Metz und Straßburg besagen, daß die meistene
fahrplanmäßigen Züge auf den Eisendbahnen infolge
der großen Truppen⸗ und Kriegsbedarfbeförderungen
»eingestellt sind.“
London, 30. April. Ein Petersburger Mit.
arbeiter der „Dailh News“ ist in den Besitz einer
Abschrift der Anklageakte gegen die Attentäter vom
13. März ds. Is. gelangt. Angeklagt sind im
Ganzen 14 Personen, darunter 9 Studenten der
Petersburger Universität, 2 Aerztinen und 1 Schul⸗
sehrerin. Die Anklageschrift erwähnt, daß sechs
junge Leute auf dem Newski⸗-Prospekt am 13.
März verhaftet wurden. Drei von ihnen trugen
Bomben. Die Bomben waren, wie sich nach der
Untersuchung herausstellte, mit Dynamit und mit
kleinen mit Strychnin gefüllten Würfeln geladen.
Die Bomben sahen äußerlich wie Bücher aus. In
jedem lagen zwei Cylinder. Die erste Bombe ent—
hielt 5 Pfund Dynamit und 25 kleine bleierne
Würfel. Die zweite enthielt 7 Pfund Dynamit
und 207 Wuürfel,. die dritte 3 Pfund und 86
Würfel. Die Explosion würde alles innerhalb
eines Umkreises von 18 Fuß in Atome gerissen
haben und die Würfel würden 150 Fuß nach allen
Richtungen geschleudert worden sein. Die geringste
durch die Würfel verursachte Wunde würde un⸗
mittelbaren Tod zur Folge haben.
Die meisten Angeklagten sollen ihre Schuld
eingestanden haben. Der Kaiser sollte auf der
Fahrt vom Palaste ermordet werden. Der Plan
scheint theils in Wilna, theils in Petersburg ge—
schmiedet worden zu sein. Die jungen Leute, welche
zur Ausführung des Anschlages erkoren waren,
wurden mit Bomben bewaffnet. Sie gingen auf
den Newski⸗-Prospekt, drei auf jeder Seite, in
großem Abstand von einander. Auf der einen
Seite hatten zwei Bomben und Einer ging voraus
als Spion. Auf der anderen Seite trug Einer
eine Bombe und die beiden Anderen waren Spione.
Einer der Spione sollte bei Annäherung der kaiser⸗
lichen Equipage mit dem Taschentuch winken,
worauf die Bombenträger ihre Bomben werfen
ollten. Zweimal wurde das Attentat vor dem
13. März versucht. Das erste mal am 10. März
das zweite Mal am 12. März. Es verdient er—⸗
wähnt zu werden, daß die Polizei bis zum 10.
anicht die geringste Ahnung von dem Anschlag hatte,
Wäre der Kaiser an diesem Tage ausgefahren, so
würde er sicher ermordet worden sein. Erst am
folgenden Tage wurde der Verdacht der Polizei
rege durch die Denunziation der Wirthin zweier
der Angeklagten. Ihre erste Meldung wurde ein⸗
fach verlacht und sie für verrückt erklärt. Darauf
fand Haussuchung statt, aber alles Verdächtigze
war schon entfert worden. (Die Verhandlungen
in dem Prozeß werden streng geheimgehalten, so
daß wum etwas davon in die Oeffentlichkeit dringen
wird.
Wien, 1. Mai. Nach einer aus Petersburg
kommenden Tendenz⸗Meldung wird dort den Nach—
richten über Truppenbewegungen in Ma—
cedonien eine große Bedeutung beigelegt. Man
glaubt jedoch nicht an die Verschiebung türckischer
Truppen nach der Grenze Montenegros, da man
die Beziehungen zwischen der Pforte und Monte⸗
negro als normal betrachtet. Es kursiren dagegen
in Petersburg Gerüchte über Vorstellungen, welche
die Türkei durch Riza Bey der bulgarischen Regent⸗
schaft wegen angeblicher Umtriebe der Stoianowischen
Bartei in Macedoni⸗n machte
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 3. Mai. Wie wir hören,
wurde dieser Tage vom Bahnkoörper aus ein
Schienengeleise in das Fabrikgebäude des Herrn
Adolf Beer gelegt. Bekanntlich beabsichtigt Herr
Beer, in dem genannten Gebäude eine Thon⸗
vaarenfabrik einzurichten. Im Interesse unserer
Stadt wünschen wir dem geplanten Unternehmen
eine vom besten Erfolge begleitete Ausführung.
*St. Ingbert, 3. Mai. Die warmen
Bewitterregen der letzten Tagen haben die Vege⸗
ation ungemein rasch vorwärts gebracht. So ist
der Wald sozusagen in der einzigen Nacht von
gestern auf heute grün geworden.
F. St. Ingbert, 3. Mai. (Obstanpflan—
zung.) Die herrliche Frühlingswitterung, deren
wir uns jetzt erfreuen, hat die Enwickelung unserer
Obstbäume sehr gefördert und erweckt große Hoff⸗
nungen auf ein reiches Obstjahr. Auch unsere
Neuanpflanzungen haben daran Theil. Ueberall
ñeht man junge Bäumchen in Schmuck her ersten
Blüten. Mogen auch den Blüten die Früchte
folgen, damit der bisher dem Odstbau entgegen—
zebrachte Eifer belohnt und vor Erlahmung be—
vahrt werde! Auch in diesem Frühjahre sind
durch Vermittlung des Obstbauvereines ungefähr
300 Bäume, theils Hochstämme, theils Spolier
ind Pyramiden zur Anpflanzung gekommen und
st bis jetzt noch immer grotze Nachfrage. Mögen
Interessenten nicht saumen, ihren Bedarf zu decken,
za der verflügbare Vorrat sich nur noch auf etwa
30 Stück beziffett. Die starken Niederschläge der
letzten Tage sind für die Anpflanzung äußersi
zünstig.
— In einem New-⸗Porker Blatte „Der Pfälzer
in Amerika“ lesen wir unter New-York, 14. April:
Fin bedauernswerthes Ende nahm es dieser Tage
nit einem Pfälzer Landsmanne. Der Unglückliche
st nämlich Henry Sitzius, 26 Jahre all, Maschinist
uis Irheim, welcher in Nr. 125 West 25. Straße
hier wohnte und sich dortselbst mittelst eines Pistolen⸗
schusses entleibte. Sitzius hatte mit seinem Freunde
Leo Markel ein Zimmer bewohnt und als letzterer
am 9. ds. Mts. Abends in die Wohnung eintrat,
hegab sich der Bedauernswerthe eben zur Ruhe,
Gleich darauf fiel ein Schuß und Sitzius war
eine Leiche. Die Motive der Uebelthat sind nicht
zekannt, doch lautet das Urtheil Leo Markel's nicht
hesonders günstig betreffs des Lebenswandels des
Sitzius. Namentlich soll der Unglücklich das deutsche
S„prüchwort: „Schlechte Gesellschaften verderben
zute Sitten“ in seiner vollsten Wahrheit empfunden
jaben.
— Die am 28. v. M. in Kaiserslautern ab⸗
jehaltene Ausschußsitzung des Pfälzer Bienen—
zucht-Vereins hat beschlossen, am 21. Sebtem⸗
jer die Hauptversammlung in Landau abzuhalten.
Als Themata wurden bestimm: Die Erfahrungen
iber die verschiedenen Bienenracen, Wohlbefinden
»er Biene und Entfernung der Waben und Wachs—⸗
Auslassung und Verwendung.
— Vom Treitelskopf, 27. April. Groß—
irtig ist die Fernsicht auf dem neuen Thurme des
Treitelsberget. Besonders reizend ist die Aus—
icht nach Westen in die herrlich gelegenen Berg
vartieen. Auch das Münster von Straßburg ist
nit unbeglastem Auge leicht sichtbar. Sind auch
die Eindrücke der Rheinebene, von der Madenburg
ius gesehen, großartiger und von der Landeck
benso gut übrschaubar, wie von dem Treitelsberge,
o möchten wir doch keineswegs eine Partie auf
»en Treitelsberg als undankbar bezeichnen, dielmehr
»ieselbe recht warm empfehlen. Der Weg führt
iber die überaus prachtvoll gelegene Irrenanstalt
dlingenmünster. Die Rückreise über die Landech
wird keinen Touristen gereuen, der nach des Tages
ditze und Last auch der Magenfrage ein Stündlein
vidmen will. (L. T.)
— Haardt, 28. April. Nach dem Ergeb⸗
niß der letzten Weinversteigerung in Neustadt war
zu erwarten, daß auch die heute dahier im Gast—
saus „zum Weinberg“ abgehaltene des Herrn Ja⸗
sues Loewi nicht zum Besten ausfallen werde, wenn
nuch die vorgelegten Gewächse eine größere Auf—⸗
nerksamkeit verdient hätten. Der Besuch war
benfalls sehr schwach, wie demzufolge auch der
berlauf ein sehr schleppender werden mußte. Von
26 Nummern konnten nur 7 zum Zuschlage ge⸗
bracht werden. Manche hatten die Taxe zwar
nahezu erreicht, wurden aber zurückgezogen. Die
ibgegebenen kosteten: 1883er hiesige 380 und
425, Mußsbacher 385 Mk.; 1884er Neustadter
195 und 515, Haardter Garten 690, Königsbacher
770 Mk. pro 1000 Liter. (N. B. Z.)
— Speier, 30. April. Das Baukapital
ür die Retscherkirche ist jetzt auf 571,266 Marl
ingewachsen. Mit dem Bau darf erst begonnen
verden, wenn mindestens zwei Driktel des auf
Nillion veranschlagten Baukapitals beisammen sind.
Nan hofft dieses Ziel noch im Laufe dieses Jahres
u erreichen und die Grundsteinlegung im nächsten
frühjahr vornehmen zu können. Insbesondere
oll durch Freunde der Retschersache in diesem
S„ommer der Versuch gemacht werden, das F pro⸗
estantische Norddeutschland für den Bau zu inte⸗
essiren.
— Oggersheim, 29. April. Die mech—
inische Baumwollspinnerei und Weberei Ludwigs⸗
zafen dahier, welche 1885 brutto Mk. 218,421
Bewinn erzielte, schloß das Jahr 1886 mit einem
Berluste von Mk. 8690 ab, der sich durch die
nöthigen Abschreihbungen auf Mk. 85,504 erhöhte
ind aqus der Reserve dedeckt werden mußt⸗ Loötz
tere beträgt jetzt nur noch Mk. 29,847 gegerhd—
rinem d 5 Obligations⸗Kapitel 8
2,370,000.
— Ludwigshafen, 30. April. Unse
Zeitungsliteratur ist mit dem heutigen Ta⸗
im ein Eremplar ärmer geworden. Der gei
zeber des „Ludwigshafener Anzeiger“ bringte
der Spitze des Blattes folgende Mittheilung: S
ꝛiner Reihe von Jahren redlich bemüht, dem van
ande und den öffentlichen Interessen zu dimn
scheiden wir von einer Thätigkeit, die uns manche
ei Sorgen, aber in den letzten Jahren in
Zewinn gebracht hat.“ Am Schlufse nimmu
Redakteur, Herr Aug. Lauterborn von sein⸗
Lesern in folgendem Poem Abschied: „Sohn, h
—
nehr. — Blick' sie ja nicht traurig an — i
gebrauch sie dann und wann. — Gut geschnilt
hat sie stets — Holzpapier, auch manchmal Ne
— Doch Coupons, bei ihrem Lebenslauf
Schnitt sie nicht drum hört sie auf.“
Vermischtes.
x Man schreibt aus Mannheim: Im Nad
laß Friedrich d. Flotows hat sich das Manusku
eiuer komischen Oper „Die Musikanten“ gefunde
Der Text derselben, welcher eine Episode qu—
Mozarts Jugendleben behandelt, ist von Richan
Berée verfaßt. Das Werk ist neben dem Vortech
der Premiore von der Wittwe des Kompomse—
dem Mannheimer Hoftheater überlassen worden un
soll hier noch in dieser Saisen in Scene gehen.
— Folgende „parlamentarische“ Uhland- Auef
dote liefert einen erheiternden Beweis dafür, m
welch' gemüthlichem Witz der Dichter gelegenlli
einen Gegner abzufertigen vermochte. Ju da
württembergischen Kammer hatte ein Fromme
den Antrag gestellt, die Verhandlungen sollten stel
mit einem Gebet eröffnet werden. Da erhob sic
Uhland und sagte: „Es heißt wohl in der Vibel
„wenn Du betest, so gehe in Dein Kämmerlein
aber es heißt nicht: in die Kammer!“ Dami
war jener Antrag unter allgemeinem Gelcchte
begraben.
F Als jüngfst in einem großen Münchene
Restaurant mehrere Schriftsteller eine ganz
Weile saßen, ohne daß die dienstthuende Hebe nac
ihren Wünschen gefragt hätte, da meinte Jemand
aus der Gesellschaft: „Wer hier Bier will, schein
Protektion haben zu müssen.“ Sein Gegen—
über erwiederte darauf mit einem Blick auf di—
ellnerin, um deren schlanke Taille eben ein Korpz—
student seinen Arm legte: „Wir müssen eben
vorher mit den „maßgebenden“ Kreisen
Fühlung suchen.“
f Ein alter, an einem süddeutschen Hor
theater angestellter Mime, der zugleich ein be—
deutender dramatischer Lehrer ist, wurde einst bon
einer jungen Dame, die „zum Theater wollte“
gebeten, er möge sie doch einmal auf ihren Wunsch
hin prüfen. Der Schauspieler, welcher übrigen—
ein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegt, wenn
Talentlosigkeiten sich an ihn wenden, läßt sich vor
der Bühnenaspirantin etwas vordeklamiren. Nach
dem diese geendet, runzelte der Alte die Stirn
nurmelte ein langgedehntes „Hm“ und sprach dit
erschmetternden Worte: „Mein werthes Fräulein
— es giebt ja auch noch Nähmaschinen!
4 Dachau, 29. April. Vor einigen Jahren in
der Lochhaufer Bauer von Biberbach spurlos ber
chwunden und verbreiteten sich über dieses Vor
ommnis die aberteuerlichsten Gerüchte. Weder di
Leiche des Mannes noch irgend eine Spur, wohin
derselbe sich etwa gewendet haben könnte, wurd⸗
nufgefunden. Nach provisorischer Nachlaß⸗Erledigun⸗
aufte ein junges Bauern⸗Paar das Anwesen des
Berschollenen. Aber nach kaum einem Jahr erhängt
ich die Frau in einem Änfalle von Truübsinn. Dies
Woche machte auch der noch junge Bauer seinen
Leben durch Erhängen ein Ende.
x Die diesjährigen Herbstübungen der 16. D
vision werden, nach der „Tr. Ztg.“ voraussichlich
in folgender Weise stattfinden? Die Infantetie
Regimenter Nr. 29 und E9 (Trier) exerzieren von
26. August bis 6. September im Regiment und
in der Zrigade in einem bei Darscheid (eiwa
Kilometer nördlich Daun) ausgesuchten Haide⸗Gt
lände. Beide Regimenter rücken am 22. Augus
per Fußmarsch dorthin ab. Die Regimenter de
32. Infanterie-Brigade (Nr. 30 und 70) san
dieselben Uebungen in der Zejt vom 24. Augu
bis 3. September auf dem Etetzierplatze bei Saor