Reichsbank sprach er vor und fragte an, ob nicht
für ihn die Summe von 6800 Mt. da sei. Als
dem Wirth das geheimnißvolle Treihen des Fremden
auffiel, machte er am Donnerstag Morgen die
Polizei auf denselben aufmerksam. Bei seiner
Legitimation stellte es sich nun heraus, daß er im
Befitz von nicht weniger als drei Legitimationen
auf verschiedene Namen war. Derselbe wurde
dann auch sofort in Haft genommen.
— Am Christihimmelfahrtstage fand zu Hoch⸗
speyer die Generalversammlung der pfalzischen Volks-
pariei statt, wobei auch über die Haltung der
Demokraten bei den bevorstehenden Landtagswahlen
berathen wurde. Von der Fassung definitiver Be⸗
schlüsse wurde Umgang genommen, jedoch war man
darüber einig, daß die Partei bei den Landtags—
wahlen wieder gewinnen müsse, was im Reichstag
verloren gegangen war.
— Gleisweilber, 20. Mai. Gegenüber der
Concurrenz ließen 2hiefige Bäcker durch die Schelle
bekannt geben, daß sie den Laib Kornbrod zu 50
Pf. und den Weck zu 2 Pf. verkaufen.
— Deidesheim, 21. Mai. Zur Genug—
thuung des Herrn Berarz aus München, der be—
kanntlich vor Jahresfrist mit dem Suchen einer
Wasserleitungsquelle für hiesige Stadt kein Glück
hatte, sei gesagt, die von ihm bei dem Gutsbesitzer
Herrn Andreas Gießen dahier gesuchte Qu elle den
AÄngaben gemäß vor einigen Tagen aufgefunden
wurde. (Pf. K.)
— Ludwigshafen, 20. Mai. In den
Kreisen unserer Sozialdemokraten macht fich eine
sehr große Bewegung bemerkbar, in Anbetracht der
beborstehenden Landtagswahlen, in die fie mit aller
Energie eintreten wollen. Im Verein zur Erzielung
volksthümlicher Wahlen fanden schon zweimal Vor⸗
träge in dieser Sache statt. Sie glauben, daß sie
unser Umständen das Zünglein an der Waage
bilden werden, eine Hoffnung, die jedoch jedes
höheren Untergrundes entbehrt. — Die Errichtung
einer weiteren protestantischen Pfarrei hierselbst ist
nun perfekt. Wie ich vernehme, wird fich das
Presbyterium demnächst mit der Ausarbeitung ver—⸗
schiedener, die Funktion des neuen Pfarrers be⸗
freffenden Instruktionen zu befassen haben. (Pf. Vztg.)
Berm ischtes.
Vor dem Küssen auf den Mund er—
läßt ein Herr Barden in der „Post? eine ernste
Warnung. In allen Kreisen herrscht die Sitte,
daß alle sich verwandtschaftlich wie freundschaftlich
Näherflehenden durch einen Kuß auf den Mund
begrüßen. Vor allem aber herrscht diese Sitte den
Kindern gegenüber in der allerausgedehn testen Weise
und gerade hier, gerade inbetreff der Kinderwelt,
müßte diese Sitte ein⸗ für allemal beseitigt werden
und auf das allerentschiedenste der Stirnkuß an
die Stelle des Kusses auf den Mund treten, der
für die armen Kleinen nur zu oft — zum Todes—
kusse wird. Ja, zum Todeskusse, denn der größtt
Würgengel der Kleinen, die Diphtheritis, wirt
nur zu oft in dieser Weise auf die Kinder über
tragen. Es 'ist ärztlicherseits erwiesen, daß bei
den Erwachsenen die Diphtheritis in so geringem
Grade auftritt, daß die Betreffenden selbst es gar
nicht wissen, sondern die Heiserkeit, den entzündeten
Hals, die angeschwollenen Mandeln ꝛc. für eine
einfache Erkältung halten; auch ist ja das Uebel
bei ihnen gewöhnlich in 6 bis 9 resp. 14 Tagen
beseitigt. Küßt aber nun ein Erwachsener mit der
artiger Heiserkeit ein Kind auf den Mund — wie
es leider so oft geschieht —, dann teilen sich durch
seinen Atem die in demselben befindlichen schädlichen
Keime der Krankheit dem Atem und Halse des
Kindes mit und bei diesem tritt nun nach wenigen
Tagen die entsetzliche Krankheit in ihrer schrecklich⸗
sten Gestalt auf und endigt, wie es in den meisten
Fällen geschieht, mit dem Tode. Darum besonders
den Kindern gegenüber fort mit dem Kusse auf
den Mund und den Wangen- oder Stirnkuß zur
herrschenden Sitte erhoben!
Aepfel als Mittel zur Beförderung
der Verdauung. Der häufige Genuß von
Aepfeln, entweder vor oder nach einer Mahlzeit,
soll bekanntlich einen sehr günstigen Einfluß auf
die Verdauung ausüben. Es wird behauptet, so
schreibt die „Fogr.“, es sei besser, weniger Fleisch
und mehr Früchte zu essen. Ein berühmter franzö⸗
fischer Arzt schreibt die Abnahme der Verdauungs⸗
hbeschwerden (Dyspepsie) und der Gallenkrankheiten
in Paris den vermehrten Genuß von Aepfeln zu
zie er für sehr gesund, magenstärkend und leicht
Herdaulich hält. Gleichviel; ob diese Schätzung
richtig ist, oder nicht, gewiß ist, daß die Franzosen
Aepfel und andere Früchte ungemein lieben. Des
halb steht in Frankreich auch die Obstbaumzuch
zuf einer so hehen Stufe der Ausbildung. Daß
Doͤst, mäßig genossen, eine sehr gesunde Nahrung
hildet, unterliegt keinem Zweifel. Ein Apfel, ein⸗
Stunde vor dem Mittagessen verzehrt, regt den
Appetit an, und es scheint richtig, daß die Aepfel⸗
saure zur Beförderung der Verdauung beiträgt. Wer
Beschwerden darauf empfindet, muß den Genuf
bermindern oder ganz unterlassen. Wo rohe Aepfe'
Beschwerden veurfachen, wähle man gebratene, die
in der Regel auch von dem schwächsten Magen guf—
hertragen werden.
CEineteure Ohrfeige.) In Metz wurde
ieser Tage der Austeiler einer Ohrfeige mit 1000
Mt. Strafe belegt.
GDie Gedenkfeier) der großen Schlach
ien bei Metz soll in diesem Jahre eine größere
Ausdehnung erhalten, als bisher. Seit einigen
Jahren werden aus allen Theilen Deutschlands von
Zereinen und Privaten Kränze und Geldmittel
um Schmutck der Kriegergräber gespendet. Letztere
lossen in den abgelausenen zwei Jahren so reichlich
daß außerdem noch der Ankauf von mehreren
ausend Tannen⸗ und Lärchenbäumchen ermöglich
vurde, welche als ein bleibender Schmuck auf die
driegergräber gepflanzt wurden. Mit der dies⸗
ährigen Gräberschmückung soll eine Gedenkfeier
jerbunden werden, zu welcher verschiedene altdeutsche
Zriegervereine, u. a. auch einer aus Sachsen, nach
Metz kommen werden.
Mülhausen i. E. 21. Mai. Der frühere
Reichstagsabgeordnete Dollfus⸗Mieg ist heute
rüh gestorben. Joh. Dollfus, Firma Dollfus,
Mieg und Comp., war geboren am 26. September
18006, und war das älteste Mitglied des Reichs—
ags. (Graf Moltke ist genau einen Monat jünger,
ührte aber in Abwesenheit des älteren Kollegen
regelmäßig den Alters-Vorsitz im Reichstag.) Doll⸗
us hat im Interesse seines Fabrikunternehmens
rüher ausgedehnte Reisen gemacht, durch Nubien,
Palästina, Griechenland, Algier und Spanien. Als
Bürgermeister von Mülhausen und Mitglied des
Beneralrathes in Colmar fungierte er bis 1870;
er besaß das Kommandeurkreuz der Ehrenlegion
und mehrere andere Orden, und ist als Gründer
der Arbeiterwohnungsvierlel von Mülhausen und
überhaupt durch seine arbeiterfreundlichen Bestreb—
uingen ebenso berühmt geworden, wie er als Greß⸗
Industrieller (Textilbranche) einen glänzenden Rus
n der ganzen Welt genoß. Als Protestant (refor⸗
mirt) stand er zwar dem Klerikalismus, der in der
zrotestlerischen Bewegung mit als Triebfeder wirkt
rühl gegenüber, der Protestbewegung selbst jedoch
var er stets beizurechnen. Dem Reichstag gehörte
er als Vertreter seiner Vaterstadt bis zur letzten
Reichstagsauflösung an. Zu den Neuwahlen hatte
er sich nicht mehr als Bewerber aufstellen lassen.
München. Se. K. H. der Prinz⸗Regent
hat nachfolgende Aenderungen in der Ausrüstung
des Heeres genehmigt: a. Für nachbezeichnete Aus⸗
rüstungs⸗ c.⸗Stücke der Infanterie und Jäger ge⸗
sangen neue Proben zur Einführung: 1) für das
Kochgeschirr, 2) füc die Patrontaschen, 3) für den
Leibriemen mit Schloß und Säbeltasche, 4) für
die ins Feld mitzunehmende Fußbekleidung, 5) für
den Brodbeutel, 6) für den Tornister mit einge—
hängtem Tornisterbeutel — zur Aufnahme der
eisernen Lebensmittel-Portionen — und mit Trag
gerüst, 8) das Schanzzeug und die Feldflusche
werden unter Fortfall der bisherigen Tragriemen
am Leibriemen bezw. am Brodbeutel getragen; dis
Schanzzeug⸗Futterale sind thunlichst zu erleichtern
8) die unter Ziffer 1, 4 und 5 aufgeführten Proben
— letztere mit der bisherigen Tragweite — sowie
die in Ziffer 7 enthaltene Bestimmung für Er—
leichterung der Schanzzeugfutterale, gelten auch für
die Pioniere und für das Eisenbahnbataillon: b. im
Felde ist von den Mannschaften der Infanterie, der
Jäger, der Pioniere und des Eisenbahnbataillons
am Helm Msb statt der metallenen Schuppenketten
ein schwarzer Lederriemen zu tragen.
FKreuzrath, Kreis Geilenkirchen, 19. Mai.
In Zeit von einigen Wochen sind hierselbst zwei
Todesfälle an Blutvergiftung zu verzeichnen. Eir
chon bejahrter Mann zog sich durch einen Stroh—⸗
zalm eine leichte Verletzung an der Hand zu. Nach⸗
dem er mit einer Nadel an der Wunde gearbeite
atte, schwollen bald die Hand und der Arm be
»nklich an. Der nach Verlauf von einigen Tagei
zugezogene Arzt stellte eine Blutvergiftung e
an deren Folgen der Mann einige Tage —9*—
verstarb. — In einein andern Falle haite fiqh
Frau mit einem Holzsplitter in den Daumen —
stoßen, den sie mit einer Nadel zu entfernen su
Als bald darauf der Arm anschwoll, rief man *
Arzt um Hülfe; aber trotz Anwendung aller nih
verschied die Frau unter heftigen Schmerzen.
Heidelberg, 28. Mai. Frhr. bor
Berlichingen, Mitglied der 1. badischen Kam
mer, früher in Mannheim wohnhaft, ist heute g.
storben.
Wohl in Wolle! Wie das Bundesor
zjan der „Wollenen“ mittheilt, ist es dem —*
postel Prof. Jäger gelungen, ein neues Besteuerunge
material ausfindig zu machen, nämlich das Papit
Der eifrige Wollforscher hat die für ihn höchst a
reuliche Entdeckung gemacht, daß das gewöhnlich
Papier aus der Luft üble Gerüche, namentlich di—
Selbstgifte des Menschen anziehe; es bekomm
also beim Gebrauch durch den Menschen gifiig
Eigenschaften. Weiterhin entdeckte er an den Fat
mitteln der Papiere giftige Eigenschaften. Druten
ubt das gewöhnliche Papier einen schädlichen Ein
fluß auf die Schreibhand. Viertens strömt daß
Druckpapier einen üblen Geruch aus und erzeug
Krankheitserscheinungen, wie das Kopfweh. Fünften
trägt die gewöhnliche Papiermasse üble Gerüche aut
den Krankenstuben und erregt Eckelgefühle und
Magenverstimmung, und endlich sind die in der
Bibliotheken und Aktenzimmern liegenden Papiete
eine ausgiebige und untilgbare Quelle anhaltender
Luftverderbniß. — Alle diese schrecklichen Uebelständ
von denen wir bisher keine Ahnung hatten, beseitig!
Jäger durch thierische Fasern. Mit Hilfe einer
solothurner Papierfabrik läßt er aus Cellulosenmasse
ein sogenanntes „Normalpapier“ herstellen, welche
nicht nur von all den vorgenannten üblen Eigen
schaften befteit ist, sondern auch noch einen Be—
iebungsefekt von ca. 50. pCt. besitzt. — „Be—
—X
Das Bundesorgan enthält übrigens einen Aufruf
an alle Herrn „Wollgenossen“, sich zum zweiten
deutschen Jägerianertag, am 5. Juni, in Berlin
einzufinden. Das „Wollhotel“ der Herren, Wolle
nen“ ist das Hotel Beyer in der Schadowstraße
Der Gruß der Jägerianer ist jetzt: „Wohl in
Wolle!“ Einer hat sein Wohl in der Wolle siche
gefunden, daß ist der glückliche Erfinder des Woll
regimes.
Frankfurt a. M., 22. Mai. In einn
hiesigen altfrankfurter Familie ließ der Hausvater
im vergangenen Mitiwoch sechs seiner Kinder
auf einmal taufen.
F. Frantfurt, 23. Mai. Waährend de⸗
heute Nachmittag 23 Uhr stattgefundenen Gewitters
vurde in der Friedberger Anlage ein 17 Jahre
ilter Schüler der hiesigen Musterschule, Sohn des
Ingenieurs Ulrich, vom Blitz getroffen. Er war
auf der Stelle todt.
Coblenz, 20. Mai. Ein hiefiger Kauf⸗
mann wurde am Samstag von der Strafkammet
wegen Betrugs zu einem Jahr Gefängniß und ?
Jahren Ehrverlust verurtheilt. Der Betreffend⸗
hatte einer hiesfigen Wittwe ein iewe
gemacht, und diese zu einem Schenkungsacte be⸗
wogen, in welcher ihm ein Haus im Werthe von
22,000 Mtk., Mobilien für 1239 Mk. und au—⸗
stehende Baarzahlungen im Gesammibetrage von
66,022 Mk. testamentarisch vermacht wurden
Schon nach der Ausfertigung der Urkunde äußert
er fich der Schenkgeberin gegenüber, sie werde sit
doch nicht einbilden, daß er ein altes Weib (di
Wilwe ist 48 Jahre alt) heirathen werde; jeht
wo er ein so beträchtliches Vermoͤgen besitze, werd
er ein junges Mädchen zur Frau nehmen. Schließ
lich ging die Betrogene auf einen Vergleich ein.
wonach er das ganze Vermögen der Witlwe wiede
herausgab, don dieser dagegen 14,000 Mke. erhiel
Der Gerichtshof erkannte nu Rudhicht auf die hoch
unmoralische Handlungsweise und auf die ehtloh
Gesinnung des Angeklagten auf obige Strafe.
Essen, 21. Mai. Von Seiten der Ven
waltung der Krupp'schen Werke wird jetzt über di⸗
neuesten auf dem Schießplatze zu Meppen vorg
nommenen Schießversuche mit neuen Geschüher
berichtet. Dieselben wurden angestellt mit vier vor
Italien in Bestellung gegebenen 40 CEtm.⸗-Kanon,
und mit einem neuconstruirten, 8,4 Cim. Schnel
ꝛeuer ·Schiffsgeschütz, das bestimmt ist, von der
tord groͤßer Schiffe Torpedoboote bei einem An
Fiffsversuch derfelben unter ein autgezieltes un