Full text: St. Ingberter Anzeiger

zeberische Gegenmaßnahmen wünscht. Die Ge⸗ 
sammizahl der dem Fabriken⸗Inspektor unterstellten 
Arbeiter bezifferte sich auf 28.977, worunter 6509 
wveibliche und 3000 jugendliche. Die Einrichtung 
der Fabriken⸗Inspekten findet fortgesetzt mehr Ent⸗ 
gegenkommen, sowohl bei den Arbeitgebern als auch 
bei den Arbeitern, vornehmlich bei letzteren. In 
Kücksicht auf den Kellereibetrieb in den Weinbau⸗ 
bezirken u. s. w. spricht sich der Bericht für den 
Wegfall derjenigen Bestimmung des Unfallversicher⸗ 
ungsgesetzes aus, wonach Kellereibesitzer angehalten 
sind, Küfer, welche im Dienste und Auftrage ihrer 
Meister vorübergehend in der erstern Keller beschäf⸗ 
tigt sind, zu versichern. An Wein wurden im 
vorigen Jahre nur 130,522 Hettoliter geerntet 
gegen 336,274 im Voijahre; der Ausfall war 
demnach ein sehr bedeutender und das Ergebniß 
der Menge nach das kleinste der 80er Jahre. 
Ebenso war an Tabak eine Minderernte zu ver⸗ 
ʒeichnen, indem nur 5,088,735 Kilogramm oder 
340,000 Kilogramm weniger als 1885 gewonnen 
wurden.“ 
— Aus der Pfalz, 19, Juli. Von Seiten 
des pfälzischen Kreislehrervereins wird die am 80 
und 31. August und 1. September d. Is. in 
Regensburg stattfindende Jubelfeier des 25jährigen 
Bestehens des bayerischen Volksschullehrervereins 
durch die Herren Heinrich Krebs, Lehrer in Neu— 
stadt, und Daniel Börtzler, Hauptlehrer in Kaisers— 
lautern, beschickt werden. Der erste Vorstand des 
pfälzischen Kreislehrervereins, Herr Seminarlehrer 
Karl Hildebrand in Kaiserslautern, nimmt als 
Mitglied des erweiterten Hauptausschusses ebenfalls 
Theil an den Verhandlungen. 
— * Ueber die auch von uns erwähnten Gerüchte 
bezüglich auffallender Vorlommnisse bei der Fahrt 
des Kaisers über die Linie Mainz-Darmstadi 
schreibt man der Kölnischen Zeitung: Die Ange⸗ 
legenheit hat zu einer Untersuchung durch den 
Frsten Staastanwalt von Darmstadt geführt. 
Grund zu den außergewöhnlichen Vorkehrungen, 
welche in der That in einer strengen Ueberwachung 
und Besetzung der Strecke durch Bahn- und Polizei⸗ 
personal, Vorfahren eines Leerzuges u. s. w. be⸗ 
standen haben, war die Beschlagnahme eines Zettels 
zu Groß⸗Gerau in der Wohnung eines dortigen 
Arbeiters, worin die Zeit der Durchfahrt unter 
anscheinend verdächtigen Worten angegeben war. 
Dieser Zettel war aber, wie jetzt feststeht, Hhöchst 
harmloser Natur, ein Lokalberichterstatter hatte ihn 
für eine dortige Zeitung auf deren Anfrage ge⸗ 
schrieben, und der Träger hatte ihn am unrechten 
Platze liegen lassen. Was sonst in einzelnen 
Blättern über Verhaftungen in Groß-Gerau und 
deraleichen geschrieben wird, ist ganz unbegründet. 
— In Kaiserslautern ist durch einen 
neulichen Ortspolizeibeschluß Werk und Sonntags⸗ 
oder Fortbildungsschülern verboten worden, an 
Bahnhöfen, auf öffentlichen Straßen und Plätzen 
jhre Dienste anzubieten. 
— In Germersheim geht das Gerücht, 
daß demnächst auch das 2. Bataillon des 2. Fuß⸗ 
Artillerie-Regiments nach Meztz verlegt werden soll. 
An maßgebender Stelle ist von einer solchen Dis⸗ 
location nichts bekannt; die Nachricht scheint auch 
sonst wenig glaublich, da sich eine Festung ohne 
Artillerie doch nicht gut denken läßt. 
— Speyer, 20. Juli. Se. Excellenz Herr 
Regierungspräsident v. Braun ist vom Direktorium 
der „Deutsch⸗nationalen Künstgewerbe-Ausstellung“ 
zum Mitgliede des Central⸗Comites dieser im Jahre 
1888 in München stattfindenden Ausstellung er⸗ 
wählt worden. 
—-Speyer, 20. Juli. Seconde⸗Lieutenant 
Firnhaber vom kgl. 1. Ulanen-Regiment, gegen⸗ 
wärtig zu den Pionierübungen nach hier comman⸗ 
dirt, ist Nachts um 1292 Uhr aus einem Fenster 
im zweiten Stocke des Hotels „Pfälzer Hof“, wo 
er Wohnung genommen hatte, auf die Straße ge⸗ 
stürzt und hat alsbald seinen Tod gefunden. Der 
berhängnißvolle Sturz soll, wie die „Sp. Z.“ hört, 
dadurch herbeigeführt worden sein, daß der junge 
Ofsizier, der im Halbschlaf seinen Namen rufen 
hörte, diesem Rufe Folge leistend sich zu weit über 
die Fensterbrüstung gebeugt und das Gleichzewicht 
nerloren hat. 
— In der Zeit vom 8. bis 11. August werden 
bei Speier durch die Pionierkompagnien aus 
Speier und Germersheim Brückenschlage über den 
ganzen Ryeir ausgzeführt. 
— Frankenthal, 19. Juli. An einem 
Zaume im freien Felde erhängte sich gestern 
er Ackerer Jakob Knobloch von Orbis. 
Vermischte. 
München. Ueber die Vereinsmeierei in der 
ayerischen Hauptstadt macht ein hiefiges Blatt 
ußerst erbauliche Mittheilungen. Nicht weniger 
ils 1165, sage mit Worten, „Eintausendeinhundert ⸗ 
fünfundsechzig“ Gesellschaften und Vereine find bei 
der Polizeidirection angemeldet. Auch dort hat 
non sich in der Wahl geschmackvoller und sinniger 
Zereinstitel anerkennenswerthe Mühe gegeben. 
Da giebt es: „raßkrugia,“ „Die Durstigen,“ 
die „Feuchte Einigkeit,“ die „Nasse Klause,“ 
G'spunts,“ „Sumphia,“ „Katerclub“ „Muhia,.“ 
‚Fade Wurzen,“ „Leerplauderverein,“ „Gmoa⸗ 
sumpl-boam,“ „G'moa halt's enk zamm,“ „Lapp⸗ 
länder“ und „Kameruner“ ꝛc. ꝛc, Selbst die Reichs⸗ 
hauptstadt steht mit ihren 900 Vereinen hinter 
München zurück. 
F'Weilheim, 17. Juli. Ein theures Brod.) 
Dieser Tage schürte die Ehefrau eines Bauern von 
dabach den Backofen zum Brodbacken an; bis der 
Zauer es bemerkte, waren die im Ofen versteckt 
jewesenen ca. 83000 Mt. (in Banknoten) bereits 
ein Raub der Flammen geworden. 
FFrankfurt a. M. Eine hiesige Familie 
Jatte gelegentlich der Schützenfestfeier den Eingang 
zju ihrer Wohnung mit allerlei alten Waffen und 
dergi. geschmükt, welche Gegenstande aus dem 
Nachlasse des vor längerer Zeit verstorbenen Vaters 
der Hausfrau in den Besitz der letzteren gelangt 
waren. Nach Wegräumung der Decoration über⸗ 
ließ man einen alten Frankfurter „Graumanner— 
Tzako“ den Kindern zum Spielen, Letztere hatten 
zald den Deckel dieser Kopfbedeckung abgerissen und 
eigten nun ihrer Mutter allerlei Papiere, welche 
sie aus der entstandenen Oeffnung hervorlangten. 
Als man hierauf den Tzako näher untersuchte, er⸗ 
zab es sich, daß der Deckel desselben doppelt war 
ind die Papiere, welche die Höhlung enthielt, 
Werthpopiere im Betrage von mehreren tausend 
Thalern repräsentirten. Die Frau erinnerie sich 
aun, daß ihr Vater, der sie kurz vor seinem Tode 
zu sich kommen ließ, aber nicht mehr die Kraft 
hatte, Verständliches zu sprechen, wiederholt nach 
einem Kopf gedeutet hatte. Bald darauf war er 
derschieden. Werthvolles hatte man damals unter 
dem Nachlasse des Verstorbenen nicht vorgefunden, 
und auch eine Untersuchung, welche man gegen die 
damalige Pflegerin desselben eingeleitet hatte, war 
resultatlos geblieben. Offenbar hatte der Sterbende 
einem Kinde den Ort angeben wollen, wo er sein 
Held verborgen hatie, es aber nicht mehr ver⸗ 
nochte. 
F Als Spion verfolgt. Ein Geschäfts⸗ 
nann aus Mühlhausen schreibt der „Neuen Mül⸗ 
jauser Ztg.“ was folgt: „Ich reiste am 12. Juli 
aach Frankreich, um die Jahrmärkte von Delle und 
im 13. Giromagny zu besuchen. Am 14. war 
ch in Belford bei dem Nationalfeste, wo ich Bilder, 
die französische Republick darstellend, verkaufte. 
Als ich gegen Abend in die Concerthalle Gotten⸗ 
ieny, Fauburg de France, kam, ging ich auch an 
inen großen runden Tisch, wo etwa 15 franzö⸗ 
ische Artillerieoffiziere saßen, und bot ihnen meine 
Paaren an. Da fragte mich einer, da er hörte, 
zaß ich nicht gut französisch spreche, was ich für 
in Landsmann wäre; ich gab zur Antwort, ich 
ei ein Elsässer, von Mülhausen. Ein Mülhauser, 
»er im Lokal war und dies hörte, rief aus dem 
dintergrunde: „Es ist ein Badenser, der Sohn 
ines Beamten, ein Spion!“ Im Nu war ich 
»on den Offizieren mit gezogenen Säbeln umringt, 
velche mir bei den Worten: „Pntavant, un espion 
Ilemand!“ die Aermel von Rock und Hemd, 
owie alle Knöpfe von den Hosen abrissen. Ich 
jatte meine große dänische Dogge bei mir, und 
zur ihr verdanke ich, daß ich nicht in den Händen 
der Wütheriche umkam, indem dieselbe einen Offi⸗ 
sier, der mich angefaßt hatte, zu Boden warf und 
inen zweiten zu Fall brachte, sodaß ich, durch die 
Thüre flüchtend, in die Schweizer⸗Brauerei gelangte, 
vo mich der Wirth rettete, bis die Polizei kam 
zie mich in ein Loch sperrte, das aller Beschreibung 
pottet. Dort blieb ich 18 Stunden lang, bis ich 
»ann von einem Ort zum andern geführt um als 
Spion der Militärbehörde, sowie dem Prokurator 
vorgestellt zu werden. Meine Wohnung, meine 
dleider, alles wurde durchsucht. Sogar falsche 
Zeuger wollten mich auf den Fortse gisehen haben; 
iber ich konnte mein Alibi nur zu gut nachwei 
uind strafte dieselben Lugen. Ich wurde dn 
endlich nach viertägiger, unmenschlicher vehanen 
an die Grenze gebracht. Zum Schluß waren ung 
Dda die Offigiere mir dieselben wegnahneir 
en 
noch 21 Bilder abhanden gekommen. dersm 
große Lorbeeren, welche die franzofischen Offi n 
zrringen, wenn sie zu Dutzenden einen —** 
Mann angreifen.“ Leben wir denn wirklich * 
im Frieden mit Frankreich? at 
Trier, 19. Juli. Der Bau der Hochweld 
habn Trier · Hermesteil ist schon weit dornen 
chritten. Auf der Strecke Trier⸗Sommerau * 
Bahnkörper größtentheils fertig gestellt und fün 
zrücken, prächtige Bauwerke aus Kalk⸗, Sand 
zchiefersteinen sind vollendet. Eine hat * 
gogenweite von 100 Fuß und eine Hoͤhe 7 
5 Meter über dem bisher höchsten Wasserstand 
Im Ganzen kommen 20 Brücen über die Ruwa, 
Die ganze Länge der Bahn, die bis zum Ausgam 
es Thales der Ruwer folgt, beträgt 51 —e 
hre flärkste Steigung ist 1,65, ihre durchschnituic 
,75. Ihr höchster Punkt bei Höfchen, ein 
Ztunde von Hermerskeil, liegt 580 Meter über din 
Imsterdamer Pegel und 400 Meter über Triet 
F Das Lob der Schwiegermürtet 
die Berliner Wochenschrift „Echo“ hat, wie wi 
neulich im „St. Ingb. Anz.“ mittheilten, einen 
ẽhrensold von 20 Mk. für denjenigen ausgeseßn 
zer in 8 gereimten Drucheilen am schlagendsen 
»en Werth der Schwiegermütter preist. Auf diese 
Breisausschreiben erhält das „Echo der Gegenwart 
don einem Herren aus Düren, welcher des Glaubent 
var, dasselbe sei von dem Aachener Blatte ausge 
zangen, nachstehende —A— zugesandt: 
„Will man im Hause Ordnung halten, 
Laß man die Schwiegermutter walten. 
Sie macht den Kaffee nicht zu klar, 
Sie kocht das Essen zeitig gar. 
Ist mal der „Himmel nicht ganz heiter, 
So dient fie uns als Blitzableiter! 
Und ist ein kleiner Schreihals da, 
Ist unentbehrlich Großmama.“ 
fDüsseldorf. Eines Tages fand zu 
Dderendorf ein von einer Gesellschaft veranstaltete 
Zreiskegeln statt. Der Kegeljunge war angewiesen 
zie Kegel mit einem Bindfaden umzuziehen, wenn 
»as „Haupt“ der Gesellschaft warf, was der Kegel⸗ 
unge auch pflichtschuldigst that. Gegen dieses 
daupt und seinen Gehülfen war infolge dessen 
sie Anklage wegen Betrugs erhoben. Die hiesige 
Ztrafkammer verurtheiltejErsteren zu einem Monat, 
den Gehülfen zu vierzehn Tagen Gefängniß. 
F Grellmanns StrichziehApparat. 
diese neue Erfindung, Grellmann's Patent-Strich 
zieh Apparat, bietet den Malern, Tünchern, Bau⸗ 
Jewerken, Maurern ꝛc. folgende große Vortheile: 
J. Das bisherige Absetzen und Abschnüren fäll 
ollständig weg, da der Apparat gleichmaßig um 
die ganze Decke herumzieht, wenn man nur an 
einer Stelle abgesetzt hat. 2. Man ist nach kurzer 
lebung im Stande, nicht nur einen, sondern meh⸗ 
tere Striche gleichzeitig zu ziehen. 3. Es wird 
ein Lineal gebraucht, auch das lästige Tropfen“ 
und „Herablaufen“ der Farbe am Arm fällt ganp 
iich fort. 4. Man zieht mit diesem Appatut 
)erartig schnell, daß dieselbe Arbeit, zu welche 
nach jetziger Methode ein halber Tag nöthig is 
»equein und ohne Anstrengung in einer halben 
Stunde zu liefern ist. Man kann die kreisfor⸗ 
migen Linien um die Rosette mit einer Leichtigkeit 
iehen, wie man sie bis jetzt noch nicht kannte. 
5. Dieser Apparat handhabt sich infolge seiner 
braktischen und einfachen Konstruktion, und de 
Herselde nicht schwer ist, äuherst bequem Hund leich— 
Bei diesen großen, jedem Fachmann sofort in die 
Augen fallenden Votzügen ist der Preis für diesen 
Strichziehapparat von 15 Mt. pro Stücd ein garh 
geringer zu nennen und so berechnet, daß jeder 
Neister und Gehülfe im Stande isft, sich denselben 
inzuschaffen und sich von dem Vorgesagten zu über 
seugen. Reparaturen kommen kaum vor, da jeder 
Apparat nur aus bestem Material hergeftellt wird. 
Zu beziehen ist dieser Apparat, welchem Gehrauchs 
inweisung beiliegt, vorerst nur durch die Lack und 
Farbehbaadiung Veuhoid u. Wildner, DresdenR. 
— Ind. Bl. — 
Berlin, 18. Juli. Der Afrikareisende 
Bißmann ist der „Voss. Zig.“ zufolge, nachrn 
nan sieben Monate lang nichts von ihm geht 
satte, von einem Schiffszimmermann Buschlag se 
eaitet. im besten Wohlsein am Tanganikasee ein