Full text: St. Ingberter Anzeiger

iestes; die Scheiben, nach denen geschossen wird, 
waren selbstverständlich mit den Figuren preußischer 
Soldaten bemalt und die.gehaltenen Reden gipfelten 
'n der Hoffnung, daß die gewonnene Fertigkeit im 
Schießen bald an wirklichen Preußen Verwendung 
finden werde. 
Die Bonapartisten und ihr Präten⸗ 
dent Viktor haben noch nicht allen Muth ver⸗ 
loren. Ein Mitarbeiter des „Figaro“ hat den 
Prinzen Viklor in Brüssel aufgesucht und ihn um 
aähere Mittheilungen über sein neues politisches 
Programm gebeten, welcher Bitte der Praͤtendent 
willig und langathmig entsprach: 
Meine Politik ist sehr klar und sehr einfach“, 
jagte er, „sie läßt sich in wenige Worte zusammen⸗ 
assen: die Erweckung der napoleonischen Adee, die 
Reorganisirung der Partei und aller ihrer Kräafte 
mit dem ersehnten gewissen Ziel, die Wiederaufrichtung 
Frankreichs durch die Wiederherstellung des Kaiser⸗ 
reichs.“ Das Alles ist nun nach der Versicherung 
des Prinzen in bestem Gange. Die herrenlose 
Partei hat wieder einen Führer und fuhlt sich er⸗ 
muthigt durch den ihr gegebenen Impuls. Mit 
der konservativen Union wird man jetzt brechen; 
wozu den orleanistischen Kandidaten Wähler liefern? 
Wenn aber mue legislative Wahlen die Bonapar⸗ 
tisten zu neuen Allianzen zwingen sollten, so wür⸗ 
— einen größeren 
Antheil ausbedingen. Schon hat die neue Politik 
Früchte getragen und sind in Departements, welche 
digher den Republikanern oder den Royalisten ge⸗ 
Jörten, imperialistische Komiter's und Blaiter ge. 
zründet. Was Prinz Viltor, der „Schirmer und 
Züter der Volksrechte, der Virtreter der demokra⸗ 
aͤschen und autoritären Prinzipien, der Erbe des 
Zaiserreichs, wie Napoleon Jaes eingesetzt und Na⸗ 
holeon III. es geübt hat,“ noch mehr zu verab⸗ 
cheuen scheint, als die Republik und das Koͤnig⸗ 
hum, das ist der Solutionismus, defsen Erfinder 
zekanntlich Paul de Cassagnac ist, der Solutionis⸗ 
nus, „welcher den ersten Besten anerkennen würde, 
vährend doch,“ fügt Prinz Viktor naiv hinzu, „der 
Anierschied zwischen dem Kaiserreich und dem 
oönigthum ein allzu großer ist, als daß man fich 
dem einen oder dem andern gleichdiel welchem an⸗ 
schließen könnte. ... Das Land kann nicht zau⸗ 
dern zwischen Königthum und Kaiserreich und wird 
das Kaiferreich wieder herstellen, sobald man es 
defragen wird.“ 
London, 27. Aug. Die „Times“ erfährt 
nus Sofia, daß dem Fürsten ein Telegramm des 
Czaren und des Sultans zuging. Ersteres, vom 
Nierreichischen Vertreter übergeben, spricht in schrof⸗ 
zen Worten die Mißbilligung des Czaren über die 
Ankunft des Fürsten aus, weil dadurch der Berliner 
Vertrag verleßt sei. Aehnlich, jedoch maßvoller, 
iautet das Telegramm des Sultans. 
London, 27. August. Das Unterhaus ver⸗ 
varf mit 272 gegen 1894 Stimmen den Antrag 
Bladstone's auf Erlaß einer Adresse gegen die Pro⸗ 
lamation der Regierung in Betreff der National⸗ 
liga. — Die deutsche Kronprinzessin machte vor⸗ 
gestern einen Ausflug nach Portsmouth, um das 
hortige Marinehospital zu besuchen. Die Rückreise 
machie die Kronprinzessin an Bord eines Torpedo⸗ 
»ooles, das während einiger Evolutionen auf der 
Höhe von Cowes mit dem Wachtschiffe Imin ⸗· 
aͤble“ zusammenftieß. Die Kronprinzessin setzte die 
Reise an Bord der in der Nähe befindlichen könig⸗ 
'ichen Yacht fort. Gestern besuchte die Kronprin⸗ 
zessin mit ihren Töchtern Plymouth. 
Petersburg, 27. Aug. In Reval find 
ämmiliche Minenkutter versammelt, zum Zwecke 
oon Manövern, hei welchen das beste System er⸗ 
probt werden soll. 
J Sofia, 27. August. Mutkurow ist in 
Sofia angelangt und Stambulow wifft, der 
„Fr. Zig.“ zufolge, morgen ein, worauf die Neu⸗ 
I1duüng des Kabinets sofort erfolgen soll; 
dieselbe siößt indessen wegen Uneinigkeit der be— 
reffenden Personen auf Schwierigkeiten. — Morgen 
iindet im Beisein des Fürsten eine Mil it ärpa—⸗ 
zade der Garnison von Sofia statt. — Die offiziöse 
„Swaboda“ meldet, daß die Mutt er des Fürsten 
Ferdinand, Clementine, Anfangs September zu 
inem mehrwöchentlichen Besuch in Sofia eintrifft. 
Konstaniinopel, 27. August. Der bul⸗ 
Jarische Vertreter Dr. Vulkowitsch überreichte der 
pfotte eine Depesche des Fürsten Ferdinand, jn 
velcher dieser seine Ergebenheit für den Sultan be— 
henert und den Wunsch ausspricht, nach Konstan⸗ 
inopel kommen zu dürfen. um dem Sultan per⸗ 
onlich zu huldigen. Der Großvezir lehnte dieses 
Anerbieien in der denkbar schonendsten Form ab. 
Belgrad, 27. Aug. Der Konig hat an⸗ 
äßlich seines Geburtstages mehr als 800 Personen 
die ihnen wegen verschiedener Vergehen zuerkannten 
Strafen im Gnadenwege erlassen. 
Belgrad, 28. August. Ein von auioritiver 
zuulgaristher Seite gegebener Wink signalisirt den 
aldigen Ausbruch einer akuten Spannung zwischen 
den früheren Trägern der Macht und dem Fürsten. 
Eoktate und pialztiche Ramriuten. 
x* St. Ingbert, 30. Aug. Die Ziehung 
»er Haßfurterkath. Kirchenbaulotterie, 
velche bisher wegen Ungunst der Zeitverhältnisse 
zicht erfolgen konnte, wurde — zufolge Allerhöchster 
znischließung des Kgl. Baher. Staatsministeriums 
. J. vom 27. Juli l. J. — auf den 15. Dezember 
887 festgesetzt, an welchem Tage die Ziehung 
unter aluen Umständen stattfindet. 
— Aus der Pfalz. Die Rekruten der 
Favallerie haben in diesem Jahre schon am 6. 
Ictober einzurücken und müssen die zum 5. Che⸗ 
auxleger⸗ und 1. Ulanen ˖ Regiment eingetheilten 
Rekruten ihre Urlaubspässe in den nächsten Tagen 
em betr. Bezirksfeldwebel überbringen oder ein⸗· 
enden. 
— Zweibrücken, 27. Aug. Wir hatten 
ieser Tage Gelegenheit, eine Denkmünze zu be⸗ 
vpundern, welche „für den besten Schützen“ be⸗ 
dimmt einem hiesigen Soldaten als Anerkennung 
erabteicht worden ist. Die Denkmünze trägt auf 
er einen Seite das Bildniß des Prinz⸗Regenten, 
uf der anderen die Inschrift: „Dem besten 
—„chützen,“ umrahmt mit einem Lorbeerkranze. Die 
drägung der Münze ist eine ganz vorzügliche und 
bohl das erste Stück, auf welchem der Prinz⸗ 
Kegent mit seinem Bilde sich befindet. 
— Pirmasens, 27. August. In der ge⸗ 
trigen Sitzung der Strafkammer des kgl. Landge⸗ 
ichis Zweibrücken wurden die drei hiefigen Wilderer, 
velche durch die Ermordung des Gendacmen Bär 
ine so traurige Berühmtheit erlangt haben, wegen 
Hilderns veruͤrtheilt und zwar Jost zu fünf Jahren, 
diener zu einem Jahr und Kirchhöfer zu drei 
Nonaten Gefängniß, wobei Letzterem die Unter⸗ 
uchungshaft in Anrechnung gebracht wird. Bei 
er Schwurgerichtsverhandlung gegen Jost wegen 
Tödtung des Gendarmen wecden die beiden Com⸗ 
licen desselden als die einzigen Thatzeugen fungiren. 
— Zaiserslautern, 27. Aug. In der 
estrigen Stadtrathssitzung wurde einstimmig be⸗ 
chlossen, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß 
n hiesiger Stadt an Stelle der aufgehobenen In⸗ 
uustrieschule eine Werkmeisterschule errichtet werde. 
Man hofft dabei auch auf Unterstützung durch den 
hewerbedereins⸗Verband der Pfalz. 
—Weingarten, 26. Aug. Die hiesige 
Upotheke der Frau Wwe. Klahr ging in Besitz des 
herrn Apotheker Gramm aus Coblenz über. Die 
daufsumme beträgt 87,500 Mt. 
FF Aus Heiligenstein wird mitgetheilt, 
aß die dortige Feuerwehr vom Brandplatze in 
arthausen bereits um 35 Uhr ab und schon vor 
ühr in Heiligenstein einrüctte. Die Heiligen 
einer Feuerwehr habe also gar keine Zeit gehabt, 
rheblichen Antheil an der Zecherei zu nehmen. 
— Speyer, 27. Aug. Vom 22. bis ein⸗ 
hließlich 26. ds. Mts. fanden die Feldtelegraphie⸗ 
bungen der hiesigen Garnison statt. Außer einigen 
leineren Leitungen bestanden Verbindungen zwischen 
ttheinhausen und Speyer mit direkter Fortsetzung 
zach Otterstadt, ferner von hier über Heiligenstein 
ach Germersheim. Von Seiten der kigl. Postver⸗ 
baltung war Herr Postadiunkt Kaul den Uebungen 
ugetheilt. 
— Speyer. 26. Aug. Die diesjährige 
hauptversammlung des Apotheker ⸗ Gremiums der 
zfalz findet am 14. September hier statt. 
— Ludwigshafen, 28. August. Gestern 
dacht gegen halb 12 Uhr ertönte Feuerlärm und 
in weilhin rothleuchtender Himmel in der Richtung 
segen den Hemshof kündigte einen Brand an. Es 
jand die große neuerbaute Scheuer des Herrn Fritz 
hoöbels hier in Flammen. In der Scheune war 
jas ganze Ernteergebniß von ca. 100 Morgen 
intergebracht. Zum Glücke stand das Objekt frei 
ind herrschie Windstille; wäre letzteres nicht ge⸗ 
vesen, so hätte ein größeres Unglück noch entstehen 
öonnen, da in unmittelbarer Nähe das Petroleum⸗ 
ißlager der badischen Anilinfabrik sich befindet, 
welschem zur Zeit 3 — 4000 leere Petroleum⸗ 
ässer lagerten. Durch Niederreißung der —X 
ie schon Feuer gefangen hatte, konnte der v 
okalisirt werden. Es besteht dringender Verdah 
der Brandstiftung. Die Scheune brannte dis qu 
den Grund nieder. 
· dudwigshafen, 26. August. Am 13 
ind 14. September wird der „Pfaͤlzische Jagdscuh 
Berein“ eine Prüfungs . Suche für Hühnerhum, 
nit Zuerkennung von Preisen abhalten: Programm 
) Suche für deutsche kurz⸗, lang und stichelhaauih 
hunde; 2) Suche für Pointer. Setter und Griiffom 
9 Suche für Hunde unbestimmter und gekreugte 
stacen. Als Preise sind silberne und — 
Medaillen mit Geld von 50 bis 20 Mk. bestimm 
zermischtes. 
4 Eine lustige Sonnenfinsternißge 
chichte finden wit in einem Münchener Blatte 
Neurt da der Adjutant eines Ulanen⸗Regiments den 
herren Wachtmeistern eines schönen Tages folgen 
en Regimentsbefehl; „Die morgen früh eintretend⸗ 
Sonnenfinsterniß wolle den Herren Escadrons. Chefs 
geranlassung dieten, ihre unterhabenden Mann— 
dhaften im Casernenhofe uber diese seltene Natur— 
rscheinung zu belehren. Da das Phanomen in 
siesiger Gegend in der Zeit von 5 Uhr 12 Min. 
zis 5 Uhr 41 Min. sichtbar sein wird, so wird 
der Frühstall auf *4 Stunden später verlegt und 
vird der Trompeter der Casernenwache zur geeig- 
jeten Zeit das vorgeschriebene Signal zum Fültern 
jeben. Sollte bei ungünstiger Witterung daß 
Zhänomen nicht sichtbar sein, so beginnt der Früh⸗ 
dall zur gewöhnlichen Stunde. — Beim Mittags— 
Appell aber verliest der Wachtmeister Fessellscheerer 
ijach genommener Rüchsprache mit dem Rittmeister 
er 3. Escadron folgenden Escadrons-Befehl: Auf 
gefehl des k. Regiments Commandos findet Morgen 
rüh unmittelbar vor dem Frühstall totale Sonnen⸗ 
insterniß statt. Die Sonnenfinsterniß wurde aus 
ie Zeit zwischen 8 und *26 verlegt und finden 
ieselbe im hiesfigen Casernenhofe statt. Die Mann 
haft wird hierzu um 4*4 Uhr im Drillichan⸗ 
ug, Front gegen die Stallbaracke 3 aufgestellt und 
rwartet dort den Herrn Rittmeister, welcher die 
Zonnenfinsterniß personlich leiten wird: die übrigen 
derren Officiere der Escadron brauchen bei der 
lebung nicht anwesend zu sein. Sobald der Trom⸗ 
eter das Zeichen zum Aufhören der Finsterniß 
jegeben hat, beginnt der Frühstall; im Falle un 
jünstiger Witterung fällt die Sonnenfinsterniß aut 
ind beginnt der Fruͤhstall zur gewöhnlichen Stunde. 
Mainz, 29. August. In einem Tunne! 
ei Mainz wurde gestern früh, nachdem der erste 
Zug den Tunnel passirt, die Leiche eine? 
Trinen Kindes gefunden. Es wurde fefs 
jestellt, daß das Kind etwa 425 Tage alt ge 
vesen und ihm der Schädel zerschmettert war. Uebe 
ven etwaigen Thäter oder die Thäterin schwebt nou 
zroßes Dunkel. 
Baden-Baden, 27. August. Bis * 
velchem Grade sich französische Underschämther 
elbsi in deutschem Lande versteigt, zeigt folgender 
der „Tgl. Rdsch.“ mitgetheilter Vorfall: „In der 
‚iesigen C. Wild'schen Hofbuchhandlung find seil 
jeraumer Zeit übermalte Schlachtenbilder bon 
hünten und andere, Ereignisse aus dem Krieg 
870- 71 behandelnd, ausgestellt. Eines · dabon 
»on Hünten, „Wo ist Ulan?“ (Ein Ulan vu 
inem französischen Infanteristen, dem vor Schret 
»as Gewehr entfallen, mit der Lanze drohend 
chien das Mißfallen eines eingebildeten Franzofen 
zu erregen. Decselbe stürmte in den Laden und 
derlangie die sofortige Entfernung des Bildes au 
dem Schaufenster, worauf ihm denn in allerding 
ucht zarter Weise bedeutet wurde, das Geschäft zu 
erlassen. Unter heftigem Widerspruch leistete 
Folge, jedoch nicht ohne vorher die Drohung aus⸗ 
sesprochen zu haben: „Er werde dafür sorgen, J 
as Bild innerhalb 48 Stunden entfernt würde. 
Colmar, 25. August. Großes Aufsehn 
rregt hier seit gestern die Nachricht des Mordet 
iner jungen Frau, geborenen Kronenberger au 
Folmar, welche vorgestern in Paris von ihten 
ẽhemann erstochen worden ist. Die Ermorder 
var seit eiwa 6 Jahren mit dem betreffenden 
daufmann aus Paris verheirathet, hatte sich aber 
eit oa4 Jahren von ihm getrennt. Der 
varen mehrere Kinder entsprossen. Trotzdem 
Hatten getrennt lebten (nicht geschieden), war r 
xkhemann auf die junge Frau doch eifersüch 
ind als er dieselbe dorgestern in einer ihm 
sassend erscheinenden Gesellschaft zufällig antie 
daa