielen Gesez- und Amts⸗ 
alättern ꝛc. zerstreute Material enthält. Diese Abtheilung 
wird daher bei allen öffentlichen Wahlen das praktischste 
ind vollsländigste Handbüchlein abgeben, das bisher er— 
schienen ist. Der zweite Theil des Gesammtwerkchens be—⸗ 
zieht sich auf das Vereins⸗ und Preßrecht sowie 
das Sozialistengesetz. Beide Abtheilungen sind fort⸗ 
laufend mit Anmerkungen versehen, welche auch die 
Recht sprechung berücksichtigen und volle Sachkunde ver— 
rathen. Der Preis des Gesammtwerkchens (zu 215 Seiten) 
st sehr nieder gestellt, nämlich für ein gebundenes Exem⸗ 
plar auf M. 2.40; einzeln kostet Theil J M. 1.60 un⸗ 
Theil II M. 140