Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unter haltungs 
aik und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 /M 60 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 H, einschließlich 
2 Zufellungsgebahr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Vfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I8 8, Neklamen 30 —. Bei 4maliger Einruückung wird nur dreimalige berechnet. 
22. Jahrg. 
156. 
Dienstag, 9. August 1887. 
Deutsches Reich. 
Straßburg, 5. August. Ein von hier, 83. 
lugust datierter Privat-Brief des Herrn Weis— 
ud wird der „Frkf. Ztg.“ von freundlicher Hand 
ir Verfügung gestellt. Wier entnehmen demselben 
g Folgende: „Die von der Frankf. Zeitung“ 
abrachte Nachricht ist leider im vollen Umfange 
hahrheit. Wenn wir auch durch Vermittelung des 
deichskanzleramts wohl die Erlaubniß zur Wieder—⸗ 
zeffnung erlangen werden, wozu alle Aussicht vor⸗ 
enden scheint, da die hiesige Regiernng die Sache 
zit aller Energie in die' Hand genommen, so ist 
voch immer hin unsere und unserer armen deutschen 
arbeiter (G0 Seelen) Lage eine im höchsten Grade 
nißliche. Unser Besitz ist durch den Streich ent— 
vettet, die Arbeit von 5 Jahren vernichtet. Wir 
aben wohl für 30,000 Fres. halbfertige Waare 
egen, die wir nicht fertig machen lassen, für 
140,000 Fres. Kommissionen, die wir nicht aus⸗ 
ühren können. ... Der Präfekt bezieht sich auf 
men gevon 1791, der in keiner Gesetzessammlung 
gehr zu finden ist, niemand konnte uns bis jetzt 
gen, was er enthält. Wir wissen also eigentlich 
iß jezt noch gar nicht, warum wir gemaßregelt 
oorden sind. Heute reise ich nach Nancy, um 
aelleicht dort zu erfahren, was der betreffende 8 
agt und um mir einen Rechtsbeistand zu nehmen, 
. h., wenn ich dort einen bekomme, denn unser 
Anwalt Luneville hat sich geweigert, uns in der 
Zoche zu dienen, weil wir Deutsche sind. Füns 
zdahte lang hat er indeß in allen Angelegenheiten 
uns als Berater gedient und mit Vergnügen unser 
held genommen, jetzt hat er es refüsiert, uns zu 
ienen. Was wir thun und wo anfangen sollen, 
wir wissen es nicht, der Jammer unserer Arbeiter, 
die treu wie Gold zu uns stehen und mit dem 
cinen. Schlage in Armut und Elend, in fremdem 
dande brotlos, verlassen von aller Welt und dem 
janzen Hasse der augenblicklichen Stimmung preis⸗ 
degeben wurden, ist herzzerreißend.“ 
Straßburg, 8. August. Die franzöfischen 
dehörden gestatteten der Firma Gebr. Weißbach die 
Wiederöffnung ihrer durch den Präfekten Schnerb 
n Nanch geschlossenen Puppenfabrik in Emberménil. 
Marburg, im August. Der Reichstagsab⸗ 
zordnete Dr. Böckel hat vor kurzem seine Stel⸗ 
uung an der hiesigen Universitätsbibliothek, an 
welcher er früher als Hülfsarbeiter thäthig gewesen 
dar, aufgegeben, um von jetzt ab seine ganze Zeit 
einem Beruf als Abgeordneter, Redakteur und 
Autator zu widmen. Er benutzt übrigens die 
lile Zeit zu zahlreichen Volksversaämmlungen und 
jeht seine Anhaͤnger in einem Maße wachsen, welches 
ie ernste Besorgnis aller Ordnungsparieien de⸗— 
onders deswegen hervorruft, weil der Ton von 
böcels Reden und Zeitungsartikeln dem sozialdemo⸗ 
iatischen immer ähnlicher wird. 
Böttingen, 6. Aug. Prinz Albrecht ist 
rute kurz vor 8 Uhr hier eingelroffen, um als 
lector magnificentissimus der morgen beginnen⸗ 
en anderthalbhundertjahrigen Jubelfeier der hiesigen 
lriversiiat beizuwohnen. Derselbe wurde am Bahn⸗ 
fe von dem Kultusminister v. Goßler, dem Ober⸗ 
ntidenten v. Leipfiger und den Spißen der Civil⸗ 
ind Militärbehörden empfangen und begab sich 
Arauf nach seinem Absteigequartier in der „Krone“, 
wo im Laufe des Abends zahlreiche Empfänge und 
ludienzen flattfonden. Die Siadt ist auf das 
tlichte mit Flaggen und Blumen geschmüdt, 
w Eisenbahnzug bringt Festgaste in großer Zahl. 
potringen, 7. Aug. An den Empfang des 
Kultusministers v. Goßler und der Professoren der 
Universität, der gestern Abend kurz nach der An— 
unft Sr. K. Hoheit des Prinzen Albrecht stattfand. 
chloß sich ein Souper von 45 Gedecken, an welchem 
der Minister und die Professoren theilnahmen. Dem 
dultusminister v. Goßler ist von dem Prinzen 
Albrecht, Regenten des Herzogthums Braunschweig 
»as Großkreuz, dem Professor Wilhelm Weber 
unter gleichzeitigge Ernennung zum Wirkl. Geh. 
Rath der Stern des Großkreuzes, dem Professor 
v. Ihering das Kommandeurkreuz erster Klasse, 
dem Geh. Regierungsrath Althoff in Berlin das 
tommandeurkreuz zweiter Klasse vom Orden Hein— 
cichs des Lowen verliehen worden. Eine große 
Anzahl anderer Professoren wurde ebenfalls durch 
Ordens und Titelsverleihungen ausgezeichnet. 
M Posen, August 1887. Etiquettenfälschung 
Wir lesen in Nr. 170 des Deutschen Reichs⸗ 
Anzeigers vom 23. Juli ds. Is. die Publikation 
eines Urtheils der Ersten Strafkammer des hiesigen 
döniglichen Landgerichts vom 1. März 1887 
Danach wurden die Kaufleute Edmund und Joseph 
dantorowicz (beide Inhaber der bekannten Firma 
hartwig Kantorowicz in Posen), sowie deren 
Agenten Johannes Wortelbaer in Berlin, John 
Kluge und Staehr in Hamburg des Vergehens 
gegen das Markenschutz Gesetz vom 30. November 
1874 für schuldig erklärt und deswegen Edmund 
und Joseph Kantorowicz zu je 400, und Wortel⸗ 
daer, Kluge und Staehr zu je 150 Mark Geld— 
trafe, sowie sämmtliche in die Kosten des Ver— 
ahrens und der einmaligen Einrückung des ver⸗ 
sügenden Theils des Erkenntnisses in den Deutschen 
Reichs-Anzeiger verurtheilt. Da die Einzelheiten 
dieses Prozesses auch für weitere Kreise von Interesse 
sein dürften, theilen wir in kurzer Fassung das, 
vas uns hierüber bekannt, mit. Der Geschädigte 
in dieser Strafsache ist der bekannte Erfinder des 
Boonekamp of Maag-Biiter, H. Unterberg⸗Albrecht 
n Rheinberg am Niederrhein. Dieser Firma war 
cchon seit mehreren Jahren mit einem Produkte 
Toncurrenz gemacht worden, welches mit täuschen⸗ 
zer Nachahmung ihres Etiquetts, Siegels, facsimilés 
der Form ihrer Flaschen u. s. w. unter der fingir⸗ 
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Amsterdam als allein echter Boonekamp of Maag⸗ 
Bitter überall, namentlich im östlichen Deutschland, 
derbreitet war, bis es schließlich gelang, die Quelle 
dieser widecrechtlichen Concurrenz im Hause der 
hiefigen Firma Hartwig Kantorowicz ausfindig zu 
machen. Auf Antrag der verletzten Firma wurde 
das Strafverfahren gegen die Beschuldigten wegen 
Vergehens gegen das Markenschutzgesetz vom 30. 
NRovember 1874 eingeleitet, in Folge dessen sämmt⸗ 
liche Angeklagten im Sinne der 88 14 und 18 
d. c. des genannten Gesetzes strafbar erklärt und 
demg emäß, wie oben referirt, verurtheilt wurden. 
Da das Reichsgericht die von den Verurtheilten 
eingelegte Revision verworfen und das Urtheil nun⸗ 
mehr rechtskräftig geworden ist, so wird von der 
beschädigten Firma H. Underberg-Albrecht die 
Schadenersatz⸗Klage folgen. 
Ausland. 
Bad Gastein, 7. August. Heute Mittag 
12 Uhr machte Kaiser Franz Josef dem Kaiser 
Wilhelm seinen Abschiedsbesuch im Badeschlosse. 
Beide Monarchen blieben nahezu eine halbe Stunde 
allein, dann gab der Kaiser Wilhelm seinem schei⸗— 
denden Freunde das Geleite bis zur Treppe. Hier 
marmten und küßten sich beide, worauf der Kaiser 
Franz Josef, begleitet von dem Statthalter Grafen 
Thun, dem Prinzen Reiß und dem gesammten 
deutschen Gefolge die Treppe hinabstieg, auf welcher 
niele hervorragende Perfönlichkeiten sich zur Verab— 
chiedung aufgestellt hatien. Als Kaiser Franz 
Josef darauf den vor dem Badeschlosse haltenden 
Reisewagen bestieg, erschien Kaiser Wilhelm auf 
»em Balkon und blickte dem scheidenden kaiserlichen 
Freunde nach, bis der Wagen dem Gesichtskreise 
entschwunden war. 
Wien, 7. August. Bemerkenswerth sind die 
Worte, welche bei der gestrigen Begegnung die 
beiden Monarchen nach den ersten Umarmungen 
gewechselt. Kaiser Wilhelm sagte: „Du hast nicht 
zeglaubt, mich noch einmal hier zu sehen,“ worauf 
daiser Franz Joseph die Rechte Kaiser Wilhelms 
ergriff und in innigem Tone antwortete: „Du 
tannst versichert sein, daß ich mich über dieses Wieder— 
sehen freue.“ Zum Diner waren die Monarchen, 
sowie die Würdenträger in Fracks und Klapphüten 
erschienen. Ungemein warm verabschiedeten sich die 
beiden Herrscher Abends vor dem Auseinandergehen, 
indem Beide sagten: „Morgen auf Wiedersehen!“ 
— Heute Mittag verläßt Kaiser Franz Joseph 
Gastein und reist nach Ischl. 
Wien, 8. August. Ich melde Ihnen aus 
bester Ouelle: Prinz Ferdinand von Coburg reist 
heute Abend mit dem Orienterpreß-Zuge nach 
Bulgarien ab; er wird in Rustschuk von den bul— 
garischen Ministern erwartet. 
Paris, 8. August. „Gil Blas“ meldet, 
Baron Vicling,. ehemaliger Gesandter in Stockholm, 
habe bei seiner Ankunft in Colmar den Befehl er— 
halten, die Reichslande sofort zu verlassen. (Fr. 3.) 
Paris, 8. Aug. Die „France“ bringt fol— 
genden Brief des Generals Boulanger 
an seine Zeugen: „Werthe Freude! Soeben habe 
ich Ferry's Brief an seine Zeugen gelesen; derselbe 
flötzt mir nur eine Betrachtung ein: Durch Ferry 
schwer beleidigt, wunschte ich einen ernsten Zwei⸗ 
kampf, nicht ein fast ungefährliches Duell. Die 
üffentliche Meinung wird richten zwischen dem, der 
einen General aus der Ferne beleidigt, ihm aber 
nur eine Genugthuung, die wie ein Hohn aussieht, 
gewähren will, und mir, der ich mein Leben daran⸗ 
setzen wollte, um meine Ehre als Soldat zu rächen. 
General Boulanger.“ 
Die polnischen Sozialisten von Paris 
fenden dem „Cri du Peuple“ ein langatmiges 
Schreiben zur Veröffentlichung ein, in welchem sie 
hrem Unwillen darüber Luft machen, daß die 
republikanischen Journalisten, ein „mit Kompli⸗ 
menten vollgepropftes Telegrämm“ und einen drei⸗ 
farbigen Kranz zum Begräbnisse Katkows schicken. 
Und nun erzählen sie, wer und was Katkow war: 
der assiatische Verfolger der europäischen Civilsation, 
der Henker der Polen, welcher Murawiew ein ge⸗ 
weihtes Bildniß der heiligen Jungfrau schickte, auf 
daß er seines blutigen Handwerks noch erfolgreicher 
walte, und schließen: „Wir senden diesen Strauß 
von Tugenden des verstorbenen Spitzels an die 
Adresse der Herren Lockroy und seiner Gesinnungs⸗ 
renossen, auf daß sie leichten Herzens an dem 
Skandal teilnehmen können, der in einigen Tagen 
m Moskau stattfinden wird, und wir erheben im 
Namen der internationalen Solidarifät der Sozia⸗ 
risten gegen die Betheiligung derer, die sich radikale 
Sozialisten nennen, Einspruch.“ 
Sofia, 8. August. Die Minister hahen sich 
auf Veranlassung der Regenschaft nach Rustschuk 
egehen.