Full text: St. Ingberter Anzeiger

Gartenwirthschaft ¶mehrere Burschen in Streit. 
Herr Gillmann verwies sie zur Ruhe und als dies 
uchts fruchtete, entfernte er fie aus dem Lobal. 
Auf der Siraße spann sich der Streit weiter und 
endete damit, daß der noch nicht 18 Jahre alte 
Schuster Ludwig Ulmer dem ca. 16 Jahre alten 
eotg Jatobi einen Messerstich in die Brust ver⸗ 
setzte, der in das Herz drang und den sofortigen 
Tod herbeiführte. Ulmer ist verhaftet und der That 
geständig. (P. A.) 
— Glanmünchweiler, 24. Juni. Herr 
dudwig Braun aus Wolfstein wird bis 15. 
Augusi dahier ein Bankgeschäft eroffnen. 
4* Kaiserslautern, 24. Juni. (Pfalzische 
fFreisfechtschule) Nach Beschluß der Vorstandschaft 
der Pfälzischen Kreisfechtschule wird das diesjohrige 
reisfest am 17. Juli dahier abgehalten. Der 
ziefige Verband rechnet sich zur Ehre, das II. 
Zreisfest in seinen Mauern begehen zu können und 
sat in Anbetracht der Kürze der Zeit bereits mit 
zem Arrangement desselben begonnen. Als Fest⸗ 
platz wurde der für Abhaltung größerer Festlichkeiten 
fehr geeignete,Tannengarten“ gewählt, zu dem 
man sich 'auf schattigen Wegen in einer kleinen 
halben Stunde gelangen kann. Das Fest selbst 
soll den Charakter eines Volkfestes tragen, weshalb 
⸗s an Volksspielen, Kletterbäumen, Schießbuden und 
inem Glückhafen ꝛc. nicht fehlen wird. Den 
musikalischen Theil hat die rühmlichst bekannte 
Zweibrücker Militärkapelle, Becker“ übernommen, 
zu der sich noch eine andere auswärtige Kapelle 
gesellen wird. Neben mehreren Singbereinen wird 
zuch der vom hiesigen Verbande geleitete gemischte 
Thor die verehrlichen Gäste durch Gesangvorträge 
unterhalten. Um den Leibesbedürfnissen Rechnung 
zu tragen werden von Seite der hiesigen Fecht⸗ 
—DD 
Bier⸗ Wein⸗, Kaffee⸗ und Eßbuden vorzügliche 
Geiränke und kalie Speisen zu mäßigen Preisen 
verabreicht. Gegen 7 Uhr Abends erfolgt der 
Rückmarsch zur Stadt und reiht sich hier eine 
Nonzert⸗Reunion mit Tanzunterhaltung in der 
Fruchthalle an. Da der Reingewinn des Festes 
zu einem humanen Zwecke — zu Gunften der Pf. 
streisfechtschule — bestimmt ist, so ist wohl sicher 
nzunehmen, daß das zweite Kreisfest gleich dem 
erfsien Fest zu Neustadt von den Freunden und 
Bonnern der Pfälz. Kreisfechtschule aus allen 
Theilen unserer schönen sonnigen Pfalz recht zahl⸗ 
ceich besucht wird und wünschen wir nur, daũ 
Jupiter Pluvius auch bis dahin auf seiner bereits 
angetretenen größeren Reise verbleibt. Darum auf, 
Fechtbrüder und Fechtmeister, Freunde und Goͤnner 
— — 
zum Besuche der alten gasifreundlichen Barbarossa⸗ 
tadt! denn ein kühles schattiges Plätzchen neben 
einer labenden Gamsrinusquelle wird gewiß die Reise 
lohnen. 
„Der Waisen Schutz und Wehr, 
Dem Pfaälzerland zur Ehr'!“ 
— Speyer, 25. Juni. Es sei im Inter⸗ 
esse der Kaufleute und Gewerbetreibenden schon jetzt 
darauf hingewiesen, daß am 15. Juli die jähr⸗ 
lichen Gerichtsferien beginnen, welche bekanntlich 
his zum 15. September dauern. Alle diejenigen, 
die ihr Guthaben saumigen Schuldnern gegenüber 
sich fichern wollen, müssen ihre diesbezüglichen 
dlageschriften möglichst sofort dem Gerichte ein⸗ 
reichen, widrigenfalls ihnen Nachtheile nicht erspart 
hleiben dürften. Während der Ferien werden nur 
in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheid⸗ 
ungen erlassen. Als Feriensachen find zu bezeich⸗ 
nen: 1) Strafsachen, 2) Arrestsachen und die eine 
einsiweilige Verfügung betreffenden Sachen. 3) 
Meß- und Marktsachen, 4) Streitigkeiten zwischen 
Vermiethern und Miethern von Wohnungs; und 
anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung 
uund Räumung derselben, sowie wegen Zurüchhal⸗ 
tung der vom Miether in die Miethsräume einge⸗ 
— EV—— 
wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues 
gestritten wird. Das Gericht kann auf Antrag 
auch andere Sachen, soweit sie besonderer Beschleu⸗ 
aigung bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Auf 
das Mahnverfahren, Zwangsvollstreckungsverfahren 
und das Konkursverfahren sind die Ferien indessen 
ohne Einfluß. 
— Speyer. Vom Schoffengericht dahier 
wurde der Maurerlehrling Hch. Dennhardt, 14 
Jahre alt, von Dudenhofen, wegen Ausnehmen 
sunger Singbögel und von Eiern solcher Vozel zu 
mer Hafisteaf⸗ von 5 Tagen; ferner wegen Thier 
quälerei, verübt bei dieser Gelegenheit, indem er 
den jungen Thierchen, nachdem er ste aus ihrem 
Reste entnommen, die Kopfe abriß und diese dann 
vider eine Mauer warf, zu einer Haftstrafe von 
3 Tagen, zusammen in eine Haftstrafe von 18 
Tagen verurtheilt. Hier wäre, wie fich der Herr 
Zorsitzende des Gerichts außerte, die Prügelstrafe 
am Platze. 
Vermischtes. 
F St. Johann, 25. Juni. Dem Restaura- 
eur Herrn Harrh in der Vectoriastraße ist, wie 
zie St. J. Z. hörl. gestern Morgen eine franz— 
zfische Brieftaube zugeflogen, auf deren einem Fügel 
zie Jnschrift: Kriegsminister Ferron (selbstverständ⸗ 
ich in französischer Sprache) zu lesen. Außerdem 
rägt sie noch verschiedene Stempel. 
'Straßburg, 27. Juni. Durch kaiserlichen 
Frlaß ist Bürgermeister Jaune z in Saargemünd 
aus dem Amte als Mitglied des Staatsrates für 
Elsaß · Lothringen entlafsen. 
,‚Wie die Alten fungen“ u. s. w. 
Der Name des Fabrikanten Köochlin, eines der 
dauptbetheiligten im Hochverraths Prozeß gegen die 
xẽlsaß · Lothringer, ist bei uns noch vom Jahre 1867 
jer in gutem Andenken. Der Vater des Verur 
heilten gehörte nämlich zu jenen französischen Heiß— 
pornen, die unausgesetzt ,Revanche für Sadowa“ 
chrieen, der „Kladderadatsch“ sah sich infolge dessen 
eranlaßt, dem „Patrioten von Mülhausen seiner 
Zeit folgende Strophe zu widmen: 
„Köchli, Köchli, 
Kriech in's Loͤchli, 
Sonsi zerklopft man Dir die Knöchli“. 
Als sich die Franzosen drei Jahre später nach den 
Z„chlachten von Weißenburg und Wötth tapfer 
üdwurts concentritten, offeririe dann Koͤchlin noch 
em Kaiser Napoleou 5000 Freischätler. 
F Ein zäber Selbstmordkandidat ist der 28 
Jahre alter Schreiner Meister in Nedarau. 
achdem derselbe schon zu wiederholten Malen 
Selbstmordversuche durch Erhangen oder Ertranken 
emacht hat, griff er auch gestern wieder zum Strick 
uim das ihm verhaßte Leben von sich zu werfen. 
Aber auch diesmal sollte ihm sein Vorhaben nicht 
jelingen. Er wurde beide Male noch rechtzeitig 
jon einer Frau abgeschnitten. 
(Ein amerikanischer Goldonkel.) 
Im April 1869 wanderte von Frankfurt ein 
Schreinergeselle nach Amerika aus. Damals wohnten 
eine Angehörigen sämtlich in Frankfurt. Von dem 
Auswanderer hörte man bald nichts mehr, und 
nach mehreren Jahren galt er für verschollen. In⸗ 
wischen starben sein Vater, die Mutter. zwei 
Schwestern und ein Bruder, Als letztes Glied der 
Familie blieb ein Mädchen übrig, welches im Jahre 
1885 bei einer Frankfurter Hertschaft lin Dienst 
rat, 'woselbst es sich heute noch besindet. Vor 
nehreren Wochen wurde nach dem Mädchen recher⸗ 
hirt und Auskunft über den Verbleib seiner An— 
sehörigen verlangt. Kürzlich langte nun, wie das 
Int.Bl.“ berichtet, ein amtliches Schreiben aus 
Newyork hier ein, wonach der verschollen geglaubte 
Zruder, von dem die Empfängerin nur vom Horen⸗ 
agen wußte, in Newyork. eben als er auf dem 
Wege nach Deutschland begriffen, an der Diphtheritis 
rkrankt und gesiorben war. Beim Durchsehen seiner 
kffekten fand man eine testamentarische Verfügung 
aut welcher er, falls er die Heimat nicht erreichen 
ollte, seine Eltern als Erben einsetzte. Der bare 
dachlaß beziffert sich auf 66,000 Mk. Da nur 
och das Dienstmädchen als nächste Berechtigte vor⸗ 
janden ist, so erhielt sie das hinterlassene Vermogen 
ugestellt. 
Jedes Kind hat seinen Engel, das 
eigt wieder einmal folgende Geschichte: Das circa 
zrei Jahre alte Kind eines Bahnwärters auf der 
gahnstrecke von Oettingen nach Wassertrüdingen war, 
on der Mittagshitze gedrückt auf dem Bahndamme 
ingeschlafen. Der Bahnwart ahnte nichts und 
nachte seinen gewöhnlichen Kontrolgang. Als er 
on diesem zurückkehrte, bemerkte er ploötzlich sein 
dind auf dem Geleise liegen und versuchte mit 
nöglichster Eile seinen Liebling zu retten, denn ein 
vülerzug kommt soeben herangebraust. Doch — 
u spät; der unglüclliche Vater erreichte sein Kind 
nicht mehr. Er mußte zusehen, wie die Lolomotiv⸗ 
iber das noch immer schlafende Kind hinwegfuhr, 
emerkte noch, wie dasselbe das Köpfchen erhob, 
ind brach dann, vom Schreck überwältigt, zusammen. 
Wer beschreibt aber das Erstaunen und die Freude 
3 Mannes, als er, nach Vorbeifahren des Zuges 
nich aufraffend und der Stelle zuwankend 
Kind munter und unversehrt sieht! Die —— dr 
sjange eines Wagens hatte wohl das Kind α 
gedrückt, sodaß dasselbe, in seinen —8 
zinigermaßen gehemmt. ruhig liegen blieb, ha ver 
50 Wagen zählende Train über den —8 
steleinen hinweggefahren war. or 
Munchen, 24. Juni. Heute Vormit 
zegen 12 Uhr fand eine großartige Ovation sann 
des Zimmerstutzen ˖ Schlitzenbundes auf dem —* 
Joseph Platz für den Prinz-Regenten 
Fquipagen mit Ehrenjungfrauen und Mußllog⸗ 
»röffneten den Festzug. Alsdann folgten Pret 
räger mit den Fahnen in großer Anzahl, welce 
aich die einzelnen Vereine mit ihren Vorstande / 
ind Vereinsfahnen anschlossen. Unter den densten 
zer Residenz, an welchen noch Prinz Leobold wi 
Vemahlin und Kindern sowie Prinz Arnulph m 
Bemahlin Platz genommen hatten, nahm der groß 
artige Zug Aufstellung. An der Seite des Schuͤtzen 
onigs hielt der Schuitzenmeister an Se. kgl. Hohei 
den Prinz Regenten mit Ausdrücken des Dane 
für die Interessen, welche Se. kgl. Hoheit für de 
Berein darlegt, eine Anrede, welche durch ein dre 
jaches Hoch begeisterten Widerhall sowohl bei der 
Schützen, als auch bei dem zahlreich vorhandene 
Publikum fand. Die Nationalhymne schloß di 
chone Ovation, welche der Prinz⸗Regent nach allen 
Seiten hin grüßend, freundlich entgegennahm. Untel 
den Klängen der Musikkorps zog dann der Festzu— 
nach dem Keller des Bürgerlichen Brauhauses, wi 
die weitere Huldigung dem edlen Gambrinus gall 
F Das „Münchener Fremdenblatt“ läßt sig 
aus Berlin mittheilen, daß der vielgenannte Frei 
jerr v. Solemacher, der bekanntlich die Duel 
nffaire mit Freiherrn v. Schotlemer hatte, durg 
die erzbischöfliche Behörde von Köln die Notifikatior 
erhalten habe, daß er der Exkommunikation verfallen 
sei. Der zuständige Pfarrer ist hiervon benachtich 
vorden. 
fChemnitz, 23. Juni. Die „sachfisch 
Maschinenfabrik, vormals Richard Hartmann“, di 
gegenwärtig in 78 Gebauden mit 18 Dampf 
maschinen und 12 Dampfhämmern nicht wenige 
als 200 Beamte und 3000 Arbeiter beschäftigt 
vzeging am gestrigen Tage die Feier ihres 50jahrigen 
Bessehens. Aus Anlaß dieser Feier hat die Direh 
tion der genannten Fabrik der Unterstützungslass 
der Arbeiter 20,000 Mt., und der Unterstützungs 
kasse der Beamten 10,000 Mtk. überwiesen. 
F (Eine heilsame Lehre.) Ein Hilde 
he'mer Geschäftemann hatte einen Kollegen wegen 
iner Differenz, von 95 Pf. verklagt. Das Gexich! 
zab ihm Recht verurtheilte aber den Klaäger, de 
5 in dem Vorgehen desselben eine Chikane er— 
blickte, in die Kosten des Prozesses, welche 84 M 
yetrugen. 
f Barmen, 24. Juni. Auf Grund der 
Dynamitgesetzes ist ein hiefiger angesehener, bishe 
janz unbescholtener Bürger, der Kaufmann S 
u der schweren Strafe von 8 Monaten und 1 
Tagen Gefängniß verurtheilt worden. Derfelbt 
ziel in einem seiner Läden Feuerwerkskörper, Pulber 
ic. feil. Eines Tages hantirte sein Lehrling un— 
zorsichtig mit Zündhölzchen, wodurch eine Erxplosion 
ntstand, die einige Menschen verletzte und der 
daden beschädigte. Bei den polizeilichen Nachforsch 
ingen stellie fich nun heraus, daß S. verbotswidrit 
nuch eine kleine Quantität Dynamit im Hause ge— 
Jabt hatte, was seine Veruriheilung herbeifühtte 
der Siaaisanwalt hatte 6 Monate beantragt, nach 
welchem Antrag der Angeklagte in Ohnmacht fien 
vahtend seine Frau und Kinder in ein erschüttern 
des Wehllagen ausbrachen. Der Lehrling, welche 
zurch seinen Leichtsinn die Explofion herbeigeführt 
rhielt 2 Monate Gefängniß. 
Pagoln, 27. Juni. Bei Mülheim entglei 
jeute früh der Berliner Courierzug. Es sollen 
nehrere Personen verletzt sein. — Eine spetet⸗ 
Depesche meldet nachstehende Details: Die Eur 
Jleisung des Berliner Courierzuges erfolgte ar 
nem schrägen Straßenübergang durch das Aus 
pringen eines Wagens. Der Zug hatte 8 Wagen 
die Lotomonide fchieifte zwei Wagen eine Stred 
weit, zwei andere stürzten um, die übrigen bliebet 
m Geleise stehen. Die Zahl der Verwundeten with 
uuf 13 geschätzt. 
pEs soll'in Berlin häufig vorkommen, da 
deute in einem gewissen Sladium der Bezechthen 
hre Hausnummer vergessen, in eine falsche Weh 
iung gerathen und dort allerhand Krakehl anfangen 
zrst neulich ereignete fich ja in Moabit eine bur