Full text: St. Ingberter Anzeiger

ielchen machen, und nahm sich dazuals „dritten 
zpu inem biederen, aber etwas redseligen Forster. 
—— wurde bedeutet, daß er nur zu spielen, 
zu reden brauche. Das that er denn auch. Er 
gegen den König und den Prinzen feinen 
we blieb aber durchaus ruhig. Erst als er 
Eicheisold mit Vieren in die Hand bekam— 
b seine Aufregung ganz bedenklich, und als 
eun Stiche gemacht hatte und den letzten 
—*— ausspielte, da krachte seine Faust auf 
Spieltisch nieder, und dem Gehege seiner 
n⸗ entflohen die geflügelten Worte: „Schwarz, 
e — zum größten Ergötzen der er⸗ 
itspieler. 
aucuen Urtheil des Reichsgerichts in dem 
zandesvperratbseProzefse ist gesprochen. 
* Gerechtigleit ist Genüge geschehen. Die Ver⸗ 
iher sind bestraft. Aber sie stehen nicht allein 
uͤf der Welt; weitere Kreise werden ebenfalls durch 
—* Verurtheilung hart getroffen. Zwei Familien 
des Ernahrers, Gattinnen des Gatten, Kinder 
Vaters beraubt. Und mit diesem Unheil. 
haches die Haupter der Verurtheilten getroffen, ist 
Fnoch nicht genug. Geradezu herzergreifend ist 
je Geschichte des Wirthes Haas aus Straßburg, 
greibt die „Straßb. P.“ der in der Angelegenheit 
jz Zeuge nach Leipzig geladen war. Der Mann 
läßt seine Familie, seine Frau, die in jedem 
jugenblicke ihrer Entbindung entgegensehen kann, 
iud reist nach Leipzig. Dienstag Morgen kommt 
in Telegramm und meldet, der Unglückliche habe 
ih im Gasthofe erhängt. Eine schuldtose Frau ift 
u Wittwe geworden, drei Kinder weinen am 
zatge des Vaters, das vierte, welches jetzt das 
Icht der Welt erblicken wird, ist schon vor der 
jeburt zuu Waise geworden. Welche Fülle des 
inglüds! Welche Last der Verantwortung ruht auf 
en Franzosen, welche alle diese Unglücklichen in's 
flend gebracht, drei Familien ruinirt haben! 
herden Vincent, Hirschauer, Fleuriel, Schnäbele 
ind wie sie alle heißen, die für kargen Sünden⸗ 
ohn die Verräther wurden, werden sie noch einen 
ühigen Augenblick verleben köͤnnen, wenn sie an 
ie Opfer denken: an die Männer die im Zucht⸗ 
auz sitzen oder schon unter der Erde liegen, an 
ije Weiber, die um ihre Gatten, an die Kinder, 
ie um ihre Väter jummern? Eitle Frage! Solche 
eule baben kein Gewissen! Und doch werden auch 
je durch das Urtheil getroffen, schwer getroffen, 
noralisch vernichtet. Denn wenn das Reichsgericht 
uch nut die Werkzeuge und gleichzeitig Opfer der 
anzöͤsischen Spionage getroffen hat und treffen 
vunte, der Richterspruch hat doch auch noch eine 
ndere Wirkung: vor ganz Europa sind die schmach⸗ 
ollen französischen Machenschaften enthüllt, vor 
anz Europa steht die amtlich organifirte französische 
zpionage gegen ein im Frieden mit ihr lebendes 
dachbarland in ihrer ganzen iammervollen 
dacktheit da. 
pRüdesheim, 9. Juli. Die Trauben⸗ 
lülhe ist in unsern Weinbergen im Allgemeinen 
B heendet zu betrachten. Nur in geringern Lagen 
st dieselbe noch nicht ganz vorüber; aber auch hier 
ird die Blüthe nach den gestrigen Gewitterregen 
ind bei fortdauernder Wärme in einigen Tagen 
nanz vorüber sein. Der Weinstock steht in einem 
o üppigen Wachsthum, daß das verspätete Ein⸗ 
refen der Blüthe nicht mehr von besonderem Nach— 
heie sein wird. Im „Berg“ haben die Träubchen 
eht merlliche Fortschritte gemacht. Man findet 
wo schon solche, deren Beeren die Größe von 
leinen Erbsen erreicht haben. Bei dem jetzigen 
Stande kͤnnen wir immer noch, wenn die Wule⸗ 
ung günstig bleibt, ziemlich viel Wein bekommen. 
Die Vorsig'sche Fabrik am Oranienburger 
or in Berlin ist fur den Preis von 44 
nionen Mark in die Hände eines Baukonsorliums 
etgegangen. 
. Vor der 97. Abtheilung des Becliner 
— hatte sich gessern ein 16jähr. 
en zu verantworten, weil sie einen Dienst, 
sie rechtsverbindlich angenommen, nicht ange. 
een hat. Else Guerne,das ist der Name der 
bersprechenden Hausfee, sollte einen neuen Dienst 
nem höheren Steuerbeamten am 1. April 
— — wer aber nicht kam, war unsere 
Ihre neue Herrschaft ließ es an einer 
üschen Aufforderung, die Stellung anzutreten, 
fehlen. Else hatte sich aber eines anderen 
Ien fie wollie jetzt wieder bei der alten Herr⸗ 
bleiben und schtieb deshalb an die Frau 
euerrätin einen Brief folgenden Inbalts Ej— 
zlauben wohl, Sie können mic zwingen, bei Ihnen 
u ziehen? Ich denke nicht daran. Den Miets⸗ 
haler habe ich Ihnen ja auch retuhr geschickt. Sie 
jaben mir ja neulich, als ich bei Ihnen war und 
Ihnen zweimal nicht zuhause traf, gegen das andere 
Madchen eine „gemeine Person“ genannt, eine 
„gemeine Person“ kann bei Ihnen nicht dienen. 
ßlauben Sie, ich lasse mich zum Narren halten 
'der kann umsonst Pferdebahu fahren? Außerdem 
jaben Sie mir gesagt, es würde um 3 Uhr gegessen, 
zas andere Mädchen hat mir aber gesagt, es würde 
neistens halb vier, das stimmt also auch nicht. 
Wenn Sie mir mein Dienstbuch nicht herausgeben, 
nache ich bei det Polizei Anzeige. Hochachtungs⸗ 
oll Else Guerne.“ Ob dieser Unverschämtheit be⸗ 
intragte die Adressatin die Bestrafung der Ange⸗ 
lagten wegen Nichtantritts des Dienstes. Das 
Bericht ahndete das Verhalten dieser jugendlichen 
Mustermagd mit einem Verweise. Ob derselbe 
selfen wird? 
F Ein Berliner Zechpreller verübte 
ieser Taze eine meisterhafte Gaunerei in einer 
Zerliner Wirthschaft. Der fein gekleidete „junge 
Mann“ hatte eine Zeche von 8 Mark gemacht und 
wollte sich ohne Weiteres empfehlen, als ihn 
der Kellner um Zahlung ersuchte. Der Jüngling 
pielte den Verlegenen, gab vor, das Portemonnaie 
dergessen zu haben und bot dem Kellner als Pfand 
einen neuen Hut an, welchen er in der Hand hielt, 
im Werthe von 10 bis 12 Mark. Dies nahm 
der Kellner an und der Herr empfahl sich. Eine 
zalbe Stunde später vermißte ein Baumeister, wel⸗ 
her im Hinterzimmer Skat gespielt, seinen Hut 
ind stellte es sich heraus, daß dieser von dem 
Fremden verpfändet war. 
Triest, 8. Juli. In den letzten 24 
Stunden kamen in Catania 60 Cholerafälle, da⸗ 
cunter 28 mit tödtlichem Ausgang; bei Valermo 
tam ein Fall vor. 
F Aus Zug waren sieben Schützen zum Bun⸗ 
esschießen in Frankfurt a. M. gezogen. Darunter 
zefand fich auch der Seilermeister Brandeuberg, 
»essen Haus inzwischen in den See versunken. 
Wagnermeister Schwerzmann, dessen Wohnung und 
Berkstätte ebenfalls versank, befand sich zur kri— 
ischen Zeit als Kanonier-Wachtmeister im Land⸗ 
vehrcurs in Bern. Zum Glück haben Beide 
venigstens keine Familien-Angehsörigen verloren. 
In Zug wurde in Schützenkreisen die Anregung 
jemacht, es solle am eidgenössischen Schützenfest in 
henf eine besondere Scheibe zu Gunsten Zugs 
ufgestellt werden. 
F Zürich, 10. Juli. Die Seebodenbewegung 
n Zug scheint gänzlich aufgehört zu haͤben. Ver— 
hhiedene bereits geschädigte Häuser stürzten noch 
zach, aber bisher noch nicht betroffene Gebäude 
verden als gesichert betrachtet; so namentlich das 
übsche neue Regierungsgebäude. Hoffentlich täuschen 
ich die Sachverständigen nicht. — Am Genfer 
See wird ein ähnliches Unglück vorausgesagt. Ein 
Sachverständiger, Professor Forel, will in dem 
dafenorte von Lausanne, Ouchy, ebenfalls Anzeichen 
son Senkungen des Gestades beobachtet haben. 
FParis, 7. Juli. Ein junger Deutscher 
stamens Litt, welcher seit mehreren Jahren mit 
iner Verwandten in Saint⸗Denis bei Paris wohnte. 
zekam gestern mit einem Nachbar Streit. Letzterer 
ief auf die Straße und rief: „Hier ist ein Preuße, 
ein Spion!“ Es sammelte sich sofort eine große 
Menschenmenge vor dem Hause an, die in die 
Kufe einstimmte. Litt hatie den Muth, der Menge 
ntgegenzutreten. Ein Hagel von Steinen empfing 
hn mit den Rufen: „Tod den Preußen! In's 
Vasser mit dem Spion!“ suchte eine Bande den 
ungen Mann unter fortgesetzten Mißhandlungen 
niach der Seine zu schleppen. Zum Glück erschien 
»er Polizommissär auf dem Platze und rettete nicht 
»hne Mühe Litt, der jedoch nicht mehr ohne Lebens 
zefahr nach Saint Denis zurückkehren kann, also 
ine empfindliche Erwerbsbeeinträchtigung erleidet. 
fOuebek, 7. Juli. Eine furchtbare Feuers⸗ 
xrunst brach kurz vor Mitternacht in den Kavallerie⸗ 
tällen der Citadelle aus und ergriff schnell auch 
die umliegenden Gebäude. Das Feuer wüthet noch 
mmer und bedroht das in der Näöhe befindliche 
Pulvermagazin. Sollte Letzteres explodiren, so 
vürde der Schaden unberechenbar sein. Viele 
Bferde, große Mengen Munition, Kanonen. Wagen 
ind Vorräthe sind schon ein Raub der Flammen 
eworden. Unter den Einwohnern herrscht eine 
zanik. Viele verlassen die Stadt in allen mög 
chen Gefährten. Die Ursache des Feuers ist un— 
bekannt, ebenso weiß man nicht, ob Menschen 
umgekommen fsind. 
FUeberraschung. Ein politische Zeitung 
in Bologna erzählt nachfolgende Geschichte. Vot 
einigen Tagen fand bei dem dortigen Polizeigericht 
zine Gerichtsverhandlung statt, zu der sich der offiziekl 
bestellte Vertheidiger nicht einfand. Da der wegen 
iner kleinen Uebertretung Verklage nichts dagegen 
jatte, frug der Präsident. ob Jemand aus dem 
AV 
volle. Da meldete sich ein Herr und hielt eine 
o glänzende Rede, daß das ganze Auditorium in 
auten Beifall ausbrach. Auch der Vorsitzende frug 
hun, ob er nicht wirklich Advokat sei? „Gewiß,“ 
intwortete unser Held; „ich war sogar Staatsan⸗ 
valt,“ — allgemeines Erstaunen — „bin auch 
stichter, Gerichtspräsident — und Minister gewesen!“ 
— Alles spertt Mund und Augen auf — „ich 
var auch wegen Mordes und Todischlages verur— 
heilt“ — das Erstaunen verwandelte sich in Grauen. 
uind der ganze Gerichtshof schnellt von den Sitzen 
mpor — der kühne Redner aber fährt fort: „denn 
ch bin der Schauspieler Luigi Pistoresi. Sie 
önnen sich heute Abend selbst überzeugen!“ — 
Dem Angeklagten wurde das geringste Strafmaß 
jon drei Lire zugemessen, die der Nertheidiger auch 
elbst bezahlte. 
fFLondon, 6. Juli. Die Kosten der Gast⸗ 
freundschaft, welche die Königin Viktoria während 
der Feier ihres Jubilaums den Fürstlichkeiten er⸗ 
viesen hat, sollen sich auf über 2 Millionen Mark 
helaufen. 
F Newyork, 10. Juli. In Arlington. 
stew⸗Jersey explodirte heute eine Quantität 
Fellonit, wobei 2 Personen getödtet, 18 verwundet 
ind 9 Gebäude zerstört wurden. 
F Das Testament eines Sonder—⸗ 
ings wurde Mitte Juni ds. Is. in Pittsburg 
Nordamerika) eröffaet und enthielt folgende merk⸗ 
vürdige Bestimmung über die Art, in welcher der 
Testator „beigesetzt“ werden wollte. „Ich will, 
daß meine Leiche nach der St. Michgelskirche ge⸗ 
zracht und nach der gehörigen Einsegnung meiner 
Familie übergeben werde. Diese wird lie nach 
SZamson's Verbrenn⸗Ofen führen, dort zu Asche 
jerbrennen lassen, diese Asche in ein kleines Fläsch⸗ 
hen einschließen und dem deutschen Konsul in 
Pittsburg ausfolgen. Dieser Gentleman wird 
dann meine Asche dem Konsul in Newyork schicken, 
velcher fie dem Kapitän des deutschen Dampfer— 
„Elbe“ in Obhut geben wird, der fie in seinem 
Schiffe für die Ozeanreise sicher aufbewahren wird. 
Mitten auf dem Ozean angelangt, ersuche ich den 
dapitän, einen der Passagiere aufzufordern, sich in 
Seemannstracht zu werfen, mit meiner Aiche in 
jeiner Hand die Spitze des Topmastes zu erklettern, 
und nachdem er den letzten Segen gesprochen, den 
Korkstöpsel von der Flasche zu ziehen und den 
Inhalt in alle vier Winde zu zerstreuen.“ 
Gemeinnütziges. 
— Um Kirschen laängere Zeit frisch auf⸗ 
ubewahren, fülle man sie, wie von sachverstäniger 
Zeite geschrieben wird, wenn sie eben reif vom 
Zaume gepflückt, in größere Flaschen, verschließe 
siese sehr gut und grabe sie ziemlich tief in die 
Erde ein. Auf diese Weise behandelte Kirschen 
varen zu Weihnachten noch frisch und wohlschmeckend. 
Nan wähle aber zum Aufbewahren nur Kirschen 
nit festem Fleisch 
Fur die Redaktion verantwortlich F. X. Demetz. 
Buxkin und Reeberzieherstosfe für 
derren⸗ und Knabenkleider, garantirt reine 
Wolle, nadelfertig, ca. 140 Centimeter 
breit ñ Mk. 2.35 per Meter, 
versenden in einzelnen Metern, sowie ganzen Stücken 
portofrei in's Haus Oettinger u. Co, Frankfurt 
a. M., Burkin⸗Fabrik⸗Depot. — Directer Versandt 
aAn Mripate. Muster-Collectionen hereitwilligst franco 
Augsburger 7 Fl.Loose. Die nächste 
Ziehung findet am 1. August statt. Gegen den 
roursverlust von ea. 135 Mark pro Stück bei 
er Auslcosung übernimmt das Bankhaus Carl 
Neuburger, Berlin, Französische Straßze 
13, die Versicherung für eine Prämie von 50 Pf. 
ro Stuͤck.