Full text: St. Ingberter Anzeiger

Auf einmal hieb sein Taglöhner mit der Sense an 
einen klingenden Gegenstand in einem Säckchen. 
Als das Säckchen geöffnet wurde, erblickte man 
neue blickende Zweimarlstucke mit dem Münzieichen 
G. aus dem Jahrgang 1876 mit der Umschrift 
„Wilhelm König von Preußen, Oeutsches Reich“, 
und zwar waren es 26 Stück sowie kleinere Theile 
don Blei und Zinn. Es find dies jedenfalls Falsi« 
filate des kürzlich verhafteten Falschmünzers Adolf 
Klein. Der Fund wurde dem Bürgermeisteramt 
übergeben. (G. Anz) 
— Grünstadt, 16. Juli. Der Stand der 
Weinberge ist in der ganzen Gegend im großen 
Durchschnitte ein überaus befriedigender, und darf 
manebei fortdauernder günstiger Witterung mit Zuver⸗ 
sicht auf ein reiches Herbstergebniß rechnen. (G. 3.) 
— Frankenthal. Herr Perron, Baritonist 
am Leipziger Stadttheater, ist zum Besuche seiner 
Eltern hier. Derselde, ein Liebling der Leipziger, 
sang in letzter Zeit mit bedeutendem Erfolg 
Wagner'sche Opern⸗Partien, und war es haupt⸗ 
sächlich die Nidelungen⸗Trilogie, in welcher derselbe 
großen Beifall erntete. Sollte ihm für die Bayreuther 
Aufführungen Urlaub bewilligt werden, so steht 
ihm für dort ein Engagement in Aussicht. Herr 
Perron bezieht gegenwärtig in Leipzig jährlich einen 
Behalt von 10.000 Mt. 
— Die diesjährige Approbation der Bader 
wird am 80. d. M. in der Kreis Kranken⸗ und 
Pflege⸗Anstalt zu Frankenthal stattfinden. 
Diejenigen, welche sich dieser Prüfung unterziehen 
wollen, haben sich an dem genannten Tage Morgens 
8 Uhr der Prüfungscommission besagter Anstalt 
dorzustellen und hierbei die in 8 27 der Allerhöch⸗ 
sten Verordnung vom 24. Juni 1884, die Ver⸗ 
hältnisse der Bader betr., vorgeschriebenen Zeugnisse 
vorzulegen. 
— Die in den katholischen Kirchen der Pfal z 
vorgenommene Collecte für den Bau eines Bet⸗ 
jgales in Uffenheim hatte ein Ergebniß von 1648 
M. 76 Pig. 
— Durch die Blätter ging dieser Tage die 
Notiz, daß die neuen Nickel-Zwanzigpfennigstücke, 
weil sie sich nicht bewährt hätten, wieder einge⸗ 
zogen werden sollten. Ein Münzforscher hat sich 
mit einer darauf bezüglichen Anfrage nach Berlin 
gewandt und von zuständiger Seite die Mittheilung 
erhalten, daß jene Nachricht durchaus unbegründet 
ist. Die Legirung der Zwanzig Pfennigstücke ist 
dieselbe wie die der Fünf-und Zehn⸗Pfennigstücke, 
so daß ein Schwarzwerden durchaus nicht zu be— 
ürchten ist. Besonders schön ist die neue Münze 
allerdings auch nicht. 
— — 
Vermisichtes. 
FSaarbrücken, 16. Juli. Der Pfalz— 
Saarbrücker Bezicksoerein deutscher Ingenieure 
macht am Sonntag den 24. Juli einen Ausflug 
mit Damen nach Neusitadt a. d. H. Abfahrt von 
Saarbrücken 6 Uhr 83 Min., Neunkirchen 7 Uhr 4 
Min. Vormittags findet die Besichtigung der 
Papierfabrik von Herrn Th. Knökel statt, nachmit⸗ 
tags eine Vereinssitzung zur Wahl der Delegirten 
für die vom 15. bis 17. Augustin Leipzig tagende 
28. Hauptversammlung, sowie zur Stellungnahme 
des Bezirksvereins zu den für die Hauptversamm⸗ 
lung vorliegenden Anträgen. Der übrige, dem 
Vergnügen gewidmete Teil des Tages wird sich 
vorausfichtlich recht angenehm gestalten. 
* München, 17. Juli. Se. kgl. Hoheit 
der Prinz-Regent ließ den Abgebrannten des Marktes 
Oberelsbach, Bezirks Neustadt q. d. S. die Summe 
von 3000 Mk. überweisen. 
x Eine prinzipiell waichtige Entscheidung hat 
das Landgericht Mümnchen vorige Woche getroffen. 
Der Zeitungsverleger Gg. Furch in München hatte 
in der von ihm herausgegebenen „Deutschen Zei⸗ 
tung in den Abonnementseinladungen Preisräthsel 
ausgeschrieben, deren Löser, insoferne sie fich als 
Abonnenten der betreffenden Zeitung für das zweite 
Quartal ausweisen konnten, je nach der Priorität 
der Einsendung — der Termin war der 15. April 
— Preise von 500, 300, 200, 100 Mk. erhalten 
sollten. Furch stand deßhalb wegen Veranstaltung 
einer Verloosung ohne erhaltene Genehmigung 
unter der Anklage des strafbaren Eigennutzes. 
Furch gab an, er habe keine Verloosung veran⸗ 
staltet, sondern nur eine Preisbertheilung; eine 
Verlosung sei vorliegender Fall ohnhin nicht, da 
die Gewinner nicht vom Zufall abhängig seien, 
jondern von einer geistigen Thätigkeit und der 
Prioritet der Einsendurg. Das Gercht erkennt 
ruf Freisprechung. In den Motiven wird hervor⸗ 
gehoben, daß zur Veranstaltung ver Lotterie die 
Thatsache gehöre, daß der Gewinn einen Einsatz 
erfordere und der Gewinn lediglich vom Zufall 
abhäagig sei. Jedoch um einen Zufall handelt es 
sich in diesen Preisauschreiben nicht, sondern um 
den Scharfsinn der einzelnen Leser und die schnellste 
Geistesthätigkeit. 
F(Mann muß sich zu helfen wissen.) 
Ein Munchener Ehegatte, welcher sich in Geldver⸗ 
legenheit befand, verfiel auf folgende originelle 
Idee, sich aus der Klemme zu ziehen. Er bestellte 
bei einem Konditor für den Geburtstag seiner 
Frau eine mit lauter neuen 20 Pfennig ⸗Stücken 
delegte Torte, welchem Auftrage auch pünktlich 
entsprochen wurde. Dem Manne war geholfen, 
der Konditor wartet ader heute noch auf Bezahlung— 
F Frankfurt, 15. Juli, Es dürfte nicht 
illein für Schützen, sondern auch für Militärkreise 
Interesse haben, vom Festschießplatze des 9. deut⸗ 
chen Bundesschießens zu vernehmen, daß ein 
ayerischer Schütze, der kgl. bdayerische Betriebs⸗ 
naschinenmeister A. Andert, mit einer früheren 
davallerie⸗-Sattel⸗Pistole, System Werder, mit ge⸗ 
vöhnlichem Abzug, d. i. ohne Dupfer, auf die 
Feldscheibe (8300 Meter Entfernung) auf 21 Schuß 
20 Punkte geschossen und fich damit im Wettkampfe 
mit dem Feuerstutzen eine Fesimünze herausge⸗ 
chossen hat. 
F Frankfurt a. M. 16. Juli. Aufsehen 
rregen hier die sich in letzter Zeit mehrenden 
Zelbstmorde. In verwichener Nacht erschoß sich 
auf freiem Felde ein junger Mann aus Liebes⸗ 
zram. Heute früh wollte fich ein junges Mädchen 
nus unbekannten Gründen ertränken und ebenfalls 
Jeute früh wurde ein älteres Mädchen aus dem 
Main geländet. 
fFOppenheim, 15. Juli. Geftern Abend 
ertrank beim Baden im Rhein in der Nähe der 
Kheinbleiche der 13jährige Sohn von H. Riedel. 
F Mainz, 18. Juli. Ein aufgefahrener 
Schleppkahn sperrt die Fahrstraße im Binger Loch 
eit Vormittag 11 Uhr. Das neue Fahrwasser 
oleibt frei. 
F Mannheim, 18. Juli. Ein schreclicher 
Unglücksfall hat fich heute Nachmittag ereignet. Auf 
Station Friedrichsfeld wurde ein Kondukteur des 
Main⸗Neckarzuges, welcher um 2 Uhr 48 daselbst 
rintrifft, von der Maschine erfaßt und sofort ge⸗ 
ödtet. Der Verunglückte stand seit 30 Jahren im 
kisenbahndienst. 
F Weißenburg, 15. Jul. Daß sich am 
Dienstag hier ein Hauptmann des hier garnisoni⸗ 
tenten Inf.⸗Reg. Nr. 60 erschossen hat, wurde 
hereits gemeldet. Derselbe heißt Küpper, war 
Rheinländer von Geburt und erst seit kuczer Zeit 
dier in Garnison. Er war verheirathet und hinter⸗ 
äßt außer der Gattin noch fünf kleine Kinder, 
vährend ein sechstes zu erwarten ist. Der Ver⸗ 
torbene war hier wegen seiner vortrefflichen Charak⸗ 
tereigenschaften bei den Kameraden wie bei der 
Bürgerschaft allgemein geachtet. Ueber die Gründe 
der verzweifelten Handlungsweise erzählt das Berg⸗ 
aberner Blättchen „T. f. d. S.“: Vor einiger 
Zeit wurde in den Lokalitäten der Brauerei Philippẽ 
ein Konzert abgehalten, dessen Dauer mit Erlauhniß 
der Kreisdirektion über die Feierabendstunde hinaus⸗ 
ning. Der in der Nähe dieser Wirthschaft wohnende 
Iberst und Regiments-Kommandeur, welchem das 
stonzert den Schlaf störte, verlangte gegen Mitter⸗ 
nacht die Einstellung desselben, und als diesem 
Zegehren keine Folge geleistet wurde, ließ er das 
janze Regiment alarmiren, dasselbe vor der Wirth⸗ 
chaft Aufstellung nehmen und durch die Spielleute 
olch kolossalen Lärm machen, daß von Fortsetzung 
)es Konzertes keine Rede sein konnte. Bei dieser 
nächtlichen Alarmirung soll nun der Hauptmann, 
jon welchem Eingangs dieses die Rede ist, wegen 
einer kleinen Verspätung bei der Aufstellung von 
»em Obersten vor dem versammelten Regiment eine 
Ztrafe diktirt worden sein, welche er sich so zu 
Zerzen genommen habe, daß er den verzweifelten 
Schritt that. 
2Aus Sachsen, 16. Juli. Ein schweres 
Gewitter das sich gestern Abend in der Umgegend 
von Zwickau entlud hat mehrere Menschenopfer 
gefordert. Der Blitz erschlug eine Mutter mit 
hrem Kinde, ein zweiter Strahl streckte eine auf 
dem Felde beschäftigte Frau todt nieder, während 
n derselben Gegend eine andere Frau betäubt und 
chwer verletzt wurde. Dasselbe Gewitter setzte ein 
JZauerngut und an einer anderen Stelle ein Stall⸗ 
gebäude in Flammen und schließlich wurde 
n der Stadt Zwickau selbst mehrfacher dich ude 
heblicher Schaden angerichtet. g un⸗ 
F Die illustrirte Zeitschrift „Universu 
in Dresden hatte im vorigen Jahre drei 9 
»on 4000, 2000 und 1000 Mark fur die de 
Rovellen und Humoresken ausgefetzt. An su 
Preiskonkurrenz waren 409 Manuskripte bdanr 
Den ersten Preis erhielt Arthur Freese in 
für seine Novelle Aus deutschem Haufe 
weiten Frau Clara Lauckner in Konigsberg 
dritte Preis fuür Humoresken wurde under * e 
sendungen von Hans Arnold in Berlin 
UImzug“ und von Geotg Le Mang in Reu r 
Leipzig vertheilt. Die sämmtlichen preisie 
Novellen erscheinen nun in der erwähnten * 
ttrixten Zeitschrift. 
F Neustadt, i. d. Lausitz, 18. Juli. En⸗ 
zrauenhafte Mordthat versetzt die hiesige Gegendin 
Uufregung. In er Nacht zum 9. Juli wuide der 
nicht unbermögende 60 Jahre alte kinderlose Wi 
wer, Schankwirth August Pietzschmann zu Lang⸗ 
hurkersdorf in der Gaststutze räuberisch, ulberfallen 
und ermordet. Die Kellerin welche bereits — 
zegangen war, erwachte durch das verdächtige Fe 
räusch und rief zum Fenster hinaus um Hilse 
alsbald sprang sie in ihrer Angst aus dem obere 
Ztockwerch auf die Straße hinaus, um in den 
nebenanliegenden Gasthause Hilfe zu holen. Au 
die Mittheilung, daß Räuber im Hause seien, hols— 
ziner der dort anwesenden Gaste sein Gewehr her 
zei und drang mit den übrigen Gästen auf di— 
Räuber ein. Vetztere feuerten mindestens zehn Re— 
olverschüsse auf ihre Angreifer ab; glückliche 
Weise traf keiner derselben, doch erhielt Gutsb 
itzer Hilme einen Schlag über den Kopf, infolg 
dessen er schwer krank darnieder liegt. Außer da 
Schießwaffen führten die Räuder Messer und Veil— 
dei sich. Der Mörder des Pietzschmann, Grün 
zeughändler Gustav Hermann Knecht aus Neustad 
vurde während der Affaire dingfest gemacht um 
der Staatsanwaltschaft zu Bautzen überliefert. Au 
nächsten Tage find auch seine Kumpane verhafte 
vorden. Es sind dies der Bruder des Voꝛge 
zannten, August Ernst Knecht. der Müllergeseh 
Schöne und Karl August Protze. Bei Ersteren 
vutde das Portemonnaie des Erwmordeten, be 
Schöne aber ein scharfgeladener Revolber, auch 
Blutflecken in den Kleidern vorgefunden. Da⸗ 
Zchankmädchen Bräuer, welches wesenlich zur Fest 
rahme. der Genannten beigetragen hat, leidet in 
Folge des Sprunges an innerer Verstauchung. 
F(n Spandau, ist dieser Tage beim 
. Garde⸗Regiment ein Unfall mit einem Repeli⸗ 
jewehr vorgekommen, indem bei Aofeuern emes 
SZchufses drei im Magazin des Gewehres befindlich 
Zatronen explodirten und das Magazin seldst aus 
inandersprengten. Durch die Metallsplitter wurd 
dem Unteroffizier die linke Hand schwer verltzt. 
F (Einen seltsamen Kranken) seellt, 
vie die N. A. Ztg. berichtet, Dr. Mendel am 
Mittwoch Abend in der Medizinischen Gesellschaft 
n Berlin vor. Der Patient, ein wohlhabende 
handwerksmeister, verliert des Morgens mit der 
Schlage 9 Uhr die Sprache und das Gehör und 
dleibt taubstumm bis zum anderen Morgen um 
Uhr. Von 6 bis 9 Uhr früh aber spricht und 
jört er wie jeder gesunde Mensch. Dieses Leiden 
ekam der Patient Ostern vorigen Jahres im An—⸗ 
chluß an einen epileptischen Änfall. Die geisttt 
Fassungsgabe des Patienten hat keineswegs gelitten 
er leitet sein Geschaft nach wie vor. Die Ursach 
zieses seltsamen Leidens ist, wie Professor Mende 
zetonte, nicht in der Hirnrinde, auch nicht in den 
als Sprach⸗ und Gehirncentren geltenden Stellen 
des Gehirns, sondern in einer Unterbrechung det 
deitungsbahnen der beim Sprechen und Horen be 
heiliggen Nerven zu suchen. Wenn man den 
Patienten an einer gewissen Sielle des rechten 
Handgelenks drückt, verfallt er sofort in Krämpfe 
—D——— 
rechten Oberarms, so hören die Krämpfe sofott auf 
Professor Mendel führte dieses Experiment zwr 
Mal aus, eine Erklarung dafür tkonnte et siu 
nicht geben. Den ganzen Krankheitskomplet be 
zeichneie er als Hystero⸗cpilepsie, die bei Frauen 
zfter, dei Mannern aber nur felten beobachtet wud 
Nur ein einziger Fall sei bekannt, der dem 
stellten Kranlen entspreche. Obwohl dieser gFau 
sleich vielen Nervenleiden so dunkel ist, hofft Preo 
essor Mendel, doch denselben zur Heilung bringe 
u koönnen.