Full text: St. Ingberter Anzeiger

plätze zu vergeben. Mit Umlagen überbürdete Ge⸗ 
meinden, die darauf refl ctitten, wollen fich bei dem 
Vorstand des Hauses melden. Begründete Ansprüche 
auf eine Ermäßigung des üblichen Pflegegeldes 
können nach Maßgabe der Mittel des Hauses Be⸗ 
rücksichtigung finden. 
— Speyer, 6. Juni. Nach Begrüßung des 
Verbandstages des phälzischen Bäcker⸗Ver— 
bandes durch die Herren Vorstand und Vorsitzen⸗ 
den Horn⸗Zweibrücken und Obermeister Walk. Speyer 
erstatlete der Verbandscassier Herr HolgrefeZwei⸗ 
hrücken den Rechenschaftsbericht. Es ist ein Baar⸗ 
—XXVVD 
stellung zu Kaiserslautern brachte dem Verdande 
eine Einnahme von 2628 Mk. 96 Pf. und eine 
Auslage von 2798 Mt. 52 Pf., mithin ein Deficit 
bon rund 168 Mk. Die Jahreseinnahme betrug 
280 Mk., die durch das Deficit erhöhte Ausgabe 
362 Mk. 54 Pf Die Zahl der 283 Mitglieder 
vertheilt sich wie folgt: a. Innungen: Germersheim 
22, St. Ingbert 22, Speher 28, Zweibrücken 28 
Summa 100 Innungsangehörige. b. Genossen⸗ 
schafter: Kaiserslautern 55, Neustadt 61, Pirmasens 
18, Ludwigshafen 36, vereinzelt 28, Summa 183. 
Herr Holzgrefe ⸗Zweibrücken referirte über die In⸗ 
nungsfrage. Er gab eine Darstellung der Ent⸗ 
wickelung des Innungswesens und wies darauf 
hin, daß nicht entfernt die Abficht bestehen könne, 
die Innungen in ihrer früheren Form wieder in's 
Leben zurückzurufen. Herr Christmann ⸗Kaiserslautern 
sprach über Werth und Nutzen der Verbandstoge 
und Fachausstellungen. Eine behördliche Bestimm- 
ung des durch Trocknen hervorgerufenen höchsten 
Bewichtsverlustes wäre sehr zu wünschen. Als 
nächster Versammlungsort wurde Zweibrücken in 
Aussicht genommen. 
— Speyer. Aus dem Monatsbericht der 
Sterbekasse fir die bayerische Polizelmann⸗ 
schaft für Mai ist zu entnehmen, daß bis jetzt dem 
Verein 1081 Mitglieder beitraten, davon sind 18 
gestorben und für diese Sterbefälle wurden 10,796 
Mark an die Hinterbliebenen ausbezahlt. Im ver⸗ 
flossenen Monat find 2 Mitglieder beigetreten und 
ein Mitglied, der Schutzmann G. König, 43 Jahre 
alt, aus Wolfstein (Pfalz) gestorben. Die Vor⸗ 
flandschaft ermahnt in ihrem Bericht die dem Verein 
noch fernstehenden Polizeimänner, welche nach den 
Statuten beitreten können, ungesäumt fich diesem 
wohlthäthigen Verein anzuschließen. 
Vermischtes. 
Mäünchen, 9. Juni. An der Fronleich— 
namsprozesfion nahm der Prinz⸗Regent, sämmtliche 
Prinzen, die katholischen Minister, Geistliche aller 
Grade, Beamte und Korporationen Theil. Das 
herrliche Wetter hatte ungeheuere Massen Neugieriger 
aus Stadt und Land herbeigelockt. Der Zug 
dauerte über 3 Stunden. Der Verkehr war voll 
kommen unterbrochen. 
F Dem Präasidium des Bayerischen Veter—⸗ 
anen, Krieger- und Kampfgenossen— 
Bundes lagen in seiner Sitzung am E. d. M. 
211 im Mai eingelaufene Unterstützungsgesuche zur 
Verbescheidung vor. 160 derselben unter welchen 
27 von Wittwen und Waisen, wurden mit 2730 
Mt. bedacht; 10, wejl den in den Statuten ꝛc 
gegebenen Voraussetzuñgen nicht entspechend, abge⸗ 
wiesen; 17 behufs weiterer Erhebungen ausgesetzt; 
4 zurückgezogen bezw. verzichtet. 107 Gesuchsteller 
machten die Feldzüge 1866 oder 187071, 7 
1848 und 1 Griechenland mit. Bei 60 derselben 
sind die Leiden nach Folgen des Feldzuges 1870,71. 
Neu aufgenommen wurden 10 Vereine. 
F Die in der Nähe des Schlosses Lichtenstein 
(Württemberg) auf einem schwer zugänglichen 
Felsenvorsprung befindlich Büste Wilhelm 
Hauff's wurde sammt dem Postamente in der 
Nacht des 1. Juni von Bubenhänden in die Tiefe 
gestürzt und zerschmettert. 
F Karlsruhe, 8. Juni. Ein schweres Un⸗ 
glück hat sich heute Vormittag gegen 10 Uhr unter⸗ 
halb der Augartenstraße, in der südlichen Grenz⸗ 
stratze unserer Stadt, zugetragen. Dortselbst be⸗ 
findet sich ein Fouragemagazin, an welchem um die 
genannte Zeit mehrere Mann von der Artillerie mit 
Laden von Heu u. s. w. beschäftigt waren. Plötz 
lich scheute ein Pferd, riß das andere, sowie den 
Wagen mit sich und wollte über das spitzige Um⸗ 
fassungsgeländer setzen. Doch es blieb hangen und 
spießte sich förmlich auf; das arme Thier verendete 
auf dem Platze, der eine Artillerist wurde sehr schwer 
nerletzt, einem anderen wurde die Hand aunu dew 
Staketengeländer durchbohrt. — Auf der Messe 
wurde heute ein Langfinger ertappt, als er 
gerade an der Arbeit war, sich mit fremden Messern 
zu versehen. Die Polizei legte ihm jedoch sein 
dandwerk und brachte ihn hinter Schloß und Riegel. 
F Karlsruhe, 8. Juni. Die hiefige Straf— 
ammer veruttheilte nach zehastundiger Verhandluug 
den Bauunternehmer Bernhard Kirchenbauer wegen 
ahrlässiger Töstung von 12 Personen uünd Korper— 
zerletzung, herbeigeführt durch Einsturz eines Neu— 
zaues in der Uhlandstraße, zu drei Monaten Ge— 
ängnis. Die Entscheidungsgründe fübren aus, 
dirchenbauer habe ohne Prüfung des Planes bei 
Berwendung schlechten Materials und ohne die er⸗ 
orderliche Kontrole gebaut. 
FHanan. Die größte aller bis jetzt anges 
ertigten Stimmgabeln ist kürzlich von einem hiesigen 
Fabrikanten für das phyfiologische Institut in Leip- 
ig geliefert worden. Dieselbe wiegt nicht weniger 
als 27 Kilogramm und gibt 14 Doppelschwingungen 
in der Sekunde ab. 
FKreuznach. (S. Z.) Es ist hier wirklich 
im 5. Juni die Gründung eines Vereins gegen 
den Wucher im hiesigen Kreise nach dem Muster 
des im Saargebiet so segensreich wirkenden Ver— 
ins beschlossen worden. Zwar wurde von manchen 
Zachverständigen festgestellt, daß der Wucher hier⸗ 
zxts nicht die Bedeutung habe, wie im Saargebiet, 
ruch ist der Weinkauf hier nicht bekannt. Aber 
»och konnten zahlreiche Spur en von Wucher nach—⸗ 
jewiesen werden und noch mehr fürchtete man an⸗ 
utreffen, wenn erst der Verein bekannt werde. 
Bis zur förmlichen Organisation des Vereins wer⸗ 
den noch wohl einige Wochen vergehen. 
F Tier, 8. Juni. Der kommandierende 
Beneral v. Loö ist gestern Vormittag einem großen 
Mißgeschick entgangen. Bei der Befichtigung aus 
dem Grünneberg kam infolge des durchweichten. 
tußerst schlüpferigen und dabei unebenen Bodens 
ein Pferd zu Sturz, der Reiter blieb mit einem 
Fuß im Bügel hängen und wurde von dem wieder 
rufspringenden, aber sich bald beruhigenden und 
Zalt machenden Tiere einige Schritte weit geschleift. 
Wäre das von dem hiesigen Husarenregiment ge⸗ 
teslte, in jeder Hinsicht zuverlässige Pferd nach dem 
Sturze davongerast, wie dies in ähnlichen Fällen 
meist zu geschehen pflegt, so wären ernste Folgen 
unausbleiblich gewesen. Se. Excellenz hat nach der 
„Tr. 3.“ keinen Schaden genommen und gestern Nach⸗ 
nittag sowie heute früh die Befichtigungen fortgesetzt. 
Metz, 7. Juni. (S. 3.) Der frühere Notar 
Sand ar zu Remilly wurde heate wegen Unter- 
schlagung ihm anvertrauter Gelder in sechs 
Fällen durch die Strafkammer des hiesigen Land⸗ 
jerichts zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren 
zerurtheilt, während die Staatsanwaltschaft eine 
olche von fünf Jahren beantragt hatte. 
FKöln, 6. Juni. 23 Ehrenfelderinnen wurden 
Ifingsten infolge eines Befehls des damaligen 
ranzösischen Kriegsministers General Boulanger in 
zt. Quentin verhaftet, dann aus Frankreich 
ausgewiesen und unter polizeilicher Bedeckung über 
zie Grenze nach Belgien geschafft. Von da reisten dann 
zie Ausgewiesenen auf der Eisenbahnund unter dem 
Schutze einiger deutscher Herren nach Aachen, die Streckt 
‚on Aachen nach Ehrenfeld bei Köln legten sie aber 
illein und fliehend zutück. Es waren nämlich 23 
Brieftauben der Brieftaubengesellschaft Concordias 
in Ehrenfeld, welche nach St. Quentin gebracht 
varen, um dort aufgelassen zu werden, statt dessen 
iber von der französischen Polizei als Spione an⸗ 
zehalten, am Aufgelassenwerden verhindert und 
unter gehöriger Bewachung über die Grenze nach 
Belgien zurückbefördert wurden. Die Thierchen 
ind am 2. Juni in Aachen angekommen, daselbsft 
aufgelassen worden und dürften zur Stunde wohl 
alücklich wieder in ihtem Heim angelangt sein. 
(Rh. W. Zig.) 
f Gelsenkirchen, 8. Juni. In der Kohlen⸗ 
zrube „Hibernia“, ganz nahe dem Bahnhofe, er⸗ 
'olgte Nachks 121/3 Uhr eine Entzündung schlagender 
Wetter. Von 53 Bergleuten, die eingefahren, 
varen bis heute Mittag 87 als Leichen zu Tage 
zefördert; 3 find verwundet, die übrigen 13 un— 
rettbar, da das Flöz noch brennt. — Heute Abend 
ind die letzten 13 Leichen, davon 10 theilweise 
verkohlt, aufgefunden worden. 
F Die Zunahme der Gewitter schreibt Pro— 
fessor Reclam in Leipzig den vermehrten Eisenbahnen 
zu. Wenn die Oberfläche der Erde sich don Jahr 
zu Jahr mit vielen tausend Kilometern Eisenbahn⸗ 
chienen bedeckt, so könnte wohl, mutbhmaßt ijener 
Helehrte, dies auf die in der Luft befindli 
ricitat 88 J 8 de din 
7 Liegnitz. Bei der Jubilg amsfeierhi 
hoten häufig die Schaufenster geradezu kunsteun 
Ausstattungen in Blumen« Urrangemenigz 
Transparenten. Auch der Humor kam hierbei 
Beltung. So waren folgende „poetische“ — 
zu bemecken: 
Ein Schuhmacher dichtet: 
Ist meine Lage jetzt cuch schwierig, 
Fur unsern Kaiser illum'nir ich, 
Ich lasse mich darin nicht lumpen, 
Und wenn ich soll die Lichter pumpen 
Ferner las man: 
Kaiser Withelm lebe hoch, 
Er ist uns werth und theuer, 
In dieses Hoch stimmt freudig ein 
Buchbinder Flökenmeyher. 
An einem Barbierladen: 
Will der Feind mobilsiren 
„Nur zur Probe“, wie man schreibt 
Wollen wir ihn schon rasiren, 
Daß kein Haar mehr übrig bleiht, 
Auch wird ihm der Kopf gewaschen 
Bis die Haut er ganz verliertt, 
Und dann öde sind die Taschen, 
Ja, dann ist er gut barbiert. 
F Die Zahl der Ehescheidungsgründe 
im einen zu vermehren hat sich der Staat Kansas 
»as zweifelhafteste Verdienst erworben. Seit Ein⸗ 
ührung des Frauenstimmrechts sind daselbst mehret⸗ 
khen getrennt worden wegen , Unverträglichkeit der 
heiden Gatten in der Politik“ 
f Berlhiner Reklame- Das Konfeklions- 
jeschäft zur Goldenen Hundertzehn in Werlie 
widmet Heid Boulanger folgendes Ade: 
Mel.: Morgenroth, Morgenroth ꝛc. 
Ach herjeh — ach herjeh; 
Boulanger ist nun a. D. 
(: Sonst blus er nur Lärmtrompeten 
Aber ptötzlich ging er flöten 
Und pfiff auf dem letzten Loch!:) 
Ach, wie bald — ach, wie bald 
Sellte man ihn drüben kalt! 
(: Statt das Heer zu kommandieren. 
Beht er in Cwil spazieren 
Und baut friedlich seinen Kohll!:). 
Aber wir — Aber wir, 
„Gold'ne Hundertzehne — hier;“ 
(:Schicken, daß er „Staat“ kann machen 
Ihm zum halben Preis die Sachen; 
Selbstverständlich gegen bar:) 
Ueber 10,000 engl. Touristen⸗ und Sommer 
Unzügen u. s. w. 
F Die Marseillaise der Deutschen ir 
Desterre ich, so wird häufig das „deutsch 
Lied“ genannt, welches jede Festversfammlung 
ede feierliche und gesellige Zusammenkunft der 
deutsch Oesterreicher krönt. Das Gedicht entfland 
in den Frankfurter Parlamentstagen. Da Viele 
den Charakter dieses Gedichtes nicht kennen, so se 
zier die erste Strophe des Liedes, die für da 
janze Gedicht bezeichnend ist, wiedergegeben. Si 
autet: 
Wenn sich der Geist auf Andachtsschwingen 
Zum Himmel hebt, 
Durch Erdennacht zum Licht zu dringen, 
Die Seele strebt, 
Dann fühlt die Brust ein heilig Drängen 
Und es ertönt in Feierklängen 
Das deutsche Lied, das deutsche Lied! 
Und das ist in Oesterreich — staatsge— 
ährlich! 
Szegedin, 8. Juni. Gestern ist die 
horganyer Schleuse sammt den neuen Schutzdämmer 
on den Fluthen fortgerissen worden. Die Zer⸗ 
dörung ist furchtbat. Ohne Mazznahmen großar 
igster Natur werden Mako und Varsarheiy de⸗ 
ruhere Schicksaal erleiden. Eine Anzahl von der 
dausern Makos, die aus Lehm erbaut sind, wurden 
Fereits weggewaschen. Von der obern Theib an 
hazu ein“ Sieigen des Wasserstandes um 2 
Centimeter gemeldet. 
pAktentatim Kupee. Auf der Eihen 
hahn zwischen Votdeaur und Graves ist auf den 
direktor der Marine ⸗Stahlwerke Montgolfier ein 
Mordversuch gemacht worden. Derselhbe erhielt J 
Schiäge mit einem Todischläger und soll fein 9— 
dand fehr bedenklich sein. Der Moörder ist vr— 
aftet.