Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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22. Jahrg.
Deutsches seich.
München, 24. Juni. Die liberclen Wahl⸗
nner, 200 an der Zahl, beschlossen heute über
hie Stellunguahme bei den Abgeordnetenwahlen
in 28. ds. Mis., im ersten Wahlgange als Land⸗
woabgeordnete die Herren von Schauß, Hübler
nd von Stauffenberg zu wählen. Für die beiden
nderen Münchener Sitze werden die überalen Wahl⸗
zanner morgen sich schlüssig machen. — Der
ᷣgierungsdirector von Oberbayern, Kopp, ist zum
kegierunge prasidenten für Schwaben und Neubarg
rnannt worden.
Aus Heigenbrücken wird der „A. A.“
üitgetheilt, daß kein Wahlausschuß trotz aller Be⸗
nühungen den ganzen Tag über gebildet werden
vunte, weshalb überhaupt keine Wahl an dem
eutigen Tage stattfinden konnte. Dieser Fall
urfte wohl einzig in der Wahlgeschichte dastehen
ind es fragt sich, was nun zu geschehen hat, da
nseres Wissens dieser Fall im Wahlgefetz gar nicht
orgesehen ist.
Berlin, 25. Juni. Die Besserung im Be⸗—
nden Kaiser Wil helms macht anhaltend so
ate Fortschritte, daß die Abreise noch Ems spätestens
eute über acht Tage erfolgen soll. Von dem Ver⸗
uuf und der Wirkung der Emser Cur soll es ab⸗
angen, ob der Kaiser, wie dies sein lebhafter
hunsch ist, auch nach Gastein reisen wird. — Auf
iß Befinden des Fürsten Bismarck hat die
ufheränderung eine stärkende Wirkung geaußert.
b und wann der Fürst fich nach Kissingen be—
eben wird, ist noch nicht dessiimmt. — Der Reichs⸗
anzlet hat, auch für das Jahr vom 1. Juli 1887
is 80. Juni 1888 Antwerpen als Anlegehafen
n die ostasiatischen und austrahlischen Reichspofi
ampfer bestimmt.
Ausland.
Varis, 24. Junt. Die Patriotenliga
it heute eine Versammlung im Winkfercirkus aͤb.
xr Eintrittspreis betrug 60 Centimes. Der Saai
lte sich sehr allmählig. Deroulede wurde mit
iimischem Beifall begruͤßt. Eine sozialistische Liga
t Antipatrioten sträute Zettel aus, die gegen die
vegerische Propaganda protestiert. Der Urheber
man wurde hinausgeworfen. Deroulede erklärte,
e Liga wolle nicht den Krieg, sie proiestiere
is gegen die ungerechte Annexierung des Elsaß
id bereite Frankreich für alle Fälle vor. Die
milie Köchlin habe ihn gebelen, jegliche Mani⸗
jation zu unterlassen, da jedoch der in Leipzig
adutheilte Köchlin · Claudon nicht nur seiner Familie
dern Frankreich angehöre, habe er das Ansuchen
elehnt. Deloncle schildert den Leipziger Prozeß.
Urtheil sei gegen den deutschen Straftober.
wrotestirt gegen das Verbot der Trikoldre und
⁊ Narseillaise im Elfaß. Frankreich sollte nicht
wben, daß eine Fremde Macht seine Farben ver⸗
ipe. Applaus.) Deroulede schliekt die Versamm⸗
g mit dem Rufe: „Vive Boulanger, vive la
nien Eine Masse Zuhörer durchziehen die
— d, Vive Bonlanger!“ schreiend. Die
akzei derhaftete einige. Wahrend der Versamm⸗
wurden mehrere Sozialisten, die unterbrachen,
russiens angeschrieen und hinausgeworfen.
GFr. Ztg.)
„paris, 25. Juni. Die meisten Blatter
ie gestrige Versammlung der Patriotenliga,
m sie ettiären, derartige Kundgebungen seilen
uut unfruchtbar, sondern selbst schacuch.
— 25. Juni. Beim deuischen Bot⸗
rafen von Haßfeldlfand acften Abn
in Festmahl statt, an welchem der Prinz und die
zrinzefsin Wilhelm, Prinz Heinrich von Preußen,
owie der Erbprinz und die Erbprinzessin von
zachsen⸗Meiningen theilnahmen. — Im Bucking⸗
am Palast war auf Befehl der Konigin eine große
Ubendgesellschaft, welcher der König von Dänemarck,
könig von Sachsen, das Königspaar von Belgien,
)er Kronprinz und die Kronprinzessin des deutschen
Keiches und die übrigen Gäfte der Königin bei—
vohnten.
Eondon, 25. Juni. Der „Standard“ er⸗
ährt, daß die Unterhandlungen mit Rußland be—
nüglich der streitigen Punkte der Afghanischen Grenze
jefriedigend forischreiten und eine baldige Losung
)er Streitfrage zu erhoffen sei.
Sofia, 25. Juni. Die „Agerce Hadas“
geldet: Die Semliner Nachricht, daß die Regenten
Stambuloff und Zivkoff auf Befehl des Majors
Zopoff und des Regenten Muitkuroff verhaftet
vurden, ist ein Seitenstück zu der vor drei Wochen
on dem „Expreß d'Orient“ verbreiteten Luge, daß
ver Regent Zivkoff auf Befehl seiner Kollegen
„tambuloff und Muttturoif in Sistov verhaftet
ourde.
Veruischtes.
fForbach, 25. Juni. In dem nahen Kochern
purden von der Kreisdirektion Saargemünb einige
Birthschaften geschlossen, weil die Wirte aufrührer—
chem Treiben der Dorfburschen Vorschub geleistet
aben, die mit französischen Schärpen das Dorf
urchzogen.
7 In einer halbamtlichen Notiz triti die Straß⸗
purger „Landes. Zeitung“ dem Gerüchte entgegen,
ils beabsichtigte die Regierung von Elsaß⸗ Lothringen
urch Massen⸗Austreibungen aller im Lande be—
indlichen Franzosen und unbequemen Elemente der
inheimischen Bevölkerung, sowie durch Schließung
ewisser von Ausländern geleiteter Fabriken eine
Art Schreckensherrschaft einzuführen, und so allen
zenen den Aufenthalt im Lande zu verleiden,
pelche sich mit der neuen Ordnung der Dinge nichi
uszusöhnen vermögen. In der bdetreffenden Notiz
er „Landes⸗Zeitung“ wird auch der von franzö⸗
'schen Blattern der deutschen Regierung unter⸗
hobenen Absicht, die einheimische Bevoͤlkerung all⸗
aählich auszurotten, um für Rachschub aus dem
Osten Platz zu machen, entgegengetreten. Dann
jeißt es weiter, die Regierung habe in erster Linie
vie zur Erhaltung des öffentlichen Friedens und
uur Beseitigung der fremden Einflüsse erforderlichen
Naßregeln zu ergreifen und werde dieselben in dem
Imfange durchführen, wie dies der Gang der
kreignifse als nothwendig erweist. Sie werde je⸗
och dabei die Interessen des Landes auf allen
hebieten nach Möglichkeit zu fördern suchen. Schließ
ich wird auf die Worte hingewiesen, die der Stait⸗
Jalter letzthin in Buchsweiler gesprochen hat, wo⸗
nach die Sicherheit des Landes nicht die einzige
lufgabe der Regierung sei, und diese in ihrer
Chätigkeit fur das Wohl des Landes in geistiger
ind materieller Beziehung auf die vertrauensvolle
Mitwirkung der Bevölkerung rechne.
F Vom Schwurgericht in Karlsruhe wurde die
datharina Zimmermannvon Heisttigenstein
vegen Meineids zu J Jahr Gefängniß und Kontad
Bauer, Kramer und Landwirth in Rheins—
deim wegen Anstiftung hierzu, zu 19 Jahre Zucht⸗
jaus und 5 Jahre CEhrenverlust verurtheilt.
Frankfurt a. M., 25. Juni. Der Apo—
hekergehülfe Klieisch erhielt ein für ein Kind be⸗
timmtes Rezevyt und qabnes einem Lebrtlind zur
—
Anfertigung, weil der junge Mann, der schon über
wei Jahre im Geschäfte war, dieses Vertrauen
)erdiente. Der Lehrling hatte nun in dem Rezept⸗
uche zwei Arzneien vorliegen: eine unschuidige
Syruparznei für das Kind und eine gefährlichere
Ppiumarznei für einen Herrn M. Er fertigte un⸗
zlücklicherweise die gefährlichere an und üͤbergab
je Herrn Klietsch, welcher des Glaubens war, es
ei die Syruparznei für das Kind. Die Foigen
oaren schlimme: Das Kind ftarb, und wie ez
cheint unter Symptomen einer Morphiumvergift⸗
ing, die auch chemisch nachgewiesen wurde. Der
Herichtshof erlannte für K. der die Verantiwort⸗
ing trägt, auf zwei Monate Gefangnis.
fF Vom Niederrhein, 21. auni. Die
Battin des vom Reichsgericht verurtheilten Herrn
Blech⸗Marlirch — ist aus Elberfeld, der inzwischen
»erstorbene Vater dieser Dame ist Mitinhaber der
Firma Schlieper und Baum gewesen. Es wirft
iun ein höchst zweideutiges Licht auf die Gesinn⸗
uing des Herrn Blech, daß er eine Altideutsche zur
Frau nimmt, dann aber seine Tochter einem Alt⸗
»eutschen unter solchen Aeußerungen, wie sie in
deipzig gerichtlich ermittelt wurden, verweigert.
Ind nicht nur dies: er macht auch seinen Einfluß
iuf die aus Altdeutschland heimgeführte Frau der—
irt geltend, daß diese, zum größten Kummer ihrer
nut deutsch gesinnten Brüder, seit 1870 jeden Brief
on Angehörigen des Vaterhauses uneröffnet zurück⸗
vies, und so jede Verbindung mit der alten Hei⸗
nath ablehnte. Nicht das Vaterlandsgefühl auein
vird alss von diesen Patriotenligisten deutscher
zunge in schnöder Weise unterdrückt, es wird auch
as Heiligthum der Familie mit Füßen getreten!
kin Jammer, daß sich eine Tochter der deutschen
erde zu solchen Werken des Hasses verleiten ließ!
F Würzhurg. Interessant dürfte sein, daß
m Urwahlbezirk Baunach von 2208 Waohlberecht⸗
gten 9, sage neun, gewählt haben.
FeLeipzig, 24. Juni. Köchlin hatte 50,000,
glech 100.000 Mtk. Kaution im Falle einstweiliger
Entlaffung aus der Haft angeboten. Morgen Fruüh
verden die Verurtheilten nach Magdeburg gebracht,
vo sie ihre Strafe verbüßen werden. Die Ange⸗
jörigen derselben reisen soeben nach Berlin ab.
Nach einer Meldung aus dem Riesengebirge
hat sich dort der Kalendersommer in ungewöhnlicher
Weise eingeführt; in der Nacht des 21. Juni ging
das Thermometer auf 83 Grad unter Null zurück
md ein starker Schneesturm hüllte die Schnee⸗
oppe in ein weißes Gewand. Zahlreiche Touristen
vurden von dem Sturme überrascht und arg
erzaust.
f Düsseldorf, 25. Juni. In der heutigen
Beneraldersammlung der rheinisch⸗westfälischen Stab⸗
isenfabrikanten wurde einstimmig die Bildung
ines Syndikats bdeschlossen. Der Vertrag nebsi
Heschäftsordnung fanden gleichfalls einstimmig An⸗
nahme. Die in Dortmund zu errichtende gemein⸗
ame Verkaufsstelle soll mit thunlichsier Beschleunigs
uing ins Leben treten.
f In einem für Restaurateure, Schankwirthe
ꝛc. wichtigen Erkenntnis auf Concessionsentziehung
wegen Völlerei hat das Oberverwaltungsgericht in
Berlin folgendermaßen erklannt: „Die Voͤllerei
hesteht in dem übermäßigen Genuß von Speisen
ind Getränken; ihre Förderung findet alsdann
tatt. wenn diesen Genüssen in irgend einer Art
dorschub geleistet wird, und insbesondere auch,
venn auf Erfordern einer Person Speisen und
Hetränke in arößeren Mengen verghreicht worden