Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.AM 60 einschließlich Träägerlohn; durch die Poft bezogen 1.M 75 4, einschließlich 
84 Zuftellungsgebn hr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Vfalz 10 S, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 5, Neklamen 80 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
146. 
Dienstag, 26. Juli 1887. 
22. Jahrg 
ut 
Bestellungen? 
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uf den „St. Ingberter Anzeiger“ für die 
stönete August und September werden 
ngenommen von den Postanstalten, den Postboten, 
Umträgern und der Expedition. 
der französische Mobilisierungs— 
Versuch. 
Kaum ist von den französischen Kammern das 
projelt der Probemobilmachung eines Armeekorps 
um Beschluß erhoben und schon beschäftigt sich der 
hroße Generalstab in Paris mit den Vorbereit⸗ 
ungen für Durchführung des Experiments, welches 
innen einigen Wochen, während der Herbstmanöver, 
ns Werk gesetzt werden soll. In Ansehung der 
Mobilisierung und Konzentrierung der Truppen 
werden den Kommandanten der Rekrutierungs⸗ 
zureaur und den Bezirkskommandeuren der Terri⸗ 
potialormee sehr ausführliche Weisungen versiegelt 
zugehen, die erst zu einem bestimmten Zeitpunkte 
roͤffnet werden dürfen. Dasselbe gilt von den 
p.quisitionsbureaux hinsichtlich der Aushebung der 
hferde, Maulthiere, Fuhrwerke und Fuhrleute, deren 
man für die Dauer des Experiments benöthigt. 
die Infanterie und Kavallerie und die korrespon⸗ 
iccenden Territoxialregimenter werden zur For⸗ 
nierung gemischter Regimenter herangezogen werden, 
vie solche im Kriegsfalle vorhanden sein müßten. 
Ulle hinzutretenden Betriebe, Train. Verpflegung, 
Telegraphie 2c,, werden ebenfalls mobilisiert und 
auf vollem Kriegsfuße organisiert. Den Korps-, 
dibisions und Brigadestäben liegt die Formierung 
set taktischen Kampfeinheiten für alle Waffen- 
rattungen ob. 
Nach den Meldungen militärischer Fachblätter 
der Etappendienst schon jetzt imstande, die ihm 
n Kriegszeiten obliegenden wichtigen Funktionen 
u versehen. Die Generaldirektion der Eisenbahnen 
wifft gleichfalls ihre Bestimmungen behufs Mobili⸗ 
irrung derjenigen Bediensteten der Eisenbahngesell 
dhaften, welche im Kriegsfalle zu den techmschen 
Settignen eingezogen werden würden. Die Minister 
ves Kritgs⸗, Arbeits·, Ackerbau⸗ und Finanzressorts 
derden alsbald Konferenzen abhalten, um eine 
derständigung zu erzielen betreffs des Transports 
net Truppen, des Materials und der Vorräthe mit 
der Eisendahn, dem Land⸗ und wo nöthig dem 
Vesserwege, sowie betreffs provisorischer Kriegs⸗ 
tereitstellung der Forsthüterkompagnien, der Militar⸗ 
Lelegraphenfektionen der Feldpostmannschaften, 
wie eintretendenfalls der etwa zu mobilisietenden 
duuanekompagnien. Es wird ausdruglich bimu. 
rfügt: eintretendenfalls“, weil das zu mobili⸗ 
itende Armeekorps noch nicht designiert ist, daher 
uch ein solches dezeichnet werden bonn, in dessen 
iehon keine Douanekompagnie aufzustellen waͤre 
ESs würde zu weit führen, wollten wir an diefer 
dtele auf alle die zahlreichen Einzelheiten näher 
anehen, die in dem don den franzofischen Fach— 
lttern mitgetheilten Mobilisierungsprogramm auf⸗ 
Wzahlt find; es heißt, daß der Kriegsminister 
LSentral Ferron in den Erfolg des Unternehmens 
großes Vertrauen setzi. „Hoffen wir“ — so 
ußt es am Schlusse der bezüglichen Mittheilungen 
p * dieses Vertrauen nach 17 Jahren der 
idereitung kein leeres sein werde.“ 
ngen den deutschen Blättern, welche den fran⸗ 
oiischen Mobilmachungsberjuch zum Gegenslande 
hrer leitenden Betrachtungen machen, schreibt das 
„Leipziger Tageblatt“ u. a.: 
„Bei dem französischen Mobilmachungsversuch ist 
ein praktischer Zweck nicht vorhanden, er betrifft 
aicht einen gefährdeten Theil des Landes, sondern 
die Gefahr ist eine rein theoretische, wie schon aus 
der Beschränkung der Maßregel auf ein Armeekorps 
ersichtlich ist. Der Grundgedanke ist zwar eine 
Probe für den Rachekrieg gegen Deutschland, aber 
er Versuch darf seine Spitze nicht gegen die deutsche 
Brenze kehren, sonst würde eine entsprechende Gegen⸗ 
naßregel auf deutscher Seite unausbleiblich sein, 
chon wegen der seit langer Zeit bestehenden Span⸗ 
rung zwischen den beiden Nachbarreichen. Es steht 
a auch bereits fest, daß die Maßregel in einem 
vestlichen oder südlichen Departement zur Ausfüh⸗ 
zung kommen soll, also gegen einen Feind, der 
uur in der Einbildung vorhanden ist. Dadurch 
»ekommt die ganze Sache den Charakter einer 
ostspieligen und zweckkosen Spielerei, welche nur 
VBerwirrung und Verkehrsstörungen zu schaffen, aber 
eine Probe für den Ernstfall abzugeben geeignet 
st. Darin stimmen denn auch die Urtheile der 
nilitärischen Gegner des Mobilmachungsversuches 
überein, und darum hofften sie noch bis zum letzten 
Augenblick, daß der Versuch unterbleiben würde. 
Es ist nicht anzunehmen, daß die volle Wahrheit 
über den Erfolg oder Mißerfolg des Versuches im 
lusland bekannt werden wird, aber wenn es ge⸗ 
chieht, so ist es nur denkbar bei einem im ganzen 
zünstigen Ausgange. Für Deutschland kann es ja 
nur sehr wünschenswerth sein, wenn bei dieser Ge⸗ 
egenheit die schlimmsten Mängel der französischen 
Armeeverwaltung zutage treten, dann würde 
wenigstens das Rachegeschrei für einige Zeit ver⸗ 
tummen; aber die Franzosen werden sich wohl 
hüten, derartige Schwäche einzugestehen. Besonders 
zroß ist das Vertrauen der militärischen Autoritäten 
runicht, wie die Einwände dts Generals Arnaudeau 
ind die Haltung des Marschalls Canrobert im 
SZenat gezeigt haben.“ 
Und zum Schluß: „Im ganzen ist der Ein⸗ 
)xuck des gegenwärtigen Zustandes der französischen 
Armee kein besonders günstiger; der Verlauf des 
Feldzuges in Tonking, sowie die Berichte Sachver 
tändiger über die Leistungen der Armee im 
Frieden lassen erkennen, daß die Ueberhebung und 
stuhmredigkeit der französischen Truppen zwar 
roße Fortschritte gemacht haben, daß aber ihre 
kriegstüchtigkeit begründeten Zweifeln unterliegt. 
Unter diesen Umständen können wir dem Mobil⸗ 
nachungsversuch mit vollster Ruhe entgegensehen.“ 
Deutiches Reich. 
München, 25. Juli. Hr. Generallieutenant 
yon Muck, Inspekteur der Artillerie und des Trains, 
jat sich heute nach dem Lechfeld begeben. 
Muünchen. 25. Juli. Die Minister v. Lutz 
und v. Crailsheim werden den Reichskanzler Fürsten 
Bismarck in Kissingen hesuchen. 
Frankfurt a. M., 24. Juli. Die heute 
hier versaramelten deutschen, österreichischen und 
ichweizerischen Kammgarnspinner haben vorläufig 
davon abgesehen, bindenden Beschluß wegen Ab— 
lürzung der Arbeitszeit zu fassen. 
Berlin, 24. Juli. Hier treffen Nachrichten 
aus Bulgarien ein, die besagen, daß die Regent⸗ 
schaft den Thron dem Herzog von Alençon an⸗ 
zragen wolle. 
Berlin, 25. Juli. Die Zusammenkunft des 
daisers von Oesterreich mit dem deufschen Kaiser 
Wilhelm in Gastein gilt als feststehend. Kaiser 
Franz Josephh wird am 6. oder 7. August dort 
einrreffen und gedenkt zwei Tage bei Kaiser Wil— 
helm zu bleiben. 
Ause land. 
Wien, 24. Juli. Prinz Ferdinand von 
xFoburg soll jetzt erwägen, ob er sormell abdanken 
nüsse, oder ob für ihn ein Hinweis auf seine bedingte 
Erklärung bei der Annahme seiner Fürstenwahl 
gzenüge, um ihn frei zu machen. Die Entscheidung 
oll in den nächsten Tagen erfolgen. 
Bukarest, 24. Juli. Aus Sofia hier ein⸗ 
jelangte diplomatische Meldungen besagen, daß in 
Deputirtenkreisen die Hoffnung auf den Regier⸗ 
ungsantritt des Prinzen Ferdinand 
zänzlich geschwunden sei. In Sofia herrscht all⸗ 
jemein die Besorgniß, daß in der Armee die 
Ausführung eines Hauptschlages reife, 
purch welchen die unerträgliche Situation einen 
zänzlichen Umsturz erfahren und die Gtoßmächte 
zor die Entscheidung über die Fragen gedrängt 
verden sollen, ob der Berliner Vertrag nicht schon 
zurch den russischen Gewaltsakt an dem Fürsten 
Alexander hinfällig und nicht mehr bindend für 
Zulgariens Entwicklungen geworden sei. 
Paris, 23. Juli. Der Kriegsminister be⸗ 
uchte heute die Kri gsschule zu St. Chr und hielt 
»abei eine Rede, in welcher er der Ueberzeugung 
Ausdruck gab, daß die aus der Schple hervorgehen⸗ 
den Offiziere sich ihrer Vorgänger würdig erweisen 
würden. Es sei nothwendig, daß man jenseits der 
Grenzen wvisse, daß die französische Nation nicht 
entartet, sondern zu allen Mühen und Opfern be⸗ 
reit sei, um ihre Würde und Ehre zu wahren. 
Paris, 24. Juli. Gutem Vernehmen nach 
vürde der Mobilisirungsversuch bei dem 
19., 11, und 12. Armeekorps gemacht werden, 
deren Generalkommandos sich in Rennes, Nantes 
und Limoges befinden. 
Paris, 26. Juli. Der französische Botschafter 
in Berlin, Herbette, wird gegen Ende des Monats 
in Paris erwartet. Ec wird 6 Wochen in Frank- 
reich bleiben. 
London. Der „Standard“ bemerkt über 
das Bündnis zwischen Deutschland und Oesterreich⸗ 
Ingarn: „Das Bündnis zwischen den beiden 
Kaiserreichen ruht auf einer zu festen Grundlage, 
als daß es durch die Windstöße, welche von Zeit 
zu Zeit über die politische Bildfläche Europas 
fahren, berührt würde. Die Allianz ist während der 
letzten Jahre wiederholt auf die starkste Probe ge⸗ 
ttellt worden und hat dieselde bestanden, ohne das 
zeringste Symptom der Verminderung der Festig⸗ 
leit zu verraten. Dieses Resultat wäre unmöglich, 
venn nicht das Einverständnis der Mächte auf 
ndentischen Interessen beruhte, welche, soweit der 
„Azolitische Blick reicht, es permanent sind. Es ist 
erstaunlich, wie wenig sich die politische Situation 
eit Abschluß des Berliner Vertrages vor neun 
Jahre geändert hat. Neun Jahre sind eine be⸗ 
rrächtliche Zeit, und in der Geschichte Europa's 
hat unendlich viele male eine kürzere Periode ge⸗ 
nügt, um die Schicksale der Länder und ihre gegen⸗ 
seitigen Beziehungen umzugestalten. Seit 1878 
aber haben wir nur momentane Drehungen der 
politischen Wetterfahne gesehen, und sie ist immer 
auf ihren alten Standort zurückgeschwungen. Die 
Arsache dieser tief eingreifenden Stabilität der 
ꝛage ist in der Nothwendigkeit zu suchen, in welche 
wei Militärmächte Minttel-Europas versetzt sind,