Full text: St. Ingberter Anzeiger

Petersburg, 2. Aug. Die rufssische Presse 
ist einig in der Anschauung, daß der Tod Katkowẽ 
gerade im jetzigen Moment ein unersetzlicher Verluß 
fur Rußland sei. Kattows Hauptverdienst sei, daf 
die Außere Politik Rußlands mehr von nationalem 
Beist durchdrungen sei; diese nationale Richtung 
habe er allmälig, aber konstant gefestigt. Es wird 
ferner hervorgehoben, daß Katlono niemals ge⸗ 
schmeicheit hade, oft sei er nur, seiner eigenen 
eberzeugung folgend, allein gegen die gesamte 
offentliche Meinung aufgetreten, indem er sich, als 
Publizist, weniger an letztere, als an die Regierung 
wendele. Sein Tod entreiße Rußland einen, Central · 
geist,.“ um welchen sich in kritischen Momenten die 
Vertreter der gesunden öffentlichen Meinung schartten. 
Natkow habe öfters geirrt, doch sei er selbst bei 
seinen Verirtungen groß geblieben. Daß er stets 
nach seiner innersten Ueberzeugung gehandelt, be⸗ 
weise der Frontwechsel des fruͤheren Verfechters 
des; Zusammengehens mit Deutschland, sobald ex 
erkannt, daß die deutsche Politik Rußland feindlich 
sei. Erst Katlow hade die rußssische Presse zur 
wirklichen Vertreterin der öffentlichen Meinung in 
Nußland gemacht, welches Verdienst auch vom 
Throne anerkannt sei. Die Petersburgskija Wie⸗ 
domosti“ ist heute mit einem Trauerrand erschienen 
die anderen Blatter uicht. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Zweibrücken, 5. August. Sämmiliche 
25 Schüler der Oberklasse des Gymnafiums haben 
das Absolutorium bestanden. Daselbe fand gestern 
mit der mundlichen Prüfung seinen Abschluß. — Die 
8 Schüler der Odberklasse unserer Realschule 
haben das Reifezeugniß erhalten. (3. T.) 
— Kaiserslautern, 2. Aug. Am Sonn— 
tag den 14. August findet im Rittersaale der alten 
Pfalz hierselbst der Delegirtentag des pfaälzischen 
Gewerbebereins Verbandes statt. Die Tagesordnung 
ist wie folgt festgesetzt: „Die Reorganisation des 
Patentwesens“, Referent: Herr Kommerzienrath 
Euler, Kaiserslautern. „Die korporative Beschickung 
der allgemeinen deutschen Kunstgewerbe⸗Ausstellung 
zu München im Jahre 1888 durch die pfälzische 
unstindustrie“, Referent: Herr Direktor C. Spatz 
sKtaiserslautern. „Die Erwirkung eines Vorzugs- 
rechtes der Baubandwerker an ihren Arbeiten“, 
Referent: Herr Vorstand Guth, Neustadt a. H— 
Verschiedene Wünsche und Auträge. Die Verhand— 
lungen beginnen um halb 11 Uhr Vormittags. 
— 31 Altlußheim ist der Vater,. ein 
englischer General, des am Sonntag erieunkenen 
18jahrigen Engländers, der bei Pfarrer Zimmer⸗ 
mann in Pension war, angekommen. 
— Speier, 3. Aug. Die Namen und Ge⸗ 
burtsort der in diesen Tagen die hiesige Lehrer⸗ 
bildungsanstalt veranlassenden Schuldienstexspektanter 
sowie der drei Schulschwestern sind folgende: Beck 
St. Ingbert, Becker-Hahnweiler in der pr. Rhein 
provinz, Kammisar⸗ Rheinzabern, Dodendorf 
Edenkoben, Eberle⸗Kandel, Fischer⸗Schifferstadt, 
Hautz Niederwürzbach, Heck Mundenheim, Henrich⸗ 
St. Ingbert, Kiefer⸗Ranschbach, Kihlmeyer⸗Dern 
bach, Kuhn⸗Esthal, Leiniger⸗Clausen, Lohr⸗Berg. 
Münch⸗Neukirchen, Reichling Germersheim, Reiland⸗ 
Kindsbach, Riesbeck-Erfweiler, Rödel Ramsen. 
Rossel⸗Hallgarten, Sattler⸗Klingenmünster, Scheidel⸗ 
Sembacher Ziegelhütte bei Kaiserslautern, Schneider⸗ 
Imsheim, Siopp⸗Ballweiler, Weigel⸗Niederotter⸗ 
bach, Wilhelm Nodalben, Wingerter Maikammer, 
ee Anna Diehl Eppstein, Emilie 
Frey⸗Speier, Helene Fetterol⸗Annweiler. 
— Speler, 3. August. Heute Vormittag 
wurde das Resultat der vorgestern und gestern 
stattgefundenen Aufnahmeprüfung in den ersten Semi⸗ 
narkurs der hiesigen Lehrer⸗Bildungsanstalt bekannt 
gegeben. Der Prüfung unterzogen sich 12 Prä— 
paranden der hiesigen Anstalt, 11 aus der Prapa— 
randenschule Blieskastel, 2 aus Kirchheimbolanden, 
1 aus Edenkoben, im Ganzen 26 gegen 33 im 
Vorjahr. Die Aufnahmeprüfung haben 24 Zög 
linge bestanden, 2 fielen durch. (Kur.) 
Vermischtes. 
F Mit Recht warnen die Aerzte bei dieser 
heißen Jahreszeit dringend vor dem Genuß allzu 
kalten Bieres, namentlich vor dem Bier auf Eis, 
wie man es in neuester Zeit häufig erhält und 
bei großem Durst nur gar zu gerne trinkt. Es 
entbehrt, da es keine Kohlensäure entwickelt, des 
rechten Geschmackes und ruft die schlimmsten Ma— 
renleihen herbyor. Uher mesche alle Welt klaat und 
fast zur Modekrankheit geworden sind. Namentlich 
Reisende auf den Bahnhofen mögen sich vor solchem 
Bier in Acht nehmen, das oft um so schaͤdlicher 
wirkt, weil es im Nu getrunken wird. »* 
4 München, 3. Aug. Seit acht Tagen 
weilt hier den „N. N.“ zufolge ein japanischer 
Professor, T. Nishigawa, welcher über die Darstel⸗ 
ung des bayerischen Bieres, über die neuesten 
inrichtungen der hiesigen Großbrauereien und über 
die Kosten der Einrichtungen Informationen sam— 
melt, um dann Vergleiche mit der Herstellun— 
englischer Biere anzustellen und dann einen aus 
ührlichen Bericht an seine Regierung zu erstatten. 
Derselbe verweilte acht Tage in der Musterbrauerei 
zu St. Anna hier und besichtigte eingehend die 
hiesige Brauerschule. Die japanische Regierung 
will nämlich dem Schnapsgenuß so viel als möglich 
entgegenwirken und durch Einführung guten Biere? 
den verderblichen Schnapskonsum verringern und 
deßhalb den Schnaps (sake) sehr hoch besteuern 
während das Bier steuerfrei sein soll. 
F München, 4. Aug. Gestern sfind Sendungen 
neuer Trauben hier eingetroffen, welche von den 
Obstlern zu 80 Pfg. das Pfd. verkauft werden. 
Nürnberg, 2. Aug. Zwischen der kirch 
lichen und weltlichen Behoͤrde ist jetzt eine interes 
sante Streitfrage entstanden. Es wird daher wie 
auch in anderen bayerischen Städten das Ablassen 
der Sonntags · Extrazüge durch Aufstecken von Fahnen 
bezeichnet, und auf Anfrage der Bahnbehörde be— 
zeichnete der hiesige Magistrat als passenden Orf 
zum Aushängen der Fahnen u. A. den Thurm 
der Kirche zu St. Lorenz. Die Kirchenvorstand⸗ 
chaft zu Si. Lorenz erblickt nun hierin eine Pro⸗ 
—XIVVI 
vrotestantische Kirchenverwaltung gewendet, welche 
diplomatischer Weise einer Entscheidung aus dem 
Wege gegangen ist, indem sie die Frage als zur 
dompetenz der geistlichen Behörde gehörend be— 
rachten will und daher die Kirchenverwaltung an 
das Dekanat, bezw. Konsistorium, verwies. 
FꝛFrankfurt a. M., 3. August. (B. L. 3) 
soch ist das Verbrechen an dem wegen einiger 
Burken todtgeschlagenen Bornheimer Einwohner 
nicht aufgeklärt und schon wieder setzt ein Mord, 
chrecklicher noch als dieser, unsere Stadt in Auf- 
regung. Gestern Abend kurz vor 11 Uhr wurde 
in der Allerheiligengasse der Ausläufer Schütter 
hon einem Metzgerburschen, mit dem er einen länge⸗ 
ren Streit hatte, durch einen Stich mit einem 
Fleischermesser in die Brust dicht unter dem Hals 
Jetödtet. Der Attentäter entfloh sofort nach der 
That. Sein Opfer stürzte mit einer klaffenden, 
mehrere Zentimeter tiefen Wunde sofort zusammen 
Es. dauerle ziemlich lange, bis die Polizei ankam 
Der Mordgeselle wurde noch in derselben Nach 
dingfest gemacht. 
FFrankfurt a. M. Das Auskunftsbureau 
des Deutschen Colonial-Vereins dahier, Nue Kräme 
l, hat trotz der kurzen Zeit seines Bestehens eine 
ersprießliche Thätigkeit entwickelt. Da der groͤßte 
Thril der an dasselbe gerichleten Anfragen die 
aeuen deutschen Colonieen betraf, wollen wir nicht 
unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, daß auch 
über die Reisen nach Nord-e und Süd⸗Amerika die 
Auskünfte bereitwi igst und gratis erfolgen. 
F Straßburg, 1. Aug. Die „Straßb. 
Post“ berichtet über folgenden Geüwaltstreich der 
ranzösischen Regierung gegen deutschen Ewerbfleiß 
Die seit sechs Jahren in Embermenil bei Lüueville 
zestehenden Pappenfabrik von Gebr. Weisbach 
welche vor einigen Wochen in der franz. Hetzpress⸗ 
als Deutsche denuncirt wurden, ist durch Dekret 
des Präfekten Schnerb von Nancy piötzlich ge⸗ 
chlossen worden. Die Firmen⸗Inhaber sind auf's 
5mpfindlichste geschädigt; über 100 Arbeiter, 
deutscher und französischer Nationalinät, brodlos 
und dem Elend preisgegeben. Weisbach hat bei 
der Gründung der Fadrik allen gesetzlichen Anfor⸗ 
derungen genügt, seitdem mit den französischen 
Lokalbehörden stets aufs friedlichste gelebt und ist 
in der ganzen Gegend geachtet, sodaß die Maßregel 
offenbar keinen persönlichen Charalter trägt, sondern 
der Hetzpresse zuliebe als ein Schlag gegen Neutsche 
verfügt wurde. 
Metz, 2. Aug. Im hiesigen Stadttheater 
wird die elektrische Beleuchtung eingeführt. 
Der Gemeinderath hat 47000 Mk. dafür bewilligt 
und die Arbeiten dem Hause Schuckert in Nürn⸗ 
berg übertragen. 
F Trier, 3. August. In der kürzlich zu 
ZRzlsn stattgefundenen Lotterie⸗Ziehung (Brillanten⸗ 
dotterie) fiel, der L. Hauptgewinn 25000 * 
auf Nr. 47850 an einen Kaufmannssohn in vud 
Das Loos wurde seiner Zeit in Koln gekauf tie 
dem betr. Inhaber zum Geschenk gemacht. 3 
nan der Col. V. Z.“ nun mittheilt, wird d 
ichöne Gewinn jedoch unerhoben bleiben, wel du 
Trierer Inhaber fein Loos verloren oder uae 
hat der Gewinn aber nur gegen Ueberreichun n 
ODriginallooses (wie auf jedem Loos zu ind 
derabfolgt wird. ehn 
F Aus dem Schönberger Thal. d 
BZraflich Erbach⸗Schönberg'sche Familie und d 
jenige des Prinzen Alcxander von Hessen hat we 
khren des Fürsten Alexander von —G 
früheren Fürsten von Bulgarien, in nächster 1 
des weithin fichtbaren Felsens Hohenstein“ 
haib Reichenbach, nahe dem Gräftich Erdach Sh 
berg'schen Hofgut gleichen Namens, einen —* 
stein aufstellen lassen, welchem der Name, Alexand, 
stein“ beigelegt worden ist. 
fBonn, 1. August. Die Pariser „Ftance 
enthaͤlt folgendes Telegtamm: Bonn, 28. Juh 
Die Garnison, welche am 1. Mai 6000 — 
zetrug, ist auf 8800 Mann vermehrt worden. di 
Infanteries und Cavallerie Casernen find üb⸗rfülll- 
Die Bonner Zitung“ macht den Verfertiger dics 
Depesche auf weitere schreckliche Symptome auf 
nerksam, welche ihm entgangen zu sein scheinen 
„Die beiden — weiland französischen — Kenont 
auf dem alten Zoll find so eben frisch angestrichn 
worden, und auf dem Petersberge find mindesten 
drei Bboller aufgestellt mit der Mündung nat 
Westen.“ 
Dasseldorf, 83. August. Am vergangenen 
Samftag ist der Bierbrauer Stein aus Tiefendrug 
bei Ratingen ermordet aufgefunden worden, welche 
für die Bierbrauerei Strucksberg Bier nach einn 
Wirtschaft im Aaper Walde bringen sollte. Derselb 
ist daselbst von drei Strolchen angegriffen und al 
er ein Faß Bier nicht gutwillig herausgeben wollt 
von denselben erschlagen worden. Einen Thäte 
hat man bereits dingfest gemacht. 
F Essen a. d. Ruhr, 83. Aug. Unsere Stadt 
verordneten werden sich in nächster Sitzung m 
der Frage der Errichtung eines Standbildes fit 
den verstorbenen Geh. Kommerzienrath Alfre 
Krupp zu beschäftigen haben. Im Hinblicd au 
die hohen Verdienste, welche sich der Verstorden 
um das wahre Volkswohl gegeben hat, wird de 
Plan hoffentlich zur Ausführung gelangen. 
F Einen originellen Diebsfang hat ein G⸗ 
schäftsherr in Essen gemacht. Demselben wurde 
herschiedene Beträge aus der eisernen Geldschublad 
seines Pultes entwendet. Behufs Entdeckung det 
Diebes, der in einem jungen Mann des G'schäftn 
bersonals vermuthet wurde, legte der Prinzipu 
eine mit leichter Pulverladung versehene Pistole ir 
das betreffende Pult derart. daß beim Oaffnen de 
Schublade der Schuß gefahrlos losgehen mußt 
Eines morgens kracht der Schuß; der Geschäftsher 
eilte hinzu und findet den vermutheten Dieb sprahh— 
los und todesbleich vor dem verrätherischen Pul 
stehen. Sofortige Dienstentlassung war die Folgt 
fF Aus Berlin schreibt man: An der 
Fhrentage (60. Dienstjubiläum) des Generals Grafen 
Blumenthal, der freilich bescheiden jeder Feier aut 
»em Wege gegangen ist, wird man sich auch de 
schönen Verhältnisses erinnern, in welchem de 
Zronprinz alle Zeit zu ihm stand. Daß dieset 
VBerhältnis niemals getrübt wurde, gereicht besonden 
dem Kronprinzen zur hoher Ehre. Diesem wa 
Blumenthal im Kriege von 1866 als Genralstebi 
hef an die Seite gegeben worden. Noch währent 
des Feldzuges gab der General in einem an La 
pandte in England gerichteten Briefe seinen Anfichte 
Aber die leitenden Petsönlichkeiten im dreußischu 
Heere freimüthigen Ausdruch. Der Brief fiel ir 
die Hände der Oesterreicher und wurde von dieser 
indiskreterweise veröffentlicht. Aber obgleich de 
ronprinz selbst der Kritik nicht ganz entganger 
war, trug derselbe dem General nichts nach, erbe 
ach vielmehr denselben im Jahre 1870 wiederun 
As Generalstabschef und ließ sich von ihm aut 
pater noch auf großen Repräsentationsreisen nut 
Wien und Madrid begleiten. 
pFunf Kinder an einem Tagebve 
lboren, Die Frau eines Beamten in Berlin wor 
am vorgestrigen Tage mit ihren fünf im Alter von 
1—9 Jahren stehenden Kindern nach einem Dot 
hen bei Küstrin auf Sommerwohnung gefahren 
Ddort erkrankte gestern Mittag das älteste an d 
8i ns binnet einigen Stunde—